Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 115/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_115/2009

Urteil vom 1. September 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
M.________, vertreten durch Advokat Daniel Tschopp,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt vom
24. September 2008.

Sachverhalt:

A.
M.________, geboren 1952, arbeitete als Maler. Im Januar 2001 erlitt er einen
Hirninfarkt und war in der Folge während dreier Monate arbeitsunfähig. Bei
einem Arbeitsunfall am 4. April 2002 verletzte er sich an der linken Schulter.
Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Am 10. April 2003 meldete er
sich zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Mit Vorbescheid vom
18. Juni 2007 teilte ihm die IV-Stelle Basel-Stadt mit, bei einem
Invaliditätsgrad von 100 % werde ab April 2003 eine ganze und bei einem solchen
von 64 % ab September 2004 eine Dreiviertels-Invalidenrente ausgerichtet. Sie
stützte sich dabei auf medizinische Abklärungen und kreisärztliche Berichte der
SUVA sowie auf das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten des Dr. med.
F.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 11. Juni 2007. Auf Einwände
des Versicherten hin erliess sie am 22. und 27. Dezember 2007 entsprechende
Verfügungen.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
mit Entscheid vom 24. September 2008 ab.

C.
M.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, es sei ihm "ab August 2004" eine ganze Invalidenrente auszurichten;
eventualiter sei die Sache zur Abklärung und Neubeurteilung an die IV-Stelle
zurückzuweisen; ferner beantragt er die unentgeltliche Rechtspflege.

Mit Verfügung vom 25. März 2009 weist das Bundesgericht das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ab.

Die IV-Stelle beantragt Abweisung der Beschwerde. Vorinstanz und Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG). Die gesetzliche Kognitionsbeschränkung gilt namentlich für die
Einschätzung der gesundheitlichen und leistungsmässigen Verhältnisse (Art. 6
ATSG), wie sie sich bei der revisionsweisen Anpassung einer Invalidenrente nach
Art. 17 ATSG wegen Tatsachenänderungen (Gesundheitszustand, Arbeits- und
Erwerbsunfähigkeit usw.) im revisions- oder neuanmeldungsrechtlich
massgeblichen Vergleichszeitraum (BGE 133 V 108; Urteil I 692/06 vom 19.
Dezember 2006, E. 3.1) entwickelt haben. Dies gilt auch im Falle einer
rückwirkenden Zusprechung einer befristeten und/oder abgestuften
Invalidenrente.

2.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer auch ab 1. September 2004 Anrecht auf
eine rückwirkend zugesprochene ganze Invalidenrente hatte. Das kantonale
Gericht hat die zur Beurteilung dieser Frage einschlägigen Rechtsgrundlagen
zutreffend dargelegt. Es hat in E. 3 sinngemäss eine anspruchserhebliche
Verbesserung des Gesundheitszustandes bejaht und hierzu Feststellungen
getroffen, die für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich sind.

3.
Aufgrund des im Januar 2001 erlittenen Hirninfarkts entwickelte sich beim
Beschwerdeführer eine inkomplette homonyme Hemianopsie links. Im April 2002
ereignete sich ein Arbeitsunfall mit Verletzung der linken Schulter. Am 14.
Januar 2008 diagnostizierten die Ärzte des Zentrums X.________ eine
Periarthropathie humero-scapularis links, einen Status nach arthroskopischer
Acromionplastik und Schultermobilisation, Kapselschrumpfung und
Schulteramyothrophie, eine agitierte depressive Reaktion im Rahmen einer
Anpassungsstörung an der Grenze zu einer leichten Majordepression, ein
Carpaltunnelsyndrom links, den Verdacht auf Läsion von C8-Fasern links, ein
Schlafapnoesyndrom, ein chronisches Zervikalsyndrom mit intermittierender
radikulärer Reizsymptomatik im HWK5/6-Bereich bei Foraminalstenosen unterer
zervikaler Bandscheibensegmente sowie chronische Schulter-Armschmerzen links.
Der Sachverhalt ist soweit unbestritten; umstritten sind die Auswirkungen
dieser Leiden auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit.

4.
Der Beschwerdeführer rügt, es seien zusätzlich zu den Untersuchungen der SUVA
keine medizinischen Abklärungen der Folgen der vielfältigen unfallfremden
Beeinträchtigungen veranlasst worden. Damit sei die Abklärungspflicht nach Art.
43 ATSG verletzt. Die Vorinstanz habe die nicht auf den Unfall
zurückzuführenden somatischen Beeinträchtigungen ausgeklammert; sie habe so auf
einen offensichtlich unzureichend abgeklärten Sachverhalt abgestellt und die
vorhandenen Beweismittel nicht pflichtgemäss gewürdigt.

4.1 Es trifft zu, dass die Vorinstanz in somatischer Hinsicht nur auf den
Bericht des SUVA-Kreisarztes abgestellt und die unfallfremden somatischen
Aspekte nicht ausdrücklich gewürdigt hat. Die unfallfremden Beeinträchtigungen
sind allerdings aufgrund der Akten nicht sehr bedeutend: Die Infarktfolgen sind
nach dreimonatiger Arbeitsunfähigkeit abgeklungen, konnte der Beschwerdeführer
doch nachher seine bisherige Tätigkeit als Maler wieder zu 100 % ausüben. Auch
wenn es sich dabei um keine unfallversicherungsrechtliche Angelegenheit
gehandelt hat, wären bei Vorliegen von sichtbaren Folgen des Infarkts
entsprechende Hinweise gemacht worden. Das Carpaltunnelsyndrom links ist
insofern berücksichtigt, als eine relevante Armleistung wegen der
unfallbedingten Schulterverletzung links ohnehin nicht mehr zugemutet wird. Der
im Bericht des Zentrums X.________ vom 27. April 2007 geäusserte Verdacht auf
Plexusläsion wurde in der Folge von der Invalidenversicherung abgeklärt und hat
keinen pathologischen Befund ergeben (Berichte der Klinik O.________ vom 24.
Mai und 7. Juni 2007; Stellungnahme RAD vom 21. September 2007). Erstmals im
Bericht des Zentrums X.________ vom 14. Januar 2008 wird ein Zervikalsyndrom
erwähnt, das aber nicht näher diskutiert wird.

4.2 Verwaltung und Vorinstanz stützten sich vorab auf das psychiatrische
Administrativgutachten des Dr. med. F.________ ab; dessen Folgerung einer
50%igen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer mittelschweren
depressiven Störung hat die Vorinstanz als nachvollziehbar bezeichnet. Der
Psychiater schliesst eine organische Ursache der kognitiven Defizite mit sehr
grosser Wahrscheinlichkeit aus, weil die leichten Konzentrations- und
Merkfähigkeitsstörungen wechselnd vorhanden seien, was der Explorand klar zu
verstehen gegeben habe. So würden die Störungen auch davon abhängen, ob er gut
oder schlecht schlafe. Eine Besserung der depressiven Störung habe in der
Arbeitsabklärung beobachtet werden können.

4.3 Wenn der psychiatrische Gutachter in Kenntnis des Umstandes, dass eine
neuropsychologische Untersuchung empfohlen, aber bisher nicht durchgeführt
wurde, die Aussage macht, die kognitiven Defizite seien "mit sehr grosser
Wahrscheinlichkeit" allein im Rahmen der Depression zu interpretieren, ist es
nicht offensichtlich unrichtig, wenn die Vorinstanz darauf abstellt. Die
medizinischen Sachverhaltsfeststellungen sind auch insgesamt weder
unvollständig noch offensichtlich unrichtig. Der Vorwurf ist unbegründet, die
Vorinstanz habe die entgegenstehenden Meinungen zum (möglichen) Grund der
kognitiven Beschwerden nicht umfassend kritisch gewürdigt und abgewogen.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. September 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz