Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 260/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_260/2009

Urteil vom 25. Januar 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Parteien
P.________, vertreten durch
Advokat Lukas Denger,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3001 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 23.
Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
Der 1965 geborene P.________ meldete sich im Juli 2006 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an unter Hinweis darauf, dass er seit
Jahren an chronischen Rückenschmerzen leide. Nach Abklärung der medizinischen
und erwerblichen Verhältnisse und Durchführung des Vorbescheidverfahrens, in
dessen Rahmen die Verwaltung Ergänzungen des medizinischen und erwerblichen
Sachverhaltes veranlasste, sprach die IV-Stelle Bern dem Versicherten aufgrund
eines ermittelten Invaliditätsgrades von 45 % mit Wirkung ab 1. Oktober 2006
eine Viertelsrente der Invalidenversicherung (samt Kinderrenten) zu
(Verfügungen vom 24. September und 15. Oktober 2008).

B.
Die von P.________ hiergegen mit dem Antrag auf Aufhebung der Verfügungen und
Zusprechung einer Dreiviertelsrente (zuzüglich Kinderrenten) erhobene
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 23.
Februar 2009 ab.

C.
P.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Das kantonale Gericht hat durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in
Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 IVG in der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen
Fassung) einen Invaliditätsgrad von 42 % ermittelt, was Anspruch auf die von
der IV-Stelle ab 1. Oktober 2006 zugesprochene Viertelsrente verleiht (Art. 28
Abs. 1 IVG in der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung).
Dabei legte die Vorinstanz dem Valideneinkommen (Fr. 63'565.35) den Lohn
zugrunde, den der Beschwerdeführer zuletzt im Jahr 2004 als Ausliefer-Monteur
bei der Firma F.________ AG erzielte und rechnete diesen anhand des
Nominallohnindexes auf das Jahr 2006 auf. Hinsichtlich des Invalideneinkommens
(Fr. 37'738.30) ging sie gestützt auf das rheumatologische Gutachten des Dr.
med. H.________, Physikalische Medizin und Rehabilitation, speziell
Rheumaerkrankungen FMH, vom 19. Dezember 2006 davon aus, dass dem
Beschwerdeführer ab 4. April 2006 eine angepasste Tätigkeit während mindestens
6 Stunden pro Tag zumutbar war, was sie einer Arbeitsfähigkeit von 75 %
gleichsetzte. Unter Zugrundelegung des Tabellenlohnes gemäss Schweizerischer
Lohnstrukturerhebung (LSE) 2006 des Bundesamtes für Statistik, von welchem Wert
sie einen Abzug von 15 % vornahm, gelangte sie zu einem Invalideneinkommen von
Fr. 37'738.30.

2.2 Der Beschwerdeführer bestreitet die Höhe des Valideneinkommens nicht,
beanstandet aber in verschiedener Hinsicht die Ermittlung des
Invalideneinkommens. Namentlich spricht er dem rheumatologischen Gutachten vom
19. Dezember 2006 jeglichen Beweiswert ab und erachtet die gestützt darauf
erfolgte Feststellung einer Arbeitsfähigkeit von 75 % als offensichtlich
unrichtig. Er vertritt den Standpunkt, abzustellen sei auf den von ihm im
Rahmen eines 50 %-Pensums konkret erzielten Lohn von Fr. 20'786.- (vormals bei
der Firma C.________, ab 20. April 2008 bei der Firma I._________) oder
allenfalls auf einen anhand von Tabellenlöhnen bei einem 50 %-Pensum
ermittelbaren Lohn von Fr. 25'158.-, was zu einem Invaliditätsgrad von mehr als
60 % und somit zum Anspruch auf eine Dreiviertelsrente führe. Dieser Auffassung
kann, wie sich nachfolgend (E. 2.3 und 2.4) ergibt, nicht gefolgt werden.

2.3 Bei der Frage, ob ein ärztliches Gutachten den rechtlichen Anforderungen
genügt, handelt es sich um eine Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400), die
vom Gericht frei zu prüfen ist. Das rheumatologische Gutachten des Dr. med.
H.________ vom 19. Dezember 2006, auf welches das kantonale Gericht im
Wesentlichen abstellt, ist umfassend, berücksichtigt sowohl die geklagten
Beschwerden als auch die Vorakten, ist in der Begründung seiner
Schlussfolgerung einleuchtend und entspricht somit den Erfordernissen der
Rechtsprechung (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis). Dr. med. H.________
hat den Beschwerdeführer selber untersucht (Diagnose: chronisches
Lumbovertebralsyndrom bei erosiver Ostechondrose L4/5, Diskopathie L5/S1 mit
regredienter und nur noch diskreter links mediolateraler Diskushernie L5/S1),
gibt eine eigene Einschätzung der Situation, setzt sich mit Einwendungen des
Beschwerdeführers schlüssig auseinander und beantwortet in nachvollziehbarer
Weise die Fragen der IV-Stelle. Das kantonale Gericht hat einlässlich und
überzeugend dargelegt, dass die abweichenden Beurteilungen durch den
behandelnden Arzt und den Hausarzt, da diese vor allem auf die subjektiven
Angaben des Versicherten abstellten, an der Beweiskraft des Gutachtens nichts
zu ändern vermöchten. Ebenso hat es zutreffend ausgeführt, weshalb sich aus dem
psychiatrischen Gutachten vom 6. Juni 2007 der Dres. med. K.________ und
M.________ (mit Ergänzung vom 11. Juli 2007) keine zusätzliche Beeinträchtigung
der Arbeitsfähigkeit ergibt. Denn darin wurde dem Versicherten ohne schlüssige
Begründung in einer angepassten Tätigkeit eine Leistungsminderung von 20 oder
30 % wegen einer leichten depressiven Episode mit Konzentrationsstörung und
vermindertem Antrieb attestiert, dies entgegen dem Grundsatz, dass eine leichte
depressive Episode allein grundsätzlich nicht geeignet ist, eine
leistungsspezifische Invalidität (Art. 4 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 8
ATSG) zu begründen, zumal bei einem derartigen Gesundheitsschaden in der Regel
davon auszugehen ist, dass die versicherte Person die daraus resultierenden
Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit bei Aufbietung allen guten Willens, die
verbleibende Leistungsfähigkeit zu verwerten, abwenden könnte (vgl. Urteil I
251/06 vom 4. April 2007 E. 3.3.1; vgl. auch BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50, 130 V
352 E. 2.2.1 S. 353, je mit Hinweisen). Damit hat das kantonale Gericht den
bundesrechtlichen Anforderungen an die Beweiswürdigung (vgl. BGE 132 V 393 E.
4.1 S. 400) Genüge getan; insbesondere sind in der vorinstanzlichen
Argumentation weder aktenwidrige Unterstellungen noch unauflösbare Widersprüche
erkennbar, welche die Beweiswürdigung als willkürlich oder deren Ergebnis als
offensichtlich unrichtig erscheinen liessen und zusätzlichen Abklärungsbedarf
begründeten. Vor diesem Hintergrund besteht im Rahmen der begrenzten
Sachverhaltskontrolle gemäss Art. 105 BGG kein Raum für eine bundesgerichtliche
Korrektur. Auszugehen ist mithin von der weder offensichtlich unrichtigen noch
unvollständigen, sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. med. H.________
vom 19. Dezember 2006 stützenden Feststellung des kantonalen Gerichts, dass der
Beschwerdeführer (nach einer Phase vollständiger Arbeitsunfähigkeit vom 31.
Oktober bis 20. November 2005 und einer solchen von 50 % ab 21. November 2005)
eine angepasste Tätigkeit ab 4. April 2006 im Rahmen eines Pensums von
mindestens 6 Stunden pro Tag zumutbarerweise hätte ausüben können.

2.4 Hinsichtlich der Beantwortung der Frage, wie sich die gesundheitlichen
Beeinträchtigungen in erwerblicher Hinsicht auswirken, hat die Vorinstanz
richtig dargelegt, dass der im Rahmen eines 50 %-Pensums als Verkäufer
Multimedia tatsächlich erzielte Lohn nicht als Invalideneinkommen gelten kann,
weil der Versicherte dabei seine Leistungsfähigkeit nicht in zumutbarer Weise
ausschöpft, und dass das Invalideneinkommen anhand der Tabellenlöhne gemäss LSE
festzusetzen ist. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, eine
Arbeitsfähigkeit von 6 Stunden am Tag entspreche einem Pensum von 69 %, ist ihm
entgegenzuhalten, dass Dr. med. H.________ selber, indem er die
Arbeitsfähigkeit mit "mindestens 6 Stunden pro Tag (73 %)" angab (Gutachten vom
19. Dezember 2006), ein Pensum von 73 % als zumutbar erachtete. Selbst wenn
indessen anhand der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41.7
Stunden im Jahr 2006 (Die Volkswirtschaft 12/2009, S. 98, Tabelle B9.2, Total)
von einem zumutbaren Pensum von 72 % ausgegangen würde, änderte sich am
Ergebnis nichts. Es resultierte diesfalls ein Invalideneinkommen von Fr.
36'228.75 (Fr. 4'732.- : 40 x 41.7 x 12 x 0.72 x 0.85 [Abzug von 15 %]) statt
Fr. 37'738.30 (Fr. 4'732.- : 40 x 41.7 x 12 x 0.75 x 0.85), was einem ebenfalls
Anspruch auf eine Viertelsrente verleihenden Invaliditätsgrad von 43 % statt 42
% entspricht.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten
zu tragen (Art. 66 Abs.1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Promea und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 25. Januar 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Keel Baumann