Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.715/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_715/2009

Urteil vom 14. Dezember 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt,
Gerichtsschreiber Schett.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Erbengemeinschaft der Z.________ sel., bestehend aus:
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
alle vertreten durch Rechtsanwältin Susanne
Jenny Wiederkehr,
6. F.________,
7. G.________,
8. H.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Vermächtnisklage,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Glarus vom 18.
September 2009.

Sachverhalt:

A.
Mit Klage vom 11. November 2005 verlangte X.________ von den Mitgliedern der
Erbengemeinschaft der Z.________ sel. gestützt auf ein Testament vom 18.
Dezember 1999 die Auszahlung eines Vermächtnisses von Fr. 440'000.-- zuzüglich
Zins sowie die Herausgabe einer Standuhr und eines Regulateurs. Das
Kantonsgericht Glarus wies diese Begehren mit Urteil vom 27. März 2007
vollumfänglich ab.

B.
Auf Berufung von X.________ hin hiess das Obergericht des Kantons Glarus die
Klage im Umfang von Fr. 10'000.-- gut. Ferner verurteilte es die Beklagten auf
Herausgabe des Regulateurs. Soweit weitergehend wies es die Klage ab (Urteil
vom 18. September 2009).

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 26. Oktober 2009 gelangt X.________
(nachfolgend Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er beantragt, den
angefochtenen Entscheid aufzuheben und diesen kostenfällig an die Vorinstanz zu
neuer Entscheidung zurück zu weisen.

Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher Endentscheid über eine
Vermächtnisklage, deren Streitwert Fr. 30'000.-- übersteigt, womit die
Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich gegeben ist (Art. 72 Abs. 1, Art. 74
Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG).

1.2 Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1
BGG). Da die Beschwerde in Zivilsachen ein reformatorisches Rechtsmittel ist
(Art. 107 Abs. 2 BGG), muss der Beschwerdeführer grundsätzlich einen Antrag in
der Sache, einen sog. materiellen Antrag stellen. Anträge auf Geldforderungen
sind zu beziffern (BGE 134 III 235 E. 2 S. 236 f.). Anträge auf Rückweisung an
die Vorinstanz zu neuer Entscheidung oder blosse Aufhebungsanträge genügen nur,
wenn das Bundesgericht im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst
entscheiden könnte, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz fehlen (BGE 134 III 379 E. 1.3 S. 383). Auf eine Beschwerde mit
formell mangelhaftem Rechtsbegehren kann das Bundesgericht ausnahmsweise dann
eintreten, wenn sich aus der Beschwerdebegründung, allenfalls in Verbindung mit
dem angefochtenen Entscheid, "zweifelsfrei" bzw. "ohne weiteres" ergibt, was
der Beschwerdeführer in der Sache verlangt (BGE 133 II 409 E. 1.4 S. 414 f.;
134 V 208 E. 1 S. 210) oder - im Falle zu beziffernder Rechtsbegehren - welcher
Geldbetrag zuzusprechen ist (BGE 134 III 235 E. 2 S. 236 f.). Aus dem
angefochtenen Entscheid und der Beschwerdeschrift ergibt sich nun ohne
weiteres, dass der Beschwerdeführer die Bezahlung von Fr. 440'000.-- von den
Beschwerdegegnern verlangt, sodass insofern auf die Beschwerde eingetreten
werden kann.

2.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, indem das
Obergericht seine Ausführungen samt Anträgen und Beweiseingaben nicht geprüft
und sichtbar im Entscheid nicht berücksichtigt habe. Damit macht der
Beschwerdeführer zumindest sinngemäss eine Verletzung der Begründungspflicht
geltend. Die auf Art. 29 Abs. 2 BV fussende Pflicht des Gerichts, seine
Entscheide zu begründen, bedeutet indes nicht, dass es sich mit allen
Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen
widerlegt. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte
beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene
über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis
der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88).
In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von
denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt
(vgl. BGE 133 III 439 E. 3.3).

Diesen Anforderungen kommt der angefochtene Entscheid offensichtlich nach. Im
Übrigen ist nicht restlos klar, was der Beschwerdeführer dagegen einwendet bzw.
mit seinen Einwendungen bezweckt. Soweit er behauptet, das Testament vom 18.
Dezember 1999 sei gefälscht worden (Ziffer 2 Seite 4 der Beschwerde), hätte
dies zur Konsequenz, dass dieses nichtig ist und es demzufolge kein Testament
gibt, aus welchem er Ansprüche ableiten könnte. Wenn er aber mit seinem
Fälschungsvorwurf meint, die Zahl "10000" sei nachträglich von einer
Drittperson in das Testament eingefügt worden, stellt er eine tatbeständliche
Feststellung in Frage.

Vorab ist festzustellen, dass der vom Obergericht bestellte Gutachter keine
Anhaltspunkte für eine Dritturheberschaft des Testaments vom 18. Dezember 1999
gefunden hat; dass er umgekehrt nicht belegen kann, dass die Zahl von der
Erblasserin geschrieben wurde, schmälert die Bedeutung der ersten Feststellung
nicht. Sodann würde das Testament, selbst wenn die Zahl "10000" von einer
Drittperson eingefügt worden wäre, nicht per se ungültig, sondern die
eingefügte Zahl bliebe unbeachtlich (BGE 129 III 580 E. 2 S. 581 f.). Das
Obergericht liess indessen gerade diese Frage, nämlich ob die Erblasserin die
Zahl "10000" selber in das Testament geschrieben habe, ausdrücklich offen und
stellte bei seiner Auslegung desselben auf einen Entwurf vom 17. Dezember 1999
ab. Damit ist dem Vorwurf der fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung die
Grundlage entzogen; darauf kann nicht eingetreten werden. Vielmehr stellt sich
die Frage, ob das Obergericht das Testament bundesrechtskonform ausgelegt hat,
was der Beschwerdeführer ebenfalls beanstandet und folglich nachfolgend zu
prüfen ist.

3.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers geht aus dem Wortlaut des Testaments klar
hervor, dass ihm die Erblasserin ein Vermächtnis von Fr. 440'000.-- habe
ausrichten wollen.

3.1 Das Testament stellt eine einseitige, nicht empfangsbedürftige
Willenserklärung dar. Bei seiner Auslegung ist der wirkliche Wille des
Erblassers zu ermitteln. Auszugehen ist vom Wortlaut. Ergibt dieser für sich
selbst betrachtet eine klare Aussage, entfallen weitere Abklärungen. Sind
dagegen die testamentarischen Anordnungen so formuliert, dass sie ebenso gut im
einen wie im andern Sinn verstanden werden können, oder lassen sich mit guten
Gründen mehrere Auslegungen vertreten, dürfen ausserhalb der Testamentsurkunde
liegende Beweismittel zur Auslegung herangezogen werden. Stets hat es jedoch
bei der willensorientierten Auslegung zu bleiben; eine Auslegung nach dem am
Erklärungsempfänger orientierten Vertrauensprinzip fällt ausser Betracht. Die
Erben oder andere Bedachte haben keinen Anspruch auf Schutz ihres
Verständnisses der letztwilligen Verfügung; es kommt mit andern Worten nicht
darauf an, wie sie die Erklärung des Erblassers verstehen durften und mussten,
sondern einzig darauf, was der Erblasser mit seiner Äusserung sagen wollte. Auf
Grund der Vorstellung, dass der Erklärende das geschriebene Wort dem
allgemeinen Sprachgebrauch (Verkehrssprache, Rechtssprache) entsprechend
versteht, gilt die Vermutung, dass Gewolltes und Erklärtes übereinstimmen.
Indessen kann die vom Erklärenden verwendete Bezeichnung oder Ausdrucksweise
sich als missverständlich oder als unrichtig erweisen, sei es wegen eines
blossen Verschriebs, sei es deshalb, weil Ausdrücke in einer von der Verkehrs-
oder Rechtssprache abweichenden Bedeutung verwendet wurden. Nach der
ausdrücklichen Vorschrift von Art. 18 Abs. 1 OR, die bei der Auslegung
letztwilliger Verfügungen sinngemäss heranzuziehen ist (Art. 7 ZGB), ist der
wirkliche Wille beachtlich, nicht die unrichtige Bezeichnung oder
Ausdrucksweise. Wer sich auf einen vom objektiv verstandenen Sinn und Wortlaut
abweichenden Willen des Erblassers beruft, ist beweispflichtig und hat
entsprechende Anhaltspunkte konkret nachzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung
prüft das Bundesgericht die Auslegung einer letztwilligen Verfügung durch die
kantonale Instanz frei. Gebunden ist es indessen an die tatsächlichen
Feststellungen, aus denen sich der innere Wille des Erblassers ergibt (s. zum
Ganzen: BGE 131 III 106 E. 1 und 2).

3.2 Aus dem praktisch ohne Interpunktion und ohne objektiv nachvollziehbare
Unterscheidung zwischen Gross- und Kleinschreibung handschriftlich verfassten
Text
"... also ich Z.________ verfüge, über haushalt gegenstand coup(p)on am hause
W.________ habe ich so 440 000 fr. eingesetzt an meinen neffen für all seine
arbeit die er alles gratis und zur vollsten zufriedenheit aus geführt hat, ist
das nicht zu viel 10000 auch bekommt er sämtlich uhren die im hause sind, ..."
(Interpunktion und Kleinschreibung gemäss angefochtenem Entscheid),
und unter Zuhilfenahme des inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmenden, einen
Tag zuvor verfassten Entwurfs
"... also ich Z.________ verfüge über mein haushalt sparnisse und coupon
folgendermassen im hause W.________ habe ich so in allem 440 dausend fr
eingesetzt und mein wille ist 10 dausent an X.________ für alle seine arbeiten
..." (Interpunktion und Kleinschreibung gemäss angefochtenem Entscheid),
leitete das Obergericht ab, dass die Erblasserin den Haushalt und das Haus
W.________ zu Fr. 440'000.-- bewertet haben wollte, dass sie mit "neffe" den
Beschwerdeführer gemeint habe, und dass sie diesem für alle seine Arbeiten, die
er offenbar unentgeltlich ausgeführt habe, Fr. 10'000.-- habe vermachen wollen.

3.3 Der Beschwerdeführer beanstandet die Erwägung des Obergerichts, wonach es
zur korrekten Auslegung des Testaments nicht auf die Gross- und Kleinschreibung
ankomme. Die Erblasserin habe die Zeile 12 mit einem grossen Buchstaben "A"
begonnen, sodass der Satz wie folgt gelesen werden müsse:
"Am Hause W.________ habe ich so 440 000 fr. eingesetzt an meinen Neffen für
all seine Arbeit die er alles gratis und zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt
hat," (Interpunktion und Grossschreibung gemäss Beschwerdeschrift).
Es ist indessen nicht einsichtig, was der Beschwerdeführer aus dieser Änderung
am Text ableiten will. Auch bei dieser Schreibweise kann nicht geschlossen
werden, dass der Betrag von Fr. 440'000.-- in unmittelbarem Zusammenhang mit
dem Beschwerdeführer gesetzt werden muss bzw. dass die Erblasserin ihm diesen
Betrag hat zukommen lassen wollen. Bei der Lesart des Beschwerdeführers "habe
ich so 440 000 eingesetzt an meinen Neffen für all seine Arbeit ..." stünde der
Hinweis auf das Haus W.________ grammatikalisch betrachtet im luftleeren Raum,
und der Verweis darauf ergäbe daher überhaupt keinen Sinn. Berücksichtigt man
aber die Fortsetzung des Testaments,
"an meinen neffen für all seine arbeit die er alles gratis und zur vollsten
zufriedenheit aus geführt hat, ist das nicht zu viel 10000 auch bekommt er
sämtlich uhren ..." (Interpunktion und Kleinschreibung gemäss angefochtenem
Urteil),
ergibt sich vielmehr der Schluss, zu welchem auch das Obergericht gelangt ist,
nämlich dass der Beschwerdeführer für seine Leistungen mit Fr. 10'000.--
zuzüglich Uhren abgegolten werden soll. Blendet man die Zahl "10000" aus dem
Testament vom 18. Dezember 1999 aus und zieht man wie das Obergericht zur
Auslegung desselben den Entwurf vom 17. Dezember 1999 als ausserhalb der
Testamentsurkunde liegendes Beweismittel, dessen Authentizität der
Beschwerdeführer nicht in Frage stellt, zu Rate, erscheinen die Folgerungen des
Obergerichts schlüssig; eine bundesrechtswidrige Auslegung des Testaments ist
nicht zu erkennen.

4.
Nach dem Gesagten muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf
eingetreten werden kann. Damit wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegnern ist kein entschädigungspflichtiger
Aufwand entstanden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Glarus
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Dezember 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Schett