Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.568/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_568/2009

Urteil vom 14. Juni 2010
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Fürsprecherin Dr. Annette Spycher,
Beschwerdeführerin,

gegen

Z.________,
vertreten durch Fürsprecher Urs Wüthrich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
vorsorgliche Massnahmen,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern,
Appellationshof, 2. Zivilkammer, vom 12. August 2009.

Sachverhalt:

A.
X.________ und Z.________ heirateten im Jahre 1985. Aus der Ehe gingen die zwei
Söhne S.________ (1992) und T.________ (1993) hervor. Die Parteien leben seit
Juli 2006 getrennt, wobei die beiden Söhne bei der Mutter wohnen.

B.
B.a Mit Entscheid vom 20. Februar 2009 verpflichtete der Gerichtspräsident 8
des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen als Eheschutzrichter Z.________ unter
anderem zu gestaffelten Unterhaltsbeiträgen an die beiden Söhne und an
X.________.
B.b Auf Appellation beider Ehegatten setzte das Obergericht des Kantons Bern,
2. Zivilkammer, mit Entscheid vom 12. August 2009 die monatlichen
Unterhaltsbeiträge für beide Söhne auf je Fr. 1'600.-- ab Januar 2007, Fr.
1'650.-- ab Januar 2008 und Fr. 1'700.-- ab Januar 2009 fest; weiter
verpflichtete es Z.________, monatlich an den Unterhalt von X.________ mit Fr.
4'120.-- ab Januar 2007, mit Fr. 5'092.-- ab Januar 2008, mit Fr. 3'000.-- ab
Januar 2009 und mit Fr. 2'500.-- ab April 2010 beizutragen.

C.
X.________ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) gelangt mit Beschwerde in
Zivilsachen vom 4. September 2009 an das Bundesgericht und verlangt die
Zusprechung höherer monatlicher Unterhaltsbeiträge, nämlich je Fr. 2'015.-- für
die beiden Söhne (zuzüglich Kinderzulagen) ab Januar 2009; ferner sei ihr
persönlicher monatlicher Unterhaltsbeitrag auf Fr. 4'400.-- von Januar 2009 bis
und mit März 2010 und auf Fr. 3'900.-- ab April 2010 festzusetzen.

Z.________ (nachfolgend: Beschwerdegegner) beantragt mit Eingabe vom 22. März
2010 Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht hat auf Vernehmlassung
verzichtet.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein Eheschutzentscheid (Art. 172 ff. ZGB) und damit eine
Zivilsache im Sinn von Art. 72 Abs. 1 BGG. Dabei handelt es sich um einen
kantonal letztinstanzlichen (Art. 75 Abs. 1 BGG) Endentscheid im Sinn von Art.
90 BGG (BGE 133 III 393 E. 4). Weil lediglich Unterhaltsbeiträge strittig sind,
liegt eine vermögensrechtliche Angelegenheit vor (Urteil 5D_41/2007 vom 27.
November 2007 E. 2.3), wobei die Streitwertgrenze für die Beschwerde in
Zivilsachen gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG erreicht ist (Art. 51 Abs. 4 BGG).
Auf die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) und von der vorinstanzlich
unterlegenen und daher beschwerten Partei eingereichte Beschwerde (Art. 76 Abs.
1 BGG) kann eingetreten werden.

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt im Wesentlichen eine willkürliche
Rechtsanwendung bei der Berechnung der Unterhaltsbeiträge für sie persönlich
wie auch hinsichtlich der Festlegung des Bedarfs der beiden gemeinsamen Söhne.
Sie macht geltend, das Obergericht habe zwar bei der Bedarfsbestimmung ihren
Bedarf und denjenigen der beiden Söhne auseinandergehalten und ihren Bedarf um
denjenigen der Söhne "bereinigt", auf der Einkommensseite aber den separat
bestimmten Unterhaltsbeitrag an die beiden Söhne als ihr eigenes Einkommen
aufgerechnet bzw. vom für sie ermittelten Bedarf abgezogen. Damit sei
Ungleiches miteinander verglichen worden: Insbesondere seien beim Bedarf nur
Positionen der Beschwerdeführerin, auf der Einkommensseite aber Positionen der
Beschwerdeführerin und der Söhne vermerkt worden. Zwar habe das Obergericht die
Wohnkosten gegenüber der ersten Instanz heraufgesetzt; nunmehr habe es aber
diese Kosten zwischen der Beschwerdeführerin einerseits und den Söhnen
andererseits aufgeteilt, indem in ihren Bedarf lediglich ein Betrag von Fr.
1'200.-- für 2009 und Fr. 1'180.-- für 2010 aufgenommen worden sei. Das
Obergericht habe jedoch vergessen, den verbleibenden Teil in den Bedarf der
Söhne aufzunehmen. Soweit es eine bestimmte Methode anwende und nicht ex aequo
et bono entscheide, sei ein Rechenfehler willkürlich, wenn er sich, wie hier,
auf das Ergebnis auswirke.

Nach Auffassung des Beschwerdegegners beruhen Eheschutzmassnahmen auf
gerichtlichem Ermessen, weshalb Berechnungsmethoden lediglich Hilfsmittel
darstellen und daher kein willkürliches Ergebnis vorliegen kann.

2.2 Dem angefochtenen Entscheid selbst lässt sich nicht entnehmen, auf welchen
festgestellten tatsächlichen Grundlagen und rechtlichen Überlegungen er beruht.
Es gehört nicht zur Aufgabe des Bundesgerichts, in den Akten nach dem
massgebenden Sachverhalt und der angewendeten Berechnungsmethode zu forschen.
Unter den gegebenen Umständen ist das Bundesgericht nicht in der Lage, eine
Überprüfung des angefochtenen Entscheides vorzunehmen. Vermag dieser bezüglich
seiner Begründung den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht zu
genügen, ist die Beschwerde in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG gutzuheissen
und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Das Obergericht wird die
erforderlichen tatsächlichen Feststellungen und anschliessend einen Entscheid
zu treffen haben, der Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG entspricht (vgl. Urteile
4A_252/2007 vom 15. November 2007 E. 3.2; 9C_423/2007 vom 29. August 2007;
9C_306/2007 vom 22. Juni 2007). Die Gutheissung der Beschwerde und die
Rückweisung bedeuten aber nicht, dass den reformatorischen Begehren der
Beschwerdeführerin stattgegeben werden oder eine neue Beurteilung im Sinn der
in der vorliegenden Beschwerde enthaltenen Eventualanträge der
Beschwerdeführerin erfolgen müsste. Vielmehr sind die Unterhaltsbeiträge anhand
der den Umständen am besten entsprechenden Methode nachvollziehbar zu
berechnen.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten zu teilen und die
Parteikosten wettzuschlagen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Obergerichts des Kantons
Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, vom 12. August 2009 aufgehoben und die
Sache zu neuem Entscheid im Sinn der Erwägungen an das Obergericht
zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden den Parteien je zur Hälfte
auferlegt.

3.
Die Parteikosten werden wettgeschlagen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Juni 2010
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Zbinden