Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 301/2009
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2009
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2009


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_301/2009

Urteil vom 8. Oktober 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Parteien
VSAO Stiftung für Selbständigerwerbende,
vertreten durch Fürsprecher Markus Fischer,
Beschwerdeführerin,

gegen

M.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 23. Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
Dr. med. M.________ eröffnete im Jahre 1998 eine Praxis für Gynäkologie und
Geburtshilfe und nahm zu diesem Zweck einen Investitionskredit von Fr.
200'000.- bei einer Bank auf. Bei der VSAO Stiftung für Selbständigerwerbende
ist er freiwillig berufsvorsorgeversichert. Mit Schreiben vom 6. Mai 2008
ersuchte er seine Vorsorgeeinrichtung um Auszahlung eines Betrages von Fr.
200'000.-, damit er den Investitionskredit amortisieren könne. Dieses Begehren
lehnte die VSAO Stiftung mit Schreiben vom 8. Mai 2008 ab, da hiefür keine
rechtliche Grundlage bestehe.

B.
Die am 4. August 2008 eingereichte Klage hiess das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern mit Entscheid vom 23. Februar 2009 insoweit gut, als es die VSAO
Stiftung verpflichtete, die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 FZG zur
Auszahlung des geforderten Betrages von Fr. 200'000.- zu prüfen und, wenn diese
erfüllt sind, den Betrag zur Tilgung des Bankkredites auszubezahlen. Soweit
weitergehend wies es die Klage ab, soweit es darauf eintrat.

C.
Die VSAO Stiftung lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
führen mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei insoweit aufzuheben,
als sie damit verpflichtet werde, die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 FZG zu
prüfen und, wenn diese erfüllt sind, den Betrag von Fr. 200'000.- zur Tilgung
des Bankkredites an den Beschwerdegegner auszuzahlen.
Dr. med. M.________ beantragt die Abweisung der Beschwerde. Kantonales Gericht
und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E.
1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur
die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige
Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu
korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (SEILER/VON
WERDT/GÜNGERICH, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007 N 24 zu Art.
97).

2.
2.1 Selbständigerwerbende sind dem Obligatorium der beruflichen Vorsorge nicht
von Gesetzes wegen unterstellt. Ihnen soll jedoch die Möglichkeit einer
freiwilligen Unterstellung offenstehen (Art. 113 Abs. 2 lit. d BVG). Dieser
Verfassungsauftrag ist als Grundsatz in Art. 4 BVG übernommen und in Art. 44
und 45 BVG konkretisiert worden (Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich 2005, S.
195 Rz. 511). Art. 4 BVG regelt die freiwillige Versicherung in der beruflichen
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge: Arbeitnehmer und
Selbständigerwerbende, die der obligatorischen Versicherung nicht unterstellt
sind, können sich nach diesem Gesetz freiwillig versichern lassen (Abs. 1). Die
Bestimmungen über die obligatorische Versicherung, insbesondere die in Art. 8
festgesetzten Einkommensgrenzen, gelten sinngemäss für die freiwillige
Versicherung (Abs. 2).

2.2 Am 1. Januar 2005 ist die 1. BVG-Revision gemäss Bundesgesetz vom 3.
Oktober 2003 in Kraft getreten (AS 2004 1700). Art. 4 Abs. 3 und 4 BVG enthält
neue Regelungen für die freiwillige Versicherung der Selbständigerwerbenden.
Abs. 3 bestimmt:

"Selbstständigerwerbende haben ausserdem die Möglichkeit, sich ausschliesslich
bei einer Vorsorgeeinrichtung im Bereich der weitergehenden Vorsorge,
insbesondere auch bei einer Vorsorgeeinrichtung, die nicht im Register für
berufliche Vorsorge eingetragen ist, zu versichern. In diesem Fall finden die
Absätze 1 und 2 keine Anwendung."
Art. 4 Abs. 4 BVG lautet wie folgt:
"Die von den Selbstständigerwerbenden geleisteten Beiträge und Einlagen in die
Vorsorgeeinrichtung müssen dauernd der beruflichen Vorsorge dienen."

2.3 Das Bundesgericht hat Art. 4 Abs. 4 BVG in BGE 134 V 170 dahingehend
ausgelegt, dass sich aus der Entstehungsgeschichte der eindeutige Wille des
Gesetzgebers ergibt, die sonst gesetzlich (BVG; FZG) sehr streng normierte
Zweckbindung von Mitteln der beruflichen Vorsorge bei der freiwilligen
beruflichen Vorsorge von Selbständigerwerbenden zu lockern, indem die Entnahme
für betriebliche Investitionen ausgenommen ist. In klar bestimmten Schranken,
z.B. für Betriebsinvestitionen, sind der Vorbezug und die Barauszahlung von
Beiträgen sowie Einlagen in die Vorsorgeeinrichtung zuzulassen (BGE 134 V 170
E. 4.4 S. 180). Die Erneuerung einer veralteten Raufutteranlage bei einem
selbständigerwerbenden Landwirt stellt eine klassische betriebliche Investition
dar. Gleiches gilt, soweit Mittel aus der Vorsorgeeinrichtung für die
Auszahlung des Geschäftspartners beansprucht werden, geht es doch dabei um
Investitionen in das Inventar. Der Einsatz dieser Mittel dient letztlich
ebenfalls der Betriebserhaltung und Existenzsicherung, womit er auf der Ebene
der beruflichen Vorsorge im weitesten Sinne anzusiedeln ist (BGE 134 V 170 E. 5
S. 181).

3.
3.1 Das kantonale Gericht bejahte im angefochtenen Entscheid gestützt auf den
erwähnten BGE 134 V 170 die Voraussetzungen zur Entnahme von Vorsorgemitteln.
Der Beschwerdegegner habe einen bis jetzt noch nicht zurückgezahlten
Investitionskredit erhalten und diesen vollumfänglich in den Betrieb
investiert. Die Entnahme des Vorsorgekapitals diene somit der Finanzierung
einer betrieblichen Investition. Daran ändere auch nichts, dass aktuell keine
Investition mehr anstehe. Weder dem Gesetz noch den Ausführungen des
Bundesgerichts lasse sich die Einschränkung entnehmen, wonach die Entnahme von
Mitteln der beruflichen Vorsorge nur für Neuinvestitionen und nicht auch zur
nachträglichen Amortisation einer betrieblichen Investition zulässig sein
sollte. Es bestehe keine gesetzliche Einschränkung dahingehend, dass die
Entnahme von Mitteln der beruflichen Vorsorge nur dann zulässig sei, wenn das
Investitionskapital nicht anderweitig beschafft werden könne. Die Investition
in den Betrieb eines Selbständigerwerbenden diene nicht nur dann der
beruflichen Vorsorge, wenn sie für die Existenzsicherung unmittelbar
erforderlich sei, weil etwa eine finanzielle Zwangssituation vorliege. Ob sich
die Praxis des Beschwerdegegners wirtschaftlich alleine trage, sei deshalb ohne
Bedeutung. Entscheidend sei einzig, dass das Vorsorgekapital in den Betrieb
investiert werde, wodurch es der Vorsorge diene, was im vorliegenden Fall
erwiesen sei. Die Amortisation des Kredits erlaube dem Beschwerdegegner die
Reduktion seiner Zinsenlast und somit der betrieblichen Kosten. Sie sei deshalb
ohne weiteres geeignet, seiner beruflichen Vorsorge und Existenzsicherung zu
dienen. Jedenfalls könne nicht die Rede davon sein, die Entnahme von
Vorsorgemitteln zwecks Rückzahlung eines Betriebskredites widerspreche dem
Kerngehalt von Art. 4 Abs. 4 BVG oder sei missbräuchlich. Es bestehe auch keine
Verpflichtung des Beschwerdegegners, das gesamte Vorsorgekapital zu beziehen,
zumal das Vorsorgeverhältnis - anders als im Fall des Landwirtes in BGE 134 V
170 - nicht gekündigt worden sei.

3.2 Die Beschwerde führende Vorsorgeeinrichtung bringt zur Hauptsache vor, im
vorliegenden Fall bestünden wesentliche Unterschiede zum in BGE 134 V 170
beurteilten Sachverhalt. Es gehe dabei vor allem um den unbestimmten
Rechtsbegriff der "betrieblichen Investition". Im Interesse des
Missbrauchsverbots und angesichts der fehlenden ausdrücklichen gesetzlichen
Grundlage sei dieser Begriff einer engen Auslegung zu unterziehen. In BGE 134 V
170 habe der Landwirt das Geld unbedingt benötigt, um die dringend
erforderliche Erneuerung der Raufutteranlage zu finanzieren sowie seinen
Mitpächter auszuzahlen. Die Mittel seien zur Erhaltung des Betriebs und
letztlich auch zur Existenzsicherung im Sinne der beruflichen Vorsorge
verwendet worden. Im vorliegenden Fall bestehe keine finanzielle Notlage des
Beschwerdegegners. Dessen Beweggründe, die "unvorteilhafte Zinslast" zu
beseitigen, könnten nicht ausreichen, um eine Notlage zu begründen. Vielmehr
lege die finanzielle Situation des Beschwerdegegners die Vermutung nahe, dass
sich dieser aus steuerlichen Gründen der obligatorischen Vorsorge freiwillig
unterstellt habe, mit dem Gedanken, zu einem späteren Zeitpunkt den
aufgenommenen Kredit aus diesen steuerprivilegierten Vorsorgegeldern
zurückzubezahlen. Das kantonale Gericht verkenne dieses Missbrauchspotenzial,
das es im vorliegenden Fall gar nicht näher geprüft habe. Die vom Gesetzgeber
angesprochenen klar bestimmten Bedingungen, unter welchen Selbständigerwerbende
ihre Vorsorgeguthaben beziehen können, seien nur dann eingehalten, wenn
jeglicher Missbrauch ausgeschlossen bliebe. Dies sei nur der Fall, wenn sich
ein Selbständigerwerbender in einer für ihn existenzbedrohenden Notlage befinde
und die angesparten Vorsorgeguthaben unbedingt für die Weiterexistenz seines
Betriebes benötige. Ansonsten bleibe Art. 4 Abs. 4 BVG "toter Buchstabe", weil
gewiefte Selbständigerwerbende immer eine Lücke finden würden. Als
Vorsorgeeinrichtung für selbständige Ärztinnen und Ärzte und deren Personal sei
eine Liquiditätsplanung für die Stiftungsleitung unmöglich, wenn die
Versicherten quasi voraussetzungslos jederzeit für die von ihnen in die
Arztpraxen getätigten Investitionen ihre Vorsorgeguthaben beziehen könnten. Die
Vorsorgeeinrichtung müsste permanent mit der Überweisung von Vorsorgeguthaben
rechnen, die eine Anlage des Vermögens im Sinne von Art. 49 ff. BVV2 und die
Erwirtschaftung der notwendigen Rendite zur Sicherstellung der versicherten
Risiken erheblich erschweren würde. Gestützt auf die aktuelle wirtschaftliche
Lage und die zurzeit vorliegende Unterdeckung stelle sich zudem die Frage, ob
eine solche Auszahlung - wie bei einem Vorbezug für die Wohneigentumsförderung
- vorübergehend verschoben werden könne, bis der vollständige Deckungsgrad
wieder erreicht sei. Die Auswirkungen des vorinstanzlichen Entscheids würden
zudem die versicherungstechnische Bilanz einer Vorsorgeeinrichtung gefährden.
Risikoprämien und Sparbeiträge, welche auf die Ausgewogenheit von
Vorsorgeplänen abgestimmt seien, würden mit einem jederzeit möglichen Barbezug
in ein Ungleichgewicht gesetzt. Im vorinstanzlichen Verfahren hatte die
Beschwerdeführerin überdies geltend gemacht, aus BGE 134 V 170 lasse sich ein
Anspruch auf Auszahlung lediglich eines Teils des Altersguthabens nicht
ableiten. Dem Kläger sei es unbenommen, den Vorsorgevertrag aufzulösen und das
gesamte freiwillig angesparte Vorsorgeguthaben zu beziehen.

3.3 Der Beschwerdegegner erblickt in der Weigerung der Vorsorgeeinrichtung auf
Auszahlung eine Verletzung der ihm als Selbständigerwerbenden garantierten
Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) und der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) und des
Diskriminierungsverbotes (Art. 8 BV). Das FZG und das BVG würden ihm das Recht
einräumen, freiwillig angespartes Vorsorgekapital zum Zwecke der Vorsorge in
die Praxis als selbständigerwerbender Arzt zu investieren. Dabei spiele es
keine Rolle, dass es sich in seinem Fall um die Tilgung eines bereits
getätigten Investitionskredites handle.
3.4
3.4.1 Art. 4 Abs. 4 BVG stellt neu auch für die freiwillige Versicherung den
bisher nur im Obligatorium und im Bereich der 3. Säule (Art. 82 Abs. 1 BVG)
geltenden Grundsatz auf, wonach die (von den Selbständigerwerbenden)
geleisteten Beiträge und Einlagen in die Vorsorgeeinrichtung dauernd der
beruflichen Vorsorge dienen müssen. Von der sonst im BVG und FZG sehr streng
normierten Zweckbindung von Mitteln der beruflichen Vorsorge hat das
Bundesgericht mit BGE 134 V 170 angesichts der Entstehungsgeschichte von Art. 4
Abs. 4 BVG und der Systematik sowie aufgrund einer verfassungskonformen
Auslegung bei der freiwilligen beruflichen Vorsorge von Selbständigerwerbenden
eine Ausnahme für betriebliche Investitionen geschaffen.
3.4.2 Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob eine Rechtsgrundlage für den
vom Beschwerdegegner beanspruchten Teilbezug des Vorsorgeguthabens unter
Beibehaltung der freiwilligen Vorsorge besteht. Mit dieser Frage musste sich
das Bundesgericht in BGE 134 V 170 nicht befassen, da dort der
selbständigerwerbende Landwirt die freiwillige berufliche Vorsorgeversicherung
gekündigt hatte (S. 174 E. 4 am Anfang). Im Bereich der weitergehenden
Vorsorge, insbesondere auch bei der freiwilligen Versicherung nach Art. 4 BVG,
wird das Rechtsverhältnis zwischen der Vorsorgeeinrichtung und dem
Vorsorgenehmer durch einen privatrechtlichen Vorsorgevertrag begründet, der
rechtsdogmatisch den Innominatsverträgen zuzuordnen ist (BGE 132 V 149 E. 5 S.
150 mit Hinweisen, 130 V 103 E. 3.3 S. 109, 116 V 218 E. 2 S. 221; vgl. auch
BGE 119 V 283 E. 2a). Unbestrittenermassen regeln die vertraglichen Bedingungen
zwischen den Parteien einen Teilbezug unter Aufrechterhaltung des
Versicherungsverhältnisses nicht. Von Gesetzes wegen ist einzig bei der
Wohneigentumsförderung ein teilweiser Vorbezug gebundener Vorsorgemittel
möglich (Art. 30c BVG). Hingegen sieht das FZG, insbesondere dessen Art. 5 Abs.
1, eine teilweise Barauszahlung namentlich bei Aufnahme einer selbständigen
Erwerbstätigkeit nicht vor. Ein Anspruch auf die Austrittsleistung wird nur
erworben, wenn der Versicherte seine Vertragsbeziehungen zur
Vorsorgeeinrichtung beendet, da er nicht teilweise aus der Vorsorgeeinrichtung
austreten kann (ISABELLE VETTER-SCHREIBER, BVG, 2009 S. 406). Aus diesem Grund
kann daher in den Bedingungen des Vorsorgevertrags ein teilweiser Bezug für
betriebliche Investitionen nicht vereinbart werden. Die mit BGE 134 V 170
namentlich für Betriebsinvestitionen als zulässig erachtete Barauszahlung des
in der freiwilligen beruflichen Vorsorge angesparten Alterskapitals kommt daher
nur in Frage, wenn der Versicherte den Vorsorgevertrag kündigt und seine
vertraglichen Beziehungen mit seiner Vorsorgeeinrichtung beendet. Der vom
Beschwerdegegner eingeklagte Teilbezug des Alterskapitals im Betrag von Fr.
200'000.- ist daher nicht zulässig. Angesichts der in Art. 4 Abs. 4 BVG
enthaltenen Zweckgebundenheit der Vorsorgemittel und der fehlenden Möglichkeit
eines Teilbezugs geht die Berufung des Beschwerdegegners auf verschiedene
verfassungsmässige Rechte fehl. Der vorinstanzliche Entscheid verletzt nach dem
Gesagten Bundesrecht.
3.4.3 Der Beschwerdegegner hat sich bei Aufnahme der selbständigen
Erwerbstätigkeit im Jahre 1998 entschieden, einerseits einen Betriebskredit
aufzunehmen und anderseits die als Arbeitnehmer geäufneten Vorsorgemittel
anfangs 1999 in die bei der Beschwerdeführerin durchgeführte freiwillige
Vorsorge als Selbständigerwerbender zu investieren. Somit hat er sich damals
dagegen entschieden, sich die Austrittsleistung infolge Aufnahme der
selbständigen Erwerbstätigkeit (vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG) auszahlen zu
lassen und in den Betrieb zu investieren. Man könnte sich daher fragen, ob der
Beschwerdegegner durch diese Vorgehensweise in Bezug auf die Amortisation des
damals aufgenommenen Betriebskredits während der Dauer der vertraglichen
Beziehungen mit der Beschwerdeführerin nicht auf das Recht der Barauszahlung
verzichtet hat (dazu ANDRÉ PIERRE HOLZER, Verjährung und Verwirkung der
Leistungsansprüche im Sozialversicherungsrecht, S. 159 f. und der dort erwähnte
Art. 3 Abs. 2 lit. c BVV3). Die Frage braucht jedoch angesichts des nicht
zulässigen Teilbezugs nicht entschieden werden.

3.5 Soweit der Beschwerdegegner in der Vernehmlassung den Antrag stellt, der
Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, ist dieses Begehren
gegenstandslos, da die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde kein
entsprechendes Begehren gestellt hat (vgl. Art. 103 Abs. 1 BGG). Was den
Antrag, das Urteil sei öffentlich zu verkünden, betrifft, so werden die
Entscheide des Bundesgerichts schriftlich eröffnet, es sei denn es finde eine
öffentliche Beratung statt (Art. 58 und 60 BGG). Der Beschwerdegegner wird
indessen darauf hingewiesen, dass das Dispositiv öffentlich aufliegt und der
Entscheid im Internet veröffentlicht wird (Art. 57 Abs. 1 lit. b und c des
Reglements für das Bundesgericht; SR 173.110.131).

4.
Als unterliegende Partei hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Entschädigung zugunsten der obsiegenden
Vorsorgeeinrichtung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern vom 23. Februar 2009 aufgehoben und die Klage vom 4. August 2008
abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. Oktober 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Nussbaumer