Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 173/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_173/2009

Urteil vom 25. Januar 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Traub.

Parteien
BVG-Sammelstiftung Swiss Life,
c/o Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, General Guisan-Quai
40, 8002 Zürich,
vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Michel Duc,
Beschwerdeführerin,

gegen

L.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Schönberg,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 20. Januar 2009.

Sachverhalt:

A.
Die BVG-Sammelstiftung der Rentenanstalt (neu: BVG-Sammelstiftung Swiss Life)
führte am 21. Januar 2008 Klage gegen L.________ mit dem Rechtsbegehren, dieser
sei zu verpflichten, ihr den Betrag von Fr. 45'693.- nebst Zins zu 5 Prozent
seit dem 10. Oktober 2001 zuzüglich Fr. 100.- für Zahlungsbefehlskosten zu
bezahlen; der in der Sache erhobene Rechtsvorschlag sei aufzuheben und es sei
ihr die definitive Rechtsöffnung zu erteilen. Die Vorsorgeeinrichtung
begründete die Klage damit, L.________, der als Eigentümer eines
Gipsergeschäfts von Januar 1984 bis Ende März 1997 bei ihr angeschlossen
gewesen sei (Anschluss- und Kollektiv-Lebensversicherungsvertrag vom 7. Februar
1984, Anschlussverträge vom 12. März 1987 und vom 7. Juni 1989;
Kündigungsschreiben vom 26. März 1997), habe den versicherungspflichtigen
Mitarbeiter P.________ (Jahrgang 1935) nicht angemeldet. Für dessen
Beschäftigungszeiten in den Jahren 1985 bis 1995 seien Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeiträge und Verzugszinsen im eingeklagten Ausmass geschuldet.

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wies die Klage ab; die geltend
gemachten Forderungen seien verjährt (Entscheid vom 20. Januar 2009).

C.
Die Sammelstiftung führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache
an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit dieses über die Klage materiell
entscheide.
Auf den Antrag der Beschwerdeführerin hin, es sei ihrer Beschwerde (mit Blick
auf die dem Beschwerdegegner vorinstanzlich zugesprochene Parteientschädigung)
die aufschiebende Wirkung superprovisorisch zu erteilen, weist das
Bundesgericht den Beschwerdegegner an, bis zum Entscheid über das Gesuch alle
Vollziehungsvorkehrungen zu unterlassen.
L.________ lässt beantragen, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten;
eventuell sei sie abzuweisen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet
auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerdeführerin ersucht darum, der Beschwerde sei die aufschiebende
Wirkung zu erteilen (Art. 103 Abs. 1 und 3 BGG), nachdem ihr der
Beschwerdegegner angedroht hat, die im angefochtenen Entscheid zugesprochene
Parteientschädigung in Betreibung setzen zu wollen. Das Bundesgericht hat den
Beschwerdegegner mit Schreiben vom 18. März 2009 angewiesen, bis zum Entscheid
über das Gesuch sämtliche auf den Vollzug gerichtete Handlungen zu unterlassen.
Mit diesem Urteil ist das Gesuch zufolge Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheids gegenstandslos geworden.

1.2 In der Beschwerdeantwort wird das Hauptbegehren gestellt, auf die
Beschwerde sei nicht einzutreten. Die prinzipiell reformatorische Natur des
Rechtsmittels verbiete es, "lediglich die Aufhebung des angefochtenen
Entscheids zu beantragen". Der Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach
grundsätzlich ein materieller Antrag notwendig sei, Anträge auf Rückweisung
oder blosse Aufhebungsanträge hingegen nicht genügten (vgl. BGE 133 III 489 E.
3.1), verfängt nicht, weil sich Spezifizierungen im hiesigen Verfahrenskontext
erübrigen. Im Beschwerdebegehren wird verlangt, die Sache sei an das kantonale
Gericht zurückzuweisen, damit dieses über die Klage (materiell) entscheide;
Weitergehendes konnte von vornherein nicht beantragt werden. Der
Rechtsstandpunkt, auf die Beschwerde könne aus formellen Gründen (Art. 42 Abs.
1 BGG) nicht eingetreten werden, ist daher offensichtlich unbegründet, zumal
der Beschwerdegegner im vorinstanzlichen Prozess selber beantragen liess, das
Verfahren sei vorab auf die Frage einer allfälligen Verjährung zu beschränken.

2.
2.1 L.________ war als Inhaber einer Einzelfirma vom 1. Januar 1984 bis zum 31.
März 1997 der Sammelstiftung angeschlossen. Der im Zeitraum von 15. April 1978
bis 31. August 1995 in der Einzelfirma des L.________ beschäftigte Arbeitnehmer
P.________ wurde im Jahr 2001 rückwirkend für Beitragsperioden im Zeitraum
August 1985 (nach Inkrafttreten des BVG anfangs 1985) bis August 1995
(Beendigung des Arbeitsvertrags) in die Versicherung aufgenommen (vgl. die
Schreiben der Sammelstiftung vom 6. Juni und 19. Dezember 2000 sowie vom 5.
April und 10. Oktober 2001), nachdem sein Rechtsvertreter im Rahmen einer
arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung bei der Vorsorgeeinrichtung entsprechend
interveniert hatte (Schreiben vom 26. Januar 1999 und vom 20. April 2000). Die
Sammelstiftung stattete P.________ mit einem Vorsorgeguthaben von Fr. 45'806.-
(Valuta 5. November 2001) aus und stellte dem Arbeitgeber, welcher der
Vorsorgeeinrichtung die gesamten Beiträge schuldet (Art. 66 Abs. 2 Satz 1 BVG;
Jürg Brühwiler, Obligatorische berufliche Vorsorge, in: Soziale Sicherheit,
SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2065 Rz. 173), am 2. Januar/24. April 2002 den
Saldo des Prämienzahlungs-Kontos in Höhe von Fr. 46'707.10 in Rechnung. Später
setzte die Vorsorgeeinrichtung die Forderung (nebst Zinsen seit dem 15. Oktober
2001) in Betreibung (Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes vom 18. Juni 2002),
worauf L.________ Rechtsvorschlag erhob. Das Gesuch des Versicherungsträgers um
Rechtsöffnung vom 22. Januar 2003 wurde mangels einer Schuldanerkennung
abgewiesen (Entscheid des Richteramts X.________ vom 13. August 2003).

2.2 Strittig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht zu Recht erkannt hat,
die klageweise geltend gemachte Beitragsnachforderung für die
Beschäftigungsjahre 1985 bis 1995 sei verjährt. Forderungen auf periodische
Beiträge und Leistungen verjähren nach fünf, andere nach zehn Jahren; die Art.
129 bis 142 OR sind anwendbar (Art. 41 Abs. 1 BVG in der bis Ende 2004
geltenden Fassung; nunmehr Art. 41 Abs. 2 BVG; Urteil 9C_618/2007 vom 28.
Januar 2008 E. 1.1.1 mit Hinweisen). Die Verjährungsfrist beginnt mit der
Fälligkeit der Forderung (Art. 130 Abs. 1 OR). Eine Forderung ist fällig, wenn
der Gläubiger sie verlangen kann und der Schuldner erfüllen muss (BGE 129 III
535 E. 3.2.1 S. 541; SVR 2008 BVG Nr. 14 S. 57 E. 3.1, 9C_321/2007).

3.
3.1 Eine gesetzliche Fälligkeitsregel für Beitragsforderungen besteht erst seit
dem Inkrafttreten der 1. BVG-Revision auf Anfang 2005; nach ihr überweist der
Arbeitgeber die beiderseitigen Beiträge bis spätestens zum Ende des ersten
Monats nach dem Kalender- oder Versicherungsjahr, für das die Beiträge
geschuldet sind, an die Vorsorgeeinrichtung (Art. 66 Abs. 4 BVG). Zuvor waren
allein reglementarische oder vertragliche Fälligkeitsregelungen massgebend
(Urteil 9C_618/2007 vom 28. Januar 2008 E. 1.1.2). Gemäss der hier anwendbaren
reglementarischen Bestimmung werden die Prämien vorschüssig zu Beginn jedes
Versicherungsjahres in einem Betrag fällig (Art. 4 Abs. 1 der ab 1988 gültigen
Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Rentenanstalt [AVB] und Art. 3 Abs. 1
der ab 1996 gültigen AVB). Die Verjährungsfrist beginnt für jede einzelne
Jahresprämie gesondert.
Zu beurteilen ist die Verjährungsfrage mit Bezug auf Prämienzahlungsansprüche,
die rückwirkend für einen Zeitraum erhoben werden, während dessen die
Vorsorgeeinrichtung offenbar keine Kenntnis vom individuellen Vorsorgefall
hatte. In dieser Situation stellt sich zunächst die Frage, ob die Fälligkeit,
mit welcher der Beginn der Verjährungsfrist einhergeht, bereits unmittelbar zu
Beginn des jeweiligen Versicherungsjahrs (gemäss AVB) respektive nach Massgabe
von Art. 66 Abs. 4 BVG eintritt, oder ob sie erst mit der effektiven Begründung
des individuellen Versicherungsverhältnisses (nachträgliche Aufnahme des
P.________ in die berufliche Vorsorge) zum Tragen kommen kann. Wenn ersteres
zutrifft, stellt sich die weitere Frage, ob der Lauf der Verjährungsfrist
unabhängig von der Kenntnis sämtlicher anspruchserheblicher Tatbestandselemente
seitens der Beitragsgläubigerin beginnt.

3.2 Nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts und (ab
2007) der II. sozialrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts war der
tatsächliche Bestand eines einschlägigen Rechtsverhältnisses für die Fälligkeit
der auf vergangene Beschäftigungszeiten bezogenen Beitragsforderungen
konstitutiv. Mit anderen Worten fiel der Beginn der Beitragsverjährungsfrist
nach Art. 41 Abs. 2 BVG (aArt. 41 Abs. 1 BVG) mit der Begründung des
Rechtsverhältnisses zusammen; dies galt ungeachtet dessen, ob es sich um den
Anschluss eines Arbeitgebers an die Vorsorgeeinrichtung (mit kollektiver
Wirkung hinsichtlich der Arbeitnehmer) handelte oder um die Begründung eines
individuellen Versicherungsverhältnisses zwischen der Vorsorgeeinrichtung und
dem einzelnen Arbeitnehmer.
3.2.1 Demnach werden Vorsorgebeiträge für frühere Jahre mit dem zwangsweisen
Anschluss des (zuvor keiner registrierten Vorsorgeeinrichtung angehörenden)
Arbeitgebers an die Auffangeinrichtung (nunmehr Art. 11 Abs. 5 und 6 [in der
seit Januar 2005 geltenden Fassung], Art. 60 Abs. 2 lit. a BVG) fällig (SZS
1994 S. 388 E. 3b, B 34/93). Jüngst hat das Bundesgericht bestätigt, dass erst
die Anschlussverfügung die Beitragsforderung entstehen lässt und ihre
Fälligkeit begründet (SVR 2010 BVG Nr. 2 S. 4 E. 4.3, 9C_655/2008).
3.2.2 Die Fälligkeit von Beitragsforderungen, die sich aus der nachträglichen
Begründung eines individuellen Vorsorgeverhältnisses im Rahmen eines
bestehenden Anschlussvertrages ergeben (vgl. zu den verschiedenen
Rechtsverhältnissen Hansjörg Seiler, Der Anschlussvertrag an eine
Personalvorsorgeeinrichtung: Ein Vertrag zwischen Privatrecht und
Sozialversicherungsrecht, in: Versicherungsbranche im Wandel, Liber amicorum
für Moritz W. Kuhn, Bern 2009, S. 376 ff.), trat nach bisheriger Praxis
ebenfalls mit der Entstehung des Rechtsverhältnisses ein. So liess bei
Ungewissheit über das Beitragsstatut erst der rechtskräftige Entscheid über die
AHV-rechtliche Einstufung einer Person als Unselbständigerwerbende eine
rückwirkende Beitragsforderung entstehen; die nachzuentrichtenden Beiträge
wurden frühestens mit diesem Entscheid fällig (Urteil B 26/99 vom 9. August
2001 E. 2c; vgl. SZS 2002 S. 510). Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung
hat das Eidgenössische Versicherungsgericht festgehalten, bei einem
Rechtsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Qualifizierung
einer Beschäftigung als Haupt- oder aber als Nebenerwerb - wovon abhing, ob die
betreffende Person der obligatorischen beruflichen Vorsorge zu unterstellen war
oder nicht - trete die Fälligkeit rückwirkender Beitragsforderungen erst mit
Rechtskraft des Entscheides ein, die Erwerbstätigkeit sei als hauptberufliche
zu betrachten: "Nel rinviare agli art. 129 a 142 CO, l'art. 41 LPP fa dipendere
l'inizio della prescrizione dall'esigibilità del credito contributivo. Orbene,
il credito contributivo può diventare esigibile solo se il lavoratore è stato
correttamente annunciato all'istituto di previdenza. Solo a partire da tale
momento l'istituto di previdenza può, sulla base del guadagno annunciato,
conteggiare e addebitare i contributi. (...) Per determinare l'inizio del
termine di prescrizione non può per contro semplicemente bastare la circostanza
che il lavoratore avrebbe dovuto essere assicurato" (SVR 2007 BVG Nr. 17 S. 57
E. 4.7, B 1/04).

3.3 Abweichend von der soeben zitierten Rechtsprechung ist es angezeigt, die
Fälligkeit von Beitragsforderungen, die sich aus einem im Nachhinein
begründeten individuellen Versicherungsverhältnis ergeben, grundsätzlich ex
tunc, das heisst mit der beitragspflichtigen Arbeitsleistung (oben E. 3.1),
eintreten zu lassen. Die beim Zwangsanschluss gemäss Art. 11 BVG bestehende
Rechtfertigung, die Fälligkeit an die effektive Begründung des
Rechtsverhältnisses zu binden, lässt sich nicht auf die hier interessierende
Konstellation übertragen: Während vor einem Zwangsanschluss noch nicht
bestimmbar ist, welche Institution den kollektiven Vorsorgeschutz später
übernehmen wird, stehen vor der Begründung eines individuellen
Versicherungsverhältnisses im Rahmen eines bestehenden Anschlussvertrages alle
wesentlichen Bemessungsgrundlagen fest. In Änderung der Rechtsprechung ist
daher festzuhalten, dass die Beitragsverjährungsfrist bei bestehendem
Anschlussverhältnis grundsätzlich nicht erst mit dem nachträglichen Abschluss
eines Vorsorgevertrags für einen bestimmten Arbeitnehmer beginnt, sondern
bereits mit der Fälligkeit der Prämie für dessen beitragspflichtige
Arbeitsleistung; der Fälligkeitstermin richtet sich dabei nach Art. 66 Abs. 4
BVG oder nach Reglement.

4.
Bei dieser Rechtslage bleibt zu prüfen, ob die (hier noch abschliessend
festzustellende) Unkenntnis der Vorsorgeeinrichtung und eine allfällige
Zuwiderhandlung des Arbeitgebers gegen die Meldepflicht (Art. 10 BVV 2; vgl.
Art. 11 Abs. 1 BVG, Art. 7 Abs. 1 BVV 2) die Fälligkeit der Beitragsschuld
beeinflussen.

4.1 Nach der Rechtsprechung und mehrheitlichen Doktrin zu Art. 130 Abs. 1 OR
tritt die Fälligkeit unabhängig davon ein, ob der Gläubiger von Forderung und
Fälligkeit Kenntnis hat oder haben kann (BGE 126 III 278; 119 II 216 E. 4a/aa
S. 219; 106 II 134 E. 2a S. 137; Urteil 9C_618/2007 vom 28. Januar 2008 E.
1.1.3; vgl. 126 II 145 E. 2b S. 151; Robert K. Däppen, Basler Kommentar OR I,
2007, Art. 130 N 9; Stephen V. Berti, Zürcher Kommentar OR V 1h, 2002, Art. 130
N 8; Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Bern
2009, S. 1100 Rz. 1 und S. 1155 Rz. 44; Ingeborg Schwenzer, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. Bern 2009, S. 527 N 84.15; Gauch/
Schluep/Schmid/Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil,
Zürich 2008, S. 224 Rz. 3309; anderer Meinung: Hans Merz, Die privatrechtliche
Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1980, in: ZBJV 1982 S. 136 f.).

4.2 Aus Sicht der Vorsorgeeinrichtung erscheint es als stossend, wenn der Lauf
der Verjährung auch dann in Gang gesetzt wird, wenn ihr eine - zwar objektiv
einklagbare - Forderung nicht bekannt ist und auch nicht bekannt sein kann
(vgl. dazu Jean-Benoît Meuwly, La prescription des créances d'assurance privée
[art. 46 al. 1 LCA] au regard de la dernière jurisprudence du Tribunal fédéral,
in: AJP 2003 S. 315 ff.). Das Anliegen der Vorsorgeeinrichtung und der dahinter
stehenden Versichertengemeinschaft, dass alle Beiträge zur Finanzierung der
Vorsorgeleistungen reglementskonform bezahlt werden, steht dem Ziel der
Rechtssicherheit gegenüber, wonach eine Forderung nach Ablauf einer bestimmten
Frist nicht mehr durchsetzbar sein soll. Beim Ausgleich dieser Interessen muss
der Schutzzweck des Rechtsinstituts der Verjährung im Auge behalten werden. Die
Nichterheblichkeit der Kenntnis wird unter anderem damit begründet, die
Verjährung sei vor allem zum Schutz des Schuldners geschaffen (Pascal
Pichonnaz, Commentaire Romand, Code des obligations I, Basel 2003, Art. 130 N
4). Dieser Schutz kann nach Treu und Glauben (Art. 2 Abs. 1 ZGB) von demjenigen
nicht in Anspruch genommen werden, der - aus eigenem, vorwerfbarem Verhalten -
allein dafür verantwortlich ist, dass die Forderung der Gläubigerin verborgen
geblieben ist. Die Berufung des Beitragsschuldners auf einen Eintritt der
Fälligkeit vor erfolgter Kenntnisnahme wäre alsdann rechtsmissbräuchlich (Art.
2 Abs. 2 ZGB; BGE 131 II 265 E. 4.2 S. 267; Thomas Gächter, Rechtsmissbrauch im
öffentlichen Recht, 2005, S. 4 ff.). Wenn der Schuldner die vorläufige
Unkenntnis der Gläubigerin zu verantworten hatte, hängt der Eintritt der
Fälligkeit somit ausnahmsweise von deren Wissen um die Grundlagen der Forderung
ab. Da der Zeitpunkt, zu welchem sämtliche für die Bemessung der
Beitragsforderung notwendigen Angaben vorliegen, auch von der Aufmerksamkeit
der Vorsorgeeinrichtung abhängig ist, wirkt nicht erst die tatsächliche,
sondern bereits die normativ anrechenbare - zumutbare - Kenntnis
fristauslösend.
Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass auch die dem Gläubiger noch unbekannte
Forderung fällig werden kann, rechtfertigt sich allerdings nicht bei jeder
objektiven Verletzung der Meldepflicht. Der Beginn des Fristenlaufs wird nicht
aufgeschoben, wenn der Arbeitgeber mit Blick auf die konkreten Verhältnisse in
guten Treuen davon ausgehen durfte, der nicht an die Vorsorgeeinrichtung
gemeldete Arbeitnehmer sei etwa aufgrund seines Beitragsstatus nicht
versicherungspflichtig gewesen. Gefordert ist vielmehr eine qualifizierte
Meldepflichtverletzung im Sinne einer unentschuldbaren Unterlassung, so wie im
Hinblick auf den Erlass einer Rückforderung unrechtmässig bezogener Leistungen
eine nur leichte Verletzung der Melde- oder Auskunftspflicht den guten Glauben
nicht ausschliesst (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 ATSG; BGE 110 V 176; Urteil 8C_594/
2007 vom 10. März 2008 E. 5.6). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ist nicht
schon dann gegeben, wenn der Arbeitgeber die Versicherungspflicht aus einfacher
Fahrlässigkeit verkannte.

4.3 Bei vorwerfbarem Verhalten des Schuldners erfolgt ein an sich zeitlich
schrankenloser Aufschub der Fälligkeit der einzelnen periodischen
Beitragsforderung bis zu dem Zeitpunkt, in welchem die Beitragsgläubigerin
davon anrechenbare Kenntnis erlangt. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden,
dass - vergleichsweise - für (sekundäre) Ansprüche aus Vertragsverletzung eine
subsidiäre Verjährungsfrist von zehn Jahren seit der Pflichtverletzung gilt
(Art. 127 OR), für Deliktsansprüche eine ebenfalls zehnjährige absolute Frist
(Art. 60 Abs. 1 OR), beginnend mit dem schädigenden Verhalten (Schwenzer,
a.a.O., S. 526 f. N 84.14 und 84.18; vgl. BGE 126 II 145 E. 2b S. 151). Wenn
nun die Durchsetzbarkeit der originären Beitragsforderung gegenüber dem
Schuldner, der qualifiziert gegen die Meldepflicht verstossen hat, rückwirkend
unbegrenzt möglich wäre, könnte dies mit der Verjährungsordnung insgesamt nicht
vereinbart werden (vgl. Meuwly, a.a.O., S. 319 ff.). Damit ist die insofern
relative Verjährungsfrist von fünf Jahren nach (zumutbarer) Kenntnisnahme im
Wege der Lückenfüllung (vgl. BGE 135 V 163 E. 5.3 S. 168; 127 V 38 E. 4b/cc S.
41) um eine absolute Befristung zu ergänzen: Die einzelne Beitragsforderung
verjährt auch bei Bejahung einer qualifizierten Meldepflichtverletzung und
andauernd unverschuldet fehlender Kenntnis der Vorsorgeeinrichtung über den
Beitragstatbestand jedenfalls zehn Jahre nach ihrem (virtuellen) Entstehen. Da
die Fälligkeit bis zur Kenntnisnahme aufgeschoben ist, können von vornherein
nur Beitragsforderungen nachgefordert werden, die zu diesem Termin nicht älter
als zehn Jahre sind. Weiter zurückliegende Beitragsforderungen sind bereits
(absolut) verjährt, so dass mit Bezug auf sie keine (relative) Verjährungsfrist
(Art. 41 Abs. 2 BVG [aArt. 41 Abs. 1 BVG]) mehr beginnen kann.

5.
Das kantonale Gericht wird zunächst festzustellen haben (Art. 61 lit. c ATSG),
ob die Nichtdeklaration der Beschäftigung des P.________, den konkreten
Umständen nach, einer qualifizierten Meldepflichtverletzung des
Beschwerdegegners entspricht (vgl. oben E. 4.2) und ob die anrechenbare
Kenntnisnahme erst mit dem Eingang des Schreibens vom 26. Januar 1999 (vgl.
oben E. 2.1) begründet wurde. Eintritt und Ausmass der Verjährung hängen vom
Inhalt dieser Feststellungen ab:

5.1 Sollte die Vorinstanz keine oder keine qualifizierte Meldepflichtverletzung
feststellen, so wurden die eingeklagten Betreffnisse der Beschäftigungsjahre
1985 bis 1995 jeweils im betreffenden Beitragsjahr fällig, womit die
fünfjährige Verjährungsfrist begann. Die erste verjährungsunterbrechende
Handlung der Beschwerdeführerin konnte erst im Jahr 2002 erfolgen, so dass in
dieser Variante die gesamte Forderung verjährt ist (Art. 41 Abs. 2 BVG [aArt.
41 Abs. 1 BVG]).

5.2 Falls die Abklärungen des kantonalen Gerichts ergeben sollten, dass eine
qualifizierte Meldepflichtverletzung des Beschwerdegegners gegeben sei, sind
die rückwirkenden Beitragsforderungen der Beschwerdeführerin bezüglich der
Beschäftigungsjahre 1985 bis 1995 grundsätzlich nicht fällig geworden, solange
die Beschwerdeführerin nicht um den Bestand der im Streit liegenden Forderung
wissen konnte (oben E. 4.2).
5.2.1 Mit Empfang des Schreibens vom 26. Januar 1999 hatte die Sammelstiftung
wohl erstmals Gelegenheit, von einem (möglichen) Vorsorgetatbestand Kenntnis zu
nehmen. Trat die Fälligkeit im Januar 1999 ein, hat die Vorsorgeeinrichtung die
Verjährung auf dem Weg der Betreibung (Erwirkung des Zahlungsbefehls vom 18.
Juni 2002) vorerst rechtzeitig unterbrochen (Art. 41 Abs. 2 BVG [aArt. 41 Abs.
1 BVG] in Verbindung mit Art. 135 Ziff. 2 OR). Die Verjährung beginnt sodann
mit jedem Betreibungsakt und - nach Klageerhebung - mit jeder gerichtlichen
Handlung der Parteien und mit jeder Verfügung oder Entscheidung des Richters
von neuem (Art. 137 Abs. 1 und Art. 138 Abs. 1 und 2 OR). Mit Blick auf die
weiteren Unterbrechungen (Rechtsöffnungsbegehren vom 22. Januar 2003, Entscheid
des Richteramts X.________ vom 13. August 2003 [vgl. dazu BGE 91 II 362 E. 10
S. 371]; Klage vom 21. Januar 2008) ist die Forderung insoweit bis zum heutigen
Tag nicht verjährt.
5.2.2 Die normalerweise in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung
eintretende Fälligkeit der Beitragsforderung (oben E. 3.1) wird im Falle einer
qualifizierten Meldepflichtverletzung bis zur (anrechenbaren) Kenntnisnahme
durch die Gläubigerin aufgeschoben. Die Fälligkeit der bis dahin für die
einzelnen Versicherungsjahre aufgelaufenen Forderungen bezieht sich aber nur
auf Jahresprämien, die bei Eintritt der aufgeschobenen Fälligkeit nicht älter
als zehn Jahre waren (oben E. 4.3). Nicht erheblich ist deshalb, ob eine - im
Zeitpunkt der anrechenbaren Kenntnis noch nicht zehnjährig gewesene - Forderung
dieses Alter bei der ersten verjährungsunterbrechenden Handlung (hier im Juni
2002) erreicht hat; eine solche (vom Fristenlauf gemäss Art. 41 Abs. 2 BVG
unabhängige) Handhabung der absoluten Befristung würde der Ausnahmesituation
des Rechtsmissbrauchs nicht gerecht, welche die Fälligkeit an die (zumutbare)
Kenntnis des Gläubigers bindet. Unter den erwähnten sachverhaltlichen Annahmen
sind noch die Jahresprämien für 1990 bis 1995 effektiv einforderbar; diejenige
für das Jahr 1989 ist bereits absolut verjährt, da sie vorschüssig zu Beginn
jedes Versicherungsjahres in einem Betrag fällig wird (Art. 4 Abs. 1 der AVB
1988 und Art. 3 Abs. 1 der AVB 1996).

5.3 Soweit originäre Beitragsforderungen verjährt sind, stellt sich die
Anschlussfrage, ob die Voraussetzungen für sekundäre Ansprüche auf
Schadenersatz aus Vertragsverletzung gegeben seien. Zur Annahme einer
vertraglichen Schadenersatzpflicht bedarf es nicht wie beim Rechtsmissbrauch
(oben E. 4.2) einer qualifizierten Meldepflichtverletzung, sondern genügt
gegebenenfalls leichte Fahrlässigkeit (Art. 97 Abs. 1 und Art. 99 Abs. 1 OR;
BGE 130 V 103 E. 3.3 S. 109 mit Hinweisen). Falls eine Vertragsverletzung
während des gesamten Beschäftigungszeitraums (1985 bis 1995) andauerte, fallen
- mit Blick auf die im Laufe des Jahres 2002 erfolgte Betreibung - unverjährte
Ersatzansprüche für die (primär verjährten) Jahresprämien ab 1993 in Betracht
(Art. 127 OR). Nach bisheriger Rechtsprechung oblag die Beurteilung von
Ersatzforderungen aus Nicht- oder Schlechterfüllung eines Anschlussvertrages
der Ziviljustiz (Urteil B 37/03 vom 10. März 2004 E. 2.3). Diese
Kompetenzzuweisung erfolgte ursprünglich mit Blick auf den Umstand, dass der -
mit dem Schadenersatzanspruch verwandte - Verantwortlichkeitsanspruch nach Art.
52 BVG bis zur Gesetzesrevision gemäss Bundesgesetz vom 21. Juni 1996, in Kraft
seit 1. Januar 1997 (vgl. BGE 128 V 124 E. 2 S. 126), nicht in die
Zuständigkeit des BVG-Gerichts, sondern der Ziviljustiz fiel (vgl. BGE 117 V 33
S. 42; SVR 1994 BVG Nr. 2 S. 3 E. 4c, B 37/92). Seither sind für die
Beurteilung von Verantwortlichkeitsansprüchen die Berufsvorsorgegerichte
zuständig. Der früher zur Begründung einer Zuständigkeit der
Zivilgerichtsbarkeit verwendete Harmonisierungsgedanke spricht nun dafür, die
Beurteilung von Ersatzforderungen aus einer Verletzung des Anschlussvertrages
zwischen Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung in die berufsvorsorgegerichtliche
Zuständigkeit fallen zu lassen. Die bisherige Rechtsprechung steht überdies im
Gegensatz zur Praxis, wonach im Bereich der auf Art. 97 ff. OR gestützten
Ansprüche aus Nicht- oder Schlechterfüllung des Vorsorgevertrags die
Zuständigkeit der Gerichte nach Art. 73 BVG bejaht wird (BGE 130 V 103 E. 1.2
S. 105 in Verbindung mit E. 3.3 S. 109; Seiler, a.a.O., S. 398). Die
veränderten rechtlichen Verhältnisse rechtfertigen eine Praxisänderung (vgl.
BGE 134 V 72 E. 3.3 S. 76). Wenn ein Schadenersatzanspruch aus Verletzung
anschlussvertraglicher Pflichten in Frage steht, die spezifisch
berufsvorsorgerechtlicher Natur sind, ist aufgrund dieses direkten Sachbezugs
somit neu das Berufsvorsorgegericht nach Art. 73 BVG sachlich zuständig. Die
Vorinstanz wird also gegebenenfalls auch die Frage nach einem sekundären
Ersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Meldepflichtverletzung zu
beurteilen haben.

6.
Die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese im Sinne der
vorstehenden Erwägungen (unter Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien
sowie des im Hinblick auf allfällige Ansprüche des Arbeitgebers beizuladenden
P.________) den Sachverhalt im Hinblick auf die Fragen ergänze, ob eine im
Sinne der obigen Erwägungen qualifizierte Meldepflichtverletzung gegeben sei,
sowie, wann die Vorsorgeeinrichtung die Möglichkeit hatte, von der Anstellung
des P.________ beim Beschwerdegegner Kenntnis zu nehmen, oder ob eine
Vertragsverletzung seitens des Beschwerdegegners vorliegt. Je nach Ausgang der
Sachverhaltsfeststellung wird die Vorinstanz zu beurteilen haben, ob und
gegebenenfalls wie weit die klageweise geltend gemachte Beitragsnachforderung
oder vertragliche Schadenersatzforderung der Sammelstiftung materiell begründet
sei.

7.
Der materielle Ausgang des Verfahrens ist offen. Bei dieser Sachlage sind die
Gerichtskosten praxisgemäss zu halbieren (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da der
Beschwerdeführerin als einer mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten
Institution - im Gegensatz zum Beschwerdegegner - keine Parteientschädigung
zusteht (Art. 68 Abs. 3 BGG; BGE 128 V 124 E. 5b S. 133; 126 V 143 E. 4a S.
150), sind die Parteikosten nicht wettzuschlagen (vgl. statt vieler: Urteil
5A_291/2009 vom 28. August 2009 E. 6). Vielmehr hat der Beschwerdegegner im
Umfang seines teilweisen Obsiegens Anspruch auf eine reduzierte
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 20. Januar 2009 aufgehoben. Die
Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen
verfahre.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2000.- werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1400.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 25. Januar 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Traub