Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.834/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_834/2009

Urteil vom 15. Februar 2010
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter L. Meyer,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Markus Fischer,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Theo Studer.

Gegenstand
Eheschutz,

Beschwerde gegen die Verfügung des Gerichts des Seebezirks vom 27. November
2009.

Sachverhalt:

A.
A.a Am 23. September 2009 ermächtigte der Präsident des Zivilgerichts des
Seebezirks X.________ und Y.________ im Rahmen von Eheschutzmassnahmen getrennt
zu leben; er stellte die drei ehelichen Kinder der Parteien unter die
elterliche Obhut von Y.________, regelte das Besuchsrecht von X.________ und
bestätigte die Erziehungsbeistandschaft im Sinn von Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB.
Ferner verpflichtete der Präsident X.________, ab 1. Juni 2009 an den Unterhalt
der Kinder mit je Fr. 775.-- plus allfälligen Kinderzulagen und an denjenigen
von Y.________ mit Fr. 2'200.-- beizutragen. Des Weiteren regelte er Fälligkeit
und Verzinsung der Beiträge sowie die Herausgabe verschiedener Gegenstände und
wies die übrigen Begehren ab.
A.b Gegen dieses Urteil beschwerte sich X.________ beim Zivilgericht des
Seebezirks. Er verlangte eine andere Regelung des Besuchsrechts und begehrte im
Weiteren, sämtliche Unterhaltsbeiträge seien ab dem 1. Juli 2009 festzusetzen.
Schliesslich sei er zu verpflichten, Y.________ einen Fr. 1'350.-- nicht
übersteigenden Betrag zu bezahlen.

B.
B.a Mit Verfügung vom 9. November 2009 verhielt der Präsident des Zivilgerichts
des Seebezirks X.________ zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 500.--
bis zum 19. November 2009, wobei er in der Verfügung auf die "Säumnisfolgen von
Art. 109 ZPO/FR" hinwies. X.________ leistete den Kostenvorschuss erst am 28.
November 2009.
B.b Am 27. November 2009 schrieb der Präsident des Zivilgerichts das
Beschwerdeverfahren wegen Nichtleistens des Kostenvorschusses ab, auferlegte
X.________ die Verfahrenskosten von Fr. 150.-- und verpflichtete ihn zu den
Parteikosten. Die Verfügung enthält keine Rechtsmittelbelehrung.

C.
Gegen diese ihm am 8. Dezember 2009 zugestellte Verfügung hat X.________ mit
einer am 11. Dezember 2009 der Post übergebenen Eingabe beim Bundesgericht
Beschwerde in Zivilsachen sowie subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben. Er
beantragt, die Verfügung des Präsidenten des Zivilgerichts des Seebezirks
aufzuheben und die Sache zur materiellen Behandlung der Beschwerde an das
Zivilgericht des Seebezirks zurückzuweisen. Es sind keine Vernehmlassungen
eingeholt worden.

D.
Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung ist
mit Verfügung vom 15. Dezember 2009 nicht entsprochen worden.

Erwägungen:

1.
1.1 Die angefochtene Verfügung enthält entgegen der Vorschrift von Art. 112
Abs. 1 lit. d BGG keine Rechtsmittelbelehrung. Im vorliegenden Fall geht es um
eine in einem Beschwerdeverfahren betreffend Eheschutzmassnahmen ergangene
Verfügung des Präsidenten des Bezirksgerichts, mit der das Beschwerdeverfahren
mangels rechtzeitiger Leistung des Kostenvorschusses abgeschrieben worden ist.
Von daher ist fraglich, ob überhaupt ein letztinstanzlicher Entscheid im Sinn
von Art. 75 Abs. 1 BGG vorliegt.
Mit Bezug auf Eheschutzmassnahmen sehen die Absätze 2 und 3 von Art. 54a EGZGB/
FR vor, dass das Urteil des Präsidenten des Bezirksgerichts beim Bezirksgericht
und dessen Urteil mit Berufung beim Kantonsgericht angefochten werden können.
Im Lichte des Wortlautes dieser Bestimmungen (Urteil) ist fraglich, ob die
Verfügung betreffend Abschreibung des Verfahrens wegen Nichtleistens des
Kostenvorschusses als Urteil im Sinn der Bestimmungen des EGZGB/FR angesehen
werden kann, mit der Folge, dass die kantonale Berufung an das Kantonsgericht
zulässig wäre. Bestehen aber - wie hier - ernsthafte Zweifel an der
Zulässigkeit eines (kantonalen) Rechtsmittels, verzichtet das Bundesgericht in
konstanter Praxis auf das Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen
Instanzenzuges (BGE 134 I 199 E. 1.3 S. 202; 132 I 92 E. 1.5 S. 94; je mit
Hinweisen).

1.2 Die angefochtene Verfügung schliesst das Beschwerdeverfahren ab und gilt
damit als Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG. In der Sache geht es um
Eheschutzmassnahmen und damit um eine Zivilsache im Sinn von Art. 72 Abs. 1
BGG, wobei vor der kantonalen Beschwerdeinstanz im Wesentlichen der
Unterhaltsbeitrag zugunsten der Beschwerdegegnerin strittig war; der
Beschwerdeführer hat dort eine Kürzung dieses Beitrages von Fr. 2'200.-- pro
Monat auf Fr. 1'350.-- pro Monat verlangt und im Weiteren darum ersucht, die
Unterhaltsbeiträge für die Beschwerdegegnerin und die Kinder erst ab dem 1.
Juli 2009 festzusetzen. Damit liegt eine Zivilsache vermögensrechtlicher Natur
vor (siehe dazu: Urteile 5D_60/2007 vom 9. August 2007 E. 1.2 und 5 A_108/2007
vom 11. Mai 2007 E. 1.2). Die angefochtene Verfügung enthält zwar entgegen der
gesetzlichen Vorschrift auch keine Angaben darüber, ob der erforderliche
Streitwert von Fr. 30'000.-- gegeben ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Diese
Voraussetzung kann indes angesichts des strittigen Beginns der Leistungen, der
strittigen Differenz und der unbestimmten Dauer des geschuldeten
Unterhaltsbeitrages ohne Weiteres als erfüllt betrachtet werden (Art. 51 Abs. 4
BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen steht damit offen; mit ihr kann eine
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), zu dem nach der
Begriffsbestimmung des BGG auch das Verfassungsrecht gehört. Die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde erweist sich daher als unzulässig (Art. 113 BGG). Darauf
ist nicht einzutreten.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 29 Abs. 1 BV (Verbot des
überspitzten Formalismus) und macht zur Begründung geltend, der Zweck von Art.
109 Abs. 2 ZPO/FR liege darin, den Staat von der Eintreibung von Gerichtskosten
zu befreien, indem die Gerichte nicht ohne Leistung des Kostenvorschusses tätig
zu werden brauchen. In den meisten Kantonen, aber auch im Bundesgerichtsgesetz
(Art. 62 Abs. 3 BGG), werde indes die Ansetzung einer Nachfrist zur Erfüllung
der prozessualen Pflicht vorgeschrieben, bevor auf die Rechtsvorkehr nicht
eingetreten werden könne. Ob die restriktive Praxis von Art. 109 Abs. 2 ZPO/FR
vor Art. 29 Abs. 1 BV standhalte, sei daher fraglich. Im Übrigen bestehe an der
Einhaltung einer derart restriktiven Vorschrift auch kein schutzwürdiges
Interesse; sie werde zum reinen Selbstzweck und erschwere die Durchsetzung des
materiellen Rechts in unhaltbarer Weise.
2.2
2.2.1 Überspitzter Formalismus als besondere Form der Rechtsverweigerung liegt
vor, wenn für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, ohne
dass die Strenge sachlich gerechtfertigt wäre, wenn die Behörde formelle
Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt oder an Rechtsschriften
überspannte Anforderungen stellt und den Bürgern und Bürgerinnen den Rechtsweg
in unzulässiger Weise versperrt. Im Rechtsgang sind prozessuale Formen
unerlässlich, um die ordnungsgemässe und rechtsgleiche Abwicklung des
Verfahrens sowie die Durchsetzung des materiellen Rechts zu gewährleisten.
Nicht jede prozessuale Formstrenge steht demnach Art. 29 Abs. 1 BV entgegen.
Überspitzter Formalismus ist nur gegeben, wenn die strikte Anwendung der
Formvorschriften durch keine schutzwürdigen Interessen gerechtfertigt ist, zum
blossen Selbstzweck wird und die Verwirklichung des materiellen Rechts in
unhaltbarer Weise erschwert oder verhindert (BGE 134 II 244 E. 2.4.2 S. 248).
2.2.2 Wird die Gültigkeit eines Rechtsmittels kraft ausdrücklicher Vorschrift
von der rechtzeitigen Leistung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht, so
kann darin grundsätzlich weder ein überspitzter Formalismus noch eine
Verweigerung des rechtlichen Gehörs erblickt werden, sofern die Partei über die
Höhe des Vorschusses, die Zahlungsfrist und die Folgen der Nichtleistung in
angemessener Weise aufmerksam gemacht worden ist. Insbesondere sind die Kantone
von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, die in Art. 62 Abs. 3 BGG vorgesehene
Nachfrist zur Leistung des Kostenvorschusses zu übernehmen (Urteil 2C.645/2008
vom 24. Juni 2009 E. 2.2; vgl. auch Urteil 1P.151/2006 vom 31. März 2006 E. 4);
2.2.3 Im vorliegenden Fall bezeichnet die Verfügung den zu leistenden Vorschuss
sowie die Zahlungsfrist und weist auf die Vorschrift von Art. 109 ZPO/FR hin,
die nach der kantonalen Rechtsprechung auch für das Rechtsmittelverfahren gilt
(MICHEL ESSEIVA UND ANDERE, Code de procédure civile fribourgois annoté. 2.
Aufl. 2007, Kommentierung zu Art. 109 ZPO/FR, S. 84). Aus Absatz 2 dieser
Bestimmung ergibt sich unmissverständlich, dass das eingelegte Rechtsmittel
abgeschrieben werde, sofern die Leistung des Kostenvorschusses nicht innert der
festgesetzten Frist erfolgt. Ob das Nichteintreten wegen verspäteter Leistung
des Kostenvorschusses überspitzt formalistisch ist, hängt grundsätzlich auch
nicht von der Schwere der Folgen für die verspätet handelnde Partei ab (vgl.
Urteil 2A.728/2006 vom 18. April 2007; Urteil 2C_450/2008 vom 1. Juli 2008 E.
2.3.4). Sodann erschwert diese Vorschrift die Durchsetzung des materiellen
Rechts nicht in unhaltbarer Weise, kann doch eine Partei um Erstreckung der
Frist ersuchen, falls sie aus persönlichen Gründen zur Leistung des Vorschusses
innert Frist nicht in der Lage ist. Die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 1
BV erweist sich als unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden
kann.

3.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 BGG). Für das bundesgerichtliche Verfahren ist keine Entschädigung
zuzusprechen, da keine Vernehmlassungen eingeholt worden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. Die Beschwerde
in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Gericht des Seebezirks schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 15. Februar 2010
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Zbinden