Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.233/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_233/2009

Urteil vom 28. Mai 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiber Möckli.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

A Y.________, gesetzlich vertreten durch B Y.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwältin Lisa Etter-Steinlin,

Gegenstand
Abänderung des Kindesunterhalts,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, II. Zivilkammer,
vom 2. März 2009.

Sachverhalt:

A.
X.________ ist der Vater des 1995 geborenen Kindes A Y.________. Mit Urteil des
Bezirksgerichts St. Gallen vom 8. Juli 1997 wurde er zu Unterhaltsbeiträgen von
Fr. 600.-- bis zum vollendeten 6. Altersjahr, von Fr. 650.-- bis zum 12.
Altersjahr und von Fr. 700.-- bis zum ordentlichen Abschluss der Erstausbildung
verpflichtet.

B.
Im Februar 2008 erhob der Vater eine Abänderungsklage mit der Begründung, er
habe 2003 geheiratet und aus dieser Ehe sei 2005 ein Kind hervorgegangen. Zudem
habe sich seine Einkommenssituation wegen zeitweiser Arbeitslosigkeit
verschlechtert.
Das Kreisgericht St. Gallen setzte den Kindesunterhalt mit Urteil vom 19.
September 2008 auf Fr. 350.-- ab August 2008 fest.
Mit Entscheid vom 2. März 2009 verpflichtete das Kantonsgericht St. Gallen den
Vater zu Unterhaltsbeiträgen von Fr. 350.-- ab Februar bis Juli 2008, von Fr.
200.-- ab April 2009 und solange er unverschuldet arbeitslos bleibt, längestens
aber bis März 2010, und anschliessend von Fr. 350.-- bis das Kind eine
angemessene Ausbildung abschliessen kann.

C.
Gegen diesen Entscheid hat der Vater am 2. April 2009 eine Beschwerde
eingereicht mit dem Begehren um dessen Aufhebung und Abänderung dahingehend,
dass ab Februar 2008 und mindestens für die Dauer seiner Arbeitslosigkeit keine
Unterhaltsbeiträge festzusetzen seien. Mit Gesuch vom 21. April 2009 ersucht er
um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Es wurden keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzliches Endurteil in einer
vermögensrechtlichen Zivilsache (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90
BGG). Der notwendige Streitwert von Fr. 30'000.-- gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b
BGG ist jedenfalls bei Dauerarbeitslosigkeit des Vaters erreicht. Die
Beschwerde erweist sich damit grundsätzlich als zulässig.

2.
Die Rechtsanwendung überprüft das Bundesgericht im Rahmen rechtsgenüglicher
Vorbringen (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 95 f. BGG) grundsätzlich mit freier
Kognition (Art. 106 Abs. 1 BGG). Für die Unterhaltsfestsetzung gilt es freilich
zu beachten, dass der Richter in verschiedener Hinsicht auf sein Ermessen
verwiesen ist (Art. 4 ZGB; BGE 127 III 136 E. 3a S. 141; Botschaft, BBl 1996 I
S. 115 f.) und das Bundesgericht bei der Überprüfung solcher Entscheide eine
gewisse Zurückhaltung übt (BGE 129 III 380 E. 2 S. 382; 131 III 12 E. 4.2 S.
15; 132 III 97 E. 1 S. 99).
An die kantonalen Sachverhaltsfeststellungen ist das Bundesgericht
grundsätzlich gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann einzig eine
Verletzung des Willkürverbots oder anderer verfassungsmässiger Rechte
vorgebracht werden, und hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 97 Abs. 1
i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BBl 2001 IV 4338; BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252;
133 III 393 E. 7.1 S. 398). Das heisst, dass das Bundesgericht nur klar und
detailliert erhobene Rügen prüft, die soweit möglich zu belegen sind, während
es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 130 I 258
E. 1.3 S. 262).

3.
Die meisten Vorbringen des Beschwerdeführers sind Sachverhaltsrügen
(Krankenkassenbeiträge 2008; Prämienverbilligung 2009; Krankheitskosten;
Zahnbehandlung). Diesbezüglich vermag die Beschwerde dem strengen Rügeprinzip
gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nicht im Ansatz zu genügen, wird doch nicht einmal
gesagt, welches verfassungsmässige Recht verletzt worden sein soll;
entsprechend kann auf diese Vorbringen nicht eingetreten werden.
Ohnehin wären die Vorbringen auch materiell unbegründet, soweit sinngemäss das
Willkürverbot angerufen sein sollte: Das Obergericht hat im
Gesamtexistenzminimum des Beschwerdeführers tiefere Kosten für die Krankenkasse
eingesetzt, weil es für das Jahr 2008 nur die obligatorische
Krankenversicherung berücksichtigt und überdies ab dem Jahr 2009 die
Prämienverbilligung in Abzug gebracht hat. Was sodann die angeblich permanent
anfallenden Krankheitskosten und die Notwendigkeit der Zahnbehandlung
anbelangt, erschöpfen sich die Ausführungen in appellatorischer Kritik am
angefochtenen Entscheid und sind die eingereichten Unterlagen zudem neu und
damit unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG). Gleiches gilt im Übrigen für die
Umschulung, die ab April 2009 beginnen soll; dabei handelt es sich ebenfalls um
ein neues und damit im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren unzulässiges
Vorbringen (Art. 99 Abs. 1 BGG).

4.
Eine Rechtsfrage ist hingegen, ob die mit dem Studium der neuen Ehefrau
verbundenen Kosten (Kinderhort, Fahrtkosten, Versicherung) im
Gesamtexistenzminimum des Vaters zu berücksichtigen sind mit der Folge, dass
dieses die aktuellen Einnahmen aus Arbeitslosengeldern übersteigen und folglich
kein Raum für Kindesunterhalt mehr bleiben würde.
Das Kantonsgericht hat diesbezüglich erwogen, die Unterhaltsverpflichtung
gegenüber dem ausserehelichen Kind gehe den Studienkosten der neuen Ehefrau
vor, weshalb diese nicht im Existenzminimum des Vaters zu berücksichtigen
seien. Dieser Auffassung ist grundsätzlich zuzustimmen und insbesondere besteht
kein Anlass, diesbezüglich in das weite Ermessen des Sachrichters (dazu E. 2)
einzugreifen: Das Bundesgericht hat es in BGE 128 III 411 E. 3.2.2 S. 415
abgelehnt, eine eigentliche Rangordnung zwischen dem Unterhaltsanspruch des
Ehegatten und dem Kind aufzustellen. Diese Frage kann jedoch weiter offen
gelassen werden bzw. stellt sich vorliegend gar nicht erst, hat doch das
Kantonsgericht die im Rahmen des Existenzminimums zu berücksichtigenden
eigentlichen Unterhaltskosten für die neue Ehefrau im Gesamtexistenzminimum des
Vaters berücksichtigt. Das Kantonsgericht hat es einzig abgelehnt, über die
Unterhaltskosten im engeren Sinn hinaus auch die Studienkosten der neuen
Ehefrau im Gesamtexistenzminimum des Vaters zu berücksichtigen. Damit wird aber
kein Bundesrecht verletzt, im Gegenteil, wäre doch vielmehr umgekehrt der
(neue) Ehepartner gehalten, aufgrund seiner ehelichen Treue- und
Beistandspflicht gemäss Art. 159 Abs. 3 ZGB dem anderen Ehegatten bei der
Erfüllung von dessen Unterstützungspflichten beizustehen (sog. indirekte
Beistandspflicht: BGE 127 III 68 E. 3 S. 72). Insbesondere dort ist der neue
Ehegatte gegebenenfalls sogar zu eigener Arbeitsaufnahme verpflichtet und hat
er sich jedenfalls in seinem eigenen Lebensstandard einzuschränken, wo er
seinen Ehepartner in Kenntnis von dessen Unterhaltsverpflichtung geheiratet hat
und daher bei knappen finanziellen Verhältnissen nicht mit hohen ehelichen
Unterstützungsleistungen rechnen durfte (Urteil 5A_572/2008 vom 6. Februar
2009, E. 4.2). Vor diesem Hintergrund ist die kantonsgerichtliche Folgerung
zutreffend, in der vorliegenden Konstellation geniesse die vorbestehende
Unterstützungspflicht für das aussereheliche Kind gegenüber den Studienkosten
der neuen Ehefrau den Vorrang.

5.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit
überhaupt auf sie eingetreten werden kann. Wie die vorstehenden Erwägungen
zeigen, muss sie als von Anfang an aussichtslos bezeichnet werden, weshalb es
an den materiellen Voraussetzungen für die unentgeltliche Rechtspflege fehlt
(Art. 64 Abs. 1 BGG). Folglich ist das betreffende Gesuch abzuweisen, und die
Gerichtskosten sind entsprechend dem Verfahrensausgang dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Mai 2009

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Möckli