Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.54/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_54/2009/don

Urteil vom 17. Februar 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Vormundschaftsrat des Kantons Basel-Stadt.

Gegenstand
Fürsorgerische Freiheitsentziehung,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht vom 17. Dezember 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1957 geborene Beschwerdeführerin leidet an einer paranoiden Schizophrenie
mit einem ausgeprägten Wahnsystem, wodurch sie ihr gesamtes soziales Umfeld und
die Kundschaft ihres eigenen Kosmetikstudios verlor. Sie wurde wegen ihrer
Krankheit bisher insgesamt dreimal hospitalisiert. Ihr Krankheitszustand gab
überdies seit 2005 zu insgesamt zehn Interventionen der Polizei und des
Sozialdienstes Anlass.

B.
Mit Entscheid vom 24. September 2008 ordnete der Vormundschaftsrat des Kantons
Basel-Stadt auf Antrag der Vormundschaftsbehörde die fürsorgerische
Freiheitsentziehung gegenüber der Beschwerdeführerin an. Diese rekurrierte
gegen den Entscheid beim Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, welches
die anwaltlich verbeiständete Beschwerdeführerin und die Vertreterin der
Vormundschaftsbehörde anlässlich der Verhandlung vom 17. Dezember 2008 zur
Sache anhörte, die ärztliche Sachverständige befragte und schliesslich den
Rekurs der Beschwerdeführerin mit Urteil vom gleichen Tag abwies.

C.
Die Beschwerdeführerin gelangt gegen das ihrem Rechtsbeistand am 24. Dezember
2008 zugestellte Urteil des Appellationsgerichts mit zwei separaten am 19.
Januar 2009 der Post aufgegebenen Schreiben sowie mit einer weiteren am 28.
Januar 2009 der Post übergebenen Ergänzung an das Bundesgericht; sie beantragt
sinngemäss die Aufhebung des Urteils des Appellationsgerichts vom 17. Dezember
2008 und die sofortige Entlassung aus der Klinik.
Das Appellationsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde. Der
Vormundschaftsrat hat auf Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid betreffend
fürsorgerische Freiheitsentziehung, wogegen die Beschwerde in Zivilsachen
gegeben ist (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG, Art. 75 Abs. 1 BGG). Mit dieser
kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich
verfassungsmässiger Rechte sowie von Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 BGG).

1.2 Die Rechtsmittelfrist betreffend den dem früheren Anwalt der
Beschwerdeführerin am 24. Dezember 2008 zugestellten Entscheid begann infolge
der vom 18. Dezember 2008 bis 2. Januar 2009 dauernden Gerichtsferien erst am
3. Januar 2009 zu laufen (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 44 Abs. 1 und 46 Abs. 1
lit. b BGG) und endete damit infolge des Sonntages, 1. Februar 2009, am Montag,
2. Februar 2009. Die am 19. bzw. am 28. Januar 2009 der Post übergebenen
Eingaben der Beschwerdeführerin sind damit rechtzeitig erfolgt.

1.3 Die Beschwerdeführerin verlangt auf den ersten Blick eine Befristung der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Sie weist aber auf die ambulante
Therapiemöglichkeit hin, woraus geschlossen werden kann, dass sie im Ergebnis
eine Entlassung aus der Klinik verlangt, da sie eine ambulante Therapie als
ausreichend erachtet. Soweit sich die Beschwerdeführerin überhaupt
rechtsgenüglich mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzt (Art. 42 Abs. 2
BGG), die Zurückbehaltung in der Klinik sinngemäss als unverhältnismässig
bezeichnet und damit eine Verletzung von Art. 397a Abs. 1 ZGB rügt, ist auf die
Beschwerde einzutreten.

2.
Eine mündige oder entmündigte Person darf wegen Geisteskrankheit,
Geistesschwäche, Trunksucht, anderen Suchterkrankungen oder schwerer
Verwahrlosung in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten
werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden
kann (Art. 397a Abs. 1 ZGB). Wie bei der Einweisung in eine Anstalt ist auch
bei der Zurückbehaltung des Betroffenen das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu
beachten. Erforderlich ist, dass der Betroffene infolge der im Gesetz
umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge bedarf, die ihm nur in
einer Anstalt gewährt werden kann (BGE 114 II 213 E. 5). Ferner ist die
Belastung zu berücksichtigen, welche die Person für ihre Umgebung bedeutet
(Art. 397a Abs. 2 ZGB). Sobald es sein Zustand erlaubt, muss der von der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung Betroffene entlassen werden (Art. 397a Abs.
3 ZGB; zum Ganzen: BGE 134 III 289 E. 4).

3.
3.1 Nach einer Diagnose der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPK)
vom 15. Januar 2007 leidet die Beschwerdeführerin an einer paranoiden
Schizophrenie mit einem ausgeprägten Wahnsystem bei chronischem Verlauf mit
Residuum und Negativsymptomatik. Sie leidet aufgrund der Krankheit unter
grossen Ängsten und kann nicht wahrnehmen, warum sich ihr Umfeld von ihr
zurückgezogen hat. Diese Diagnose wurde von der gerichtlichen Sachverständigen
der UPK anlässlich der Verhandlung des Appellationsgerichts vom 17. Dezember
2008 im Ergebnis bestätigt. Die Beschwerdeführerin stellt diese Feststellung
tatsächlicher Natur (BGE 81 II 263) nicht in Frage. Im festgestellten
Gesundheitszustand ist mit dem Appellationsgericht eine Geisteskrankheit im
Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB zu erblicken (zum Begriff: BGE 118 II 254 E. 4a
S. 261). Im Folgenden ist somit zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin wegen
ihres Schwächezustandes der Fürsorge bedarf, die ihr nur in einer Anstalt
zuteil werden kann.

3.2 Aus dem in den Akten befindlichen Entscheid des Vormundschaftsrates vom 24.
September 2008 ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der
unbehandelten Krankheit nicht in der Lage war, ihre Behandlungsbedürftigkeit
einzusehen. Lediglich der Klinikaufenthalt im Jahr 2005 habe gezeigt, dass sie
bei zuverlässiger Einnahme der Medikamente eine gewisse Einsichtsfähigkeit
erlange. Ihre Möglichkeiten seien indes beschränkt, weshalb sie schon nach
kurzer Zeit die Medikamente ausserhalb des Klinikrahmens wieder abgesetzt habe.
Der Beschwerdeführerin fehle die Möglichkeit plangemäss zu handeln, weshalb sie
mit der Bewältigung ihres Alltages überfordert und nicht in der Lage sei, sich
um ihre Gesundheit zu kümmern. Die Beschwerdeführerin habe sich wiederholt
exhibiert. Der Zustand ihrer Wohnung und der überfüllte Briefkasten belegten
eine Verwahrlosungstendenz. Aufgrund dieser Feststellungen kann angenommen
werden, dass die Beschwerdeführerin anlässlich der Einweisung der Fürsorge in
Form einer medikamentösen Behandlung ihrer Krankheit bedurfte, die ihr infolge
der fehlenden Krankheits- und Behandlungseinsicht nur in einer Anstalt gewährt
werden konnte. Zu prüfen bleibt, ob sich infolge der bisher durchgeführten
Behandlung eine andere, die Entlassung rechtfertigende rechtliche Beurteilung
aufdrängt.

3.3 Nach der vom Appellationsgericht beigezogenen Sachverständigen konnte die
vorerst in die geschlossene Abteilung eingewiesene Beschwerdeführerin nunmehr
in die offene Abteilung verlegt werden. Sie sei, so die Gutachterin, nicht
heilbar, spreche aber auf die Behandlung gut an, wobei die Krankheitssymptome
noch nicht verschwunden seien. Die Beschwerdeführerin habe strukturierte
Settings und sei kooperativ. Auf die Frage, wie sie sich zu einer Aufhebung der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung stelle, meinte die Gutachterin, es sei
ungewiss, ob die Beschwerdeführerin freiwillig in der Klinik bleibe ("Ich weiss
nicht, ob sie bleiben würde."). Sie würde wieder in ihr altes Umfeld gehen und
es könnte wieder zu einem Rückfall kommen.

3.4 Aufgrund der Ausführungen der gerichtlichen Gutachterin hat sich der
Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin zwar deutlich gebessert, wobei immer
noch Krankheitssymptome vorhanden sind. Die Beschwerdeführerin ist zwar derzeit
behandlungswillig und macht bei der Therapie mit. Der Gesundheitszustand hat
sich aber nach den Ausführungen der Gutachterin noch nicht derart stabilisiert,
dass eine Entlassung zu verantworten wäre, zumal das Risiko eines Rückfalls von
der Gutachterin zur Zeit nicht klar ausgeschlossen wird. Nach dem angefochtenen
Entscheid ist die Beschwerdeführerin zwar bereit, im Fall der Entlassung eine
ambulante Therapie bei ihrer Vertrauensärztin aufzunehmen. Es besteht aber das
Risiko, dass sie die Medikamente absetzt. Diese Gefahr erscheint aufgrund des
Umstandes, dass die Beschwerdeführerin bereits 2005 kurze Zeit nach dem
Austritt aus der Klinik die Medikamente wieder absetzte, als plausibel und
konkret. Würde die Beschwerdeführerin somit derzeit entlassen, bestünde die
konkrete Gefahr, dass sie in Kürze wieder in ihren früheren Zustand geriete,
durch den ihr die oben beschriebene Verwahrlosung droht und wodurch die bisher
erreichte Besserung des Zustandes wieder zunichte gemacht würde (vgl. dazu:
Spirig, Zürcher Kommentar 3. Aufl. 1995, N. 303 zu Art. 397a ZGB). Unter diesen
Umständen erweist sich eine Entlassung als verfrüht und ist derzeit nicht in
Betracht zu ziehen. Der angefochtene Entscheid verletzt damit kein Bundesrecht.

4.
Die Beschwerdeführerin wünscht eine Befristung der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung. Eine solche ist mit dem Grundsatz von Art. 397a Abs. 3 ZGB
nicht zu vereinbaren, wonach die Entlassung zu erfolgen hat, sobald es der
Zustand der betroffenen Person erlaubt. Zudem ist das Bundesgericht nicht in
der Lage abzuschätzen, wie viel Zeit die Stabilisierung des
Gesundheitszustandes beansprucht. Die Beschwerdeführerin ist aber darauf
hinzuweisen, dass sie jederzeit beim Vormundschaftsrat (Art. 397b Abs. 3 ZGB)
ein Entlassungsgesuch stellen kann (DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques
et tutelle, 4. Aufl. 2001, Rz. 1192), wobei auf in unvernünftigen Abständen
gestellte und auf querulatorische Gesuche nicht eingetreten zu werden braucht
(BGE 130 III 729).

5.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Im
vorliegenden Fall werden keine Kosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt als Verwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Februar 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Zbinden