Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.286/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_286/2009

Urteil vom 3. Juli 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Rapp.

Parteien
X.________ (Ehemann),
Beschwerdeführer,

gegen

Y.________ (Ehefrau),
vertreten durch Fürsprecher Rolf Röthlisberger,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Eheschutz,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern,
Appellationshof, 2. Zivilkammer, vom 24. März 2009.

Sachverhalt:

A.
Im Rahmen des von Y.________ (Ehefrau) angestrengten Eheschutzverfahrens
verpflichtete der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises XII
Frutigen-Niedersimmental X.________ (Ehemann) mit Entscheid vom 5. Januar 2009
unter anderem zur Leistung von gestaffelten Unterhaltsbeiträgen (monatlich Fr.
1'097.-- von Juli 2007 bis November 2008 und Fr. 2'561.-- ab Dezember 2008).
Weiter verpflichtete der erstinstanzliche Richter die Ehegattin, den
allfälligen Antritt einer neuen Arbeitsstelle umgehend zu melden, damit die
Unterhaltsbeiträge mit Wirkung ab dem Monat, da die Anstellung erfolgt, neu
berechnet werden können.

B.
Beide Parteien erhoben vor dem Obergericht des Kantons Bern Appellation, die
Ehegattin mit dem Begehren, für die Zeit zwischen Juli 2007 und November 2008
Unterhaltsbeiträge von monatlich mindestens Fr. 1'475.-- zugesprochen zu
erhalten. Weiter stellte sie den Antrag, allfällige neue Lohneinkünfte seien
erst ab dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie die Lohnzahlungen effektiv
erhalte.

X.________ beantragte dem Obergericht seinerseits, die von ihm geschuldeten
Unterhaltsbeiträge herabzusetzen.

Mit dem hier angefochtenen Entscheid vom 24. März 2009 legte das Obergericht
des Kantons Bern die Unterhaltsbeiträge neu fest auf Fr. 1'387.-- für die
Zeitspanne Juli 2007 bis November 2008 und auf Fr. 1'802.-- ab Dezember 2008.
Weiter bestätigte das Obergericht die Pflicht der Ehegattin, dem Ehegatten
unverzüglich zu melden, "wenn sie eine neue Stelle gefunden hat, bzw. wenn sie
ein höheres Einkommen als Fr. 1'584.-- erzielt".

C.
Mit Beschwerde vom 27. April 2009 ersucht X.________ (Beschwerdeführer) das
Bundesgericht, Dispositiv Ziff. 2 und 3 des angefochtenen Entscheides
aufzuheben und herabgesetzte Unterhaltsbeiträge festzulegen. Weiter stellt er
den Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren.

Die Präsidentin der urteilenden Abteilung des Bundesgerichtes hat mit Verfügung
vom 10. Juni 2009 praxisgemäss die anbegehrte aufschiebende Wirkung erst für
die rückständigen Unterhaltsbeiträge gewährt. Mit Eingabe vom 19. Juni 2009
ersucht der Beschwerdeführer um Wiedererwägung dieser Verfügung.

In der Sache sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Eheschutzentscheid ist kantonal letztinstanzlich (Art. 75 Abs.
1 BGG). Es handelt sich um einen Endentscheid in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 1
und Art. 90 BGG; BGE 133 III 393 E. 4 S. 395 f.). Streitig sind ausschliesslich
vermögensrechtliche Belange in einem Fr. 30'000.-- übersteigenden Betrag (Art.
74 Abs. 1 lit. b BGG i.V.m. Art. 51 Abs. 4 BGG). Die Beschwerde erweist sich
soweit als zulässig.

Eheschutzentscheide betreffen vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG,
weshalb nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (BGE
133 III 393 E. 5 S. 396 f.). Zur Anwendung gelangt deshalb das strenge
Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG), wie es für die frühere staatsrechtliche
Beschwerde gegolten hat (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Das bedeutet, dass
das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte
Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 130 I 258
E. 1.3 S. 262; 125 I 492 E. 1b S. 495).

2.
Der Beschwerdeführer rügt den Umstand, dass das Obergericht den Vermögensertrag
der Beschwerdegegnerin im Rahmen der Feststellung ihrer Einkünfte nicht
berücksichtigt hat. Er erblickt darin eine Verletzung der Rechtsgleichheit.

Bei dieser Rüge übersieht der Beschwerdeführer, dass das Obergericht in
tatbeständlicher Hinsicht festgestellt hat, dass es über keine Angaben
betreffend allfällige, das Arbeitslosengeld übersteigenden Einkünfte der
Beschwerdegegnerin verfügte; deshalb hat es wohl auch die bereits
erstinstanzlich angeordnete Pflicht der Beschwerdegegnerin bestätigt,
Veränderungen auf der Einkommensseite umgehend zu melden. Damit steht nicht
fest, dass die Beschwerdegegnerin irgendeinen Vermögensertrag tatsächlich
erzielt. So betrachtet stützt der Beschwerdeführer seine Rüge auf einen
Sachverhalt ab, der von demjenigen abweicht, den die Vorinstanz in für das
Bundesgericht verbindlicher Weise (Art. 105 Abs. 1 BGG) festgestellt hat, ohne
denselben als offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 BGG zu rügen.

Da sich die Rüge der Verletzung von Art. 8 BV auf unzulässige
Sachverhaltsergänzungen stützt, ist sie unzulässig, und es kann auf sie nicht
eingetreten werden.

3.
Der Beschwerdeführer bemängelt, dass das Obergericht seinem Antrag, es sei die
Beschwerdegegnerin zur Edition weiterer Unterlagen betreffend ihre
Vermögenserträge zu verpflichten, nicht entsprochen habe. Er erblickt darin
eine Verletzung seines Anspruches auf rechtliches Gehör.

3.1 Soweit der Beschwerdeführer sich des Argumentes bedient, die
Steuererklärung 2007 der Ehegattin lasse keinen Schluss auf die aktuellen
Verhältnisse zu, übt er sinngemäss Kritik an den Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz. Dabei nennt er jedoch nicht einmal ein angeblich verletztes
verfassungsmässiges Recht, und geht mit keinem Wort auf die vorinstanzliche
Begründung ein. Soweit im genannten Argument eine Rüge erblickt werden kann,
ist auf sie mangels gehöriger Begründung (dazu vorne E. 1) nicht einzutreten.

3.2 Der Vorwurf, beantragte Beweise nicht abgenommen zu haben, beschlägt Art. 8
ZGB (Beweisführungsanspruch) und ist daher grundsätzlich als Verletzung dieser
Bestimmung geltend zu machen (Urteil 5A_403/2007 vom 25. Oktober 2007 E. 3.1).
Eine Ausnahme drängt sich indes auf, wenn - wie hier - einzig die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt (E. 1) und somit ein Verstoss gegen Art. 8
ZGB im Gegensatz zur Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV nicht frei geprüft werden
kann. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV schliesst die
Nichtberücksichtigung weiterer Beweismittel nicht in jedem Fall aus. Der
Richter kann das Beweisverfahren schliessen, wenn die Beweisanträge eine nicht
erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind oder wenn er
auf Grund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und in
vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, seine Überzeugung werde durch
weitere Beweiserhebungen nicht geändert. Nur wenn die Beweiswürdigung
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft, ist durch die Nichtabnahme eines
Beweismittels das rechtliche Gehör verletzt (BGE 130 II 425 E. 2.1 S. 428 f.;
124 I 208 E. 4a S. 211).

Der Beschwerdeführer unterlässt es jedoch, die Unterlagen zu bezeichnen, die
eingeholt hätten werden müssen, und legt nicht dar, welche weitere
Informationen daraus hätten gewonnen werden können. Wiederum unzureichend
begründet (vorne E. 1), kann auf die Rüge nicht eingetreten werden.

4.
Eine weitere Verletzung seines Anspruches auf rechtliches Gehör erblickt der
Beschwerdeführer darin, dass die Vorinstanz ein Parteiverhör zur Frage der
Ratenzahlungen zu Gunsten der Berner Kantonalbank und der UBS nicht vorgenommen
habe.

Der Beschwerdeführer behauptet jedoch nicht, und weist noch weniger nach,
solche Beweisanträge bereits im kantonalen Verfahren gestellt zu haben;
insofern stützt er seine Rüge auf einen Umstand, den er vor Obergericht nicht
geltend gemacht hat, und somit auf ein unzulässiges Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Weiter ist aus seiner Beschwerdeschrift nicht ersichtlich, wer als Partei hätte
einvernommen werden sollen, und was zu bekräftigen diese Partei imstande
gewesen wäre.

Hinter der Rüge der Verweigerung des rechtlichen Gehörs verbirgt sich in Tat
und Wahrheit eine Kritik an der vorinstanzlichen Feststellung, aus den
eingereichten Belegen gehe nicht hervor, dass die Schulden den gemeinsamen
Lebensunterhalt der Parteien oder eine gemeinsam bewohnte Liegenschaft
beträfen. Diese Kritik am Sachverhalt genügt jedoch den gesetzlichen
Anforderungen an die Begründung einer Beschwerde nicht, weshalb auf sie nicht
eingetreten werden kann (dazu siehe E. 1 und 3.1 oben). Weil die
obergerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht willkürlich sind, wäre die
Rüge der Verweigerung des rechtlichen Gehörs abzuweisen gewesen (E. 3.2 vorne),
hätte man auf sie eintreten dürfen.

5.
Auch hinsichtlich seiner Schulden gegenüber Z.________ AG macht der
Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruches auf rechtliches Gehör
geltend.

Diesbezüglich kann auf das in E. 4 oben Gesagte verwiesen werden, unterlässt es
doch auch hier der Beschwerdeführer darzulegen, dass er bereits vor Vorinstanz
einen entsprechenden Antrag gestellt hatte, wer als Partei hätte verhört werden
müssen, und was diese Partei dazu hätte sagen können.

Auf die Rüge ist nicht einzutreten.

6.
Schliesslich kritisiert der Beschwerdeführer den vorinstanzlichen Entscheid
insofern, als darin seine Ausgaben für auswärtiges Essen nicht berücksichtigt
worden sind. Er beruft sich auf ein Recht auf Hilfe in Notlagen.

Soweit der Beschwerdeführer seine Rüge auf Art. 12 BV beziehen will, ist zu
sagen, dass sie schlicht an Mutwilligkeit grenzt. Der Kerngehalt bzw. der
Schutzbereich dieser Norm umfasst nur, was für ein menschenwürdiges Dasein
unabdingbar ist und vor einer unwürdigen Bettelexistenz zu bewahren vermag (BGE
8C_681/2008 vom 20. März 2009 E. 5.3; BGE 131 V 256 E. 6.1 S. 261; Urteil
8C_139/2008 vom 22. November 2008 E. 9.2). Es bedarf keiner weitergehenden
Ausführungen, dass die eigene Unfähigkeit zu kochen keine Notlage im Sinne der
genannten Verfassungsbestimmung darstellt, welcher übrigens nur mittels
regelmässigen Speisens im Restaurant abgeholfen werden könne, zumal der
Grundbetrag bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums eben
gerade die Ernährungskosten enthält.

Soweit auf die Rüge einzutreten ist, erweist sie sich als unbegründet.

7.
Im bescheidenen Umfang, in welchem auf die Beschwerde eingetreten werden kann,
ist sie abzuweisen, unter Kostenfolge zu Lasten des Beschwerdeführers (Art. 66
Abs. 1 BGG). Weil die Beschwerde von vornherein keine Aussicht auf Erfolg
hatte, kann dem Beschwerdeführer die anbegehrte unentgeltliche Rechtspflege für
das bundesgerichtliche Verfahren nicht gewährt werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen sind keine geschuldet.

Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch des Beschwerdeführers vom 19.
Juni 2009 um Wiedererwägung der Verfügung zur aufschiebenden Wirkung
(Sachverhalt, E. C in fine) gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Juli 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Rapp