Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.815/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_815/2009

Urteil vom 31. März 2010
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Parteien
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Claudio Buchs,
Beschwerdeführer,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sicherheitsleistung (Beschwerde gegen den Erbenvertreter gemäss Art. 602 Abs. 3
ZGB),

Beschwerde gegen den Beschluss des Friedensgerichts des Sensebezirks vom 30.
Oktober 2009.

Sachverhalt:

A.
Mit Beschluss vom 21. September 2005 ernannte das Friedensgericht A.________
X.________ zum Erbenvertreter der Erbengemeinschaft B.________ und ermächtigte
ihn, im Namen des Nachlasses sowohl gegen die Firma C.________ als auch gegen
Z.________ und Y.________, ein Mitglied der Erbengemeinschaft, Klage zu führen.

B.
B.a Am 7. Oktober 2009 reichte die in Cape Town, Südafrika, wohnhafte
Y.________ beim nunmehr zuständigen Friedensgericht des Sensebezirks Beschwerde
gegen Handlungen des Erbenvertreters ein und rügte dabei dessen Verhalten in
der unter anderem gegen sie gerichteten, in Südafrika hängigen Forderungsklage.
B.b In diesem Beschwerdeverfahren ersuchte X.________ am 26. Oktober 2009 das
Friedensgericht, Y.________ gestützt auf Art. 117 ZPO/FR zu verpflichten, ihm
für die voraussichtlichen Prozesskosten angemessene Sicherheit zu leisten. Mit
Beschluss vom 30. Oktober 2009 wies das Friedensgericht das Gesuch ab mit der
Begründung, Art. 117 ZPO/FR sei auf das Beschwerdeverfahren nicht anwendbar.

C.
X.________ (Beschwerdeführer) hat gegen den Beschluss des Friedensgerichts beim
Bundesgericht mit Eingabe vom 2. Dezember 2009 Beschwerde in Zivilsachen,
eventuell subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben. Er beantragt, den Beschluss
des Friedensgerichts aufzuheben und die Gegenpartei zu einer
Sicherheitsleistung von Fr. 40'000.-- zu verpflichten. Eventuell sei die
Angelegenheit zur Festsetzung der Kaution an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im
Sinne einer vorsorglichen Massnahme ersucht er darum, das
Aufsichtsbeschwerdeverfahren bis zum Entscheid über die vorliegende Beschwerde
zu sistieren.
Das Friedensgericht hat sich am 15. Dezember 2009 zur Sache und zum Gesuch um
vorsorgliche Massnahmen vernehmen lassen; es schliesst auf Abweisung der
Beschwerde und weist darauf hin, dass dem Antrag auf Sistierung des
Beschwerdeverfahrens mit Beschluss vom 3. Dezember 2009 entsprochen worden ist.
Y.________ (Beschwerdegegnerin) schliesst in ihrer Eingabe vom 5. Januar 2010
auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

D.
Gestützt auf die Vernehmlassung des Friedensgerichts ist das Gesuch um Erlass
vorsorglicher Massnahmen mit Verfügung der Präsidentin der II. zivilrechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts vom 21. Januar 2010 als gegenstandslos
abgeschrieben worden.

Erwägungen:

1.
1.1
Angefochten ist ein Beschluss, mit dem ein Gesuch um Festsetzung einer
Sicherheitsleistung abgewiesen worden ist. Bei diesem Beschluss, der den
zwischen den Parteien hängigen Rechtsstreit nicht beendet, handelt es sich um
einen (selbstständig eröffneten) Zwischenentscheid, welcher entgegen der
Rechtsmittelbelehrung nicht mit kantonaler Berufung angefochten werden kann
(Urteil 4P.188/1994 vom 21. Juni 1995 E. 1b/aa, auszugsweise publ. in FZR 1995
S. 292 ff.). Er erweist sich damit als letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 BGG).
Dass es sich beim Friedensgericht nicht um ein oberes kantonales Gericht im
Sinn von Art. 75 Abs. 2 BGG handelt, schadet nicht, zumal die eidgenössische
Zivilprozessordnung noch nicht in Kraft getreten und die Übergangsfrist damit
noch nicht abgelaufen ist (Art. 130 Abs. 2 BGG).

1.2 Der Rechtsweg gegen den Zwischenentscheid folgt jenem der Hauptsache. Dabei
geht es um die Aufsicht über den Erbenvertreter und damit um eine Zivilsache im
Sinn von Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 5 BGG nicht vermögensrechtlicher Natur;
erweist sich die Beschwerde in der Hauptsache als gegeben, ist sie es auch
gegen den vorliegenden Zwischenentscheid (BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.).

1.3 Wie nachfolgend aufgezeigt wird, erweist sich die Beschwerde in der Sache
als unbegründet. Von daher kann offenbleiben, ob der vorliegende
Zwischenentscheid für den Beschwerdeführer einen nicht wiedergutzumachenden
rechtlichen Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann. Auf
die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde in Zivilsachen
ist damit einzutreten. Die eventualiter eingereichte subsidiäre
Verfassungsbeschwerde erweist sich als unzulässig (Art. 113 BGG).

1.4 Vor der letzten kantonalen Instanz hat der Beschwerdeführer lediglich um
Festsetzung einer angemessenen Sicherheit ersucht. Soweit er nunmehr vor
Bundesgericht eine Sicherheitsleistung von Fr. 40'000.-- verlangt, handelt es
sich um ein neues und damit unzulässiges Begehren (Art. 99 BGG). Der
Beschwerdeführer hat aber ebenso einen Antrag auf Rückweisung der Sache zu
neuem Entscheid gestellt. Das Bundesgericht wäre aufgrund des festgestellten
Sachverhalts nicht in der Lage, die Sicherheitsleistung selbst zu bestimmen,
womit sich der Rückweisungsantrag als zulässig und ausreichend erweist (BGE 134
III 379 E. 1.3 S. 383).

1.5 Mit Bezug auf die gerügte Verletzung von Art. 117 ZPO/FR ist die Kognition
des Bundesgerichts grundsätzlich auf Willkür beschränkt (Art. 95 lit. c bis
lit. e BGG; BGE 133 I 201 E. 1 S. 203; 133 II 249 E. 1.2.1 S. 252).

2.
2.1 Nach Art. 117 Abs. 1 lit. a ZPO/FR kann der Kläger auf Begehren der
Gegenpartei zur Sicherheitsleistung für die voraussichtlichen Prozesskosten
verpflichtet werden, wenn er in der Schweiz keinen Wohnsitz hat oder ihn
während des Prozesses ins Ausland verlegt. Zur Begründung der Abweisung des
Antrages auf Sicherheitsleistung hat das Friedensgericht erwogen, in der Lehre
scheine Einheit zu bestehen, dass es sich beim Beschwerdeverfahren gegen
Handlungen des Erbenvertreters um eine quasi-administrative Untersuchung
handle, die von der Offizialmaxime beherrscht sei. Diese ermögliche es der
zuständigen Aufsichtsbehörde, das Verfahren auch ohne Antrag von Amtes wegen zu
instruieren, wobei es in diesem Fall weder eine beschwerdeführende noch eine
beschwerdegegnerische und folglich auch keine obsiegende und unterliegende
Partei gebe. Zu Recht gehe die Lehre daher von einem Verfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit aus. Beim Beschwerdeverfahren gegen Handlungen des
Erbenvertreters handle es sich nicht um einen kontradiktorischen Zivilprozess.
Selbst wenn das Beschwerdeverfahren auf Antrag eines Betroffenen eingeleitet
werde und die Aufsichtsbehörde somit nicht von Amtes wegen einschreite, stünden
sich nicht zwei Parteien mit gegenseitigen Interessen gegenüber, sodass es auch
bei einem materiellrechtlichen Entscheid keine obsiegende und unterliegende
Partei gebe. Folglich könnten die Parteikosten auch keiner unterliegenden
Partei auferlegt werden, wie dies in streitigen Verfahren in der Regel
geschehe. Bestehe keine Grundlage, um die beschwerdeführende Partei zu den
Kosten der Gegenpartei zu verurteilen, dürfe sie folgerichtig auch nicht zur
Sicherheitsleistung dieser Kosten angehalten werden. Artikel 117 ZPO sei somit
auf das vorliegende Beschwerdeverfahren nicht anwendbar.

2.2 Der Beschwerdeführer bezeichnet diesen Entscheid als willkürlich. Entgegen
der Auffassung des Friedensgerichts habe das Kantonsgericht Freiburg im
aufsichtsrechtlichen Beschwerdeverfahren die unterliegende Partei zu den
Parteikosten der obsiegenden Partei verurteilt. Die Auferlegung der
Parteikosten an den unterliegenden Prozessgegner entspreche somit gängiger
kantonaler Praxis und der herrschenden Lehre, wonach die Kosten des
Beschwerdeverfahrens gemäss dem Verursacherprinzip von den am Verfahren
Beteiligten zu tragen seien. Falsch sei ferner die Auffassung des
Friedensgerichts, es könne weder von einer unterliegenden noch von einer
obsiegenden Partei gesprochen werden. Durch die willkürliche Nichtanwendung von
Art. 117 ZPO handle das Friedensgericht schliesslich der ratio legis dieser
Bestimmung zuwider, habe der Gesetzgeber doch damit einer obsiegenden Partei
die effektive Eintreibung der ihr zugesprochenen Parteikosten ermöglichen
wollen.

2.3 Die Beschwerdegegnerin vertritt den Standpunkt des Friedensgerichts.

3.
3.1 Wie das Friedensgericht zu Recht bemerkt, stellt die Aufsicht über den
Erbenvertreter eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit dar (Max
Guldener, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Schweiz, 1954 S. 84
IV). Das ihr eigene Verfahren kennt grundsätzlich keine Gegenpartei; es handelt
sich vielmehr um ein Einparteiverfahren, bei dem Partei ist, wessen Sache
behandelt wird. Ein (streitiges) Zweiparteienverfahren kommt aber zum Zug, wenn
ein Betroffener gegen den Entscheid bzw. eine Amtshandlung der freiwilligen
Gerichtsbarkeit Einspruch erhebt oder ein Rechtsmittel ergreift; diesfalls wird
das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sachlich zu einem Zivilprozess,
der aber formell als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit weitergeführt
wird (Guldener, a.a.O., S. 6; Urteil 5P.212/2005 vom 22. August 2005 E. 2.2).
Im vorliegenden Fall hat eine Erbin gegen Handlungen des eingesetzten
Erbenvertreters beim Friedensgericht Beschwerde erhoben. Insoweit liegt somit
nach der geltenden Rechtsauffassung ein Zweiparteienverfahren vor und kann
nicht ohne Willkür (Art. 9 BV) geschlossen werden, mangels eines entsprechenden
Verfahrens könne die beschwerdeführende Partei nicht zu Kosten der
beschwerdegegnerischen Partei verurteilt werden.

3.2 Nach Auffassung der Lehre sind die Kosten des aufsichtsrechtlichen
Beschwerdeverfahrens von den am Verfahren Beteiligten zu tragen (für das
Beschwerdeverfahren betreffend Aufsicht über den Erbschaftsliquidator: MARTIN
KARRER, Basler Kommentar, 3. Aufl. 2007 N. 37 zu Art. 595 ZGB; betreffend
Aufsicht über den Willensvollstrecker: BRUNO DERRER, Die Aufsicht der
zuständigen Behörde über den Willensvollstrecker und den Erbschaftsliquidator,
Diss. Zürich 1985, S. 91 f.; Peter Breitschmid, Behördliche Aufsicht über den
Willensvollstrecker, in: Druey/ BREITSCHMID, Willensvollstreckung, 2001, S.
158; für das Verfahren betreffend Aufsicht über den Erbenvertreter: JENNIFER
PICENONI, Der Erbenvertreter nach Art. 602 Abs. 3 ZGB, Zürcher Studien zum
Verfahrensrecht, 2004, S. 131 f.).

3.3 Die Zivilprozessordnung des Kantons Freiburg enthält keine ausdrücklichen
Bestimmungen betreffend das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Nach
Art. 195 EGZGB/FR ist das Friedensgericht unter Vorbehalt der Berufung an das
Kantonsgericht zuständig, um für die Erbengemeinschaft eine Vertretung zu
bestellen (Art. 602 Abs. 3 ZGB). Zudem können nach der kantonalen Praxis
aufsichtsrechtliche Entscheide des Friedensgerichts im Zusammenhang mit der
Erbenvertretung (Art. 602 Abs. 3 ZGB) beim Kantonsgericht mit Berufung
angefochten werden, wobei die Gerichtskosten und Parteientschädigungen des
Berufungsverfahrens nach der Kostenbestimmung von Art. 111 ZPO/FR geregelt
werden (Art. 195 EGZGB/FR; Urteil des I. Appellationshofs des Kantonsgerichts
Freiburg vom 22. Dezember 2003; Urteil des I. Appellationshofs des
Kantonsgerichts Freiburg vom 20. Januar 2003 E. 2). Das Friedensgericht führt
keine Gründe an, weshalb das vor ihm hängige Beschwerdeverfahren nicht der
Zivilprozessordnung und der ihr eigenen Kostenregelung (Art. 111 ZPO/FR)
unterstünde; entsprechende Gründe sind auch nicht ersichtlich. Somit ist nicht
auszuschliessen, dass die beschwerdeführende Partei im aufsichtsrechtlichen
Beschwerdeverfahren zu den Kosten der Gegenpartei verurteilt wird. Mit Art. 9
BV ist daher grundsätzlich nicht zu vereinbaren, über deren Gesuch um
Sicherheitsleistung der Prozesskosten nicht zu befinden.

3.4 Das bedeutet aber noch nicht, dass der angefochtene Beschluss im Ergebnis
(BGE 132 III 209 E. 2.1) willkürlich ist: Nach Art. 158 Abs. 1 lit. c ZPO/FR
hat die Klage bezifferte Begehren zu enthalten (Michel Esseiva und andere, Code
de procédure civile fribourgeois annoté. 2. Aufl. 2007, Kommentierung zu Art.
158 ZPO, S. 151). Im vorliegenden Fall hat sich der Beschwerdeführer darauf
beschränkt, lediglich um "angemessene" Sicherheitsleistung zu ersuchen. Im
Lichte der erwähnten Bestimmung über die Abfassung von Klagen ist es zumindest
im Ergebnis nicht willkürlich, wenn ein nicht beziffertes Begehren ohne
Weiteres abgewiesen wird; von einer anwaltlich vertretenen Partei darf erwartet
werden, dass sie eine der Prozessordnung entsprechende Eingabe einreicht und
ihr Sicherstellungsbegehren substanziiert.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 BGG). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, der nicht anwaltlich
vertretenen Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zuzusprechen, zumal sie
keinen entschädigungspflichtigen Aufwand ausgewiesen hat (BGE 133 III 439 E. 4
S. 446 unter Hinweis; 135 III 127 E. 4 S. 136).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Friedensgericht des Sensebezirks
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. März 2010
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Zbinden