Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 254/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_254/2009

Urteil vom 26. Mai 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Parteien
Z.________, Beschwerdeführer,

gegen

Basler Versicherungs-Gesellschaft,
Hauptsitz, Aeschengraben 21, 4051 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
vom 30. Januar 2009.

Sachverhalt:

A.
Z.________, geboren 1976, war im Rahmen seiner Tätigkeit in der Firma
O.________ AG bei der Bâloise-Sammelstiftung für die obligatorische berufliche
Vorsorge, Basel, versichert (die Personalvorsorgestiftung der O.________ AG
hatte zur Deckung ihrer Leistungspflicht einen Kollektivversicherungsvertrag
mit der Basler Lebensversicherungs-Gesellschaft, Basel, abgeschlossen [Art. 1
Ziff. 4 Reglement der Personalvorsorgestiftung der O.________ AG]). Zusätzlich
hatte seine ehemalige Arbeitgeberfirma mit der Basler
Versicherungs-Gesellschaft eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung
abgeschlossen.

B.
Am 31. Dezember 2008 erhob Z.________ "Klage" beim Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern gegen die Basler Versicherungs-Gesellschaft, weil diese ihm "für
jahrelang ungerechtfertigt zu spät bezahlte rechtmässige Renten und Taggelder"
keine Zinsen und, abgesehen von einem Betrag in Höhe von Fr. 1'000.-, keine
"Entschädigung" entrichte (und ihm keinen Verjährungsverzicht gewähre). Das
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern trat mit Entscheid vom 30. Januar 2009
auf die Eingabe mangels Zuständigkeit nicht ein, soweit Z.________ Leistungen
aus der (privatversicherungsrechtlichen) Kollektiv-Krankentaggeldversicherung
beantragte. Betreffend der verlangten Leistungen aus obligatorischer
beruflicher Vorsorge wies es die Klage ab, da die Eingabe inhaltlich die
Bâloise-Sammelstiftung für die obligatorische berufliche Vorsorge betreffe und
sich nicht gegen die fälschlicherweise eingeklagte Basler
Versicherungs-Gesellschaft richte.

C.
Z.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, seine Begehren seien vom "jeweils dafür zuständigen" Gericht zu
beurteilen; eventuell sei der angefochtene Entscheid aufzuheben oder zu
ergänzen. Eventuell sei ein "Grundsatzurteil zur Zugehörigkeit des Gewinns bei
mutwilligem/fahrlässigem Verwe(i)gern einer rechtmässigen Rente" zu fällen und
die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventuell seien seine Anträge an
die dafür zuständigen Gerichte weiterzuleiten oder es sei ihm Gelegenheit
einzuräumen, dies selbst zu tun.
Am 20. April 2009 legt Z.________ zusätzliche Aktenstücke ins Recht.

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz trat auf die Eingabe des Beschwerdeführers nicht ein, soweit
dieser Leistungen aus der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung bei der
Beschwerdegegnerin und damit aus einer Zusatzversicherung beantragte, da es
sich dabei um einen privatrechtlichen Anspruch handle, welcher nicht in die
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes falle. Nach den zutreffenden Erwägungen
im angefochtenen Entscheid betrifft die Streitigkeit nicht Taggeldleistungen
nach KVG (Art. 67 ff.), sondern solche nach dem Bundesgesetz über den
Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz [VVG], SR 221.229.1; vgl.
hiezu Best. G.1 der Vertragsbedingungen für die
Kollektiv-Krankentaggeldversicherung [Ausgabe 1997]). § 8 des Luzerner
Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (SRL 865) vom
23. März 1998 bestimmt, dass die Zivilgerichte Streitigkeiten zwischen
Versicherern und Versicherten aus Zusatzversicherungen zur sozialen
Krankenversicherung im Sinn von Artikel 12 Absatz 2 KVG beurteilen. Inwieweit
das kantonale Gericht mit seinem Nichteintretensentscheid gegen das
schweizerische Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen hat, legt der
Beschwerdeführer denn auch nicht dar. Die sinngemässe Rüge, die Vorinstanz habe
das Recht dadurch verletzt, dass sie keine Prozessüberweisung an das zuständige
(Zivil-) Gericht vorgenommen habe (vgl. hiezu § 12 Abs. 2 des luzernischen
Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 [SRL 40]), ist
unbegründet. Die Vorinstanz hat jedenfalls nicht willkürlich gehandelt, indem
sie von einer Weiterleitung abgesehen hat, zumal die Weiterleitungs- und
Überweisungspflicht ihre Begründung namentlich in der Fristwahrung und der
Rechtshängigkeit findet (vgl. KÖLZ/BOSSART/RÖHL, Kommentar zum
Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, Zürich 1999, N 32 zu § 5),
welche hier nicht von Bedeutung sind, und der Beschwerdeführer keiner Rechte
verlustig geht, wenn er beim zuständigen Zivilgericht eine neue Klage
einreicht.

2.
2.1 Soweit der Beschwerdeführer Leistungen aus beruflicher Vorsorge beantragte,
wies die Vorinstanz dessen Eingabe mangels Passivlegitimation der eingeklagten
"Basler-Versicherungen" ab. Sie erwog, nicht die Basler
Versicherungs-Gesellschaft sei eine Vorsorgeeinrichtung im Sinne von Art. 73
Abs. 1 BVG, sondern die nicht ins Recht gefasste, aber inhaltlich gemeinte
Bâloise-Sammelstiftung für berufliche Vorsorge.

2.2 Nach den insoweit zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid
handelt es sich bei der Basler Versicherungs-Gesellschaft, welche mit der Firma
O.________ AG den Vertrag betreffend Kollektiv-Krankentaggeldversicherung
abgeschlossen hatte, und der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft, welche
Stifterin und Geschäftsführerin der Bâloise-Sammelstiftung für die
obligatorische berufliche Vorsorge ist, nicht um dieselbe Gesellschaft, sondern
um zwei selbstständige, 100%ige Tochtergesellschaften der Bâloise-Holding,
Basel. Wie sich der Firmengeschichte entnehmen lässt, fusionierten Anfang der
1970er-Jahre die damaligen Basler-Gesellschaften zur Basler,
Versicherungs-Gesellschaft. Dabei blieb die Basler
Lebens-Versicherungs-Gesellschaft aber - aus aufsichtsrechtlichen Gründen -
selbstständig (vgl. hiezu www.baloise.com). Indes treten beide Gesellschaften
unter demselben grafischen Firmen-Logo und dem Namen Basler Versicherungen auf
(vgl. beispielsweise die Zusammenstellung der Erwerbsunfähigkeits-Leistungen
der Bâloise-Sammelstiftung für die obligatorische berufliche Vorsorge vom 13.
Februar 2008 und die Entschädigungsabrechnung Krankentaggeld-Versicherung der
Basler, Versicherungs-Gesellschaft, vom 22. Mai 2008). Wenn die Vorinstanz die
gegen die "Basler-Versicherungen" gerichtete Klage abwies, weil damit nicht die
Vorsorgeeinrichtung ins Recht gefasst worden sei, hält dies vor Bundesrecht
nicht stand, zumal - wie soeben dargelegt - auch die Bâloise-Sammelstiftung
unter dem Namen Basler Versicherungen auftritt.

2.3 Von einer Rückweisung der Sache an das kantonale Gericht zur Beurteilung
der geltend gemachten Ansprüche aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge
ist indes abzusehen, da der Ausgang jenes Verfahrens bereits jetzt eindeutig
feststeht und die Rückweisung daher elementaren Grundsätzen der Prozessökonomie
widerspräche (vgl. BGE 133 I 201 E. 2.2 S. 204 f.).
2.3.1 Nachdem die Vorinstanz bereits am 24. November 2006 eine
Rechtsverzögerungsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen die IV-Stelle Luzern
abgewiesen hatte (soweit sie darauf eingetreten war), kann von
"ungerechtfertigt zu spät bezahlten" Leistungen der Vorsorgeeinrichtung keine
Rede sein, zumal die Zweite Säule (berufliche Vorsorge) nach Art. 23 ff. BVG an
die Invaliditätsbemessung der Ersten Säule (Invalidenversicherung)
grundsätzlich gebunden ist (weil die Organe der [obligatorischen] beruflichen
Vorsorge von eigenen aufwändigen Abklärungen freigestellt werden sollen; vgl.
etwa Urteil 9C_414/2007 vom 25. Juli 2008 E. 2.2 mit Hinweisen).
2.3.2 Soweit die Vorbringen des Versicherten dahingehend zu verstehen sind,
dass er die Zusprechung von Verzugszins verlangt, ist ihm entgegenzuhalten,
dass sich die Verzugszinspflicht für fällige Invalidenrenten sowohl im Bereich
der obligatorischen als auch der überobligatorischen Berufsvorsorge nach den
obligationenrechtlichen Regeln von Art. 102 ff. OR richtet, sofern eine
diesbezügliche reglementarische Regelung - wie hier - fehlt (der in der
Beschwerde angeführte Art. 31 Abs. 6 Reglement der Personalvorsorgestiftung der
Firma O.________ AG [Ausgabe Januar 1995] betrifft die Verzinsung der
Austrittsleistung). Massgebend ist namentlich Art. 105 Abs. 1 OR (BGE 119 V 131
E. 4c S. 135). Danach hat ein Schuldner, der u.a. mit der "Entrichtung von
Renten" im Verzuge ist, erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der
gerichtlichen Klage an Verzugszinsen zu bezahlen. Der Grund für die in dieser
Bestimmung statuierte Abweichung von der allgemeinen Regel von Art. 102 Abs. 1
OR, wonach die Verzugszinspflicht mit der Mahnung des Schuldners ausgelöst
wird, liegt darin, dass Renten an sich für den Unterhalt und nicht als
zinstragende Geldanlage verwendet werden. Der Zinsenlauf auf Renten soll auch
nicht unüberblickbar werden (in BGE 132 V 408 nicht publizierte E. 6.2 mit
Hinweis auf Rolf H. Weber, Berner Kommentar, N 10 zu Art. 105 OR). Gemäss
Bestätigung der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft vom 13. Februar 2008
bezog der Beschwerdeführer ab 15. Dezember 2004 (bis 29. Februar 2008) von ihr
eine Invalidenrente. Die Klageerhebung datiert vom 31. Dezember 2008. Die
Beschwerde ist somit auch in diesem Punkt unbegründet, so dass es im Ergebnis
beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden hat.

3.
Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber verzichtet (Art. 66
Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 26. Mai 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Bollinger Hammerle