Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 17/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_17/2009

Urteil vom 21. Juli 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Parteien
H.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Michael Weissberg,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 28. November 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1963 geborene H.________, gelernter Velo- und Motorradmechaniker, ist seit
einem Unfall am 26. Oktober 1985 Paraplegiker. Nach einer von der
Invalidenversicherung finanzierten Umschulung zum Maschinenzeichner trat er im
Mai 1991 eine Stelle als Lehrlingsausbildner im Schulungs- und Arbeitszentrum
B.________ mit einem Pensum von 60 % an, welche er noch heute versieht. Seit
Mai 1991 bezieht er auf Grund eines Invaliditätsgrades von 40 % eine
Viertelsrente der Invalidenversicherung. Zwei in den Jahren 1994 und 1998
vorgenommene Überprüfungen des Rentenanspruchs ergaben keine
rentenbeeinflussende Änderung des Invaliditätsgrades. Im Rahmen eines weiteren
Revisionsverfahrens hob die IV-Stelle Bern die bisher ausgerichtete
Viertelsrente mit Verfügung vom 7. Dezember 2001 auf Ende Januar 2002 auf,
bestätigt mit Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 5. April
2002. Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin hob das Eidgenössische
Versicherungsgericht mit Urteil vom 14. April 2003 (I 345/02) den kantonalen
Entscheid und die Verwaltungsverfügung mit der Feststellung auf, dass der
Versicherte weiterhin Anspruch auf eine Viertelsrente habe.
Im Rahmen eines im Mai 2006 eingeleiteten Revisionsverfahrens holte die
IV-Stelle einen Bericht des Paraplegiker-Zentrums X.________ vom 26. Juni 2006
sowie einen Bericht des Arbeitgebers vom 29. Mai 2006 ein. Mit Verfügung vom
25. September 2006 hob die IV-Stelle die bisher ausgerichtete Viertelsrente per
Ende Oktober 2006 auf. Zur Begründung führte sie an, bei einem Valideneinkommen
von Fr. 74'569.- und einem Invalideneinkommen von Fr. 49'166.- resultiere ein
rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 34 %.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 28. November 2008 ab.

C.
H.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag auf Aufhebung der Verwaltungsverfügung und des vorinstanzlichen
Entscheides.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Kantonales Gericht und
Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E.
1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur
die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige
Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu
korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (SEILER/VON
WERDT/GÜNGERICH, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007 N 24 zu Art.
97).

2.
2.1 Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines
Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin
für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs.
1 ATSG). Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit
den Rentenanspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die Rente nicht nur bei
einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann
revidierbar, wenn die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen
Gesundheitszustandes sich erheblich verändert haben (BGE 130 V 343 E. 3.5 S.
349 mit Hinweisen).

2.2 Zeitliche Vergleichsbasis für die Beurteilung einer anspruchserheblichen
Änderung des Invaliditätsgrades bilden die letzte rechtskräftige Verfügung oder
der letzte rechtskräftige Einspracheentscheid, welche oder welcher auf einer
materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer
Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Invaliditätsbemessung beruht (BGE
133 V 108; vgl. auch BGE 130 V 71 E. 3.2.3 S. 75 ff.). Im vorliegenden Fall
erstreckt sich daher der Prüfungszeitraum vom 7. Dezember 2001 bis 25.
September 2006, wie dies das kantonale Gericht zu Recht erwogen hat.

3.
3.1 Nach den unbestrittenen Feststellungen des kantonalen Gerichts hat sich der
Gesundheitszustand des Beschwerdeführers im fraglichen Zeitraum nicht
wesentlich verändert. Hingegen erblickt die Vorinstanz bei den erwerblichen
Verhältnissen eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Grundlagen. Der
Beschwerdeführer habe unmittelbar nach Abschluss der im Rahmen der beruflichen
Umschulung absolvierten Lehre als Maschinenzeichner an der heutigen
Arbeitsstelle im Jahre 1991 Fr. 34'830.- verdient. Im Jahr 2006 habe er ein
Einkommen von Fr. 50'219.- erzielt. Werde das der ursprünglichen
Rentenverfügung zugrunde gelegte Invalideneinkommen nach den Grundsätzen von
BGE 129 V 408 E. 3.1.2 der per 2006 aufgelaufenen Teuerung angepasst,
resultiere daraus ein Jahreseinkommen von Fr. 42'576.95. Die nicht
teuerungsbedingt begründbare und damit auf den beruflichen Erfahrungsaufstieg
zurückführbare Lohndifferenz zum tatsächlich erzielten Einkommen betrage damit
Fr. 7642.05, was rund 10 % des hypothetischen Valideneinkommens entspreche.
Dabei handle es sich insoweit um eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen
Verhältnisse, als der Beschwerdeführer die beim hypothetischen Valideneinkommen
bereits berücksichtigte Berufskarriere zwischenzeitlich auch beim
Invalideneinkommen realisieren konnte. Diese Erhöhung des Invalideneinkommens
gelte somit als erhebliche Änderung der anspruchsbegründenden Tatsachen im
Sinne der revisionsrechtlichen Bestimmungen und stelle damit einen
Revisionsgrund dar.

3.2 Die vorinstanzliche Betrachtungsweise verletzt Bundesrecht. Das kantonale
Gericht hat zwar zu Recht ausgeführt, als zeitliche Vergleichsbasis sei auf den
Zeitpunkt des Erlasses der durch den gutheissenden Entscheid des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts aufgehobenen Verfügung vom 7. Dezember
2001 abzustellen. Dieser Sachverhalt sei mit den tatsächlichen Verhältnissen zu
vergleichen, wie sie sich im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung vom 25.
September 2006 dargestellt haben. Nichtsdestotrotz ist es für die
teuerungsbedingte Aufrechnung des Validen- wie auch des Invalideneinkommens von
den Einkünften im Jahre 1991 ausgegangen. Damit stellt es für die zeitliche
Vergleichsbasis zu Unrecht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der erstmaligen
Rentenzusprechung im Jahre 1991 ab. Vielmehr ist zu prüfen, ob seit der
Revisionsverfügung vom 7. Dezember 2001 eine wesentliche Veränderung des
Invalideneinkommens stattgefunden hat.

3.3 In der Verfügung vom 7. Dezember 2001 ermittelte die IV-Stelle ein
Valideneinkommen von Fr. 71'500.- und gestützt auf den Bericht der
Arbeitgeberin vom 2. Mai 2001 ein Invalideneinkommen von Fr. 45'951.75 als
Lehrlingsausbildner. In der angefochtenen Verfügung lauten die entsprechenden
Zahlen Fr. 74'569.- und Fr. 49'166.- im Jahr 2005. Für 2006 ermittelte das
kantonale Gericht die Werte Fr. 76'983.15 und Fr. 50'219.-. Diese Zahlen
zeigen, dass die Erwägung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im Urteil
vom 14. April 2003 nach wie vor Gültigkeit hat, wonach sich die Löhne als Fahr-
und Motorradmechaniker nahezu gleich entwickeln wie im heute ausgeübten Beruf
als Lehrlingsausbildner für Maschinenzeichner. Auch ist für den hier zu
prüfenden Zeitraum keine namhafte Änderung in der beruflichen Laufbahn geltend
gemacht oder erkennbar. Entgegen der Auffassung von IV-Stelle und kantonalem
Gericht sind daher auch bei den erwerblichen Auswirkungen keine
entscheidwesentlichen Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen seit 7.
Dezember 2001 eingetreten. Die Voraussetzungen für eine Revision der
Viertelsrente sind daher nicht erfüllt.

4.
Dem Prozessausgang entsprechend hat die IV-Stelle die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG) und dem
Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Beschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern vom 28. November 2008 und die Verfügung der IV-Stelle Bern vom 25.
September 2006 mit der Feststellung aufgehoben, dass der Beschwerdeführer nach
wie vor Anspruch auf eine Viertelsrente hat.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der IV-Stelle Bern auferlegt.

3.
Die IV-Stelle Bern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hat die Gerichtskosten und die
Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren neu zu verlegen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. Juli 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Nussbaumer