Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.179/2009
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2009
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2009


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_179/2009

Urteil vom 29. Mai 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter L. Meyer, Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiber Rapp.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Edmund Schönenberger,

gegen

Regierungsstatthalter des Amts Luzern, Bundesplatz 14, Postfach 3439, 6002
Luzern,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Fürsorgerische Freiheitsentziehung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts Luzern, II. Kammer, als
Beschwerdeinstanz nach EGZGB, vom 24. Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
Nachdem X.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) bereits verschiedentlich in
psychiatrischen Kliniken hospitalisiert war, wurde er am 16. Oktober 2008 vom
psychiatrischen Ambulatorium A.________ i.S. einer vorsorglichen
fürsorgerischen Freiheitsentziehung erneut in die psychiatrische Klinik
A.________ eingewiesen.

Auf Gesuch der Klinikleitung ordnete der Regierungsstatthalter des Amtes Luzern
am 13. November 2008 die Weiterführung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung
an. Die dagegen eingereichte Beschwerde wies das Amtsgericht Luzern-Stadt am 5.
Dezember 2008 ab.

B.
Am 25. Dezember 2008 beantragte der Beschwerdeführer die Entlassung aus der
psychiatrischen Klinik. Der Regierungsstatthalter wies das Begehren mit
Entscheid vom 7. Januar 2009 ab. Die delegierte Richterin des
Amtsgerichtspräsidenten II von Luzern-Stadt wies die dagegen erhobene
Beschwerde am 16. Januar 2009 ab. Gleichzeitig gewährte sie dem
Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege und ernannte Rechtsanwalt
Roger Burges zum unentgeltlichen Rechtsbeistand.

C.
Der Beschwerdeführer erhob am 3. Februar 2009 gegen diesen Entscheid beim
Obergericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er beantragte seine sofortige
Entlassung, die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und die Einsetzung
von Rechtsanwalt Edmund Schönenberger als unentgeltlichen Rechtsbeistand.

Mit Urteil vom 24. Februar 2009 wies das Obergericht die Beschwerde vom 3.
Februar 2009 ab, soweit es darauf eintrat.

D.
Mit Beschwerde vom 3./4. März 2009 beantragt der Beschwerdeführer dem
Bundesgericht unter Hinweis darauf, dass er mittlerweile aus der
psychiatrischen Klinik entlassen worden sei (was das Obergericht mit Schreiben
vom 16. April 2009 bestätigt hat), die Feststellung einer Verletzung von Art. 5
Ziff. 1, Art. 5 Ziff. 4, Art. 6 Ziff. 1, Art. 11 und Art. 14 EMRK sowie die
unentgeltliche Rechtspflege im ober- und bundesgerichtlichen Verfahren.
Es wurde keine Vernehmlassung eingeholt.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend eine
fürsorgerische Freiheitsentziehung (Art. 75 Abs. 1 und Art. 72 Abs. 2 lit. b
Ziff. 6 BGG). Es handelt sich dabei um eine nicht vermögensrechtliche
Angelegenheit. Die Beschwerde in Zivilsachen ist insoweit gegeben.

Der obergerichtliche Entscheid stellt in der Sache einen Endentscheid i.S.v.
Art. 90 BGG dar. Einzig was die Verweigerung des Wechsels des unentgeltlichen
Rechtsbeistandes angeht, handelt es sich um einen Zwischenentscheid, gegen
welchen die Beschwerde zulässig ist, wenn er einen nicht wiedergutzumachenden
Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Da auf die Beschwerde
mangels rechtlich geschützten Interesses ohnehin nicht einzutreten ist (s.
unten, E. 3.2), kann offen bleiben, ob in Bezug auf den Anwaltswechsel
überhaupt ein nicht wieder gutzumachender Nachteil vorgelegen hat bzw.
vorliegen könnte.

2.
In Zivil- und Strafsachen sind vor Bundesgericht nur Anwälte zugelassen, die
nach dem Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen
und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) oder nach einem Staatsvertrag
berechtigt sind, Parteien vor schweizerischen Gerichtsbehörden zu vertreten
(Art. 40 Abs. 1 BGG; zu dieser Bestimmung vgl. BGE 134 III 520 E. 1.2 S. 522).

Auf dem Deckblatt der Beschwerdeschrift wird der Verein Psychex als Vertreter
des Beschwerdeführers aufgeführt. Die Beschwerde trägt am Ende eine
fotokopierte Unterschrift von Rechtsanwalt Edmund Schönenberger sowie eine
Original-Unterschrift von Nana Schönenberger, welche für Rechtsanwalt Edmund
Schönenberger als Generalbevollmächtigte unterzeichnet hat, selber jedoch nicht
als Anwältin eingetragen ist. Somit geht aus der Beschwerde nicht klar hervor,
ob der Verein Psychex oder die beiden unterzeichneten Personen als Vertreter
des Beschwerdeführers fungieren.

2.1 Soweit der Verein Psychex als Parteivertreter genannt wird, ist
festzuhalten, dass Art. 40 Abs. 1 BGG die zur Parteivertretung berechtigten
Personen abschliessend nennt und ausschliesslich natürliche Personen in den
kantonalen Anwaltsregistern gemäss Art. 5 BGFA eingetragen sein können (Adrian
Staehelin und andere, Zivilprozessrecht, 2008, S. 549 § 30 Rz. 6, S. 552 § 30
Rz. 21; Staehelin/Oetiker, in: Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2005, N. 8 zu Art.
5 BGFA). Demgemäss ist der Verein von vornherein nicht zur Vertretung von
Parteien vor Bundesgericht berechtigt.

2.2 Soweit es um die Frage der Vertretung durch Edmund bzw. Nana Schönenberger
geht, ergibt sich aus den kantonalen Akten, dass der Beschwerdeführer eine
Vollmacht zugunsten von Psychex sowie u.a. dieser beiden Personen unterzeichnet
hat. Auch wenn es nicht Aufgabe des Richters ist, in den Akten nach Beweisen
für das Vorliegen von Prozessvoraussetzungen zu forschen, kann zugunsten des
Beschwerdeführers aus dieser Vollmacht immerhin geschlossen werden, dass
Rechtsanwalt Edmund Schönenberger zu seiner Vertretung ermächtigt ist.

Wie bereits unter der Herrschaft des OG ist eine Rechtsschrift, auf der sich
die nach Art. 42 Abs. 1 BGG erforderliche Unterschrift nur in Fotokopie
befindet, ungültig (BGE 112 Ia 173 E. 1 S. 173). Eine Person, welche nicht als
Anwalt zugelassen ist, kann auch in Vertretung eines Anwalts nicht gültig
unterzeichnen (Laurent Merz, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008,
N. 34 zu Art. 42 BGG mit Hinweis).

Da die Unterschrift von Rechtsanwalt Edmund Schönenberger lediglich in
fotokopierter Form vorliegt und Nana Schönenberger nicht als Anwältin
eingetragen ist, stellt sich die Frage, ob die Beschwerde als ungültig zu
betrachten ist bzw. ob mangels gültiger Unterschrift einer zur Parteivertretung
berechtigten Person eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels anzusetzen
ist mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt (Art. 42
Abs. 5 BGG). Auf einen entsprechenden formellen Mangel hat bereits das
Obergericht hingewiesen, sodass es durchaus möglich gewesen wäre, ihn im
Verfahren vor Bundesgericht zu vermeiden. Diese Frage kann vorliegend jedoch
offen bleiben, da auf die Beschwerde ohnehin nicht einzutreten ist.

3.
3.1 Wie sich aus der Beschwerde ergibt, ist der Beschwerdeführer mittlerweile
wieder aus der Anstalt entlassen worden (s. oben, Sachverhalt Bst. D). Daher
verfügt er grundsätzlich nicht mehr über ein aktuelles praktisches rechtlich
geschütztes Interesse an der Überprüfung der Rechtmässigkeit der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung durch das Bundesgericht (Art. 76 Abs. 1
lit. b BGG; Urteil 5A_66/2008 vom 7. März 2008 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein
ausnahmsweise genügendes abstraktes Rechtsschutzinteresse macht er nicht
(fundiert) geltend. Somit ist er auch nicht mehr zur Geltendmachung der
Feststellung einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK berechtigt.

3.2 Das Obergericht verzichtete i.S. der Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege durch das Amtsgericht auf die Erhebung von Gerichtskosten.
Hingegen ernannte es Rechtsanwalt Edmund Schönenberger nicht als
unentgeltlichen Rechtsbeistand. Zur Begründung führte es aus, vor dem
Amtsgericht sei Rechtsanwalt Roger Burges als unentgeltlicher Rechtsbeistand
eingesetzt worden. Der Beschwerdeführer begründe den Anwaltswechsel nicht, und
es gehe auch nicht aus den Akten hervor, dass der eingesetzte Rechtsbeistand
die wesentlichen Interessen des Beschwerdeführers nicht mehr ausreichend
wahrnehmen könne.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen diese obergerichtliche Erwägung, indem
er insbesondere geltend macht, er habe das Recht, den Anwalt ohne Bekanntgabe
von Gründen zu wechseln. Dabei verkennt er, dass nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ein Begehren um Wechsel des amtlichen Verteidigers nur dann zu
bewilligen ist, wenn aus objektiven Gründen eine sachgemässe Vertretung der
Interessen durch diesen nicht mehr gewährleistet ist (BGE 116 Ia 102 E. 4b/aa
S. 105; 114 Ia 101 E. 3 S. 104; je mit Hinweisen). Im Übrigen hat das
Obergericht Rechtsanwalt Edmund Schönenberger zwar nicht als unentgeltlichen
Rechtsbeistand, jedoch als gewillkürten Vertreter anerkannt und seine
Beschwerde trotz der formellen Mängel (s. oben, E. 2.2) behandelt. Insofern ist
dem Beschwerdeführer aus der vorinstanzlichen Verweigerung des Wechsels des
unentgeltlichen Rechtsbeistandes kein Rechtsnachteil erwachsen, sodass es auch
diesbezüglich an einem rechtlich geschützten Interesse fehlt. Ob er darüber
hinaus ein rechtlich geschütztes Interesse an der Gutheissung eines Wechsels
des unentgeltlichen Rechtsbeistandes haben soll, tut der Beschwerdeführer nicht
dar.

4.
Fehlt es an einem rechtlich geschützten Interesse an der Aufhebung oder
Änderung des angefochtenen Entscheids (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG), ist auf die
Beschwerde nicht einzutreten. Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, konnte
der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den
materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64
Abs. 1 BGG) und das betreffende Gesuch des Beschwerdeführers abzuweisen ist. Es
werden ausnahmsweise keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht Luzern, II. Kammer, als
Beschwerdeinstanz nach EGZGB, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Mai 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Rapp