Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 333/2009
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2009
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2009


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_333/2009

Urteil vom 24. März 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Scartazzini.

Verfahrensbeteiligte
P.________,
vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer, Schützengasse 7, 8001 Zürich,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
25. Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
Der 1953 geborene P.________ war zuletzt vom März 2001 bis Juni 2006 als
Hilfsmaschinenführer für die Firma L.________ AG tätig und wurde wegen
Umstrukturierung entlassen (letzter effektiver Arbeitstag: 3. Januar 2005). Am
20. Februar 2006 meldete er sich wegen Krankheit bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an und beantragte eine Invalidenrente. Die IV-Stelle des
Kantons Aargau führte medizinische und erwerbliche Abklärungen durch. Mit
Verfügung vom 15. Juni 2006 wies sie das Leistungsbegehren ab. Auf die hiegegen
erhobene Einsprache hin veranlasste die IV-Stelle ein interdisziplinäres
Gutachten (rheumatologisch-orthopädisch, neurologisch, psychiatrisch) des
Instituts X.________ welches am 26. Februar und 14. März 2008 erstattet wurde.
Mit Einspracheentscheid vom 9. Juli 2008 hielt die Verwaltung an der Verfügung
vom 15. Juni 2006 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde des P.________, mit welcher er zwei weitere
Arztberichte einreichen liess, wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau
mit Entscheid vom 25. Februar 2009 ab.

C.
P.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und die Zusprechung einer 3/4-Rente, eventuell die Rückweisung der Sache zur
Prüfung der Arbeitsfähigkeit in einer Eingliederungsstätte und des Anspruchs
auf eine Invalidenrente beantragen unter Aufhebung des angefochtenen
Entscheides. Weiter wird um unentgeltliche Rechtspflege für das
letztinstanzliche Verfahren ersucht. Mit ergänzender Eingabe vom 21. April 2009
hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, Dr. med. Y.________, Leiter des
Instituts X.________, könne nicht als Gutachter anerkannt werden.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97
Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 132 V 393 zur auch unter der
Herrschaft des BGG gültigen Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen im Rahmen der
Invaliditätsbemessung [Art. 16 ATSG]).

2.
Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung des Leistungsanspruchs
einschlägigen Rechtsgrundlagen und die dazu ergangene Rechtsprechung zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.1 Die Vorinstanz erwog, nach einlässlicher Würdigung der medizinischen Akten,
insbesondere des beweiskräftigen Gutachtens des Instituts X.________, es sei
dem Versicherten leichte und mittelschwere Arbeit zu 80 % zumutbar. Der
Beschwerdeführer, welcher gemäss Gutachten des Instituts X.________ an
leichtgradiger depressiver Episode F32.00 und an einem panvertrebralen
Schmerzsyndrom, nach Diagnosenstellung des behandelnden Arztes, des Psychiaters
Dr. med. C.________, hingegen an mittel- und schwergradig depressiven Episoden
leidet, rügt, die Vorinstanz habe ausschliesslich auf die im Gutachten des
Instituts X.________ enthaltenen Einschätzungen abgestellt, obwohl die Befunde
des psychiatrischen Gutachters des Instituts X.________ mangelhaft erhoben
worden seien und er nach der Beurteilung des Dr. med. C.________ sowie weiterer
Ärzte überhaupt nicht oder nur sehr beschränkt arbeitsfähig sei.

2.2 Mit einer die Beschwerdeschrift ergänzenden Eingabe vom 21. April 2009 hat
der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, in einem Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 16. März 2009 sei festgestellt
worden, dass Dr. med. Y.________, Leiter des Instituts X.________, nicht als
Gutachter anerkannt werden könne. Dieser Einwand, auf das Gutachten des
Instituts X.________ hätte aus formellen Gründen nicht abgestellt werden
dürfen, welcher an erster Stelle zu prüfen ist (BGE 124 V 90 E. 2 S. 92 mit
Hinweis), ist allerdings nicht stichhaltig. Denn einerseits wurde in jenem
Urteil festgehalten, bei den genannten Verlautbarungen von Dr. med. Y.________
in einem Zeitungsinterview in der Ausgabe einer Regionalzeitung vom 2. März
2002 handle es sich um Aussagen, die bereits rund acht Jahre zurück liegen,
weshalb das Gericht davon absehe, das von Dr. med. Y.________ verfasste
psychiatrische Teilgutachten zurückzuweisen. Andererseits hat sich das
Bundesgericht bereits in früheren Fällen dahingehend geäussert, dass die gegen
Dr. med. Y.________ wegen seiner Zugehörigkeit zur Bewegung V.________
vorgebrachten Einwände nicht auf konkrete, die Versicherten direkt betreffende
Vorkommnisse Bezug nehmen und so dessen fachliche Kompetenz sowie Objektivität
und Unvoreingenommenheit bei der durchgeführten Begutachtung nicht in Frage
stellen (vgl. etwa Urteile 8C_327/2009 vom 12. Juni 2009 E. 2.1; 8C_311/2008
vom 19. Dezember 2008 E. 5.1.3; 9C_412/2009 vom 10. Juli 2009 E. 3.2.2).
Schliesslich weckt laut Urteil 8C_474/2009 vom 7. Januar 2010 E. 8.6-8.9 die
Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft grundsätzlich keine Zweifel an der
fachlichen Kompetenz des Gutachters. Dr. med. Y.________, Psychiatrie und
Psychotherapie FMH, verfügt über das dem Facharzttitel entsprechende Wissen,
wobei ein spezieller Zusammenhang zwischen Glaubensansichten und dem
Streitgegenstand ohnehin nicht ersichtlich ist. Dieser Schluss gilt auch im
vorliegenden Fall, weshalb in formeller Hinsicht auf das Gutachten des
Instituts X.________ abgestellt werden kann.

2.3 Der Versicherte beanstandet die Gutachten des Instituts X.________ auch
inhaltlich. Die Vorinstanz habe daher zu Unrecht ausschliesslich auf die
Einschätzungen des Instituts X.________ abgestellt, andere Arztberichte dagegen
ignoriert. Überdies sei der Leidensabzug mit 10 % zu tief festgesetzt. Die
Vorbringen in der Beschwerde erschöpfen sich allerdings weitgehend in einer
rein appellatorischen und damit letztinstanzlich unzulässigen Kritik am
vorinstanzlichen Entscheid. Der Beschwerdeführer erhebt keine Rügen, welche die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz betreffend seinen Gesundheitszustand
und seine Arbeitsfähigkeit als offensichtlich unrichtig oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhend erscheinen lassen (vgl. E. 1
hievor), sondern würdigt lediglich die medizinischen Unterlagen abweichend und
zieht daraus andere Schlüsse als die Vorinstanz, was nicht genügt (Urteile
9C_688/2007 vom 22. Januar 2008 E. 2.3 und 4A_28/2007 vom 30. Mai 2007 E. 1.3
[in BGE III 421 nicht publiziert]). Wie hoch der im Einzelfall als dem
Grundsatz nach gerechtfertigt erscheinende Leidensabzug anzusetzen ist, stellt
schliesslich eine typische Ermessensfrage dar, deren Beantwortung nur mehr dort
letztinstanzlicher Korrektur zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das
Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 in fine S.
399; Urteil 8C_776/2008 vom 18. Juni 2009 E. 6.), was der Beschwerdeführer
nicht darzulegen vermag.
Das kantonale Gericht hat mit nachvollziehbarer Begründung dargelegt, weshalb
die Arztberichte von Dr. med. C.________ und die übrigen medizinischen Akten
die Gutachten des Instituts X.________ nicht in Frage zu stellen vermögen.
Dabei hat die Vorinstanz die medizinischen Unterlagen eingehend gewürdigt, sich
dabei ausführlich mit den Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt
und schliesslich den Gutachten des Instituts X.________ Beweiskraft
beigemessen. Mit Blick auf die in bundesrechtskonformer Beweiswürdigung (vgl.
Art. 61 lit. c ATSG, BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 ff.) getroffenen, nicht
offensichtlich unrichtigen (SZS 2009 S. 133, 9C_599/2008 E. 5) und damit für
das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE
133 I 149 E. 3.1 S. 153; 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.) verletzt insbesondere
auch der vom kantonalen Gericht gezogene Schluss, der Versicherte weise keinen
für den Anspruch auf eine Rente erforderlichen Invaliditätsgrad auf,
Bundesrecht nicht.

3.
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art.
66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der
vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten) kann jedoch entsprochen werden,
da die Bedürftigkeit ausgewiesen ist und die Beschwerde bezüglich der Rügen
betreffend den Beweiswert des Gutachtens des Instituts X.________ nicht als
aussichtslos zu bezeichnen war (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es wird indessen
ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte
Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im
Stande ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. März 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Scartazzini