Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.463/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_463/2009

Urteil vom 13. August 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiber Levante.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander R. Lecki,

gegen

Vormundschaftsbehörde Winterthur, 8402 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Beistandschaft,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 5. Juni 2009.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ und Y.________ sind die Kinder von A.________ und des im Jahre
1999 verstorbenen B.________. Die Eltern A.________ und B________ übertrugen
ihren Kindern im Jahre 1994 je eine Liegenschaft in Winterthur zu Eigentum,
unter Einräumung der lebenslänglichen Nutzniessung zu Gunsten der Mutter
A.________.
A.b Der Gesundheitszustand der im Jahre 1925 geborenen A.________ führte im Mai
2007 im Rahmen einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung zur Einweisung in die
Klinik Schlosstal und ein paar Wochen später in die geschlossene
Demenzabteilung des Wohn- und Pflegeheims Oberi in Winterthur. Am 25. September
2007 beschloss die Vormundschaftsbehörde Winterthur die Errichtung einer
Beistandschaft für A.________. Dieser Entscheid wurde nicht angefochten.
C.________ wurde zur Beiständin ernannt und beauftragt, die Wohnsituation der
Verbeiständeten zu prüfen, deren Liegenschaften einer professionellen
Verwaltung zuzuführen und allfällige Forderungen gegenüber Dritten zu klären
und gegebenenfalls einzuziehen. Auf Ersuchen der Beiständin stimmte die
Vormundschaftsbehörde am 19. August 2008 der Auflösung der Wohnung zu.
A.c Mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 gelangte X.________ an Stadträtin Maja
Ingold, Vorsteherin der Abteilung Soziales in Winterthur. Dabei stellte sie
insbesondere den Antrag, die Beiständin anzuhalten, unverzüglich eine Schätzung
der beiden Liegenschaften zu veranlassen und anschliessend einen Vorschlag zur
Aufhebung der Nutzniessung zu unterbreiten, für die Vermietung der
leerstehenden Wohnungen besorgt zu sein und abzuklären, wie es sich mit den von
Y.________ bezogenen Vermögenswerten verhalte, diesbezüglich ein Strafverfahren
zu eröffnen und eine Rückführung der Gelder zu erreichen. Am 12. November 2008
ergänzte sie ihr Schreiben und verlangte, sachdienliche Unterlagen vom früheren
Anwalt der Verbeiständeten beizuziehen und diesen allenfalls zu befragen,
anstatt mit Y.________ zwecklose Diskussionen zu führen. Die Eingaben wurden
zuständigkeitshalber an die Vormundschaftsbehörde weitergeleitet.

B.
Mit Beschluss vom 10. März 2009 wies die Vormundschaftsbehörde die Beschwerde
vom 31. Oktober/12. November 2008 ab und auferlegte X.________ die Kosten in
der Höhe von insgesamt Fr. 583.75. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom
Bezirksrat am 24. April 2009 abgewiesen. Das Obergericht des Kantons Zürich
wies den daraufhin erhobenen Rekurs mit Beschluss vom 5. Juni 2009 ebenfalls
ab.

C.
X.________ ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 7. Juli 2009 an das
Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des
obergerichtlichen und des vormundschaftlichen Beschlusses.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid betrifft die Amtsführung einer Beiständin und
damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit, welche in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 5 BGG). Die
Beschwerde in Zivilsachen ist daher gegeben. Soweit die Beschwerdeführerin
nicht nur den obergerichtlichen Beschluss, sondern auch denjenigen der
Vormundschaftsbehörde aufgehoben haben will, ist auf die Beschwerde nicht
einzutreten.

1.2 Mit der vorliegenden Beschwerde können alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG
vorgebracht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG), was heisst, dass es behauptete Rechtsverletzungen (Art. 42
Abs. 2 BGG) mit voller Kognition prüft. Hingegen ist es an den vorinstanzlich
festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Zulässig ist einzig
die Rüge, dass die Tatsache offensichtlich unrichtig festgestellt worden sei
(Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.
Die Beschwerdeführerin will ihre Schreiben vom 31. Oktober und 12. November
2008 nach wie vor als blosse Unmutsäusserungen verstanden haben. Dies müsse
selbst dann gelten, wenn - wie vorliegend - Anweisungen zu bestimmten Vorkehren
an die Beiständin verlangt worden seien. Die Auffassung der Vorinstanz, die
genannten Schreiben hätten in der Sache zu Recht als Aufsichtsbeschwerde
behandelt werden müssen, erweise sich daher als willkürlich.

2.1 Die Ausgestaltung des Verfahrens vor den Vormundschaftsbehörden ist
grundsätzlich eine Frage des kantonalen Rechts. Bundesrechtlich geregelt ist
hingegen die Beschwerdefrist und die Beschwerdelegitimation (Art. 420 Abs. 2
ZGB; BGE 113 II 232 E. 3 S. 235; Geiser, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch
I, 3. Aufl. 2006, N. 18, 20 und 26 zu Art. 420 ZGB). Gemäss den Ausführungen
der Vorinstanz bestehen keine Formvorschriften für eine Beschwerde gegen das
Verhalten der Beiständin. Indessen liessen sich die beiden Schreiben
vernünftigerweise nur als Aufsichtsbeschwerde verstehen, selbst wenn sie nicht
als solche bezeichnet wurden. Die verlangten Anweisungen an die Beiständin
seien im Einzelnen aufgelistet und klar umschrieben worden. Dass die
Beschwerdeführerin die angeschriebene Stadträtin nicht als Präsidentin der
Vormundschaftsbehörde, sondern als Vorsteherin des Departementes Soziales
bezeichnete, spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle. Im Gegenteil wäre es
merkwürdig gewesen, wenn die Stadträtin auf die Eingaben nicht eingegangen
wäre, weil die Bezeichnung "Beschwerde" gefehlt habe und sie nicht als
Präsidentin der Vormundschaftsbehörde angesprochen wurde. Nicht beanstandet
werde zudem die Weiterleitung dieser Eingaben an die intern zuständige Stelle.
Damit bestehe kein Anlass zur Klärung der Frage, ob die Beschwerdeführerin das
Schreiben der Vormundschaftsbehörde vom 18. November 2008 erhalten habe, in
welchem die Behandlung der Eingaben als Beschwerde in Aussicht gestellt worden
war.

2.2 Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin richtete sich zwei Mal an die
verantwortliche Stadträtin für Soziales in Winterthur. Sie habe sich bewusst an
die oberste Führungsveranwortliche für das ganze Departement gerichtet, führt
sie im vorliegenden Verfahren aus. Damit weist ihr Ansinnen bereits auf eine
Aufsichtsbeschwerde hin. Zudem sind ihre beiden Schreiben betitelt mit
"mangelnde Aktivität von Frau C.________". Sie nehmen Bezug auf die Ernennung
der genannten Person zur Beiständin und den damit erteilten Auftrag, um das
Vermögen von A.________, insbesondere die Liegenschaften, besorgt zu sein. Nach
dem Hinweis auf die bereits erfolgte Kontaktnahme mit der Beiständin werden
konkrete Vorwürfe gegen ihre Arbeitsweise erhoben und ihr insbesondere
vorgeworfen, keine Lösungsvorschläge hinsichtlich der zu verwaltenden
Liegenschaften vorzulegen. Demnach sei die Beiständin anzuhalten, mit Blick auf
das Vermögen von A.________ unverzüglich eine Reihe von konkret aufgelisteten
Massnahmen zu treffen. Die Beschwerdeführerin nimmt in ihren Schreiben Bezug
auf die der Beiständin übertragenen Aufgaben und legt ihre Vorstellungen über
die zu ergreifenden Vorkehren im Einzelnen dar. Angesichts der fallbezogenen
Kritik und den konkreten Forderungen hinsichtlich der Tätigkeit der Beiständin
ist es schwer nachvollziehbar, wenn sie ihre Schreiben nunmehr als blosse
Unmutsäusserungen verstanden haben will. Es war im Gegenteil durchaus
vertretbar und sogar angebracht, die Eingaben als Aufsichtsbeschwerde
entgegenzunehmen und an die zuständige Instanz zur Behandlung weiterzuleiten,
obwohl sich darin nirgends die Bezeichnung "Beschwerde" findet. Was die
Beschwerdeführerin gegen dieses Vorgehen einwendet, erschöpft sich im
Wesentlichen in der allgemein gehaltenen Behauptung, nur auf vorhandene
Missstände hingewiesen und Empfehlungen zu deren Behebung abgegeben zu haben.
Daraus wird nicht erkennbar, welche kantonalen Verfahrensvorschriften von der
Vorinstanz willkürlich angewendet sein könnten und inwiefern Bundesrecht
verletzt sein sollte.

2.3 Zwar weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass mit dem strittigen
Vorgehen die freie Meinungsäusserung der Bürger eingeschränkt werde und es für
sie zudem mit Kosten verbunden sei. Inwieweit die Auferlegung von
Verfahrenskosten in einem Aufsichtsverfahren sich als unhaltbar erweist, darauf
geht die Beschwerdeführerin im Verfahren vor Bundesgericht nicht mehr ein.
Mangels einer rechtsgenüglich begründeten Rüge sind die Kostenfolgen des
erstinstanzlichen Verfahrens sowie des kantonalen Rechtsmittelverfahrens nicht
zu überprüfen.

3.
Nach dem Dargelegten kann auf die Beschwerde insgesamt nicht eingetreten
werden. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Kosten für das
bundesgerichtliche Verfahren (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 700.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. August 2009

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Levante