Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.234/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_234/2009

Urteil 18. Mai 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiber Schett.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Martin Schwaller,

gegen

Gerichtspräsidium Kulm,
Zentrumsplatz 1, 5726 Unterkulm.

Gegenstand
Wechsel des unentgeltlichen Rechtsvertreters (Erbteilung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Gerichts-
präsidiums Kulm vom 27. Januar 2009 und des Obergerichts des Kantons Aargau, 4.
Zivilkammer, vom 11. März 2009.

Sachverhalt:

A.
Im Rahmen eines Erbteilungsverfahrens wurde X.________ die unentgeltliche
Rechtspflege gewährt und Fürsprecher und Notar Y.________ als unentgeltlicher
Anwalt beigeordnet. Mit Entscheid vom 27. Januar 2009 entband der Präsident des
Bezirksgerichts Kulm diesen aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt und
bestimmte neu Rechtsanwalt Z.________ zum unentgeltlichen Rechtsvertreter; den
von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen, in Deutschland domizilierten, aber
im Anwaltsregister des Kantons Bern eingetragenen Anwalt lehnte das
Bezirksgericht ab.

B.
Dagegen erhob X.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Sie
rügte die Verletzung des rechtlichen Gehörs und beantragte, den Entscheid vom
27. Januar 2009 aufzuheben und Fürsprecher Martin Schwaller als unentgeltlichen
Rechtsvertreter zu bestellen; eventuell sei die Beschwerde zuständigkeitshalber
an das Schweizerische Bundesgericht zu überweisen. Mit Entscheid vom 11. März
2009 trat das Obergericht nicht auf die Beschwerde ein, weil der Entscheid über
die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters endgültig und damit kein
kantonales Rechtsmittel gegeben sei. Das Eventualbegehren auf Überweisung der
Beschwerde an das Bundesgericht wies das Obergericht ab.

C.
Mit Eingabe vom 2. April 2009 wendet sich X.________ (nachfolgend
Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht und beantragt, ihre Beschwerde vom 9.
Februar 2009 an das Obergericht des Kantons Aargau sei durch das Bundesgericht
entgegenzunehmen, die Verfügung des Gerichtspräsidiums Kulm vom 27. Januar 2009
sei aufzuheben und anstelle von Rechtsanwalt Z.________ sei Fürsprecher Martin
Schwaller zum unentgeltlichen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin zu
bestellen; eventuell sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11.
März 2009 aufzuheben und dieses anzuweisen, auf die Beschwerde vom 9. Februar
2009 einzutreten. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht die
Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Es sind die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
1.1 Mit dem Entscheid des Gerichtspräsidiums Kulm vom 27. Januar 2009 ist ein
letztinstanzlicher Entscheid angefochten, mit welchem ein nicht den Wünschen
der Beschwerdeführerin entsprechender Rechtsanwalt zu ihrem unentgeltlichen
Rechtsvertreter bestimmt worden ist. Dabei handelt es sich um einen selbständig
eröffneten Zwischenentscheid (Urteil 1B_245/2008 vom 11. November 2008 E. 2),
gegen den die Beschwerde nur zulässig ist, wenn er einen nicht
wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Rein
praktische Nachteile genügen nicht; diese müssen rechtlicher Natur sein (BGE
133 IV 335 E. 4 S. 338).

1.2 Es obliegt dem Beschwerdeführer, darzutun, dass die
Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen
nicht offensichtlich in die Augen springt (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.2 in
fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2).
1.2.1 Wird die unentgeltliche Rechtspflege insgesamt oder die Bestellung eines
unentgeltlichen Rechtsvertreters verweigert, nimmt die bundesgerichtliche
Rechtsprechung grundsätzlich einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil an (BGE
129 I 129 E. 1.1 S. 131; s. auch BGE 133 IV 335 E. 4 S. 338). Demgegenüber hat
die Abweisung eines Gesuches um einen Wechsel des amtlichen Verteidigers bzw.
die Nichtbestellung des gewünschten Anwalts in aller Regel keinen nicht
wiedergutzumachenden rechtlichen Nachteil zur Folge (BGE 126 I 207 E. 2b S 211;
Urteil 1B_74/2008 vom 18. Juni 2008 E. 1). Die Gefahr eines solchen wird in
diesen Fällen primär angenommen, wenn der designierte Anwalt seine Aufgabe z.B.
wegen einer Interessenkollision oder offensichtlicher Unfähigkeit nicht
erfüllen kann (Urteil 1B_237/2007 vom 8. Januar 2008 E. 1.7; s. auch BGE 124 I
185 E. 3b S. 190). Selbst wenn die unentgeltliche Rechtspflege geniessende
Partei keinen Anspruch auf die Zuordnung des von ihr gewünschten Anwalts hat,
darf die bestimmende Behörde die Wünsche nicht willkürlich ausser Acht lassen
(s. Urteil 1B_245/2008 vom 11. November 2008 E. 2, mit zahlreichen Hinweisen).
Demzufolge ist ein nicht wiedergutzumachender Nachteil nicht auszuschliessen,
wenn die vom Rechtssuchenden geäusserten Wünsche objektiv begründet sind und
diese willkürlich unbeachtet blieben (s. Urteile 1B_74/2008 vom 18 Juni 2008 E.
2 und 3; 2C_241/2008 vom 27. Mai 2008 E. 4.3).

Die vom Bundesgericht vor allem für strafrechtliche Verfahren entwickelte
Rechtsprechung kann ohne weiteres für zivilrechtliche Verfahren übernommen
werden.
1.2.2 Konkret hat die Beschwerdeführerin die Bestimmung des in A.________
(Deutschland) praktizierenden, aber im Anwaltsregister des Kantons Bern
eingetragenen und damit in der Schweiz zugelassenen Rechtsanwalts S.________
vorgeschlagen. Diesem Wunsch wurde mit der Begründung nicht entsprochen, dieser
habe sich weder mittels Vollmacht ausgewiesen noch selbst ein Gesuch um
Einsetzung als unentgeltlicher Vertreter gestellt. Zudem sei es nach der Praxis
zulässig und üblich, vorab im Kanton geschäftlich niedergelassene Anwälte zu
unentgeltlichen Vertretern zu bestellen, da sich diese mit dem kantonalen
Verfahrensrecht am besten auskennten, was auch im Interesse der unentgeltlich
prozessierenden Partei liege und ihre ordnungsgemässe Vertretung erleichtere.
Hinzu komme, dass auch vor dem Hintergrund von Kostenüberlegungen die
beantragte Einsetzung von S.________ abzulehnen sei, müsse doch damit gerechnet
werden, dass durch Aktenversand ins Ausland, Anreisezeiten des ausländischen
Vertreters etc. zusätzliche Kosten entstünden, zumal nicht davon ausgegangen
werden könne, dass der gewünschte Vertreter sich allein für die Führung des
Mandates überwiegend in der Schweiz aufhalten werde. Die damit verbundenen
Kosten, welche vorerst aus öffentlichen Mitteln zu bezahlen seien, und
Zeitversäumnisse stünden somit der beantragten Einsetzung entgegen. Diese
Nachteile könnten durch die Einsetzung eines ansässigen Anwalts vermieden
werden, ohne die wohlverstandenen Interessen der Beschwerdeführerin zu
beeinträchtigen.
1.2.3 In der Beschwerde vom 2. April 2009 führt die Beschwerdeführerin keine
Gründe an, welche geeignet wären, eine Ausnahme vom Grundsatz
(Interessenkollision bzw. offensichtliche Unfähigkeit) zu begründen. Sie bringt
auch nichts vor, was die Begründung für die Ablehnung des von ihr gewünschten
S.________ als willkürlich erscheinen liesse. Im Übrigen geht es der
Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren gar nicht mehr um S.________;
vielmehr beantragt sie die Einsetzung von Herrn Fürsprecher Martin Schwaller
als unentgeltlichen Anwalt. Dieses Begehren ist neu und damit unzulässig (Art.
99 Abs. 2 BGG).
Unter den gegebenen Umständen bewirkt der angefochtene Zwischenentscheid keinen
nicht wiedergutzumachenden Nachteil zulasten der Beschwerdeführerin, sodass
nicht auf die Beschwerde eingetreten werden kann.

1.3 Bei diesem Ergebnis kann auf eine Erörterung bzw. Prüfung der anderen
Eintretensvoraussetzungen verzichtet werden.

2.
Nach dem Gesagten wird Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden
kann. Damit wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen, zumal
die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 4.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Mai 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Schett