Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 26/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_26/2009

Urteil vom 13. Juli 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke.

Parteien
C.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Stiftung Auffangeinrichtung BVG, Direktion/Rechtsdienst, Postfach 8468, 8036
Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III,
vom 12. November 2008.

Sachverhalt:

A.
Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG, Zweigstelle Deutschschweiz (nachfolgend:
Auffangeinrichtung), schloss die Eigentümergemeinschaft D.________ und
C.________ mit Verfügung vom 19. Juli 2007 rückwirkend per 1. Januar 2006
zwangsweise an die Auffangeinrichtung an. Aus der der Ausgleichskasse Bern im
Januar 2007 eingereichten Lohnbescheinigung 2006 ergebe sich, dass die
Eigentümergemeinschaft als Arbeitgeberin seit dem 1. Januar 2006 dem
Obligatorium unterstellten Arbeitnehmern Löhne ausgerichtet habe. Der Nachweis,
welcher einen Anschluss an eine Vorsorgeeinrichtung als nicht notwendig
erscheinen lasse, sei nicht erbracht.

B.
Die von C.________ dagegen erhobene Beschwerde hiess das
Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 12. November 2008 teilweise gut, indem
es den Zwangsanschluss grundsätzlich bestätigte, diesen aber auf den 13.
Februar 2006 festsetzte.

C.
C.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, unter Kosten- und
Entschädigungsfolge zu Lasten der Vorinstanz.

Während die Auffangeinrichtung auf Nichteintreten, eventualiter Abweisung der
Beschwerde schliesst, beantragt die Vorinstanz die teilweise Gutheissung der
Beschwerde in dem Sinne, dass der Anschluss an die Beschwerdegegnerin
rückwirkend erst per 9. August 2006 erfolgen soll. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und letztinstanzlich der II.
sozialrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts in zeitlicher und sachlicher
Hinsicht zum Entscheid über den Zwangsanschluss an die Stiftung
Auffangeinrichtung ist gegeben (Art. 60 Abs. 2bis und Art. 74 Abs. 1 BVG, Art.
82 lit. a BGG und Art. 35 lit. e des Reglements für das Bundesgericht vom 20.
November 2006 [BGerR]; Art. 31 und 33 lit. h VGG).

2.
2.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.2 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im Verfahren vor Bundesgericht nur
vorgebracht werden, wenn erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(Art. 99 Abs. 1 BGG). Aus der Verbindlichkeit der vorinstanzlichen
Tatsachenfeststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) folgt, dass sog. unechte Noven,
das heisst Tatsachen und Beweismittel, die bereits im Zeitpunkt des
vorinstanzlichen Entscheides bestanden, aber im vorinstanzlichen Verfahren
nicht vorgebracht wurden, unzulässig sind (Seiler/von Werdt/Güngerich,
Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, N 3 zu Art. 99 BGG; Ulrich
Meyer, N 40 zu Art. 99, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler
Kommentar Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008 [BSK BGG]), sofern nicht erst der
Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gegeben hat.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Zwangsanschluss der Beschwerdeführerin als
Arbeitgeberin für die beiden Mitarbeiter R.________ und E.________ an die
Stiftung Auffangeinrichtung BVG rückwirkend ab 13. Februar 2006 zu Recht
erfolgte. Das Bundesverwaltungsgericht hat die dazu massgebenden Bestimmungen
und Grundsätze, so zur obligatorischen Versicherung (Art. 2 Abs.1 und Art. 5
Abs. 1 BVG), zu den von der obligatorischen Versicherung ausgenommenen
Arbeitnehmern (Art. 2 Abs. 4 BVG) und zum Anschluss an eine Vorsorgeeinrichtung
(Art. 11 BVG) zutreffend dargelegt. Richtig ist insbesondere, dass Arbeitnehmer
mit einem befristeten Arbeitsvertrag von höchstens drei Monaten der
obligatorischen Versicherung nicht unterstellt sind (Art. 1 Abs. 1 lit. b der
Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1] in der bis 31. Dezember 2008 gültig
gewesenen, hier anwendbaren Fassung; seit 1. Januar 2005: Art. 1j Abs. 1 lit. b
BVV 2). Darauf kann verwiesen werden.

4.
4.1 Die Vorinstanz erwog, die Beschwerdeführerin habe bei den beiden
Arbeitnehmern R.________ und E.________ anders als bei vier weiteren
Mitarbeitern nicht nachweisen können, dass diese nur befristet für eine
Zeitdauer von höchstens drei Monaten bei ihr angestellt gewesen seien und damit
von der Versicherungspflicht ausgenommen wären. Zwar habe sie darauf
hingewiesen, dass die entsprechenden Bestätigungen infolge Ferienabwesenheit
der Arbeitnehmer nicht hätten beigebracht werden können, hierzu hätte sie
jedoch auch nach Abweisung ihres Fristwiederherstellungsgesuches Gelegenheit
gehabt.

Die Beschwerdeführerin legt letztinstanzlich die Bestätigungen der beiden
Arbeitnehmer R.________ und E.________ vom 2. Oktober 2007 auf und führt unter
Beilage einer Kopie eines Schreibens vom 12. Oktober 2008 aus, sie habe mit
diesem Brief die beiden Bestätigungen mit A-Post an das
Bundesverwaltungsgericht gesandt. Dass die Bestätigungen der Vorinstanz
eingereicht wurden, ist aus dem Aktenzusammenhang plausibel, verwies die
Beschwerdeführerin doch noch im Schreiben vom 6. Oktober 2008, mit welchem sie
die Bestätigungen der anderen Arbeitnehmer einreichte, auf die
Ferienabwesenheit der beiden fraglichen Arbeitnehmer. Kohärent zur Annahme, die
fehlenden Bestätigungen seien bereits am 12. Oktober 2008 eingereicht worden,
werden denn auch in ihrem Fristerstreckungsgesuch für die Replik vom 23. Januar
2008 die fehlenden Bestätigungen nicht mehr erwähnt oder in Aussicht gestellt,
sondern die Beschwerdeführerin verlangt lediglich die Möglichkeit zur Replik
bezüglich der von der Gegenpartei "verdrehten und falsch dargestellten"
Sachverhalte. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die
Bestätigungen des R.________ und des E.________ mit Schreiben vom 12. Oktober
2008 dem Bundesverwaltungsgericht eingereicht hat. Damit sind diese vorliegend
zu berücksichtigen (vgl. E. 2.2 hievor), zumal auch die Vorinstanz in ihrer
Vernehmlassung vom 3. April 2009 gestützt darauf eine teilweise Gutheissung der
Beschwerde beantragt.

4.2 Der Arbeitnehmer R.________ bestätigt, dass er vom 11. Februar bis 6. April
2006 bei D.________ in einem befristeten Arbeitsverhältnis angestellt und dies
von Anfang an so vereinbart war. Damit wird dargetan, dass ein befristeter
Arbeitsvertrag von unter drei Monaten vorlag, weshalb R.________ gemäss Art. 1j
Abs. 1 lit. b Satz 1 BVV 2 (vgl. E. 2.1 hievor) von der obligatorischen
Versicherung ausgenommen war. Der Zwangsanschluss erfolgte bezüglich R.________
zu Unrecht.

4.3 Was den Arbeitnehmer E.________ betrifft, bestätigte dieser, er sei vom 8.
bis 30. Juni 2006 bei D.________ sowie vom 9. August bis 2. Oktober 2006 und
vom 3. bis 16. November 2006 bei C.________ in einem befristeten
Arbeitsverhältnis angestellt gewesen. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt,
es sei hier von zwei verschiedenen Arbeitsverhältnissen auszugehen, da die
Liegenschaft X.________ zu 90% D.________ und zu 10% ihr gehöre und sie eine
schriftliche Vereinbarung für die Aufteilung der Liegenschaft hätten (das
Restaurant gehöre ihr, das Wohnhaus und die Bar D.________), kann ihr nicht
gefolgt werden. Auf der der Ausgleichskasse eingereichten Lohnbescheinigung
2006 waren die Gesellschafter als "Eigentümergemeinschaft D.________,
C.________" angegeben und traten demzufolge als ein einziger Arbeitgeber für
die gleiche Liegenschaft gemäss Art. 12 AHVG auf. Nachdem in der beruflichen
Vorsorge der Begriff des Arbeitgebers in Art. 2 Abs. 1 BVG im Sinne des
AHV-Rechts zu verstehen ist (Urteil B 52/05 vom 9. Juni 2006 mit Hinweis auf
SZS 1997 S. 55f. E. 3b), ist auch hier von einem einzigen Arbeitgeber
auszugehen. Dies führt dazu, dass mit E.________ ein Arbeitsverhältnis von über
drei Monaten vorlag, nachdem angesichts der kurzen Unterbrüche jeweils eine
Verlängerung des Arbeitsverhältnisses anzunehmen ist, wovon auch die
Beschwerdeführerin in der Beschwerde ausgeht. Da indes bei einer Verlängerung
des Arbeitsverhältnisses die obligatorische Versicherung gemäss Art. 1j Abs. 1
lit. c Satz 2 BVV 2 ab dem Zeitpunkt beginnt, da die Verlängerung vereinbart
wurde, ist der Zeitpunkt des rückwirkenden Anschlusses neu auf den 9. August
2006 (Beginn der ersten Verlängerung) festzusetzen. Damit ist die Beschwerde
teilweise begründet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 2008 und die Verfügung der
Auffangeinrichtung BVG vom 19. Juli 2007 werden dahin abgeändert, dass die
Beschwerdeführerin der Stiftung Auffangeinrichtung BVG rückwirkend ab 9. August
2006 angeschlossen wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Von den Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden der Beschwerdeführerin Fr. 400.-
und der Beschwerdegegnerin Fr. 600.- auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III,
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. Juli 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Helfenstein Franke