Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.302/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_302/2009

Urteil vom 2. Juli 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiber Levante.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Renata Hajek Saxer,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Haftung nach Art. 193 ZGB,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 9. Januar 2009,
und den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 30.
März 2009.

Sachverhalt:

A.
Am 1. Februar 2002 gewährte Y.________ seinem Bruder Z.________ ein Darlehen in
der Höhe von Fr. 35'000.-- zu einem anfänglichen Zins von 5%, halbjährlich um 1
/2% bis zum Höchstzinsfuss von 8% steigend, zahlbar jeweils am 1. Oktober und
1. April. Die Kündigung des Darlehens erfolgte vertragsgemäss am 30. Juni 2003
auf Ende des Jahres 2003. Am 10. März 2004 gewährte Y.________ seinem Bruder
Z.________ ein weiteres Darlehen und zwar in der Höhe von Fr. 10'000.--.

Mit einer gegen X.________ gerichteten Klage gelangte Y.________ am 16.
November 2006 an das Bezirksgericht Affoltern und verlangte von der Ehefrau des
Z.________ unter anderm gestützt auf Art. 193 ZGB die Rückzahlung beider
Darlehen samt Zinsen. Die Klage wurde am 15. August 2007 gutgeheissen.

B.
Der von X.________ gegen das erstinstanzliche Urteil erhobenen Berufung war
kein Erfolg beschieden. Das Obergericht des Kantons Zürich verpflichtete sie am
9. Januar 2009 zur Zahlung von insgesamt Fr. 45'000.-- samt Zinsen ab
jeweiligem Verfall an Y.________. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich trat
auf die von X.________ dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde mit
Zirkulationsbeschluss vom 30. März 2009 nicht ein.

C.
X.________ ist mit einer als "Nichtigkeitsbeschwerde" und "staatsrechtliche
Beschwerde" bezeichneten Eingabe vom 30. April 2009 an das Bundesgericht
gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen
Urteils und die Zulassung neuer Tatsachen und Beweise. Zudem verlangt sie die
Aufhebung des kassationsgerichtlichen Beschlusses.

Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:

1.
1.1 Anlass zum vorliegenden Verfahren bildet ein in Anwendung von Art. 193 ZGB
ergangenes Leistungsurteil, mithin eine Zivilsache mit Vermögenswert (Art. 72
Abs. 1 BGG). Die Streitwertgrenze ist überschritten (Art. 74 Abs. 1 lit. b
BGG). Die Eingabe der Beschwerdeführerin wird als Beschwerde in Zivilsachen
entgegen genommen.

1.2 Mit der Beschwerde können alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG vorgebracht
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG), was heisst, dass es behauptete Rechtsverletzungen - unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42
Abs. 2 BGG) - mit voller Kognition prüft. Hingegen ist es an den vorinstanzlich
festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Zulässig ist einzig
die Rüge, dass die Tatsache offensichtlich unrichtig festgestellt worden sei
(Art. 97 Abs. 1 BGG), wobei "offensichtlich unrichtig" mit "willkürlich"
gleichzusetzen ist (BGE 133 III 393 E. 7.1 S. 398). Es gilt das strenge
Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG), wie es für die frühere staatsrechtliche
Beschwerde gegolten hat (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Demzufolge wird eine
blosse Bestreitung des vorinstanzlich festgestellten Sachverhaltes ebenso wenig
berücksichtigt wie der Versuch seiner Erweiterung.

1.3 Angefochten ist sowohl das obergerichtliche Urteil als auch der
kassationsgerichtliche Beschluss. Dem Obergericht wirft die Beschwerdeführerin
in verschiedener Hinsicht eine willkürliche Feststellung des Sachverhaltes vor,
so etwa im Hinblick auf das Kündigungsdatum des ersten Darlehensvertrages.
Ferner macht sie eine Verletzung des kantonalrechtlichen Novenverbotes geltend.
Auf all diese Rügen ist insgesamt nicht einzutreten, da sie dem
Kassationsgericht hätten vorgebracht werden können (§ 281 Ziff. 1 und 2 ZPO/
ZH). Damit erweist sich das obergerichtliche Urteil diesbezüglich als nicht
letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 BGG) und die Beschwerde als unzulässig.
Ebenfalls nicht berücksichtigt werden die verschiedenen neuen Vorbringen und
Beweise (Art. 99 BGG). Hingegen kann das Bundesgericht die sinngemäss erhobene
Rüge der Verletzung von Bundesrecht prüfen; insoweit erweist sich das
angefochtene Urteil hier als letztinstanzlich. Dem Kassationsgericht wirft die
Beschwerdeführerin die Verletzung verfassungsmässiger Rechte vor, womit sich
dessen nunmehr angefochtene Beschluss als letztinstanzlich erweist. Die
Beschwerde in Zivilsachen ist demnach unter den erwähnten Voraussetzungen gegen
beide kantonalen Entscheide gegeben.

1.4 Die Beschwerde ist innert 30 Tagen ab Erhalt des kassationsgerichtlichen
Beschlusses und nicht etwa des obergerichtlichen Urteils einzureichen. Dies
gilt nach der bundesgerichtlichen Praxis selbst dann, wenn das
Kassationsgericht auf die Nichtigkeitsbeschwerde infolge einer mangelhaft
begründeten Rüge nicht eintreten konnte. Vorliegend hatte die
Beschwerdeführerin die richterliche geforderte Prozesskaution nicht geleistet,
weshalb das Kassationsgericht androhungsgemäss einen Nichteintretensbeschluss
fasste. Es liegt damit weder ein Fall von verpasster Frist noch der Einreichung
eines unzulässigen Rechtsmittels vor. Zudem sind keine Anzeichen eines
offenbaren Rechtsmissbrauchs seitens der (nicht anwaltlich vertretenen)
Beschwerdeführerin auszumachen, wie dies etwa beim Einreichen einer
Scheinbeschwerde zur faktischen Verlängerung der Beschwerdefrist an das
Bundesgericht zutrifft. Damit ist keine der Ausnahmen gegeben, bei welchen das
Bundesgericht von der Anwendung des Art. 100 Abs. 6 BGG absieht (BGE 134 III 92
E. 1.4 S. 95; BGE 5A_771/2008 vom 3. April 2009 E. 1.3). Die Beschwerde in
Zivilsachen gegen das obergerichtliche Urteil wurde dem Bundesgericht daher
fristgerecht eingereicht.

2.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist das Kassationsgericht zu Unrecht auf
ihre Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten.

2.1 Der Präsident des Kassationsgerichts setzte der Beschwerdeführerin nach
Eingang ihrer Nichtigkeitsbeschwerde gegen das obergerichtliche Urteil eine
Frist von zehn Tagen an, um eine Prozesskaution von Fr. 8'500.-- zu leisten,
ansonsten auf ihre Eingabe nicht eingetreten werde. Nach Ablauf dieser Frist
stellte die Beschwerdeführerin ein Erstreckungsgesuch, welches der Präsident
mit Verfügung vom 19. März 2009 abwies. Mit Beschluss vom 30. März 2009 trat
das Kassationsgericht auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein.

2.2 Die Beschwerdeführerin rügt demgegenüber in allgemeiner Weise, dass sie im
Verfahren vor dem Kassationsgericht nicht angehört worden sei. Soweit sie damit
zum Ausdruck bringen will, dass ihr der Präsident vor der Festsetzung der
Prozesskaution hätte Gelegenheit geben müssen, sich zum festgelegten Betrag
äussern zu können, kann ihr nicht gefolgt werden. Insbesondere macht sie nicht
geltend, dass das hier massgebliche kantonale Prozessrecht ihr einen derartigen
Anspruch einräumt. Zudem anerkennt sie selber, dass ihr bei der Festsetzung der
Prozesskaution die Folgen einer Nichtleistung angedroht worden waren. Dem
Präsidenten ist auch keine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege vorzuwerfen, zumal ein solches Gesuch überhaupt
nicht gestellt worden war. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet.

3.
Die Beschwerdeführerin wehrt sich gegen die Inanspruchnahme für die
Darlehensverpflichtungen ihres Ehemannes. Sie wirft dem Obergericht sinngemäss
eine Verletzung von Art. 193 ZGB vor.

3.1 Nach Art. 193 ZGB kann durch eine Änderung des Güterstandes oder durch eine
güterrechtliche Auseinandersetzung ein Vermögenswert nicht der Haftung
gegenüber den Gläubigern eines Ehegatten oder der Gemeinschaft entzogen werden.
Der Gläubigerschutz ist insbesondere gerechtfertigt, wenn der Schuldner
vorzeitig güterrechtliche Ansprüche befriedigt und beispielsweise vor Auflösung
des Güterstandes eine Vorschlagsbeteiligung an seinen Ehegatten ausrichtet.
Eine Absicht der Gläubigerbenachteiligung seitens des Schuldners ist jedoch
nicht erforderlich. Der empfangende Ehegatte haftet in einem solchen Fall bis
zum Nachweis, dass der übertragene Vermögenswert für die Tilgung der Schuld
nicht ausreicht. Die geltend gemachte Forderung muss im Zeitpunkt des
Güterstandswechsels oder der güterrechtlichen Auseinandersetzung entstanden
sein, wenn auch Umfang und Fälligkeit noch nicht feststehen (Urteil 5C.147/1993
vom 29. Oktober 1993 E. 1b; BGE 123 III 438 E. 3b S. 440; 127 III 1 E. 2a S. 4;
vgl. Tuor/Schnyder/Rumo-Jungo, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl.
2009, § 31 Rz 14; Edgar Philippin, Régime matrimonial et protection des
créanciers, 2000, S. 66 ff.).

3.2 Das Obergericht stellte fest, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin vom
Nettoerlös aus dem Verkauf seines Einfamilienhauses im Jahre 2005 einen Anteil
von insgesamt Fr. 280'000.-- hatte zukommen lassen. Soweit die Voraussetzungen
für eine Entschädigung nach Art. 165 ZGB gegeben sein sollten, falle der unter
diesem Titel geleistete Teilbetrag von Fr. 80'000.-- nicht unter die Haftung
nach Art. 193 ZGB. Hingegen habe die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 193
Abs. 2 ZGB für den unter dem Titel Güterrecht überwiesenen Betrag gegenüber dem
Gläubiger einzustehen, da es für die vorgezogene güterrechtliche
Teilauseinandersetzung keine Erklärung gebe. Ob vom Teilbetrag über Fr.
200'000.-- allenfalls noch ein Abzug für die Rücknahme von Eigengut samt einer
Mehrwertbeteiligung durch die Beschwerdeführerin zu machen sei, könne offen
bleiben. Selbst in einem solchen Fall sei die geforderte Darlehensrückzahlung
durch die güterrechtliche Überweisung noch gedeckt.

3.3 Die Vorbringen der Beschwerdeführerin erschöpfen sich demgegenüber
weitgehend in Kritik am vorinstanzlichen Sachverhalt und an Schilderungen ihrer
Sicht der Dinge. Darauf ist mangels Letztinstanzlichkeit nicht einzutreten (E.
1.3). Soweit sich die Beschwerdeführerin zudem dagegen wehrt, für den
Teilbetrag von Fr. 80'000.-- haften zu müssen, ist ihr entgegen zu halten, dass
bereits das Obergericht in diesem Sinne befunden hat. Im Übrigen bestreitet sie
in allgemeiner Weise die Voraussetzungen für ihre Haftung, ohne sich nur
ansatzweise mit der Begründung des angefochtenen Entscheides auseinander zu
setzen (Art. 42 Abs. 2 BGG). Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

4.
Nach dem Dargelegten ist der Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von F. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juli 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Levante