Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 332/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_332/2009

Urteil vom 28. Mai 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Traub.

Parteien
S.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
25. Februar 2009.

Sachverhalt:
Die IV-Stelle des Kantons Aargau lehnte das Gesuch der 1962 geborenen
S.________, es sei ihr eine Invalidenrente auszurichten, ab; der
Invaliditätsgrad betrage nicht leistungsbegründende 10 Prozent (Verfügung vom
7. August 2008).

Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene
Beschwerde ab (Entscheid vom 25. Februar 2009).

S.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den
Rechtsbegehren, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und ihr mindestens
eine Dreiviertelsrente zuzusprechen. Eventuell sei die Sache - zur Feststellung
der Arbeitsfähigkeit in einer Eingliederungsstätte - an die Verwaltung
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
wegen Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG erhoben
werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 132 V 393 zur
auch unter der Herrschaft des BGG gültigen Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen
im Bereich der Invaliditätsbemessung [Art. 16 ATSG]).

2.
Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung des Leistungsanspruchs
einschlägigen Rechtsgrundlagen und die dazu ergangene Rechtsprechung zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Strittig ist, ob dem angefochtenen Entscheid eine bundesrechtskonforme
Feststellung des Gesundheitsschadens (Art. 4 Abs. 1 IVG) zugrunde liegt.

3.1 Verwaltung und Vorinstanz haben hinsichtlich des psychischen
Gesundheitszustands massgebend auf ein Gutachten des Instituts X.________ vom
4. Februar 2008 abgestellt. Dessen Sachverständige kommen zum Schluss, es
bestehe keine psychiatrische Erkrankung, welche Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit zeitigen könnte. Bezüglich des organischen Befundes basiert
der angefochtene Entscheid zur Hauptsache auf einem rheumatologischen
Untersuchungsbericht des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) Mittelland vom
28. März 2006, wonach die aus dem Gesundheitsschaden (unter anderem chronisches
Panvertebralsyndrom) resultierende Symptomatik mit einer leidensangepassten
Tätigkeit (bei einem Pensum von 100 Prozent) vereinbar ist.

3.2 Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, ihr gesundheitlicher
Zustand sei durch die begutachtenden Mediziner des Instituts X.________ nicht
richtig gewürdigt, vielmehr "bagatellisiert" worden. Jedenfalls unterschieden
sich die einzelnen aktenkundigen ärztlichen Stellungnahmen erheblich
voneinander. Die Versicherte lässt eine Reihe behandelnder Ärzte zitieren,
welche ihr eine Arbeitsunfähigkeit unterschiedlichen Ausmasses attestierten.
Unter diesen Umständen sei die tatsächliche Arbeitsfähigkeit in einer
Eingliederungsstätte zu ermitteln.

3.3 Die Festlegung der Arbeitsfähigkeit im psychiatrischen
Administrativgutachten hält vor anderslautenden Beurteilungen der behandelnden
Ärzte stand, zumal beweisrechtlich zwischen ärztlichem Behandlungs- und
Begutachtungsauftrag ein bedeutsamer Unterschied besteht (statt vieler: Urteil
9C_24/2008 vom 27. Mai 2008 E. 2.3.2). Das kantonale Gericht hat im Rahmen
einer inhaltsbezogenen und umfassenden Beweiswürdigung (vgl. Art. 61 lit. c
ATSG; vgl. auch BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400) zutreffend begründet, weshalb es
das Gutachten des Instituts X.________ als massgebliche Entscheidungsgrundlage
eingestuft hat.

Im Übrigen ist bei der Würdigung von divergierenden ärztlichen Stellungnahmen
zur Arbeitsfähigkeit der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass dabei von
unterschiedlichen Krankheitsbegriffen ausgegangen wurde. Das in der Medizin
verbreitete bio-psycho-soziale Krankheitsmodell ist weiter gefasst als der für
die Belange der Rechtsanwendung massgebende invalidenversicherungsrechtliche
Begriff der gesundheitlichen Beeinträchtigung (vgl. BGE 127 V 294 E. 5a S.
299). Beruht die Abweichung auf der Verwendung unterschiedlicher
krankheitsbegrifflicher Prämissen, so liegen keine einander widersprechenden
Einschätzungen im Sinne von BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 vor. Die von der
behandelnden Psychiaterin beschriebene und offenkundig erheblich zur
Beeinträchtigung beitragende psychosoziale Belastungssituation (vgl. den
Bericht der Frau Dr. A.________, vom 13. Dezember 2006) mag zwar in einem
bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell Platz finden. Indes entspricht sie nicht
dem invaliditätsrechtlich massgebenden Begriff des Gesundheitsschadens (SVR
2007 IV Nr. 33 S. 117 E. 5.2, I 738/05; Urteil I 704/03 vom 28. Dezember 2004
E. 4.1.1).

3.4 Die verschiedenen versicherungsmedizinisch ausgerichteten Stellungnahmen
ergeben ein konsistentes Bild. Die beschwerdeweise verlangte Erprobung der
medizinisch-theoretisch festgelegten Arbeitsfähigkeit durch eine berufliche
Abklärung ist nicht angezeigt. Die Einschätzung der funktionellen
Leistungsfähigkeit ist in erster Linie Sache des begutachtenden Arztes.
Angesichts der rechtsprechungsgemäss engen, sich gegenseitig ergänzenden
Zusammenarbeit zwischen Ärzteschaft und Berufsberatung (der
Invalidenversicherung) können die Ergebnisse einer konkreten
leistungsorientierten beruflichen Abklärung zwar durchaus bedeutsam sein (vgl.
Urteil 9C_833/2007 vom 4. Juli 2008 E. 3.3). Das heisst aber nicht, dass bei
klarer medizinischer Sachlage immer auch der Bericht einer beruflichen
Abklärungsstelle eingeholt werden müsste. Ausserdem ist eine praktische
berufliche Abklärung überhaupt nur sinnvoll, wenn die versicherte Person eine
kooperative Haltung einnimmt. Hier indessen wurde wiederholt festgestellt, dass
die Beschwerdeführerin eine zumindest bewusstseinsnah entstandene Ausweitung
ihrer Beschwerden und eine entsprechende Selbstlimitierung zeigt (vgl.
Gutachten des Instituts X.________; psychiatrisches Konsilium zuhanden des RAD
vom 10. März 2006).

3.5 Vollständigkeit und Richtigkeit der umstrittenen vorinstanzlichen
Tatsachenfeststellungen sind nach dem Gesagten nicht in Zweifel zu ziehen,
sowohl was die hauptsächlich bestrittene psychiatrische Ausgangslage, aber
auch, was die körperlichen Einschränkungen und deren funktionelle Folgen
anbelangt (zur Tragweite des Untersuchungsgrundsatzes vgl. Urteil 8C_364/2007
vom 19. November 2007 E. 3.2). Das nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens
(Verfügung vom 7. August 2008) ausgestellte Zeugnis des Orthopäden Dr.
B.________ vom 8. Dezember 2008 kann im Rahmen dieses Verfahrens nicht mehr
berücksichtigt werden (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220).

3.6 Dass die Bemessung des Invaliditätsgrades anderweitig nicht korrekt sein
sollte, wird nicht geltend gemacht; entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich
auch nicht aus den Akten. Es besteht somit kein Anlass für eine Weiterung des
Prüfungsprogramms (vgl. BGE 110 V 48 E. 4a S. 53). Die vorinstanzliche
Schlussfolgerung, es bestehe kein rentenbegründender Invaliditätsgrad (vgl.
Art. 28 Abs. 2 IVG), ist nach dem Gesagten bundesrechtskonform.

4.
Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt wird.

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Mai 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Traub