Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.146/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_146/2009

Urteil vom 1. April 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Psychiatriezentrum A.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Fürsorgerische Freiheitsentziehung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, kantonale
Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen, vom 23. Februar
2009.

Sachverhalt:

A.
X.________ befindet sich im Rahmen einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung im
Psychiatriezentrum A.________. Mit Verfügung vom 11. Februar 2009 trat der
Regierungsstatthalter von Wangen auf ein Entlassungsgesuch von X.________ nicht
ein.

B.
Mit Urteil vom 23. Februar 2009 trat die kantonale Rekurskommission für
fürsorgerische Freiheitsentziehungen auf den Rekurs von X.________ ein,
überprüfte die Voraussetzungen für dessen weitere Zurückbehaltung und wies den
Rekurs ab.

C.
X.________ gelangt mit einer am 2. März 2009 der Post übergebenen Beschwerde in
Zivilsachen an das Bundesgericht und ersucht um Entlassung aus der Anstalt. Die
kantonale Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen hat sich
nicht vernehmen lassen.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid betreffend
fürsorgerische Freiheitsentziehung, wogegen die Beschwerde in Zivilsachen
gegeben ist (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90
BGG). Mit dieser kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich verfassungsmässiger Rechte sowie von Völkerrecht gerügt werden
(Art. 95 BGG).

2.
2.1 Eine mündige oder entmündigte Person darf wegen Geisteskrankheit,
Geistesschwäche, Trunksucht, anderen Suchterkrankungen oder schwerer
Verwahrlosung in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten
werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden
kann (Art. 397a Abs. 1 ZGB). Wie bei der Einweisung in eine Anstalt ist auch
bei der Zurückbehaltung des Betroffenen das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu
beachten. Erforderlich ist, dass der Betroffene infolge der im Gesetz
umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge bedarf, die ihm nur in
einer Anstalt gewährt werden kann (BGE 114 II 213 E. 5). Ferner ist die
Belastung zu berücksichtigen, welche die Person für ihre Umgebung bedeutet
(Art. 397a Abs. 2 ZGB). Sobald es sein Zustand erlaubt, muss der von der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung Betroffene entlassen werden (Art. 397a Abs.
3 ZGB; zum Ganzen: BGE 134 III 289 E. 4).

2.2 Nach dem psychiatrischen Gutachten vom 6. November 2008 leidet der
Beschwerdeführer an einem manischen Zustandsbild bei anamnestisch bekannter
schizoaffektiver Störung F25.0. Der Gutachter beschreibt im Weiteren einen sehr
labilen psychiatrischen Zustand mit geringer psychischer Belastbarkeit und
führt des Weiteren aus, bereits im Rahmen der Exploration sei der
Beschwerdeführer unter geringster Zunahme der psychischen Belastung mit
gereizten, dysphorischen und zum Teil aggressiven Verhaltensweisen aufgefallen.
Das Realitätserleben des Beschwerdeführers werde durch eine erhebliche
Krankheitsuneinsicht und eine erhebliche Wahnsymptomatik eingeschränkt.
Aufgrund des beschriebenen Gesundheitszustandes, welcher ohne weiteres als
Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB gewertet werden kann, ging der
Gutachter von der Notwendigkeit einer dauerhaften stationären pharmakologischen
Behandlung aus. Der Regierungsstatthalter von Wangen ordnete am 18. November
2008 die unbestimmte Zurückhaltung im Psychiatriezentrum A.________ zwecks
stationärer, psychiatrischer und psychopharmakologischer Behandlung sowie zur
Regelung der zukünftigen Wohn-, Betreuungs-, Therapie- und
Beschäftigungssituation an.

Die Rekurskommission verweist im Weiteren auf einen Bericht des
Psychiatriezentrums A.________ vom 18. Dezember 2008, wonach der
Beschwerdeführer wegen Tätlichkeiten gegenüber einem Pflegefachmann infolge
Rangelei mit einem Mitpatienten vorübergehend habe isoliert werden müssen.
Diese Massnahme habe am 15. Dezember 2008 aufgehoben werden können, sei aber
später erneut angeordnet worden, weil der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit
der Verweigerung der verordneten Medikamenteneinnahme erneut ein bedrohliches
Verhalten an den Tag gelegt habe.

Nach dem angefochtenen Entscheid ergibt sich aus einem Bericht des
Psychiatriezentrums A.________ vom 9. Februar 2009, dass der Beschwerdeführer
seither keinen weiteren Anlass zur Isolation gab. Zur Zeit lebt er in einer
offenen Abteilung, was ihm erlaubt, selbständige Spaziergänge zu unternehmen
und die Wochenenden zuhause zu verbringen. Mehrere Wochenendurlaube seien ohne
Zwischenfälle verlaufen. Der Beschwerdeführer verweigere aber weiterhin die
nötige Medikamenteneinnahme, habe sich aber immerhin am 9. Februar 2009
erstmals bereit gezeigt, über eine stimmungsstabilisierende Medikation zu
diskutieren. Anlässlich der Verhandlung hat der Beschwerdeführer erklärt, er
könne die Wohnung nur noch einen Monat lang nutzen. Einen Mietvertrag habe er
nicht.

Die Rekurskommission ist aufgrund der Akten und der Befragung zum Schluss
gelangt, beim Beschwerdeführer sei zwar eine Besserung der Situation
eingetreten. Eine derzeitige Entlassung komme aber nicht in Frage, da
Nachbetreuung und soziale Wiedereingliederung noch nicht gewährleistet seien,
der Beschwerdeführer über keine Wohnung verfüge und er somit nach wie vor des
geschützten Rahmens der Klinik bedürfe.

2.3 Die Rekurskommission hat damit die Zurückbehaltung aufgrund der
wesentlichen tatsächlichen Umstände beurteilt und ihr Schluss lässt sich mit
Art. 397a Abs. 1 ZGB vereinbaren. Nicht allein ausschlaggebend sein kann die
geschilderte Besserung des Gesundheitszustandes, muss diese doch vor dem
Hintergrund des Aufenthaltes in der Anstalt gesehen werden. Wesentlich ist vor
allem, dass der Beschwerdeführer nach wie vor krankheitsuneinsichtig ist und
eine Medikamenteneinnahme nach wie vor ablehnt. Damit aber sind die
Voraussetzungen für eine ambulante Behandlung zur Zeit nicht gegeben. Zudem ist
die soziale Wiedereingliederung nicht gewährleistet und auch die Wohnsituation
noch nicht geklärt. Aus den Darstellungen des angefochtenen Urteils lässt sich
schliessen, dass bei einer sofortigen Entlassung sehr bald wieder mit einem
Zustand gerechnet werden muss, der erneut eine Einweisung zur Folge hätte.
Unter diesen Umständen ist eine Entlassung derzeit nicht in Betracht zu ziehen
(vgl. dazu: SPIRIG Zürcher Kommentar 3. Aufl. 1995, N. 303 zu Art 397a ZGB).

3.
Was der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Entscheid vorbringt, vermag
keine Bundesrechtsverletzung darzutun:

3.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da ihm
das Gutachten und die Berichte des Psychiatriezentrums A.________ nicht
zugestellt worden seien.

Die Verfassungsgarantie nach Art. 29 Abs. 2 BV verleiht dem Beschwerdeführer
lediglich einen Anspruch, die Akten am Sitz der Behörde einzusehen; ein Recht,
die Akten bei sich zu konsultieren, lässt sich daraus aber nicht ableiten (vgl.
BGE 108 Ia 5 E. 2b S. 7; 116 Ia 325 E. 3d/aa S. 327). Damit waren die Behörden
auch nicht gehalten, ihm Kopien der besagten Akten zuzustellen. Der
Beschwerdeführer behauptet und belegt nicht, dass ihm das kantonale Recht einen
weitergehenden Anspruch gewährt.

Die angesprochenen Berichte und das Gutachten befinden sich in den Akten. Der
Beschwerdeführer macht nicht substanziiert geltend, sich beim
Regierungsstatthalter bzw. bei der Rekurskommission erfolglos um Einsicht in
diese Akten bemüht zu haben. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet.

3.2 Der Beschwerdeführer kritisiert schliesslich das angefochtene Urteil über
weite Strecken, ohne in Auseinandersetzung mit dessen Erwägungen darzulegen,
inwiefern dieses Bundesrecht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Insbesondere
vermag die blosse Bestreitung der festgestellten Krankheit oder die Bestreitung
des Inhalts des massgebenden Gutachtens den Begründungsanforderungen von Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG nicht zu genügen, zumal der Beschwerdeführer mit seinen
Ausführungen nicht darlegt, inwiefern die Sachverhaltsfeststellungen des
Obergerichts auf Willkür bzw. auf einer Rechtsverletzung nach Art. 95 BGG
beruhen sollen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.2 und 1.4.3 S. 255) und inwiefern
die Behebung des behaupteten Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in fine BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S.
22). Darauf ist nicht einzutreten.

4.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Es
werden keine Kosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, kantonale
Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 1. April 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Zbinden