Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 279/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_279/2009

Urteil vom 6. Mai 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
D.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Sutter,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 18. Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
D.________, geboren 1956, war zuletzt als Betriebsmitarbeiter in der
Textilindustrie tätig. Am 12. Juni 2003 meldete er sich zum Bezug von
Leistungen der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau
holte ein polydisziplinäres Gutachten des medizinischen Zentrums X.________ vom
5. April 2005 ein. Mit Verfügung vom 30. September 2005 sprach sie D.________
bei einem Invaliditätsgrad von 73 % ab 1. August 2003 eine ganze Invalidenrente
nebst Zusatzrente für die Ehefrau und Kinderrenten zu. Im November 2006 leitete
sie ein Revisionsverfahren ein und gab beim medizinischen Zentrum X.________
ein zweites Gutachten (vom 18. März 2008) in Auftrag. Darin und im
Zusatzbericht vom 16. April 2008 bestätigten die Experten den Fortbestand einer
Panikstörung und einer leichten depressiven Episode und legten die
Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht auf nur noch 20 % fest. Die
Schmerzsymptomatik sei in den Hintergrund getreten und limitiere den
Versicherten im Alltag nicht mehr. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren hob
die IV-Stelle die Rente mit Verfügung vom 30. Juli 2008 auf das Ende des der
Zustellung des Entscheides folgenden Monats auf unter der Annahme eines
Invaliditätsgrades von 37 %.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
mit Entscheid vom 18. Februar 2009 ab.

C.
D.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, es sei ihm weiterhin eine ganze Rente zuzusprechen; eventualiter sei
die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

2.
Streitig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente. Das kantonale Gericht hat
die zur Beurteilung dieser Frage einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Die revisionsweise Anpassung der Invalidenrente setzt nach Art. 17 ATSG
Tatsachenänderungen (des Gesundheitszustandes, der Arbeits- und
Erwerbsunfähigkeit usw.) im massgeblichen Vergleichszeitraum (BGE 133 V 108)
voraus.

3.1 Die Vorinstanz hat die anspruchsrelevante Verbesserung des
Gesundheitszustandes bejaht und hierzu Feststellungen getroffen, die für das
Bundesgericht grundsätzlich verbindlich sind (E. 1). Der Beschwerdeführer
wendet ein, es sei keine Verbesserung eingetreten; die Vorinstanz habe die
Stellungnahmen der behandelnden Fachärzte nicht berücksichtigt und alleine auf
die gutachterlichen Aussagen abgestützt; damit habe sie den medizinischen
Sachverhalt mangelhaft und einseitig festgestellt.

3.2 Die Vorinstanzen stützten den Entscheid in der Tat und zu Recht auf die
beiden Gutachten und den Zusatzbericht des medizinischen Zentrums X.________
ab. Im ersten Gutachten wurden ein chronisches lumbospondylogenes
Schmerzsyndrom und eine mittelgradige, agitierte depressive Episode mit
somatischen Symptomen (ICD-10 F32.11) mit/bei anhaltender somatoformer
Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) diagnostiziert. Die Ärzte attestierten eine
70-prozentige Arbeitsunfähigkeit für jede Tätigkeit, führten jedoch an, es sei
unter adäquaten psychotherapeutischen und medikamentösen Therapien eine
Verbesserung des Gesundheitszustandes innerhalb eines Jahres zu erwarten. Im
späteren Gutachten diagnostizierten sie nach wie vor das lumbospondylogene
Schmerzsyndrom. Zu der bei der Verlaufsbegutachtung neu erhobenen Panikstörung
(ICD-10 F41.0) wurde ausgeführt, es handle sich um eine gut zu therapierende
Erkrankung, bei welcher der Behandlungsspielraum noch nicht ausgeschöpft sei.
Die Depression erreiche noch den Grad einer leichten Episode (ICD-10 F32.0).
Die frühere Arbeitsunfähigkeit von 70 % habe sich unter der psychiatrischen
Behandlung deutlich verbessert; aus psychiatrischer Sicht bestehe noch eine
20-prozentige Einschränkung; für leidensangepasste körperliche Tätigkeiten
betrage die Arbeitsfähigkeit somit 80 %. Bei adäquater Therapie könne innert
sechs Monaten eine deutliche Besserung des psychischen Zustandsbildes und der
Arbeitsfähigkeit erreicht werden. Im Zusatzbericht vom 16. April 2008
bestätigten die Experten den Fortbestand der Panikstörung und der leichten
depressiven Episode bei einer Arbeitsfähigkeit von 80 %, wobei die
Schmerzsymptomatik im vergangenen halben Jahr noch weiter in den Hintergrund
getreten sei und den Versicherten im Alltag nicht mehr limitiere. An der
Psychopathologie habe sich wenig geändert, da die bei der Untersuchung im
Herbst 2007 angegebenen Behandlungsmassnahmen nicht durchgeführt worden seien.
Nach wie vor könne es dabei innert sechs Monaten zu einer deutlichen
Verbesserung kommen.

3.3 Die Gutachten und der Zusatzbericht sind das Ergebnis einer umfassenden und
sorgfältigen Untersuchung, die sämtliche von der Rechtsprechung gestellten
Anforderungen erfüllt (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweisen) und
beweiskräftig ist. Die Rüge einer einseitigen Berücksichtigung der
gutachterlichen Erkenntnisse ist unbegründet: Die Vorinstanz hat die
entsprechenden Gründe für den konkreten Fall korrekt und auf die Rechtsprechung
abgestützt dargelegt. Der Einkommensvergleich ist nicht zu beanstanden und
letztinstanzlich nicht gerügt. Ausführungen zu der im kantonalen Entscheid
obendrein erörterten Frage einer Verletzung der Schadenmindungspflicht
erübrigen sich.

4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. Mai 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz