Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 116/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_116/2009

Urteil vom 28. Mai 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
F.________, Beschwerdeführerin,

gegen

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400
Winterthur,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 16. Dezember 2008.

Sachverhalt:

A.
Vertreten durch Rechtsanwältin F.________ liess X.________ dem
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Eingabe vom 3. November 2008
(Poststempel: 7. November 2008) mitteilen, dass er die Beschwerde im Verfahren
KV 2008/00033 zurückziehe. Bei dieser Gelegenheit wurde die unentgeltliche
Rechtsverbeiständung beantragt. Mit (fehldatierter) Eingabe vom 3. November
2008 (Poststempel: 2. Dezember 2008) teilte Rechtsanwältin F.________ mit, sie
werde "in oben genannter Angelegenheit" ihre Kostennote "in den nächsten Tagen"
einreichen, was in der Folge (trotz telefonischer Rückfrage des Gerichts am 11.
Dezember 2008 in der Anwaltskanzlei) unterblieb.

B.
Das Sozialversicherungsgericht schrieb den Prozess KV 2008/00033 durch Rückzug
der Beschwerde als erledigt ab, bestellte Rechtsanwältin F.________ für dieses
Verfahren als unentgeltliche Rechtsvertreterin und entschädigte sie aus der
Gerichtskasse mit Fr. 200.-, einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer
(Verfügung vom 16. Dezember 2008).

C.
Rechtsanwältin F.________ führt hiegegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten und beantragt ihre Aufhebung; es sei ihr eine angemessene
Entschädigung sowie Spesenersatz in der Höhe von Fr. 45.50 zuzüglich
Mehrwertsteuer zuzusprechen. Zur Illustration ihres Aufwandes legt sie eine
nicht datierte Kostenübersicht über den Gesamtbetrag von Fr. 2379.60 ein.

Mit Vernehmlassung vom 18. März 2009 nimmt das Sozialversicherungsgericht zur
Sache Stellung.

Erwägungen:

1.
Das Rechtsbegehren auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids ist insofern
einzugrenzen, als nur die Höhe der zugesprochenen Entschädigung für amtlich
bestellte Rechtsvertretung gerügt ist, nicht aber die nach Dispositiv-Ziffer 1
beschlossene Abschreibung des Prozesses; es ist ein Endentscheid angefochten
und darum auf die Beschwerde einzutreten (BGE 133 V 477, 645).

2.
Art. 29 Abs. 3 BV räumt jeder Person, die nicht über die erforderlichen Mittel
verfügt, unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung ein. Die Bemessung der Entschädigung des
unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist mangels bundesrechtlicher Bestimmung dem
kantonalen Recht überlassen (vgl. Art. 61 lit. f ATSG). Das Bundesgericht darf
die Höhe der Entschädigung nur daraufhin überprüfen, ob die Anwendung der
einschlägigen kantonalen Bestimmungen, sei es aufgrund ihrer Ausgestaltung, sei
es wegen ihrer Anwendung im konkreten Fall, zu einer Verletzung von Bundesrecht
geführt hat (Art. 95 BGG). Dabei fällt praktisch nur das in Art. 9 BV
verankerte Willkürverbot in Betracht. Ein Entscheid über die
Entschädigungsbemessung ist dann willkürlich, wenn er eine Norm oder einen
klaren und unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt, sich
mit sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten lässt oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 125 V 408 E. 3a mit
Hinweisen). Willkür kann namentlich in zwei Erscheinungsformen auftreten,
nämlich als klare und schwere Verletzung kantonalen Rechts über die Bemessung
der Entschädigung oder als schlechthin unhaltbare Betätigung in dem vom Bundes-
und kantonalen Recht eröffneten Ermessensbereich. Im letzten Fall kann die
Festsetzung eines Anwaltshonorars wegen Verletzung von Art. 9 BV oder Art. 29
Abs. 3 BV nur aufgehoben werden, wenn sie ausserhalb jedes vernünftigen
Verhältnisses zu den mit Blick auf den konkreten Fall notwendigen anwaltlichen
Bemühungen steht und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstösst
(SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 5 mit Hinweisen, C 130/99).

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin räumt zwar ein, die beim Rechtsmittelrückzug
angekündigte Einreichung der Kostennote sei nicht erfolgt. Sie rügt aber, mit
der pauschal auf Fr. 200.- festgesetzten Entschädigung habe das kantonale
Gericht das Ermessen nicht sachgerecht und pflichtgemäss, sondern willkürlich
und missbräuchlich ausgeübt und damit gegen übergeordnetes Recht verstossen.
Dass der Entschädigungsentscheid nicht begründet sei, verletze das rechtliche
Gehör. Das Honorar sei bei weitem nicht nach dem effektiv notwendigen
Zeitaufwand (Aktenstudium, schriftlicher und mündlicher Kontakt mit Klient und
Gegenpartei, Korrespondenz und Telefonate mit dem Gericht etc.) bemessen
worden, der auch in Verhandlungen zum Vergleich bestanden und zum
Beschwerderückzug geführt habe.

3.2 Die Vorinstanz hält daran fest, die Beschwerdeführerin habe die Honorarnote
entgegen der schriftlichen Zusicherung und trotz erfolgter telefonischer
Rücksprache am 11. Dezember 2008 nicht eingereicht. In Ermangelung einer
solchen sei ein Pauschalhonorar von Fr. 200.- festzusetzen, welcher Betrag für
das Rückzugsschreiben angemessen sei.

4.
Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin, welche sich am 9. Oktober 2008
(u.a.) in das Verfahren KV 2008/00033 eingeschaltet und diesbezüglich am 7.
November 2008 (Poststempel) den "Klagerückzug" erklärt hatte, entgegen ihrer
Zuschrift an die Vorinstanz vom 2. Dezember 2008 (Poststempel) in den vierzehn
Tagen bis zum Erlass der Verfügung am 16. Dezember 2008 (und auch nachher)
keine Honorarnote eingereicht hat. Das Einreichen der konkret ("in den nächsten
Tagen") in Aussicht gestellten Kostennote beweckte offensichtlich, das
kantonale Gericht von eigenen - von Amtes wegen vorzunehmenden - Abklärungen im
Rahmen der komplexen Verfahrenslage freizustellen (im Herbst 2008 waren mehrere
Prozesse des gleichen Versicherten gerichtlich anhängig, in welchen die
Beschwerdeführerin im Verlaufe des Jahres seine Vertretung übernommen hatte)
und auf diese Weise direkt den im (zufolge Rückzugs) abzuschreibenden Verfahren
KV 2008/00033 betriebenen, allein der verlangten armenrechtlichen Entschädigung
zugänglichen Aufwand zu spezifizieren. Wenn die Beschwerdeführerin "aufgrund
der vorweihnachtlichen Arbeitsbelastung", wie sie schreibt, davon absah, hat
sie die Folgen ihrer Unterlassung zu tragen. In Anbetracht der konkreten
Umstände der Vorinstanz Willkür oder sonstige Rechtsverletzung vorzuwerfen,
geht fehl, weil in der gegebenen Situation mit Blick auf die angekündigte
Honorarnote von der Vorinstanz nicht verlangt werden konnte, selber
Nachforschungen darüber zu betreiben, welcher Aufwand der Beschwerdeführerin
allein im Zusammenhang mit dem Prozess KV 2008/00033 entstanden war, und nicht
in den anderen Verfahren, die teilweise miteinander zusammenhingen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 28. Mai 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz