Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 194/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_194/2009

Urteil vom 15. Dezember 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Fessler.

Parteien
1. N.________,
2. S.________,
beide vertreten durch Advokat Jürg Tschopp,
Beschwerdeführerinnen,

gegen

IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Prozessvoraussetzung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt
vom 3. Dezember 2008.

Sachverhalt:

A.
A.a Der 1959 geborene K.________ erlitt im Mai 1989 und März 1995 zwei
Nichtberufsunfälle mit Beteiligung des rechten Kniegelenks. Am 6. Mai 1999 und
15. Februar 2002 wurden zwei arthroskopische Eingriffe durchgeführt. Die
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) kam für die gesundheitlichen
und erwerblichen Unfallfolgen auf und richtete Taggelder aus, u.a. im Zeitraum
vom 14. September 1989 bis 31. Juli 2000 und vom 7. Februar 2001 bis 11. August
2003 auf Grund einer Arbeitsunfähigkeit von 100 %. Die IV-Stelle Basel-Stadt,
bei welcher sich K.________ im April 2001 zum Rentenbezug angemeldet hatte,
übernahm mit Verfügungen vom 6. August 2003 und 24. Februar 2004 die Umschulung
zum Kaufmann mit Eidg. Fähigkeitszeugnis und Handelsdiplom VSH. Wegen
unbegründeter Absenzen verfügte sie am 26. Oktober 2004 den sofortigen Abbruch
der Massnahme, wogegen der Versicherte Einsprache erhob. Da vermehrt
Beschwerden im rechten Knie bestanden, schlug der behandelnde Arzt Dr. med.
F.________ eine ausgedehnte Gelenkstoilette mit Osteophytenresektion am rechten
Knie vor. Zu diesem Zweck sollte K.________ am 9. Februar 2005 ins Spital
Z.________ eintreten. Der Kreisarzt der SUVA, Dr. med. I.________, hielt zudem
in seinem Bericht über die Untersuchung vom 24. November 2004 fest, es bestehe
dringender Verdacht auf eine mediale Meniskusläsion am linken Kniegelenk. Er
schlug bei Einwilligung des Versicherten eine arthroskopische Teilmeniskektomie
links vor.
A.b Am 26. Januar 2005 verstarb K.________. Sämtliche Erben, darunter die am
28. November 1990 geborene, bei ihrer Mutter lebende (ältere) Tochter
S.________, schlugen die Erbschaft aus. Am ... 2005 wurde über den Nachlass der
Konkurs eröffnet. Am ... 2006 schloss das Konkursamt das summarisch
durchgeführte Verfahren.
A.c Die IV-Stelle schrieb mit Entscheid vom 2. Juni 2005 die Einsprache des
K.________ sel. gegen den Abbruch der Umschulung zum Kaufmann als
gegenstandslos geworden ab. Mit Verfügungen vom 27. Februar 2006 stellte sie
fest, dass der verstorbene Versicherte für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli
2000 und vom 1. Februar 2001 bis 31. März 2003 Anspruch auf eine ganze
Invalidenrente sowie u.a. auf zwei Kinderrenten für die beiden Töchter gehabt
habe und setzte die Leistungen fest. Die Rentenbetreffnisse von insgesamt Fr.
97'612.- zahlte die Ausgleichskasse Basel-Stadt an das Konkursamt, welches eine
Nachverteilung vornahm. Nach Deckung aller Forderungen verblieb ein Überschuss
von Fr. 29'289.85, welcher an das Erbschaftsamt zur Auszahlung an die Erben
überwiesen wurde.
N.________, die Mutter von S.________, liess gegen die Verfügungen vom 27.
Februar 2006 Einsprache erheben, welche die IV-Stelle mit Entscheid vom 22.
August 2007 abwies.

B.
Die Beschwerde der N.________ wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
nach zweifachem Schriftenwechsel, Beizug der Pensionskasse X.________ AG zum
Verfahren und nach Einsichtnahme in die UV-Akten mit Entscheid vom 3. Dezember
2008 ab.

C.
N.________ und S.________ lassen gemeinsam Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, Gerichtsentscheid und
Einspracheentscheid seien aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, vom 1.
April 2000 bis 31. März 2003 eine ganze Rente und ab 1. April 2003 eine
Viertelsrente der Invalidenversicherung auszurichten, unter Verzicht auf die
Erhebung eines Kostenvorschusses und Gewährung der unentgeltlichen
Verbeiständung.
IV-Stelle und kantonales Sozialversicherungsgericht beantragen die Abweisung
der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

D.
Der Instruktionsrichter hat beim Rechtsvertreter von N.________ und S.________
eine Beweisauskunft betreffend die konkursamtliche Liquidation der
ausgeschlagenen Erbschaft des K.________ sel. eingeholt.

Erwägungen:

1.
Die Verfügungen vom 27. Februar 2006 und der Einsprachentscheid vom 22. August
2007 waren auch der Pensionskasse X.________ AG eröffnet worden, bei welcher
Firma der verstorbene Versicherte bis Ende September 1998 angestellt gewesen
war. Die Vorinstanz hat diese Vorsorgeeinrichtung zum Verfahren beigeladen.
Davon kann für das letztinstanzliche Verfahren abgesehen werden.
Einschliesslich der Nachdeckungsfrist gemäss Art. 10 Abs. 3 BVG bestand
längstens bis 31. Oktober 1998 Versicherungsdeckung im Rahmen der
(obligatorischen) beruflichen Vorsorge bei der Pensionskasse X.________ AG.
Wegen verspäteter Anmeldung im April 2001 (mehr als zwei Jahre später) musste
die IV-Stelle keine Feststellungen zum genauen Zeitpunkt der Entstehung des
Rentenanspruchs resp. der Eröffnung der Wartezeit nach aArt. 29 Abs. 1 lit. b
IVG treffen. Die Verfügungen, der Einspracheentscheid und auch der
vorinstanzliche Entscheid enthalten somit in Bezug auf den
berufsvorsorgerechtlich relevanten Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nach aArt.
23 BVG (seit 1. Januar 2005: Art. 23 lit. a BVG) keine für die
Vorsorgeeinrichtung verbindlichen Vorgaben. Diese wäre denn auch nicht
berechtigt gewesen, gegen die Verfügungen vom 27. Februar 2006 Einsprache und
gegen den Einspracheentscheid vom 22. August 2007 Beschwerde zu erheben (vgl.
Urteile 9C_18/2009 vom 7. April 2009 E. 2.2, 8C_539/2008 vom 13. Januar 2009
und 9C_414/2007 vom 25. Juli 2008).

2.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen die formellen Gültigkeitserfordernisse
auch des vorinstanzlichen Verfahrens. Der angefochtene Entscheid ist
aufzuheben, wenn das kantonale Versicherungsgericht in der Sache entschieden
hat, obschon es an einer Eintretensvoraussetzung fehlte (BGE 132 V 93 E. 1.2 S.
95 mit Hinweis; vgl. auch BGE 123 V 280 E. 1 S. 283).

2.1 Nach dem kraft Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1 IVG auch in Streitigkeiten
betreffend eine Rente der Invalidenversicherung anwendbaren Art. 59 ATSG ist
zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung oder den
Einspracheentscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren
Aufhebung oder Änderung hat. Der Begriff des schutzwürdigen Interesses für das
Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht ist gleich auszulegen wie
derjenige nach Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG für das Verfahren der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Bundesgericht (BGE 134 II 120 E.
2.1 S. 122; 133 II 400 E. 2.2 S. 404; SVR 2009 BVG Nr. 27, 8C_539/2008 E. 2.1).
Ein schutzwürdiges Interesse liegt somit vor, wenn die tatsächliche oder
rechtliche Situation des oder der Rechtsuchenden durch den Ausgang des
Verfahrens beeinflusst werden kann. Dabei wird verlangt, dass die Beschwerde
führende Person durch den angefochtenen Verwaltungsakt (Verfügung oder
Einspracheentscheid) stärker als jedermann betroffen ist und in einer
besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht (BGE 133 V
239 E. 6.2 S. 242; 120 Ib 48 E. 2a S. 51 f.).
2.1.1 Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren war N.________, die
Mutter der damals noch unmündigen Tochter S.________ des am 26. Januar 2005
verstorbenen Versicherten. Sie beantragte zur Hauptsache die Aufhebung des
Einspracheentscheides vom 22. August 2007 und die Zusprechung einer ganzen
Invalidenrente rückwirkend per Anspruchsbeginn. Das kantonale Gericht hat die
Beschwerdeberechtigung der Mutter von S.________ als Inhaberin der elterlichen
Sorge für die Tochter im Sinne einer Prozessstandschaft bejaht. Es hat erwogen,
es gehe um deren Anspruch auf eine Kinderrente nach Art. 35 Abs. 1 IVG und eine
Waisenrente nach Art. 20 BVG. Der Anspruch auf Hinterlassenenleistungen der
beruflichen Vorsorge setze voraus, dass der verstorbene Vater von der
Vorsorgeeinrichtung im Zeitpunkt des Todes eine Alters- oder Invalidenrente
erhalten habe (Art. 18 lit. d BVG). S.________ habe somit ein schutzwürdiges
Interesse an der Aufhebung des Einspracheentscheids, welcher für die Zeit vom
1. August 2000 bis 31. Januar 2001 und ab 1. April 2003 den Anspruch auf eine
Rente der Invalidenversicherung verneine. In der Beschwerde war zudem
ausgeführt worden, gemäss neuerer Praxis seien Erben legitimiert, wenn die
Voraussetzungen nach Art. 103 lit. a OG erfüllt seien, was in casu zutreffe.
2.1.2 Der Anspruch auf Kinderrente nach Art. 35 Abs. 1 IVG steht dem
rentenbeziehenden Elternteil zu und nicht dem Kind, für dessen Unterhalt die
einzelnen Betreffnisse bestimmt sind (BGE 134 V 15 E. 2.3.3 und 2.3.4 S. 17;
Urteil 5A_104/2009 vom 19. März 2009 E. 2.1). Ein zu Lebzeiten entstandener
Rentenanspruch geht mit dem Tod des Berechtigten auf dessen Erben über (Art.
560 Abs. 2 ZGB; BGE 99 V 165 E. 2a S. 167; Urteil 8C_146/2008 vom 22. April
2008 E. 1.1; Hans Michael Riemer, Vererblichkeit und Unvererblichkeit von
Rechten und Pflichten im Privatrecht und im öffentlichen Recht, in: recht 1/
2006, S. 31). In BGE 99 V 58 entschied das Eidg. Versicherungsgericht, dass
nicht nur die Erben gemeinsam zu gesamter Hand (Art. 602 Abs. 2 ZGB), sondern
auch einzelne Mitglieder der Erbengemeinschaft zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend vermögensrechtlicher Interessen des
Nachlasses berechtigt sind, sofern sie die Bedingungen von Art. 103 lit. a OG
erfüllen (ebenso ARV 1980 Nr. 30, C 90/79 E. 1 und AHI 1995 S. 92, I 147/92 E.
2). Zu den vermögensrechtlichen Interessen des Nachlasses gehören auch der
Umfang des Anspruchs auf eine Kinderrente der Invalidenversicherung bis zum Tod
des Versicherten sowie Höhe und Beginn der Leistung. Im nicht veröffentlichten
Urteil U 201/98 vom 30. März 1999 liess das Eidg. Versicherungsgericht unter
Hinweis auf das Urteil der I. Öffentlichrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts A.30/1986 vom 8. Juli 1987, publiziert in: ZBl 89/1988 S. 553,
offen, ob an der Rechtsprechung, wonach einzelne Mitglieder einer
Erbengemeinschaft zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend
vermögensrechtlicher Interessen des Nachlasses berechtigt sind, sofern die
Bedingungen von Art. 103 lit. a OG erfüllt sind, festzuhalten sei. Im Urteil
8C_146/2008 vom 22. April 2008, publiziert in: SVR 2008 UV Nr. 20 S. 74, hat
die I. sozialrechtliche Abteilung entschieden, dass einzelne Mitglieder einer
Erbengemeinschaft nach Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG selber berechtigt sind,
in einer sozialversicherungsrechtlichen Leistungsstreitigkeit Beschwerde beim
Bundesgericht zu erheben (vgl. auch Urteil 1C_73/2008 vom 1. Oktober 2008 E.
1.4, nicht publiziert in BGE 134 II 308, aber in ZBl 109/2008 S. 593). Die
Beschwerdelegitimation der kurz vor Erlass des angefochtenen Entscheids am 28.
November 2008 mündig gewordenen S.________ ist somit grundsätzlich zu bejahen.

2.2 Sämtliche (nächsten gesetzlichen) Erben des verstorbenen Versicherten,
darunter auch S.________, schlugen die Erbschaft aus. Der Nachlass wurde durch
das Konkursamt liquidiert (Art. 573 Abs. 1 ZGB, Art. 193 Abs. 1 Ziff. 1 und
Abs. 2 SchKG; SJ 2006 I S. 365, 4C.252/2005 E. 4). Dabei wurde das Verfahren
nicht mangels Aktiven eingestellt (Art. 230a Abs. 1 SchKG). Ebenfalls hatte
keiner der Erbberechtigten vor Schluss des Verfahrens den Antritt der Erbschaft
erklärt und für die Bezahlung der Schulden hinreichende Sicherheit geleistet,
was zur Einstellung der konkursamtlichen Liquidation geführt hätte (Art. 196
SchKG). Am 18. Januar 2006 schloss das zuständige Zivilgericht das
Konkursverfahren. In diesem Zeitpunkt waren lediglich die in der 1. Klasse
kollozierten Forderungen voll gedeckt. Die übrigen Forderungen blieben in der
Höhe von insgesamt Fr. 68'322.15 ungedeckt. Gestützt auf die Verfügungen der
IV-Stelle Basel-Stadt vom 27. Februar 2006 zahlte die kantonale Ausgleichskasse
Fr. 97'612.- an das Konkursamt, was zu einer Nachverteilung unter den
Gläubigern führte. Es verblieb ein Überschuss von Fr. 29'289.85, welcher an das
Erbschaftsamt zur Verteilung unter den Erben überwiesen wurde (Art. 269 Abs. 1
SchKG).
2.2.1
2.2.1.1 Die Ausschlagung der Erbschaft hat den Verlust der Erbenstellung resp.
der Erbenqualität zur Folge (Paul-Henri Steinauer, Le droit des successions,
2006, S. 462 ff. N. 951 und 982; Jean Nicolas Druey, Grundriss des Erbrechts,
5. Aufl. 2002, S. 222 N. 42). Ausschlagende Erben verzichten auf ihr Erbrecht
(Arnold Escher, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1960, N. 9 zu Art. 573 ZGB). Ein zu
Lebzeiten entstandener Anspruch der verstorbenen Person auf eine Rente der
Invalidenversicherung geht mit deren Tod somit nicht - endgültig - auf ihre die
Erbschaft ausschlagenden Erben über (resolutiv bedingter Erwerb; Escher,
a.a.O., N. 6 f. Vorbemerkungen zu Art. 560 ZGB), sondern fällt in die
Konkursmasse der ausgeschlagenen Erbschaft (BGE 119 V 165 E. 3c S. 168).
2.2.1.2 Gemäss Art. 573 Abs. 2 ZGB wird zwar ein allfälliger Überschuss in der
Liquidation nach Deckung der Schulden den Berechtigten überlassen, wie wenn
keine Ausschlagung stattgefunden hätte. Diese Vorschrift macht indessen eine
rechtsgültige Ausschlagung mit Bezug auf bestimmte (nachträglich entdeckte)
Aktiven des Nachlasses nicht wirkungslos (vgl. Escher, a.a.O., N. 14 in fine zu
Art. 573 ZGB). Die Berechtigung am Liquidationserlös besteht nicht als
(insoweit wieder eingesetzte) Erben (Tuor/Picenoni, Berner Kommentar, 2. Aufl.
1964, N. 9 zu Art. 573 ZGB). Vielmehr handelt es sich um einen Anspruch
obligationenrechtlicher Natur gegen die ausgeschlagene Erbschaft, vergleichbar
dem Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen die Erben auf Herausgabe des
Vermachten (Escher, a.a.O., N. 13 zu Art. 573 ZGB; Bernhard Schnyder und
andere, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl. 2009, N. 10 S. 615;
diesbezüglich unklar Paul Piotet, Erbrecht, in: Schweizerisches Privatrecht,
Bd. IV/2, S. 560). Aus einem Überschuss in der konkursamtlichen Liquidation des
ausgeschlagenen Nachlasses werden denn auch zuerst die Vermächtnisse entrichtet
(Escher und Tuor/Picenoni, a.a.O., je N. 8 zu Art. 573 ZGB; Schnyder und
andere, a.a.O., N. 11 S. 722; Ivo Schwander, in: Basler Kommentar,
Zivilgesetzbuch II, 3. Aufl. 2007, N. 6 zu Art. 573 ZGB).
2.2.2 Art. 573 Abs. 2 ZGB gibt den ausschlagenden Erben lediglich Anspruch auf
das positive Ergebnis der Liquidation. Die Bestimmung kommt erst zur Anwendung,
wenn alle Aktiven liquidiert und alle Nachlassschulden gedeckt sind. Die Rechte
der Gläubiger des Erblassers gehen der Berechtigung der ausschlagenden Erben
zur Geltendmachung von umstrittenen Rechtsansprüchen jedenfalls vor und dürfen
nicht geschmälert oder gefährdet werden. Gestützt auf Art. 573 Abs. 2 ZGB
können somit keine Liquidationshandlungen mehr durchgeführt werden.
2.2.2.1 Zur Liquidation gehört auch das Recht, einen umstrittenen
Rechtsanspruch durchzusetzen. Handelt es sich bei diesem Aktivum um eine
anfechtbare Rentenverfügung, sind - abgesehen von den in Art. 196 SchKG und
Art. 230a Abs. 1 SchKG geregelten Tatbeständen - die Gesamtheit der Gläubiger
oder bei deren Verzicht die Abtretungsgläubiger nach Art. 260 Abs. 1 SchKG
(vgl. dazu Kurt Amonn/ Fridolin Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und
Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, N. 32 S. 431) berechtigt, an Stelle des
ausgeschlagenen Nachlasses in konkursamtlicher Liquidation eine höhere Rente
auf gerichtlichem Wege zu erstreiten (BGE 122 III 488 E. 3b S. 489). Wird trotz
hinreichender Kenntnis von der Existenz und Massezugehörigkeit eine
Rentenverfügung nicht angefochten, ist zu vermuten, dass die Konkursverwaltung
und die Konkursgläubiger bewusst darauf verzichtet haben, wodurch der
Konkursbeschlag als entfallen und die Verfügungsmacht der Masse darüber als
wieder auf den Gemeinschuldner übergegangen gilt (BGE 116 III 96 E. 2a S. 98;
Nicolas Jeandin, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2008, N. 13 zu
Art. 269 SchKG; vgl. auch BGE 27 I 552). Im Falle der Liquidation einer
ausgeschlagenen Erbschaft verbleibt sie bei der Masse.
2.2.2.2 Ergeht die Verfügung, wie vorliegend, erst nach Abschluss des
Konkurses, wird der damit bejahte oder verneinte Anspruch in einem Nachkonkurs
liquidiert, sofern er als neu entdeckt im Sinne von Art. 269 Abs. 1 SchKG zu
gelten hat (vgl. dazu BGE 116 III 96). Dabei findet Art. 260 SchKG
entsprechende Anwendung (Art. 269 Abs. 3 SchKG; Jeandin, a.a.O., N. 4 zu Art.
269 SchKG). Der zweifelhafte Rechtsanspruch resp. das Anfechtungsrecht ist
denjenigen Gläubigern, welche im Konkurs zu Verlust gekommen sind, zur
Abtretung anzubieten (Matthias Staehelin, in: Basler Kommentar, SchKG III,
1998, N. 22 zu Art. 269 SchKG). Im Nachkonkurs ist Art. 573 Abs. 2 ZGB
ebenfalls grundsätzlich anwendbar (Zustimmung der I. zivilrechtlichen und der
I. sozialrechtlichen Abteilung im Verfahren nach Art. 23 Abs. 2 BGG). Es kann
offenbleiben, ob dasselbe auch für Art. 196 SchKG gilt und ein Erbberechtigter
vor Schluss des Verfahrens den Antritt der Erbschaft in Bezug auf einen neu
entdeckten zweifelhaften Rechtsanspruch nach Art. 269 Abs. 3 SchKG erklären
kann. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die am Recht stehende ältere
Tochter des Verstorbenen in diesem Sinne vorgegangen war.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass S.________ weder erbrechtlich noch
konkursrechtlich auf mehr als den Anteil am Überschuss in der Liquidation der
ausgeschlagenen Erbschaft ihres verstorbenen Vaters Anspruch hat. Insbesondere
hat sie kein eigenes Recht, die - im Original dem Erbschaftsamt eröffneten -
Verfügungen vom 27. Februar 2006 anzufechten und allenfalls höhere
Rentenleistungen zu erstreiten. Eine Beschwerdeführung "pro Adressat" (BGE 131
V 298 E. 4 S. 300) fällt schon deshalb ausser Betracht, weil die Forderungen
der Gläubiger durch die zugesprochenen Rentenleistungen von Fr. 97'612.-
vollumfänglich gedeckt wurden. Somit besteht im erb- und konkursrechtlichen
Kontext auch kein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 48 VwVG, Art. 59
ATSG und Art. 89 Abs. 1 BGG der am Recht stehenden Tochter des verstorbenen
Versicherten an der Geltendmachung einer höheren Rente in einem Einsprache- und
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren (Zustimmung der I.
zivilrechtlichen und der I. sozialrechtlichen Abteilung im Verfahren nach Art.
23 Abs. 2 BGG).

2.3 Ob die Ausschlagung der Erbschaft durch S.________ sinngemäss als nichtiger
und daher unwirksamer Verzicht auf Versicherungsleistungen nach Art. 23 Abs. 1
ATSG aufzufassen ist mit der Folge, dass sie gleichwohl berechtigt ist, die
Zusprechung lediglich einer befristeten Kinderrente zur Rente ihres
verstorbenen Vaters anzufechten, kann offenbleiben. Selbst wenn dies zu bejahen
wäre, ergäbe sich daraus nichts zu ihren Gunsten. Gemäss Verteilungsplan im
Konkurs des Nachlasses des verstorbenen Versicherten vom 19. Oktober 2006
wurden alle eingegebenen und kollozierten Forderungen, insbesondere für
unbezahlt gebliebene und von der Sozialhilfe bevorschusste Alimente,
vollumfänglich gedeckt. Durch die Ausschlagung der Erbschaft wurden somit keine
im Sinne von Art. 23 Abs. 2 ATSG schutzwürdigen Interessen von anderen
Personen, von Versicherungen oder Fürsorgestellen beeinträchtigt (vgl. dazu
Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 16 ff. zu Art. 23 ATSG und SVR
2006 AHV Nr. 2, H 234/04 E. 6.1 und 6.2).

2.4 Die Einsprache- und Beschwerdeberechtigung von S.________, bis zur
Mündigkeit ausgeübt durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin, danach in
eigenem Namen, ergibt sich auch nicht daraus, dass unter der Voraussetzung von
Art. 18 lit. d BVG Anspruch auf eine Waisenrente der obligatorischen
beruflichen Vorsorge nach Art. 20 BVG besteht. Ein erleichterten
Voraussetzungen unterliegender reglementarischer Anspruch auf
Hinterlassenleistungen wird nicht geltend gemacht. Der Anspruch auf eine
Waisenrente nach Art. 20 BVG fällt nicht in den Nachlass (BGE 129 III 305 E.
2.1 S. 307; vgl. auch BGE 134 V 15 E. 2.3.3 S. 17). Wie in E. 1 dargelegt,
präjudiziert indessen der von der IV-Stelle festgesetzte Leistungsbeginn am 1.
April 2000 den berufsvorsorgerechtlich relevanten Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat (aArt. 23 BVG),
nicht. Dasselbe gilt somit auch in Bezug auf die für eine Waisenrente
massgebende Frage, ob der Verstorbene im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf eine
Invalidenrente der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge hatte. Darüber hat
gegebenenfalls auf Klage hin das örtlich zuständige Berufsvorsorgegericht nach
Art. 73 BVG zu entscheiden.

2.5 Schliesslich wird zu Recht nicht geltend gemacht, die Mutter von S.________
sei zur Anfechtung der Verfügungen vom 27. Februar 2006 mit Einsprache und des
Einspracheentscheides vom 22. August 2007 mit Beschwerde in eigenem Namen
berechtigt gewesen. Selbst bei gegebenem Anspruch auf Drittauszahlung der
Kinderrente (Art. 35 Abs. 4 IVG in Verbindung mit Art. 82 IVV und Art. 71ter
AHVV; BGE 134 V 15 E. 2.3.4 S. 17) hatte sie keine über den Auszahlungsmodus
hinausgehende, den Leistungsanspruch als solchen grundsätzlich und umfangmässig
betreffende Beschwerdebefugnis (BGE 130 V 560 E. 4.2 S. 568; vgl. auch SVR 2002
IV Nr. 5, I 245/01 E. 4b und BGE 135 V 2 E. 1.1 S. 4).
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die IV-Stelle nicht auf die Einsprache
gegen die Verfügungen vom 27. Februar 2006 hätte eintreten dürfen und die
Vorinstanz die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 22. August 2007 mit
dieser Begründung hätte abweisen müssen (vgl. BGE 129 V 289). Von einer
förmlichen Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheide wird indessen abgesehen,
auch aus prozessualen Gründen.

3.
Bei diesem Prozessausgang ist das vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen
in eigenem Namen gestellte Begehren um Zusprechung einer Parteientschädigung
für das vorinstanzliche Verfahren von Fr. 2'150.- zuzüglich Auslagen von Fr.
150.- und 7,6 % Mehrwertsteuer im Falle des Obsiegens obsolet. Hingegen muss
die vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung bestehen bleiben, weil
ihre Aufhebung mit Art. 107 Abs. 1 BGG nicht vereinbar wäre.

4.
Die Beschwerdeführerinnen als unterliegende Partei haben grundsätzlich die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege kann jedoch entsprochen werden (Art. 64 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a
S. 202). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen,
wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie
später dazu in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt,
indes einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.

3.
Advokat Jürg Tschopp wird als unentgeltlicher Anwalt der Beschwerdeführerinnen
bestellt und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der
Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'200.- ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt,
der Pensionskasse X.________ AG und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Dezember 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler