Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.151/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_151/2009

Urteil vom 8. April 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiber Schett.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecherin Monika Bütikofer Burri,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Fürsprecherin Prisca Graf-Gottschall.

Gegenstand
Prozesskostenvorschuss (Scheidungsverfahren),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern,
Appellationshof, 1. Zivilkammer, vom 26. Januar 2009.

Sachverhalt:

A.
A.a Mit Eingabe vom 11. Juli 2008 reichte X.________ beim Gerichtskreis
A.________ eine von ihr und Y.________ unterzeichnete Ehescheidungskonvention
sowie ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ein. Am 15.
August 2008 teilte X.________ dem zuständigen Gerichtspräsidenten mit, sie sei
mit ihrem Freund, den sie zu heiraten beabsichtige, nach B.________ gezogen. In
seinem Entscheid vom 19. September 2008 hielt der Gerichtspräsident C.________
des Gerichtskreises A.________ fest, X.________ sei nicht in der Lage, ihre
Anwalts- und Verfahrenskosten zu tragen (Entscheid vom 10. Dezember 2008 S. 3);
er wies das Gesuch aber mit der Begründung ab, die aus der Unterhalts- bzw.
Beistandspflicht der Ehegatten fliessende Prozesskostenvorschusspflicht gehe
dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege vor, und der Ehemann der
Gesuchstellerin dieser einen Prozesskostenvorschuss zu leisten habe, wozu er
aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse in der Lage sei.
A.b Hierauf ersuchte X.________ beim Gerichtskreis A.________ mit Eingabe vom
1. Oktober 2008 um Verurteilung ihres Ehemannes zur Leistung eines
Prozesskostenvorschusses für die Durchführung des Ehescheidungsverfahrens.
Eventualiter beantragte sie, die Bank D.________ sei anzuweisen, ihr ab dem
Sparkonto des Gesuchsgegners einen angemessenen Prozesskostenvorschuss zu
bezahlen. Mit Entscheid vom 10. Dezember 2008 wies der Gerichtspräsident
C.________ des Gerichtskreises A.________ mangels Kenntnis der massgebenden
finanziellen Lage der Gesuchstellerin und mangels Substanziiertheit das Gesuch
ab.

B.
Dagegen appellierte X.________ und bestätigte ihre im erstinstanzlichen
Verfahren gestellten Anträge. Mit Entscheid vom 26. Januar 2009 wies der
Appellationshof des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, das Gesuch um Leistung eines
Prozesskostenvorschusses mangels ausreichender Substanziierung resp. mangels
Bedürftigkeitsnachweis ebenfalls ab.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 2. März 2009 beantragt X.________
(nachfolgend Beschwerdeführerin) dem Bundesgericht, der Entscheid der 1.
Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern vom 26. Januar 20098 sei
aufzuheben, Y.________ (nachfolgend Beschwerdegegner) sei zu verurteilen, der
Beschwerdeführerin für die Durchführung des Ehescheidungsverfahrens einen
angemessenen Prozesskostenvorschuss zu bezahlen, eventualiter sei die Bank
D.________ anzuweisen, der Beschwerdeführerin ab dem Sparkonto Nr. 1 des
Beschwerdegegners einen angemessenen Prozesskostenvorschuss für die
Durchführung des Ehescheidungsverfahrens zu bezahlen. Schliesslich sei der
Beschwerdeführerin auch für das Verfahren vor Bundesgericht das Recht auf
unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung ihrer Anwältin zu gewähren.
Es wurden die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG), mit
dem ein Gesuch um Leistung eines Prozesskostenvorschusses für ein
Ehescheidungsverfahren abgewiesen worden ist. Der Entscheid über die
Prozesskostenvorschusspflicht ist eine auf der Basis von Art. 137 ZGB während
des Scheidungsverfahrens angeordnete vorsorgliche Massnahme nach Art. 98 BGG
und zudem ein Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG (BGE 134 III 426 E. 2.2 S.
431). Der Streit um die Prozesskostenvorschusspflicht eines Ehegatten während
des Scheidungsverfahrens stellt eine Zivilsache dar (Art. 72 Abs. 1 BGG),
welches dem Streitwerterfordernis unterliegt. Entgegen Art. 112 Abs. 1 lit. d
BGG enthält der angefochtene Entscheid keine Angabe über den Streitwert. In der
Appellationserklärung hat die Beschwerdeführerin allerdings ausgeführt, dass
ein Vorschuss in der Grössenordnung von Fr. 6'000.-- angemessen wäre, sodass
diese Angabe als Streitwert zugrunde gelegt werden kann. Dieser Betrag liegt
unter der Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG),
weshalb die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig ist. Die unrichtige
Bezeichnung des Rechtsmittels schadet der Beschwerdeführerin nicht; dieses wird
als subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BBG entgegen genommen.
Allerdings kann auf diese nur eingetreten werden, wenn sämtliche formellen, für
die subsidiäre Verfassungsbeschwerde geltenden Voraussetzungen erfüllt sind
(BGE 134 III 379 E. 1.2 S. 382; 131 I 291 E. 1.3 S. 296; 126 III 431 E. 3 S.
437; 126 II 506 E. 1b S. 509 je mit Hinweisen).

1.2 Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1
BGG). Auch die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist ein reformatorisches
Rechtsmittel (Art. 117 i.V.m. Art. 107 Abs. 2 BGG; Urteil 5D_35/2007 vom 4.
Juli 2007, E. 2), sodass der Beschwerdeführer grundsätzlich einen Antrag in der
Sache stellen muss, ansonsten die Beschwerde unzulässig ist (BGE 133 III 489 E.
3.1 S. 489). Anträge auf Geldforderungen sind zu beziffern (BGE 134 III 235 E.
2 S. 236 f.). Begehren auf Festlegung der üblichen, angemessenen oder
gesetzlichen Leistungen erfüllen die formellen Anforderungen nicht (Urteil
5A_766/2008 vom 4. Februar 2009, mit Hinweisen). Das Rechtsbegehren der
Beschwerdeführerin, den Beschwerdegegner zu verurteilen, ihr für die
Durchführung des Ehescheidungsverfahrens einen angemessenen
Prozesskostenvorschuss zu bezahlen, ist formell ungenügend, selbst wenn es nach
kantonalem Recht zulässig sein sollte (vgl. BGE 121 III 390 E. 1 S. 392; so
noch ausdrücklich: LEUCH, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 3. A.
Bern 1956/85, N. 2 Abs. 1 a.E. zu Art. 137 ZPO/BE mit Hinweis). Im vorliegenden
Fall reicht der nicht bezifferte Antrag indessen aus; das Bundesgericht könnte
im Falle der Gutheissung in der Sache selbst nicht entscheiden, weil die
erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen, und es die
Sache - im Sinne eines Minus - zur Erhebung des erforderlichen Sachverhaltes an
die Vorinstanz zurückweisen müsste (BGE 134 III 379 E. 1.3 S. 383).

1.3 Gemäss Art. 116 BGG kann mit der Verfassungsbeschwerde die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Den Beschwerdegrund der Verletzung
von verfassungsmässigen Rechten (Art. 116 BGG) prüft das Bundesgericht nur
insofern, als eine entsprechende Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet, d.h. klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen
Entscheids dargelegt wird, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt sein
sollen (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 I 83 E. 3.2 S. 88). Auf
ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133
III 638 E. 2 S. 639).
Nach Art. 118 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 116 BGG kommt eine Berichtigung
oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen nur dann in Frage, wenn die
kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat. Wird Letzteres
geltend gemacht, ist neben der Erheblichkeit der gerügten Tatsachenfeststellung
für den Ausgang des Verfahrens klar und detailliert darzutun, inwiefern diese
verfassungswidrig, insbesondere willkürlich (Art. 9 BV), offensichtlich
unhaltbar sein soll, d.h. mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch
stehe, auf einem offenkundigen Versehen beruhe oder sich sachlich in keiner
Weise rechtfertigen lasse (BGE 133 III 393 E. 6 und 7.1; 134 I 83 E. 4.1 S. 88;
je mit Hinweisen).

1.4 Die Beschwerdeschrift genügt den Begründungsanforderungen nicht. Die
Beschwerdeführerin macht zwar geltend, es sei infolge Abweisung von
Beweisanträgen das rechtliche Gehör verletzt, das Beweisrecht willkürlich
angewendet, der Sachverhalt qualifiziert unrichtig festgestellt worden; ferner
habe der Appellationshof Art. 333 ZPO/BE willkürlich angewendet. Sie zeigt aber
nicht auf, welche Sachverhaltselemente sie mit welchen Beweismitteln beweisen
bzw. glaubhaft machen wollte und inwiefern der derart geänderte Sachverhalt
einen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens gehabt hätte. Ebenso legt sie
nicht dar, inwiefern das Beweisrecht falsch angewendet wurde bzw. welches der
Einfluss auf die ihrer Ansicht nach korrekte Anwendung des Beweisrechts auf das
Ergebnis gehabt hätte. Dasselbe gilt sinngemäss in Bezug auf den Vorwurf der
willkürlichen Anwendung von Art. 333 ZPO/BE. Schliesslich legt die
Beschwerdeführerin nicht dar, in welchen Punkten die Tatsachenfeststellungen
mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem
offenkundigen Versehen beruhen oder sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen
lassen.
Nach dem Gesagten kann nicht auf die Beschwerde eingetreten werden.

1.5 Bei diesem Ausgang des Verfahrens steht fest, dass die Beschwerdeführerin
keinen Prozesskostenvorschuss vom Beschwerdegegner erhältlich machen kann. Dies
bedeutet allerdings nicht, dass das beim Appellationshof des Kantons Bern
hängige, zur Zeit sistierte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege automatisch
gutgeheissen werden kann. Andererseits ist das fragliche Gesuch auch nicht
einfach mit der Begründung abzuweisen, die Beschwerdeführerin habe sich die
Nichterhältlichkeit des Prozesskostenvorschusses selber zuzuschreiben. Die
Frage, ob der Beschwerdegegner aufgrund seiner finanziellen Situation überhaupt
verpflichtet werden könnte, einen Prozesskostenvorschuss zu leisten, was sowohl
dieser als auch die Beschwerdeführerin bestreiten, wurde in keinem der
bisherigen Verfahren geprüft.

2.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung
wird nicht zugesprochen, zumal der Beschwerdeführer nicht zur Vernehmlassung
eingeladen und diesem demzufolge im bundesgerichtlichen Verfahren keine Kosten
entstanden sind. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, weil
die Beschwerde von vornherein aussichtslos war.

Das Bundesgericht erkennt:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Appellationshof, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. April 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Schett