Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 324/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_324/2009

Urteil vom 3. Juli 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Parteien
E.________ AG,
vertreten durch R.________ + Co.,
Treuhand und Unternehmensberatung,
Beschwerdeführerin,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 26. Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
Die seit 1973 im Handelsregister eingetragene E.________ AG bezweckt namentlich
den Erwerb, die Überbauung, Verwaltung und Veräusserung von Immobilien, den An-
und Verkauf von Grundstücken sowie die Erstellung, den Umbau und den Abbruch
von Gebäuden. Alleinaktionär und einziges Mitglied des Verwaltungsrates der
Gesellschaft ist J.________, der seinerseits als selbstständigerwerbender
Liegenschaftenhändler im Haupterwerb der Ausgleichskasse des Kantons Zürich
angeschlossen ist. Gestützt auf die Ergebnisse einer Arbeitgeberkontrolle und
den Beratervertrag zwischen der E.________ AG und J.________ vom 13. Dezember
2006 gelangte die Ausgleichskasse zum Schluss, die von der E.________ AG
J.________ als freiem Mitarbeiter ausgerichteten Entgelte stellten massgebenden
Lohn dar. Jener sei mit Bezug auf seine Tätigkeit als Berater der Gesellschaft
als Unselbstständiger zu qualifizieren. Dementsprechend verpflichtete die
Ausgleichskasse die E.________ AG mit Verfügungen vom 22. Juni 2007 zur
Nachzahlung paritätischer AHV/IV/EO/AlV-Beiträge sowie von Beiträgen an die
Familienausgleichskasse und Verwaltungskosten in der Höhe von insgesamt Fr.
30'333.90 für das Jahr 2003, Fr. 34'798.- (für 2004) und Fr. 36'670.50 (für
2005). Hieran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 7. August 2007 fest.

B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher die E.________ AG beantragt
hatte, unter Aufhebung der Nachzahlungsverfügungen seien die von ihr in den
Jahren 2003 bis 2005 an J.________ ausbezahlten Entgelte als Einkommen aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit zu qualifizieren, wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 26. Februar
2009).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die E.________
AG das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Während die Ausgleichskasse auf eine Vernehmlassung verzichtet, schliesst das
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den massgebenden Lohn, von welchem
paritätische Beiträge erhoben werden (Art. 5 Abs. 2 und 14 Abs. 1 AHVG), unter
Hinweis auf die Rechtsprechung (BGE 133 V 556 E. 4 S. 558) und die Grundsätze
über die Abgrenzung zwischen selbstständiger und unselbstständiger
Erwerbstätigkeit (BGE 123 V 161 E. 1 S. 162, 122 V 169 E. 3a S. 171, 281 E. 2a
S. 283) sowie die Merkmale, bei deren Vorliegen im Regelfall selbstständige
Erwerbstätigkeit anzunehmen ist (BGE 115 V 161 E. 9a S. 170 f.; Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts H 77/04 vom 19. Mai 2005), zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Das Sozialversicherungsgericht hat die Entschädigungen, welche die Gesellschaft
J.________ in den Jahren 2003 bis 2005 für seine Beratungstätigkeit bezahlt
hat, als massgebenden Lohn qualifiziert. Ausgehend davon, dass das
Unternehmerrisiko bei Beratungstätigkeiten als Unterscheidungsmerkmal in den
Hintergrund trete, legte es das Schwergewicht auf die Frage nach der
betriebswirtschaftlich-arbeitsorganisatorischen Abhängigkeit. Dabei zog es
namentlich den Beratervertrag vom 13. Dezember 2006 heran, welcher verschiedene
Klauseln aufweise, die als gewichtige Indizien für eine
betriebswirtschaftlich-arbeitsorganisatorische Abhängigkeit sprächen. Da die
von J.________ übernommenen Tätigkeiten wie Akquisition, Projekt- und
Bauleitungsarbeiten sowie Vermittlung, Vermarktung und Vorfinanzierung von
Immobilienprojekten dem Gesellschaftszweck der Beschwerdeführerin entsprechen,
stünden sie in einem direkten Zusammenhang mit dem Verwaltungsratsmandat. Dies
erlaube den Schluss, dass J.________ diese Tätigkeit nicht ausführen würde,
wenn er nicht Verwaltungsrat der Gesellschaft wäre. Auch deshalb sei er mit
Bezug auf die für die Gesellschaft geleistete Arbeit als
Unselbstständigerwerbender zu betrachten.

4.
4.1 Dem einlässlich begründeten, auf die Rechtsprechung gestützten Entscheid
des Sozialversicherungsgerichts ist beizupflichten. Die in der Beschwerde
erhobenen Einwendungen sind nicht stichhaltig. Wie die Vorinstanz festgehalten
hat, steht mit Bezug auf J.________ kein Statuswechsel im Raum. Der Umstand,
dass dieser seine Beitragspflicht als im Haupterwerb selbstständiger
Liegenschaftenhändler erfüllt, steht einer Erfassung der hier streitigen
Entgelte als massgebenden Lohn nicht entgegen, da jedes Erwerbseinkommen dahin
zu prüfen ist, ob es aus selbstständiger oder aus unselbstständiger
Erwerbstätigkeit stammt (BGE 122 V 169 E. 3b S. 172).

4.2 Der Beschwerdeführerin ist insoweit zu folgen, als sie geltend macht, die
zivilrechtliche Ausgestaltung der Beziehungen mit J.________ sei für das
Beitragsstatut nicht massgebend. Sie übersieht aber offenbar, dass die
Vorinstanz die Bestimmungen der zwischen ihr und J.________ getroffenen
Vereinbarung lediglich als Indizien für das Vorliegen unselbstständiger
Erwerbstätigkeit gewertet und daneben weitere Umstände namhaft gemacht hat, die
ebenfalls für diese Auffassung sprechen. Im Übrigen treten oft Merkmale
selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit zutage; der Entscheid
hat sich in diesen Fällen danach zu richten, welche dieser Merkmale überwiegen
(BGE 123 V 161 E. 1 S. 163). Eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit oder
sonstiger Grundrechte liegt sodann nicht vor; die Qualifikation der hier
interessierenden Erwerbseinkünfte beruht auf einer korrekten Anwendung von
Gesetz und Rechtsprechung.

4.3 Die Tatsache sodann, dass Fachleute, die einmalig oder wiederholt als
Berater zur Lösung bereichsspezifischer oder organisatorischer Probleme
hinzugezogen werden, rechtsprechungsgemäss regelmässig als
Selbstständigerwerbende gelten (BGE 110 V 72 E. 4b S. 78 f.), führt zu keinem
anderen Ergebnis, wie das BSV richtig bemerkt. Denn J.________ ist nicht nur
oder in erster Linie in beratender Funktion tätig, sondern er hat auch
zahlreiche andere Aufgaben zu erfüllen: Akquisition, kundenbezogene Beratung,
Projekt- und Bauleitungsarbeiten sowie Vermittlung, Vermarktung und
Vorfinanzierung von Immobilienprojekten.

4.4 Des Weiteren kann sich die Beschwerdeführerin auch nicht aufgrund einer
falschen Auskunft mit Erfolg auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen
(vgl. dazu BGE 131 II 627 E. 6.1 S. 636, 121 V 65 E. 2a S. 66). Denn die
Ausgleichskasse hat nie eine Zusicherung des Inhalts abgegeben, dass J.________
für sämtliche Arbeiten, die er für die Beschwerdeführerin verrichtet, als
Selbstständigerwerbender erfasst werde. Die Bestätigung der Ausgleichskasse
über den Anschluss von J.________ als Selbstständigerwerbender vom 18. Juli
2001 weist vielmehr klar darauf hin, dass das Beitragsstatut für jedes einzelne
Auftrags- oder Arbeitsverhältnis im Zweifelsfall gesondert geprüft werde.

4.5 Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat J.________ kein
Unternehmerrisiko zu tragen. Das Risiko, dass die Gesellschaft in finanzielle
Schwierigkeiten gerät und deshalb Mühe hat, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen,
trägt nicht nur der Selbstständigerwerbende, sondern ebenso der Arbeitnehmer,
dessen Lohn verspätet oder gar nicht bezahlt wird.

4.6 Bei der Behauptung, J.________ bürge mit seinem privaten Vermögen für den
der Beschwerdeführerin gewährten Bankkredit, handelt es sich um ein im
letztinstanzlichen Verfahren unzulässiges neues tatsächliches Vorbringen (Art.
99 Abs. 1 BGG). Abgesehen davon ist nicht zu erkennen, weshalb aus der geltend
gemachten Bürgschaft auf selbstständige Erwerbstätigkeit von J.________
geschlossen werden sollte, hängt diese doch eher damit zusammen, dass er
Alleinaktionär und Verwaltungsrat der Immobiliengesellschaft ist.

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechen sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. Juli 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Widmer