Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.867/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_867/2009

Urteil vom 4. März 2010
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Zingg.

Parteien
X.________ (Ehefrau),
vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Bischofberger,
Beschwerdeführerin,

gegen

Z.________ (Ehemann),
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Pilgrim,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Eheschutz,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht,
5. Kammer, vom 2. November 2009.

Sachverhalt:

A.
X.________ (Ehefrau) und Z.________ (Ehemann) sind seit 1987 verheiratet. Aus
der Ehe sind die Söhne R.________ (geb. 1988), S.________ (geb. 1990),
T.________ (geb. 1995) und U.________ (geb. 1997) hervorgegangen.

B.
Am 6. Januar 2009 reichte X.________ Eheschutzklage beim Gerichtspräsidium
Bremgarten ein. Am 21. April 2009 stellte der Gerichtspräsident von Bremgarten
die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes fest, wies die eheliche Liegenschaft
der Klägerin zur Nutzung zu, unterstellte die unmündigen Kinder der Obhut der
Klägerin, regelte das Besuchsrecht des Beklagten und verpflichtete diesen zu
monatlichen Unterhaltsbeiträgen von je Fr. 1'200.-- für die unmündigen Kinder
und von Fr. 2'298.-- (vom 1. März bis 30. April 2009) bzw. von Fr. 1'288.-- (ab
1. Mai 2009) für die Klägerin persönlich.

Am 18. Mai 2009 erhob X.________ gegen dieses Urteil Beschwerde. Sie verlangte
monatliche persönliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 3'485.-- ab 1. März 2009.
Z.________ erhob daraufhin Anschlussbeschwerde mit dem Begehren um
Feststellung, dass er der Klägerin keinen Unterhaltsbeitrag schulde, eventuell
sei er auf Fr. 1'288.-- ab 1. März 2009 festzusetzen.

In Abweisung der Beschwerde und teilweiser Gutheissung der Anschlussbeschwerde
bestimmte das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 2. November 2009,
dass einzig für den Zeitraum vom 1. März 2009 bis zum 31. Dezember 2009 ein
persönlicher Unterhaltsbeitrag, und zwar von monatlich Fr. 130.--, geschuldet
sei.

C.
Gegen dieses Urteil hat X.________ (fortan: Beschwerdeführerin) am 23. Dezember
2009 Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt, das obergerichtliche
Urteil aufzuheben und Z.________ (fortan: Beschwerdegegner) zu verpflichten,
ihr monatliche Unterhaltsbeiträge zu bezahlen, und zwar im Umfang von Fr.
3'400.-- ab 1. März 2009 bzw. von Fr. 2'800.-- ab dem Zeitpunkt, in welchem der
Beschwerdegegner eine eigene Wohnung bezogen haben werde.

Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzliches Urteil (Art. 75 Abs. 1 BGG)
über eine Eheschutzmassnahme. Es liegt somit eine Zivilsache im Sinne von Art.
72 Abs. 1 BGG vor. Strittig ist einzig die Unterhaltspflicht des
Beschwerdegegners, mithin eine Frage vermögensrechtlicher Natur (BGE 133 III
393 E. 2 S. 395). Der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs.
1 lit. b BGG) ist angesichts der Höhe und der unbestimmten Dauer der
Unterhaltspflicht erreicht (Art. 51 Abs. 4 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen
steht somit zur Verfügung. Dass die Beschwerdefrist eingehalten wurde (Art. 100
Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 2 BGG), lässt sich allerdings einzig der Darstellung
der Beschwerdeführerin entnehmen, wonach es sich beim Stempel auf der von ihr
eingereichten Urteilsausfertigung um den Eingangsstempel handle. In den
obergerichtlichen Akten fehlen Unterlagen über die erfolgte Zustellung, obwohl
es sich von selbst versteht, dass das Bundesgericht bei der Ermittlung dieses
entscheidenden prozessualen Sachverhaltselements auf zuverlässige Akten der
Vorinstanzen angewiesen ist.

Eheschutzentscheide sind Endentscheide gemäss Art. 90 BGG und betreffen
vorsorgliche Massnahmen nach Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 4 S. 396 und E.
5.2 S. 397). Somit kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt
werden. Das Bundesgericht prüft eine Verfassungsrüge nur, wenn sie in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG;
vgl. BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; je mit
Hinweisen). Es muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des
angefochtenen Entscheids dargelegt werden, inwiefern verfassungsmässige Rechte
verletzt worden sein sollen (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397 mit Hinweis). Wird
eine Verletzung des Willkürverbots - einschliesslich der Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255) - geltend gemacht,
muss im Einzelnen aufgezeigt werden, in welcher Hinsicht der Entscheid an einem
qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246
mit Hinweis). Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ist
nicht einzutreten (BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 399; 133 III 589 E. 2 S. 591 f.).

2.
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz in verschiedener Hinsicht Willkür
bei der Unterhaltsberechnung vor.

Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn ein Entscheid auf einem
offensichtlichen Versehen beruht, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das
Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die
Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung
ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 131
I 467 E. 3.1 S. 473 f. mit Hinweisen). Zu berücksichtigen ist überdies, dass
dem Sachgericht bei der Unterhaltsfestsetzung ein erheblicher
Ermessensspielraum zusteht (Art. 4 ZGB; BGE 127 III 136 E. 3a S. 141; Urteil
5A_392/2007 vom 27. August 2007 E. 5). Willkürliche Ausübung des Ermessens
liegt vor, wenn die urteilende Behörde das ihr zustehende Ermessen missbraucht
oder es überschreitet. Das ist der Fall, wenn der Entscheid auf einer
unhaltbaren Würdigung der Umstände des Falles beruht, mit Recht und Billigkeit
unvereinbar ist, Umstände nicht berücksichtigt, die eine Rolle spielen, oder
gegenteils unwesentliche Umstände in Betracht zieht (vgl. BGE 109 Ia 107 E. 2c
S. 109; 126 III 8 E. 3c S. 10; Urteil 5A_237/2009 vom 10. Juni 2009 E. 3.1).

3.
Das Obergericht hat in einer detaillierten Berechnung ermittelt, welchen Betrag
die Beschwerdeführerin für ihren bisherigen, vor der Auflösung des gemeinsamen
Haushalts gelebten Standard benötigt und inwiefern sie ihn aus eigenen Mitteln
aufzubringen vermag. Es hat festgestellt, dass sie diese Lebenshaltung in einer
ersten Phase knapp nicht aus eigenen Mitteln finanzieren kann, und hat ihr
deshalb einen Unterhaltsbeitrag zugesprochen. Ab Bezug einer Wohnung durch den
Beschwerdegegner verkleinere sich jedoch aufgrund der trennungsbedingten
Mehrkosten der zu verteilende Sparanteil, womit sie in der Folge keinen
Unterhaltsanspruch mehr habe.

3.1 Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, es seien nicht mit der
Vorinstanz die zur Fortführung der bisherigen Lebenshaltung nötigen Mittel zu
berechnen und der Unterhaltsbeitrag daran zu orientieren, sondern mit der
ersten Instanz die Existenzminima zu ermitteln und der Überschuss zu verteilen.
Im Wesentlichen begründet sie dies damit, dass durch die Trennung Mehrkosten
entstünden, welche die angewandte Methode nicht zu erfassen vermöge, und die
Sparquote falsch berechnet worden sei. Zudem sei in diesem Zusammenhang eine
Aussage des Beschwerdegegners nicht berücksichtigt worden, aus welcher sich ein
höherer gelebter Standard ergebe als vom Obergericht angenommen.

Mit diesen Vorbringen vermag sie aber nicht aufzuzeigen, weshalb das Vorgehen
des Obergerichts willkürlich sein soll. Zunächst setzt sie sich mit den
vorinstanzlichen Ausführungen zur Methodenfrage und der entsprechenden
bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht auseinander. Die Wahl der
Berechnungsmethode ist angesichts der finanziellen Verhältnisse denn auch nicht
zu beanstanden (vgl. Urteil 5A_584/2008 vom 6. Mai 2009 E. 3 mit Hinweisen).
Keine Willkür kann sie des Weiteren mit dem Hinweis auf angeblich nicht
berücksichtigte trennungsbedingte Mehrkosten dartun, hat doch die Vorinstanz
diese ermittelt und auf die Sparquote angerechnet. Im Übrigen bedient sich die
Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang anderer Einkommens- und
Verbrauchszahlen als die Vorinstanz, ohne aufzuzeigen, inwiefern es willkürlich
sein soll, dass das Obergericht der Berechnung die Steuerveranlagung des Jahres
2008 zugrunde gelegt hat. Dies gelingt auch nicht durch den Verweis auf eine
einzelne Aussage des Beschwerdegegners, denn zum einen haben die Sachgerichte
in der Würdigung der Umstände, die zur Unterhaltsfestsetzung herangezogen
werden, ein grosses Ermessen. Zum andern ist keineswegs offensichtlich, dass
die zitierte Aussage in einem unüberbrückbaren Widerspruch zur Berechnung des
Obergerichts steht. Auf die allgemein im Zusammenhang mit der Methodik der
Berechnung vorgebrachten Rügen ist folglich mangels genügender Begründung nicht
einzutreten.

3.2 Die Beschwerdeführerin sieht Willkür in der angeblich fehlenden
Berücksichtigung der Liegenschaftsunterhaltskosten. Sie verlangt die Anrechnung
von 20 % des Eigenmietwerts sowie der Kosten für Kehricht/Grüngut, Gebäude- und
Hausratsversicherung. Sie wiederholt damit ihren Standpunkt aus der Klage und
der kantonalen Beschwerde, zeigt aber nicht auf, inwiefern die obergerichtliche
Würdigung willkürlich sein soll. Mit der vorinstanzlichen Feststellung, dass
sie keine Belege für konkrete laufende Unterhaltskosten eingereicht habe, setzt
sie sich nicht auseinander. Insbesondere legt sie nicht dar, wieso es
willkürlich sein sollte, von ihr konkrete Belege über den laufenden Unterhalt
zu verlangen, statt pauschal wie in der Steuerpraxis einen bestimmten
Prozentsatz des Eigenmietwerts zu veranschlagen. Dass das Obergericht bei der
Darstellung der Steuerveranlagungen der Jahre 2006 bis 2008 jeweils die
steuerlich anerkannten Liegenschaftsunterhaltsbeträge aufgezählt hat, vermag
daran nichts zu ändern. Inwiefern die übrigen in der Beschwerde geltend
gemachten Nebenkosten von der Vorinstanz nicht berücksichtigt worden sein
sollen, ist nicht ersichtlich. Das Obergericht hat nämlich ausgeführt, die
Kosten der Hausratversicherung seien im Grundbetrag enthalten. Soweit
nachgewiesen hat es zudem die Kosten der Gebäudeversicherung und die von der
Gemeinde Niederwil in Rechnung gestellten Aufwendungen als Nebenkosten
berücksichtigt. Auch darauf geht die Beschwerdeführerin nicht ein, weshalb auf
die Rüge der willkürlichen Festsetzung des Liegenschaftsunterhalts insgesamt
nicht eingetreten werden kann.

3.3 Die Vorinstanz hat die für den Sohn T.________ monatlich ausgerichtete
Hilflosenentschädigung von Fr. 1'140.-- der Beschwerdeführerin als Einkommen
angerechnet, was diese als willkürlich ansieht. Sie begründet dies wie bereits
vor Obergericht damit, es handle sich um eine Entschädigung für ihren über das
Übliche hinausgehenden Pflegeaufwand. Gerade auf diese Argumentation hat die
Vorinstanz die Anrechnung in der Folge denn auch abgestützt und festgehalten,
die Entschädigung decke eine Arbeitsleistung der Beschwerdeführerin ab, weshalb
nicht nachvollziehbar sei, wieso sie dennoch die Nichtanrechnung verlange.
Damit setzt sich die Beschwerdeführerin nicht rechtsgenüglich auseinander.
Stattdessen kritisiert sie angebliche Fehlzitate aus Kommentarwerken, welche
die Vorinstanz allerdings gar nicht beigezogen hat.

3.4 Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich ein offensichtliches Versehen der
Vorinstanz bei der Berechnung ihres um die Steuerbelastung erweiterten
Notbedarfs. Da die Vorinstanz allerdings bloss in der Darstellung dieser
Addition einen falschen Steuerbetrag eingesetzt, jedoch effektiv mit dem
richtigen Betrag gerechnet hat, wirkt sich der Mangel auf das Ergebnis nicht
aus, womit auf die erhobene Rüge nicht einzugehen ist.

3.5 Nach dem Gesagten erübrigt es sich, auf die durch die Beschwerdeführerin
vorgenommene Neuberechnung anhand der Überschussverteilungsmethode einzugehen.
Auf die Beschwerde kann insgesamt nicht eingetreten werden.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Mangels Einholung einer Vernehmlassung wird keine
Parteientschädigung gesprochen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. März 2010
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Zingg