Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 326/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_326/2009

Urteil vom 20. Oktober 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Parteien
T.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Krapf,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

R.________,
A.________.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 27. Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
A.a T.________ verheiratete sich am 14. Oktober 1987 mit R.________. Der Ehe
entsprossen am 3. Dezember 1987 der Sohn A.________ und am 11. August 1990 der
Sohn F.________. Im April 2004 meldete sich T.________ bei der IV-Stelle des
Kantons Zürich zum Leistungsbezug an. Während des IV-Abklärungsverfahrens wurde
die Ehe am 19. Oktober 2006 geschieden und die elterliche Sorge über den damals
noch minderjährigen Sohn F.________ der Ehegattin zugeteilt. Im
Scheidungsurteil wurde von Unterhaltszahlungen des Vaters an den Sohn
F.________ abgesehen, aber gestützt auf Art. 285 Abs. 2 ZGB bestimmt, dass
allfällige dem Vater ausgerichtete Sozialversicherungsleistungen anstelle der
Unterhaltsbeiträge treten. Für den im Scheidungszeitpunkt bereits volljährigen
Sohn A.________ enthielt das Scheidungsurteil keine Regelung.
A.b Mit Verfügungen vom 8. April 2008 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich
T.________ rückwirkend ab 1. September 2004 eine Invalidenrente aufgrund eines
Invaliditätsgrades von 100 % zu, samt Kinderrenten für den in Ausbildung
stehenden Sohn A.________ (befristet bis Ende August 2007) sowie für den Sohn
F.________. Als Zahlungsadresse der Nachzahlungen für die Kinderrenten gab die
Verfügung die Adresse von R.________ an.

B.
Beschwerdeweise liess T.________ beantragen, die Verfügung vom 8. April 2008
sei so abzuändern, dass ihm die Kinderrente für den Sohn A.________ ab 1.
Januar 2006 bis zum Erlöschen des Anspruchs am 31. August 2007 ausbezahlt
werde. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde
mit Entscheid vom 27. Februar 2009 ab.

C.
T.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
erneuert das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren. Zugleich ersucht er um
unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung.

Die IV-Stelle des Kantons Zürich sowie das Bundesamt für Sozialversicherungen
(BSV) beantragen Abweisung der Beschwerde. Die zur Vernehmlassung eingeladenen
R.________ und A.________ haben sich nicht geäussert.

Erwägungen:

1.
Ist die Auszahlung einer Rente an einen Dritten verfügt worden und beantragt
der Rentenberechtigte beschwerdeweise die Auszahlung an sich, so ist der
Dritte, dem die Auszahlung zugesprochen worden ist, im Beschwerdeverfahren
zwangsläufig Gegenpartei; denn die Gutheissung der Beschwerde wirkt sich direkt
auf den zugesprochenen Betrag aus (vgl. SVR 2002 IV Nr. 5 S. 11, I 245/01 E.
4b; Urteil 9C_300/2008 vom 28. Oktober 2008 E. 3.1). Die Vorinstanz hat die
ehemalige Ehefrau des Beschwerdeführers nicht ins Verfahren einbezogen, was im
Ergebnis deren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht beeinträchtigte, da die
Beschwerde abgewiesen wurde. Vor Bundesgericht ist sie angehört worden und hat
auf eine Stellungnahme verzichtet. Da die vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen nicht bestritten sind und es einzig um Rechtsfragen
geht, die vom Bundesgericht frei und von Amtes wegen zu prüfen sind (Art. 106
Abs. 1 BGG), ist damit der Gehörsanspruch gewahrt.

2.
2.1 Männer und Frauen, denen eine Invalidenrente zusteht, haben für jedes Kind,
das im Falle ihres Todes eine Waisenrente der AHV beanspruchen könnte, Anspruch
auf eine Kinderrente (Art. 35 Abs. 1 IVG). Der Anspruch besteht auch für
erwachsene Kinder, die noch in Ausbildung stehen, bis längstens zum vollendeten
25. Altersjahr (Art. 25 Abs. 5 AHVG). Gemäss Art. 35 Abs. 4 Satz 1 IVG wird die
Kinderrente wie die Rente ausbezahlt, zu der sie gehört, mithin grundsätzlich
an den rentenberechtigten Elternteil. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über
die zweckmässige Verwendung (Art. 20 ATSG) und abweichende zivilrichterliche
Anordnungen (Art. 35 Abs. 4 Satz 2 IVG). Der Bundesrat kann die Auszahlung für
Sonderfälle in Abweichung von Art. 20 ATSG regeln, namentlich für Kinder aus
getrennter oder geschiedener Ehe (Art. 35 Abs. 4 Satz 3 IVG). Gestützt auf
diese Delegation hat der Bundesrat in Art. 82 Abs. 1 IVV festgelegt, dass für
die Auszahlung der Renten für Volljährige unter anderem Art. 71ter AHVV
sinngemäss gilt. Dessen Abs. 1 lautet: "Sind die Eltern des Kindes nicht oder
nicht mehr miteinander verheiratet oder leben sie getrennt, ist die Kinderrente
auf Antrag dem nicht rentenberechtigten Elternteil auszuzahlen, wenn diesem die
elterliche Sorge über das Kind zusteht und es bei ihm wohnt. Abweichende
vormundschaftliche oder zivilrichterliche Anordnungen bleiben vorbehalten."

2.2 Das Bundesgericht hat in BGE 134 V 15 erkannt, dass nach dieser Regelung
die Kinderrente für mündige Kinder vorbehältlich einer abweichenden
zivilrichterlichen Anordnung dem rentenberechtigten Elternteil auszurichten
ist, nicht aber direkt dem mündigen Kind (E. 2.3.6 S. 19) und auch nicht dem
anderen Elternteil, bei welchem das mündige Kind wohnt (E. 2.2 S. 16). Die
Vorinstanz weicht von dieser Rechtsprechung mit zwei Argumenten ab: Zunächst
macht sie geltend, im Unterschied zu jenem Entscheid gehe es hier nicht um eine
Rentenzusprache pro futuro, sondern um eine Nachzahlung. Der Beschwerdeführer
habe eingestandenermassen in der fraglichen Periode nichts an den Unterhalt des
Sohnes A.________ geleistet; er habe daher nach Art. 71ter Abs. 2 Satz 2 AHVV
(in Verbindung mit Art. 82 Abs. 1 IVV) keinen Anspruch auf die Nachzahlungen.
Zweitens sei die Geltendmachung des Anspruchs durch den Beschwerdeführer als
rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren.

2.3 Aus BGE 134 V 15 ergibt sich nicht, dass die dort getroffene Aussage für
Rentennachzahlungen nicht gelten würde. Der Entscheid stützt sich auf den
Wortlaut von Art. 71ter AHVV, wonach die Kinderrente dem nicht
rentenberechtigten Elternteil auszuzahlen ist, wenn diesem die elterliche Sorge
zusteht, was per definitionem nur der Fall sein kann, solange die Kinder
unmündig sind (Art. 296 ZGB). Diese Überlegung gilt unabhängig davon, ob es
sich um Rentennachzahlungen handelt oder um Renten, die pro futuro zugesprochen
werden. Nach Art. 71ter Abs. 2 AHVV gilt Abs. 1 ausdrücklich auch für die
Nachzahlungen. Damit ist auch Abs. 2 nur anwendbar, wenn es um Kinder unter
elterlicher Sorge geht, was auch für die in Satz 2 dieser Bestimmung enthaltene
Einschränkung gilt.

2.4 Auch die Annahme eines Rechtsmissbrauchs kann nicht ohne weiteres
überzeugen: Rechtsmissbrauch ist nicht schon darin zu erblicken, dass sich
jemand auf eine für ihn günstige Rechtsnorm beruft. Typische Anwendungsfälle
des Rechtsmissbrauchs liegen vor, wenn überhaupt kein schützenswertes Interesse
besteht oder ein krasses Missverhältnis berechtigter Interessen resultieren
würde, oder wenn die Geltendmachung eines Rechts im Widerspruch zu einem
früheren Verhalten steht und dadurch erweckte berechtigte Erwartungen
enttäuscht. Ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände
des Einzelfalls zu bestimmen (BGE 135 III 162 E. 3.3.1 S. 169 f., 129 III 493
E. 5.1 S. 497). Ein Interesse des Beschwerdeführers an der Auszahlung der
Kinderrente kann nicht verneint werden. Ob dadurch ein krasses Missverhältnis
berechtigter Interessen resultieren würde, kann nicht ohne Prüfung der
konkreten Umstände geprüft werden und ergibt sich nicht zwingend schon daraus,
dass der Beschwerdeführer eingestandenermassen für den Sohn A.________ keine
Unterhaltsbeiträge geleistet hat. Ohne nähere Begründung und Prüfung der
konkreten Umstände kann Rechtsmissbrauch nicht angenommen werden.

3.
3.1 In Wirklichkeit scheint das kantonale Gericht die Rechtsprechung gemäss BGE
134 V 15 grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch das BSV macht geltend, diese
bewirke in der Praxis häufig unbefriedigende Ergebnisse. Es sei stossend, wenn
die Kinderrente dem rentenberechtigten Elternteil ausbezahlt werde, dieser
jedoch das Geld anderweitig als für das mündige, in Ausbildung stehende Kind
verwende und dieses finanziell überhaupt nicht mehr unterstütze. Ein solches
Verhalten stimme mit dem Verwendungszweck der Kinderrente nicht überein. Dass
die Korrektur nur über den umständlicheren zivilrechtlichen Weg erreicht werden
könne, vermöge nicht zu befriedigen. In der Praxis laufe die Auszahlung der
Kinderrente an den getrennt lebenden Elternteil, bei welchem das Kind wohne, in
vielen Fällen problemlos. Es sei weder für die Betroffenen noch für die
Durchführungsstelle verständlich, wieso bei Erreichen des 18. Altersjahrs an
der Auszahlungsmodalität etwas geändert werden müsse, wenn die Wohnsituation
gleich geblieben sei. In der Praxis erfolge denn häufig im zunächst stillen
Einverständnis der Betroffenen die Auszahlung wie bisher; damit riskiere die
Ausgleichskasse aber Doppelzahlungen, wenn der rentenberechtigte Elternteil
später sein Recht auf Auszahlung durchsetze. Um dies zu verhindern, müssten die
Ausgleichskassen die Betroffenen jeweils bei Erreichen des 18. Altersjahres des
Kindes auf die Änderung der Rechtslage aufmerksam machen, mit dem Effekt, dass
die rentenberechtigte Person allenfalls die Kinderrente an sich auszahlen
lasse, unabhängig davon, ob sie diese zweckbestimmt zu verwenden gedenke oder
nicht. Es sei zweifelhaft, ob die Nichterwähnung der mündigen Kinder in Art.
71ter AHVV ein qualifiziertes Schweigen darstelle.

3.2 Die Ausführungen des BSV sind aus der Sicht der Praxis durchaus
nachvollziehbar. Aus rechtlicher Sicht kann aber doch der wesentliche Schritt
nicht verkannt werden, der mit der Mündigkeit erfolgt: Vor der Mündigkeit sorgt
derjenige Elternteil, unter dessen Sorge und Obhut das Kind ist, für den
Unterhalt (Art. 301 ff. ZGB); auch der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge wird
durch Leistung an diesen Elternteil erfüllt (Art. 289 Abs. 1 ZGB). Dieser
zivilrechtlichen Lage entspricht es, dass auch die Kinderrenten, die dem nicht
obhutsberechtigten Elternteil zustehen, direkt an den obhutsberechtigten
ausbezahlt werden können (Art. 71ter AHVV). Diese Rechtslage ändert sich jedoch
entscheidend mit der Mündigkeit, selbst wenn in vielen Fällen - namentlich bei
Kindern in Ausbildung - praktisch die Lebensumstände mehr oder weniger
unverändert bleiben: Das Kind sorgt nunmehr grundsätzlich selber für sich,
vorbehältlich allfälliger Unterhaltsbeiträge der Eltern (Art. 277 Abs. 2 ZGB).
Die Klage auf solche Unterhaltsbeiträge muss vom volljährigen Kind selber
erhoben werden (Philippe Meier/Martin Stettler, Droit de la filiation, 4. Aufl.
2009, S. 634 f.). Auch wenn das Kind nach wie vor bei einem Elternteil wohnt,
hat dieser keine gesetzliche Vertretung mehr und ist auch nicht (bzw. nur
aufgrund einer allfälligen Bevollmächtigung durch das Kind) befugt, für das
Kind bestimmte Unterhaltsbeiträge vom anderen Elternteil einzuklagen oder
entgegenzunehmen. Auch wenn man mit dem BSV davon ausgeht, dass die Kinderrente
zweckbestimmt ausbezahlt werden sollte, könnte diese nur dem mündigen Kind
selber ausbezahlt werden, aber nicht mehr (bzw. nur mit Vollmacht des Kindes)
wie vor der Mündigkeit dem Elternteil, bei dem das Kind wohnt. So oder so
müsste also bei Eintritt der Mündigkeit eine Überprüfung und allenfalls
Änderung der Auszahlungsmodalität erfolgen, mindestens in dem Sinne, dass die
Zustimmung des Kindes eingeholt wird für die Auszahlung der Rente an den
Elternteil, bei dem es wohnt (vgl. für die analoge Situation, wenn das Kind
während des Scheidungsprozesses seiner Eltern mündig wird, BGE 129 III 55 E.
3.1.5 S. 59). Ohne eine solche ausdrückliche Zustimmung riskiert die
Ausgleichskasse weiterhin eine Doppelzahlung, wenn nachträglich das Kind selber
die dem Elternteil ausbezahlte Rente einfordert. Es kann also ohne
ausdrückliche Zustimmung des mündigen Kindes die Rente nicht - wie das BSV
offenbar meint und die Beschwerdegegnerin verfügt hat - weiterhin dem
Elternteil ausbezahlt werden, bei dem das Kind wohnt. In Frage käme höchstens
eine direkte Auszahlung an das Kind selber (in BGE 134 V 15 ging es denn auch
um Auszahlung an das mündige Kind, nicht an dessen Mutter). Eine solche wurde
vorliegend weder verlangt noch verfügt.

3.3 In BGE 134 V 15 wurde nicht verkannt, dass die Kinderrente für den
Unterhalt des Kindes bestimmt ist. Ausschlaggebend für die Verneinung einer
richterrechtlich auszufüllenden Lücke war aber die Überlegung, dass es nicht
Sache der Sozialversicherungen, sondern des Zivilgerichts ist, die Verhältnisse
zwischen dem rentenberechtigten Elternteil und seinem mündigen Kind zu regeln.
Gemäss Art. 285 Abs. 2 ZGB sind Kinderrenten zusätzlich zum familienrechtlichen
Unterhaltsbetrag zu bezahlen, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.
Damit ist ausgedrückt, dass die Rente grundsätzlich dem Kind zukommen soll.
Diese wird daher familienrechtlich beim Einkommen des unterhaltspflichtigen
Rentenempfängers nicht eingerechnet und umgekehrt auch bei den Unterhaltskosten
des Kindes abgezogen (BGE 128 III 305 E. 4b S. 309 f.; Urteil 5A_746/2008 vom
9. April 2009 E. 6.1; Carmen Ladina Widmer, Kindesunterhalt und Kinderzulagen
gemäss FamZG, Jusletter 20. Juli 2009, Rz. 8, mit weiteren Hinweisen). Indessen
kann das Gericht etwas anderes bestimmen. Hätte der Gesetzgeber die Kinderrente
in jedem Fall und unbedingt dem Kind direkt zukommen lassen wollen, hätte er
Art. 35 Abs. 4 IVG anders gefasst. De lege lata bleibt es letztlich eine Frage
des familienrechtlichen Rechtsverhältnisses, ob und in welchem Umfang der
Rentenempfänger dem mündigen Kind Unterhaltsbeiträge zu leisten hat, wobei der
Betrag der Kinderrente in die gesamthafte Beurteilung einzufliessen hat.

3.4 Auch aus Art. 285 Abs. 2bis ZGB kann kein unbedingter
Direktzahlungsanspruch des mündigen Kindes abgeleitet werden: Nach dieser
Bestimmung hat der Unterhaltspflichtige, der nachträglich eine
Sozialversicherungsrente erhält, diese dem Kind zu zahlen, wobei sich der
bisherige Unterhaltsbeitrag von Gesetzes wegen im Umfang dieser neuen Leistung
vermindert. Diese Bestimmung, die im Rahmen der Scheidungsrechtsrevision
aufgenommen worden ist (Markus Krapf, Die Koordination von Unterhalts- und
Sozialversicherungsleistungen für Kinder, Diss. Freiburg 2004, S. 162 Rz. 672),
will vermeiden, dass bei einer nachträglichen Zusprache einer
Sozialversicherungsleistung ein Änderungsverfahren nach Art. 286 Abs. 2 ZGB
durchgeführt werden muss, um eine nicht gerechtfertigte Kumulation der beiden
Leistungen zu vermeiden (Krapf, a.a.O., S. 165 Rz. 684; Meier/Stettler, a.a.O.,
S. 578 f.; Stephan Wullschleger, in Ingeborg Schwenzer [Hrsg.], FamKomm
Scheidung, 2005, Art. 285 ZGB N. 80). Wie sich aus diesem Kontext ergibt, setzt
die Anwendung von Art. 285 Abs. 2bis ZGB voraus, dass zunächst ein
Unterhaltsbeitrag festgesetzt worden ist und nachher die
sozialversicherungsrechtliche Leistung erbracht wird (vgl. BGE 129 V 362 E. 5.1
S. 367; Krapf, a.a.O., S. 151 Rz. 636, S. 169). Vorliegend ist indessen bisher
kein Unterhaltsbeitrag festgesetzt worden: Im Scheidungsurteil wurde
(richtigerweise) betreffend den Sohn A.________ nichts angeordnet, da dieser
bereits volljährig war. Eine Unterhaltsklage von A.________ gegenüber dem
Beschwerdeführer ist nach Lage der Akten bisher nicht erhoben worden. Es fehlt
daher an einem festgesetzten Unterhaltsbeitrag, so dass Art. 285 Abs. 2bis ZGB
nicht zur Anwendung gelangen kann.

3.5 Es muss somit dabei bleiben, dass über das Schicksal der Kinderrente in
Bezug auf das mündige Kind nicht ohne Berücksichtigung der zivilrechtlichen
Gesamtsituation entschieden werden kann, die durch das Zivilgericht zu
beurteilen ist (Urteil I 840/04 vom 28. Dezember 2005 E. 5.1; 9C_499/2008 vom
6. Mai 2009 E. 3.4 und 3.5; vgl. auch Widmer, a.a.O., Rz. 36, 49). Zwar könnte
der Bundesrat auf dem Verordnungsweg gestützt auf Art. 35 Abs. 4 IVG auch für
mündige Kinder eine analoge Regelung wie diejenige in Art. 71ter AHVV treffen.
Wenn er davon abgesehen hat, ist es aber nicht Sache der Gerichte, hier eine
andere Regelung vorzusehen (vgl. BGE 129 V 362 E. 5.2.2 S. 369). Das schliesst
nicht aus, dass die Kinderrente letztlich zum Kind gelangt, steht es diesem
doch offen, vom unterhaltsverpflichteten Rentenberechtigten auf dem
zivilrechtlichen Weg (Art. 279 ff. ZGB) eine Unterhaltsleistung unter
Berücksichtigung der Rentenleistung zu erstreiten. Ob von dieser Regelung
allenfalls abgewichen werden könnte, wenn im Einzelfall der zivilrechtliche Weg
aus irgendwelchen Gründen nicht gangbar sein sollte (vgl. Hansjörg Seiler,
Praktische Rechtsanwendung, 2009, S. 98), braucht nicht entschieden zu werden;
denn es wird von keiner Seite geltend gemacht und ist auch sonst nicht
ersichtlich, dass und weshalb der zivilrechtliche Weg vorliegend nicht
offenstehen sollte.

3.6 Insgesamt sind keine triftigen Gründe ersichtlich, um die Rechtsprechung
gemäss BGE 134 V 15 zu ändern. Der Beschwerdeführer hat somit grundsätzlich
Anspruch auf Auszahlung der Rente an sich. Immerhin ist dem Anliegen Rechnung
zu tragen, dass die Kinderrente letztlich für den Unterhalt des Kindes bestimmt
ist. Wäre der Beschwerdeführer bisher zu einer Unterhaltszahlung verpflichtet
gewesen, so käme Art. 285 Abs. 2bis ZGB zur Anwendung. Nach Lage der Akten hat
der Sohn den Beschwerdeführer bisher nicht auf Zahlung von Unterhaltsbeiträgen
eingeklagt, möglicherweise in der Annahme, dies sei aufgrund der persönlichen
oder finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers aussichtslos. Die
Zusprache einer Kinderrente könnte diese Verhältnisse ändern und den Sohn
veranlassen, eine Klage gegen seinen Vater ins Auge zu fassen. Würde in der
Zwischenzeit die Rente an den Beschwerdeführer ausbezahlt, so bestünde die
Gefahr, dass dieser den Betrag anderweitig verwendet, so dass auch im Falle
einer nachträglichen Unterhaltsklage unter Umständen keine Unterhaltsbeiträge
zugesprochen oder zugesprochene Beiträge nicht mehr vollstreckt werden könnten.
Das Sozialversicherungsrecht kann zwar die familienrechtliche Regelung nicht
vorwegnehmen, aber es kann doch dazu beitragen, dass diese nicht vereitelt
wird. Zu diesem Zweck drängt sich folgendes Vorgehen auf: Bevor die Auszahlung
an den Beschwerdeführer erfolgt, teilt die Verwaltung dem mündig gewordenen
Kind mit, dass die vor der Mündigkeit dem obhutsberechtigten Elternteil
ausbezahlte Kinderrente in Zukunft dem rentenberechtigten ausbezahlt wird,
sofern das Kind nicht innert einer angemessenen Frist Klage auf Unterhalt
gemäss Art. 277 Abs. 2 ZGB gegen den (rentenberechtigten) Beschwerdeführer
erhebt. Wird eine solche Klage angehoben, so ist es Sache des Zivilgerichts,
durch vorsorgliche Massnahmen (Art. 281 ZGB) und im Urteil durch Anweisung an
die IV (Art. 291 ZGB; vgl. Krapf, a.a.O., S. 120 Rz. 496 und S. 126 Rz. 520)
sicherzustellen, dass der Betrag der Kinderrente, sofern er zivilrechtlich dem
Kind zukommen soll, diesem auch tatsächlich zufliesst.

4.
Die Kosten des Verfahrens sind ausgangsgemäss von der unterliegenden IV-Stelle
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG), welche dem Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen hat (Art. 68
Abs. 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung
wird damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 27. Februar 2009 und die Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Zürich vom 8. April 2008 werden aufgehoben, soweit damit die Auszahlung
der Kinderrente für den Sohn A.________ vom 1. Januar 2006 bis 31. August 2007
an seine Mutter angeordnet wurde. Die IV-Stelle des Kantons Zürich wird
angewiesen, im Sinne der Erwägungen über die Auszahlung neu zu verfügen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der IV-Stelle des Kantons Zürich
auferlegt.

3.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse der Aarg. Industrie und Handelskammer und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. Oktober 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Keel Baumann