Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.194/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_194/2009

Urteil vom 11. Mai 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiberin Gut.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Rita Wenger-Lenherr.

Gegenstand
Abänderung des Scheidungsurteils,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 7. März 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 16. Mai 2000 schied das Obergericht des Kantons Thurgau die Ehe
von X.________, geboren 1939, und Y.________, geboren 1949. Es verpflichtete
X.________ zu nachehelichen Unterhaltsbeiträgen an Y.________ von monatlich Fr.
1'700.-- bis zu seinem und von Fr. 1'400.-- bis zu deren Eintritt ins
AHV-Alter.
B. Am 10. Januar 2003 erhob X.________ beim Bezirksgericht Z.________ Klage auf
Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge. Der Einzelrichter wies das Begehren am 28.
September 2007 ab. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 7. März
2008 das erstinstanzliche Urteil, entzog X.________ jedoch für die Berufung die
unentgeltliche Prozessführung und auferlegte ihm die Kosten für das
zweitinstanzliche Verfahren. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hiess die
dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde bezüglich der unentgeltlichen
Prozessführung und der Gerichtskosten gut und wies sie in der Sache mit
Beschluss vom 16. Februar 2009 ab.
C. X.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) ist mit Beschwerde in Zivilsachen
vom 20. März 2009 an das Bundesgericht gelangt. Er beantragt die Aufhebung des
obergerichtlichen Beschlusses, eventualiter die Rückweisung der Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz. Zudem stellt er das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege.
Es sind keine Antworten eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
1.1 Anlass des vorliegenden Verfahrens bildet ein Begehren um Aufhebung der
nachehelichen Unterhaltsbeiträge, mithin eine Zivilsache mit Vermögenswert. Die
gesetzliche Streitwertgrenze ist offensichtlich erreicht (Art. 72 Abs. 1, Art.
74 Abs. 1 lit. b und Art. 51 Abs. 4 BGG).

1.2 Angefochten ist einzig das obergerichtliche Urteil. Die Beschwerde in
Zivilsachen ist gegeben, soweit damit die Verletzung von Bundesrecht geltend
gemacht wird (Art. 95 lit. a BGG). Hingegen ist sie mangels
Letztinstanzlichkeit nicht zulässig, soweit der Beschwerdeführer Kritik am
erstinstanzlichen Verfahren äussert oder Rügen erhebt, welche dem
Kassationsgericht mit Nichtigkeitsbeschwerde vorgebracht werden können (Art. 75
Abs. 1 BGG). Dies gilt insbesondere für sämtliche Ausführungen zum Sachverhalt
(§ 281 Ziff. 2 ZPO/ZH).

1.3 Obgleich der Beschwerdeführer sich nicht mit dem Antrag auf Aufhebung des
angefochtenen Urteils begnügen kann, stellt er kein reformatorisches Begehren
(Art. 107 Abs. 2 BGG; vgl. Urteil 5A_669/2007 vom 4. August 2008 E. 1.2.1).
Immerhin ergibt sich aus seinen Vorbringen, dass er das seinerzeitige
Scheidungsurteil abändern und keine nachehelichen Unterhaltsbeiträge an die
Beschwerdegegnerin mehr leisten will. Insoweit kann auf die Beschwerde
eingetreten werden.

1.4 Auszugehen ist vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt, zumal das
Kassationsgericht die dagegen erhobenen Rügen abgewiesen hat, soweit darauf
einzutreten war (Art. 105 Abs. 1 BGG). Damit erübrigt sich die Prüfung neuer
Vorbringen und Beweismittel (Art. 99 Abs. 1 BGG).

1.5 Die Beschwerde gegen das obergerichtliche Urteil wurde innert 30 Tagen nach
Erhalt des kassationsgerichtlichen Beschlusses eingereicht. Die Frist ist damit
gewahrt (Art. 100 Abs. 6 BGG; BGE 5A_771/2008 vom 3. April 2009 E. 1).

2.
2.1 Gemäss Art. 129 Abs. 1 ZGB kann bei erheblicher und dauernder Veränderung
der Verhältnisse die Rente herabgesetzt, aufgehoben oder für eine bestimmte
Zeit eingestellt werden. Die Vorinstanz wies die Klage auf Abänderung des
Scheidungsurteils ab, da bis zum Eintritt des Beschwerdeführers ins AHV-Alter
bei ihm keine unvorhersehbare wesentliche Einkommensminderung nachgewiesen sei.
Für die Zeit danach liege zwar eine wesentliche Veränderung der erwarteten
Einkommenssituation vor, da sich der Beschwerdeführer seines gesamten
Vorsorgekapitals entäussert habe. Dieses Verhalten bleibe jedoch unbeachtlich,
da die Übertragung rechtsmissbräuchlich erfolgte, nicht absolut unumkehrbar
sei, da er noch heute davon profitiere und ihre Nichtbeachtung die Sicherung
des Existenzbedarfs nicht tangiere.

2.2 Aus dem angefochtenen Urteil gehen nicht nur die allgemeinen
Voraussetzungen für die Herabsetzung oder Aufhebung der nachehelichen
Unterhaltspflicht nach Art. 129 ZGB hervor, worauf verwiesen werden kann (Art.
109 Abs. 3 BGG). Die Vorinstanz hat auch die Grenzen der Abänderungsklage
erörtert und dabei insbesondere betont, dass es in einem solchen Verfahren
nicht um die völlige Neufestsetzung der Rente, sondern ausschliesslich um deren
Anpassung an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse gehe, sofern diese
erheblich, dauernd und unvorhersehbar waren. Allfällige unzutreffende Annahmen
des Scheidungsrichters zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien
könnten nicht auf diesem Wege korrigiert werden. Ebensowenig könne die
Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit überprüft werden. Diese Ausführungen der
Vorinstanz beziehen sich auf die strittige Höhe der Unterhaltsverpflichtung bis
zum Eintritt des Beschwerdeführers ins AHV-Alter.
Der Beschwerdeführer geht mit keinem Wort auf die einlässliche Begründung des
angefochtenen Urteils ein. Stattdessen erneuert er im Wesentlichen seine
Darlegungen der kantonalen Berufung und macht unzulässige Ausführungen zum
Sachverhalt (vgl. E. 1.4). So bringt er vor, der Scheidungsrichter habe sich
geirrt, als er ihm ein hypothetisches Einkommen von Fr. 5'000.-- bis Fr.
6'000.-- anrechnete und ihn gestützt darauf zu nachehelichen
Unterhaltsbeiträgen verpflichtete. Er habe nach dem Verlust seiner Stelle im
Jahre 2000 keinen neuen Verdienst mehr gefunden und sei daher gezwungen
gewesen, sein Guthaben bei der beruflichen Vorsorge zu beziehen. Diese
Entwicklung sei nicht vorhersehbar gewesen. Mit diesen Vorbringen genügt der
Beschwerdeführer den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht,
wonach in der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern das
angefochtene Urteil Bundesrecht verletzt. Er hat sich wenigstens kurz mit den
Erwägungen der Vorinstanz auseinanderzusetzen, andernfalls auf seine Beschwerde
nicht eingetreten wird (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Soweit der
Beschwerdeführer die bis zu seinem Eintritt ins AHV-Alter auf Fr. 1'700.--
festgelegte Rentenverpflichtung infolge nicht vorhersehbarer Verschlechterung
seiner Leistungskraft anficht, fehlt offensichtlich eine Auseinandersetzung mit
den obergerichtlichen Erwägungen, weshalb auf sein Vorbringen nicht eingetreten
werden kann.

2.3 Die Rentenverpflichtung des Beschwerdeführers nach Erreichen des AHV-Alters
wurde vom Scheidungsrichter auf Fr. 1'400.-- festgesetzt. Damit sollte der
üblichen Einkommensreduktion infolge der Pensionierung Rechnung getragen
werden. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen erhält der Beschwerdeführer
nun eine AHV-Rente über knapp Fr. 2'100.--. Sein gesamtes Vorsorgekapital hat
er am erstmöglichen Termin bezogen und es ist heute nicht mehr vorhanden. Wäre
er - wie im Zeitpunkt der Scheidung vorgesehen - bis im April 2004 erwerbstätig
gewesen und hätte er dann sein Vorsorgekapital regulär bezogen, hätte ihm ein
Einkommen von Fr. 3'800.-- bis Fr. 4'000.- zugestanden, woraus er bei einem
Existenzminimum von Fr. 2'100.-- seiner Rentenverpflichtung von Fr. 1'400.--
ohne weiteres hätte nachkommen können.
Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass sich der Beschwerdeführer während und nach
dem Scheidungsverfahren in höchstem Mass böswillig und rechtsmissbräuchlich
verhalten habe. Insbesondere habe er sein Vorsorgekapital von rund Fr.
360'000.-- statt gewinnbringend anzulegen, im Jahre 2001 seiner Lebenspartnerin
ausgehändigt. Den später zurückgezahlten Teilbetrag von Fr. 100'000.-- habe er
vernichtet. Indes erweise sich diese absichtliche Vermögensentäusserung
insoweit nicht als völlig unumkehrbar, als er mit der Frau, der er sein
Vermögen übertragen habe, in einem gefestigten Konkubinat lebe. Von ihr könne
er für seinen laufenden und künftigen Lebensunterhalt auf die Unterstützung im
bisherigen Umfang zählen, ohne dass ihm dadurch eine Schuld im Rechtssinne
entstehe. Aus seiner AHV-Rente von knapp Fr. 2'100.-- könne er der
Rentenverpflichtung von Fr. 1'400.-- nachkommen und zugleich seine
höchstpersönlichen Auslagen decken. Der weitere Bedarf sei durch den Beistand
der Lebenspartnerin abgedeckt. Nach den Angaben des Beschwerdeführers habe er
sich bei ihr ein Wohnrecht erkauft. Es liege ein informelles,
leibrentenähnliches Verhältnis einschliesslich Absicherung im Todesfall der
Lebenspartnerin vor. Der Beschwerdeführer spreche selber von einer "privaten
Fürsorge". Im Ergebnis könne daher nicht von einer unumkehrbaren
Vermögensentäusserung gesprochen werden.

2.4 Das Bundesgericht hat sich verschiedentlich mit der Frage nach den Folgen
der freiwilligen Verminderung von Einkommen und Vermögen für die Festsetzung
und Abänderung von Unterhaltsbeiträgen befasst. Dabei hat es die Anrechnung
eines hypothetischen Einkommens nur zugelassen, sofern der Unterhaltsschuldner
die Verminderung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit rückgängig machen
konnte. Es hat aber auch die Kritik zur Kenntnis genommen, die dieser
Rechtsprechung erwachsen ist (zum Ganzen: BGE 128 III 4 E. 4a S. 5 f. mit
Hinweisen auf die Lehre; 119 II 314 E. 4a S. 316; 117 II 16 E. 1b S. 17 f.;
Urteil 5C.15/2002 vom 27. Februar 2002 E. 3c, in: FamPra.ch 2002 S. 573; Urteil
5P.268/2002 vom 21. November 2002 E. 3.2.2). Eine vertiefte Auseinandersetzung
mit dem ganzen Themenkreis ist zum gegebenen Zeitpunkt sicher angebracht. Indes
gibt der vorliegende Fall keine Gelegenheit dazu, da sich die
Vermögensentäusserung nicht als unumkehrbar erweist.

2.5 Soweit der Beschwerdeführer erneut ausführt, er habe sein Vorsorgeguthaben
zur Sicherung seiner Existenz und zur Begleichung aufgelaufener Schulden
beziehen müssen, will er den Sachverhalt ergänzen, was nicht angeht (E. 1.4).
Dies gilt ebenfalls für die Behauptung, seine Lebenspartnerin habe ihm das
Geschenk zurückerstattet. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen trifft
dies nur für den Teilbetrag von Fr. 100'000.-- zu; insgesamt übertrug der
Beschwerdeführer dieser die Summe von rund Fr. 360'000.--. Zwar trifft es zu,
dass das Konkubinat dem Beschwerdeführer keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch
verschafft. Indes hat die Vorinstanz auf dessen Aussagen abgestellt, wonach die
Beziehung zu seiner Lebenspartnerin von Dauer sei und eine Art "private
Fürsorge" bestehe. Die Vermögensübertragung sei auch für seinen künftigen
Unterhalt gedacht gewesen und er habe sich auf diese Weise auch ein Wohnrecht
erkauft.
Im Ergebnis kann von einer nicht voraussehbaren und dauerhaften Veränderung der
Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers sowie von einem Eingriff in sein
Existenzminimum nach Erreichen des AHV-Alters nicht die Rede sein. Vor diesem
Hintergrund erweist sich die Beibehaltung des Unterhaltsbeitrages von Fr.
1'400.-- ab diesem Zeitpunkt nicht als bundesrechtswidrig.

3.
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Sie erwies sich
von vornherein als aussichtslos, womit das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss trägt der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 11. Mai 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:

Hohl Gut