Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 232/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_232/2009

Urteil vom 8. April 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Parteien
Dr. S.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Brusa,

gegen

1. santésuisse Zürich-Schaffhausen, Löwenstrasse 29, 8001 Zürich, vertreten
durch Rechtsanwalt Dr. Urs Eschmann,
2. Ärztegesellschaft des Kantons Zürich (AGZ), Freiestrasse 138, 8032 Zürich,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Sigel,
3. Kantonale Paritätische Kommission, Brandstrasse 6c, 8610 Uster,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen die Verfügung des Schiedsgerichts in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich vom 16. Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
Mit Beschluss vom 23. September 2008 schloss die von der Santésuisse
(Geschäftsstelle Zürich-Schaffhausen) und der Ärztegesellschaft des Kantons
Zürich (nachfolgend: KPK) eingerichtete Kantonale Paritätische Kommission (KPK)
Dr. med. S.________, Facharzt für Allgemeinmedizin, per 31. Dezember 2008 vom
kantonalen Anschlussvertrag Tarmed aus. Als "Rechtsmittelbelehrung" wurde
angegeben, gemäss Art. 7 Abs. 2 des kantonalen Anschlussvertrages könne der
Entscheid gestützt auf Art. 89 KVG an das kantonale Schiedsgericht
weitergezogen werden.

B.
Am 24. November 2008 erhob S.________ "Beschwerde" an das Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich mit dem Begehren, es sei
die umfassende Nichtigkeit des Beschlusses der KPK vom 23. September 2008
festzustellen, eventuell sei dieser Beschluss aufzuheben. Zudem beantragte er,
dem Rechtsmittel sei aufschiebende Wirkung zu gewähren.

Das leitende Mitglied des Schiedsgerichts erliess am 16. Februar 2009 eine
Verfügung. Darin erwog es, die KPK habe von Gesetzes wegen keine
Verfügungskompetenz, auch fehle es ihr an eigener Rechtspersönlichkeit. Die
Eingabe des S.________ vom 24. November 2008 sei demzufolge nicht als
Beschwerde, sondern als Klage (im Sinne von § 44 des kantonalen Gesetzes über
das Sozialversicherungsgericht [GSVGer; LS 212.81]) zu betrachten. Der
Streitgegenstand bildende Beschluss der KPK könne nicht als hoheitliche
Anordnung im Sinne von Art. 5 VwVG qualifiziert werden, sondern sei Ausübung
eines im kantonalen Anschlussvertrag vereinbarten (vertraglichen)
Gestaltungsrechts durch das vertraglich zu dessen Ausübung bestimmte Organ. Die
Gewährung oder Verweigerung aufschiebender Wirkung sei daher nicht möglich.
Denkbar wäre eine vorsorgliche Massnahme; dabei müsste der Kläger eine
angemessene Sicherheit leisten. Zumindest hätte er sein Massnahmebegehren mit
aktuellen Zahlen über seinen Praxisumsatz zu begründen und so zu präzisieren,
dass es vollstreckbar sei.

Im Dispositiv der Verfügung wies das leitende Mitglied das Begehren um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung daher im Sinne der Erwägung ab und
verfügte, es sei dem Kläger unbenommen, ein im Sinne der Erwägungen
präzisiertes Massnahmebegehren einzureichen (Ziff. 1). Weiter setzte das
leitende Mitglied dem Kläger Frist zur Ergänzung seiner Rechtsmitteleingabe
sowie zur Einreichung weiterer Beweismittel (Ziff. 2) und den Parteien Frist
für die Einreichung von Vorschlägen für Mitglieder des Schiedsgerichts (Ziff.
2, recte 3).

C.
S.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es sei festzustellen,
dass die KPK nicht zuständig sei, gegen einen Leistungserbringer einen
"Ausschluss vom Anschluss" zu verfügen. Eventuell sei dem Rechtsmittel vom 24.
November 2008 aufschiebende Wirkung zu gewähren bzw. die Vorinstanz sei
anzuweisen, die damit anbegehrte aufschiebende Wirkung verfügen. Sodann
beantragt er aufschiebende Wirkung der bundesgerichtlichen Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid ist ein Vor- oder Zwischenentscheid, der nur unter
den Voraussetzungen von Art. 92 oder 93 BGG beim Bundesgericht anfechtbar ist.

2.
Nach Art. 92 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide über die
Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht
die Zuständigkeit der Vorinstanz zur Beurteilung seiner Eingabe vom 24.
November 2008, sondern die Zuständigkeit der KPK, ihn vom Anschlussvertrag
auszuschliessen. Die Frage der Zuständigkeit dieser Kommission ist indes gerade
Gegenstand des vor der Vorinstanz hängigen Verfahrens und kann nicht vor
Bundesgericht gebracht werden, solange das Schiedsgericht darüber nicht
entschieden hat. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers hat das
Schiedsgericht mit dem verfahrensleitenden Entscheid nicht "grundsätzlich und
faktisch" die Rechtmässigkeit des von Santésuisse bzw. der KPK gewählten
Vorgehens bestätigt. Es liegt damit kein Entscheid über die Zuständigkeit vor,
der nach Art. 92 BGG anfechtbar wäre.
Der Beschwerdeführer kritisiert zwar die Vorinstanz wegen Parteilichkeit. Er
macht aber nicht geltend, vor dem Schiedsgericht ein Ablehnungsbegehren
gestellt zu haben, das dieses abgewiesen hätte. Mithin liegt auch kein
Entscheid über ein Ausstandsbegehren vor. Unter dem Titel von Art. 92 BGG ist
die Beschwerde nicht zulässig.

3.
3.1 Nach Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde gegen Vor- oder
Zwischenentscheide zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde
sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an
Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, braucht nicht weiter geprüft zu werden.
Denn mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen (wozu
auch die aufschiebende Wirkung gehört) kann nur die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG), wobei die entsprechende
Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet werden muss (Art. 106 Abs. 2
BGG). Dem Rügeprinzip ist nicht Genüge getan, wenn in allgemeiner Form
behauptet wird, der angefochtene Entscheid sei unhaltbar oder willkürlich,
sondern es muss in der Beschwerde substantiiert angegeben werden, welches
verfassungsmässige Recht verletzt wurde und worin die Verletzung besteht (BGE
133 III 439 E. 3.2 S. 444, 134 II 349 E. 3).

3.2 Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers kritisiert in allgemeiner und
teilweise weitschweifender (Art. 42 Abs. 6 BGG) Form verschiedene Aspekte, die
nur indirekt mit dem angefochtenen Entscheid zu tun haben ("Entscheid" der KPK
vom 18. Dezember 2007, Schreiben der KPK vom 31. Juli 2008, Entscheid der KPK
vom 23. September 2008, verfahrensleitende Verfügung der Vorinstanz vom 27.
November 2008, Vorgehen des Gerichtsschreibers). In Bezug auf den angefochtenen
Entscheid kritisiert er offensichtlich zu Unrecht, die Vorinstanz habe
weitreichende vorsorgliche Massnahmen angeordnet oder in Aussicht genommen,
welche den einzigen Zweck hätten, Nachteil und Schaden von den
Krankenversicherern fernzuhalten; denn die Vorinstanz hat bisher gerade keine
vorsorglichen Massnahmen angeordnet. Bloss in Aussicht genommene Massnahmen
sind indes nicht anfechtbar. In Bezug auf die Streitgegenstand bildende
Ablehnung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung macht der Beschwerdeführer
einzig geltend, die Verfügung kranke an materiellen sowie formellen
Widersprüchen und sei einseitig; zudem habe die Vorinstanz eine unhaltbare
Auslegung des Antrags auf aufschiebende Wirkung vorgenommen. Diese Ausführungen
genügen den Anforderungen an eine Verfassungsrüge (vorne E. 3.1) nicht. Auf die
Beschwerde ist nicht einzutreten. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers
wird empfohlen, sich in weiteren Eingaben auf das Prozessthema zu konzentrieren
und die prozessualen Formen zu beachten.

4.
Mit dem Entscheid in der Sache erübrigt sich ein Entscheid über die beantragte
aufschiebende Wirkung.

5.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. April 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Bollinger Hammerle