Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.111/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_111/2009

Urteil vom 5. Mai 2009
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Gysel.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Mark Furger,

gegen

1. Y.________,
2. Z.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Heinz O. Haefele.

Gegenstand
Zustandekommen eines Vergleichs in einem Erbteilungsprozess (Sistierung des
Verfahrens),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts (I. Zivilkammer) des Kantons
Zürich vom 18. Februar 2008 und den Zirkulationsbeschluss des
Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Dezember 2008.

Sachverhalt:

A.
X.________ reichte mit Eingabe vom 6. September 2005 beim Bezirksgericht
A.________ gegen ihre beiden Brüder Y.________ und Z.________ Klage ein und
beantragte, den Nachlass ihres verstorbenen Vaters festzustellen und zu teilen.
Mit Zirkularbeschluss vom 30. Oktober 2007 stellte das Bezirksgericht fest,
dass (im Anschluss an die am 5. März 2007 durchgeführte Verhandlung) zwischen
den Parteien eine gültige Vereinbarung zustande gekommen sei, deren Wortlaut in
den Erwägungen wiedergegeben wurde. Darnach wäre unter anderem festgelegt
worden, dass die zum Nachlass gehörenden wie auch die auf den Namen von
X.________ lautenden Aktien der C.________ AG gegen Bezahlung von Fr.
150'000.-- an Y.________ und Z.________ übergehen sollen (Ziff. 3.1 und 3.2).
Dieser Betrag sollte dadurch erbracht werden, dass von dem ebenfalls zum
Nachlass gehörenden Mietzinskonto Fr. 390'000.-- sofort aufgeteilt und
ausbezahlt würden und Y.________ wie auch Z.________ von ihrem Anteil je Fr.
75'000.-- an die Schwester überweisen sollten (Ziff. 4.2). Im gleichen
Beschluss ordnete das Bezirksgericht an, dass das Verfahren vereinbarungsgemäss
(im Hinblick auf die Veräusserung der zum strittigen Nachlass gehörenden
Liegenschaft; Ziff. 1.1 und 9.1 der erwähnten Vereinbarung) einstweilen
sistiert werde.

B.
Y.________ und Z.________ rekurrierten mit den Rechtsbegehren, es sei
festzustellen, dass keine gültige Vereinbarung zustande gekommen sei, und der
bezirksgerichtliche (Sistierungs-)Beschluss aufzuheben; allenfalls sei
festzustellen, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung "im Sinne der
vereinfachten Variante" (wonach X.________ für die Aktien von dem vom
Mietzinskonto zu teilenden Betrag von Fr. 390'000.-- vorab Fr. 150'000.--
auszuzahlen wären) zustande gekommen sei.
Das Obergericht (I. Zivilkammer) des Kantons Zürich hiess den Rekurs am 18.
Februar 2008 gut, hob den Beschluss des Bezirksgerichts A.________
vollumfänglich auf und wies die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an die
erste Instanz zurück.

C.
Die von X.________ gegen den obergerichtlichen Beschluss eingereichte
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 29.
Dezember 2008 ab, soweit darauf einzutreten war.

D.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 11. Februar 2009 beantragt X.________, der
kassationsgerichtliche Zirkulationsbeschluss vom 29. Dezember 2008 und der
obergerichtliche Beschluss vom 18. Februar 2008 seien aufzuheben; allenfalls
sei neben diesen Aufhebungen die Angelegenheit zur weiteren Abklärung des
Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an das Kassationsgericht bzw. an das
Obergericht zurückzuweisen.
Vernehmlassungen zur Beschwerde sind nicht eingeholt worden.
Durch Präsidialverfügung vom 27. Februar 2009 ist der Beschwerde antragsgemäss
aufschiebende Wirkung zuerkannt und der Entscheid über das weitere Begehren,
das bundesgerichtliche Verfahren zu sistieren, bis ein erstinstanzlicher
Entscheid über das von der Beschwerdeführerin eingereichte
Protokollberichtigungsbegehren vorliege, dem instruierenden Abteilungsmitglied
überlassen worden.

Erwägungen:

1.
Mit der Begründung, sie habe sich (erst) aufgrund des kassationsgerichtlichen
Entscheids veranlasst gesehen, beim Bezirksgericht um Berichtigung des
Protokolls nachzusuchen, und sie müsse das im Sinne ihres Begehrens berichtigte
Protokoll als Beweismittel in das bundesgerichtliche Verfahren einbringen
können, verlangt die Beschwerdeführerin, letzteres sei bis zum Entscheid über
das Protokollberichtigungsbegehren zu sistieren. Art. 99 Abs. 1 BGG bestimmt,
dass im Verfahren vor Bundesgericht neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit
vorgebracht werden dürfen, als erst der Entscheid der kantonalen Vorinstanz
dazu Anlass gibt. Die Beschwerdeführerin übergeht, dass bereits das Obergericht
in seinem zu ihren Ungunsten ausgefallenen Entscheid bei der Beurteilung der
Frage, ob in der Verhandlung vom 5. März 2007 eine Vereinbarung zwischen den
Parteien zustande gekommen sei, dem Inhalt des bezirksgerichtlichen
Verhandlungsprotokolls eine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hatte. War
es aber somit entgegen ihrer Auffassung nicht erst der Entscheid des
Kassationsgerichts, der Anlass gab, eine Berichtigung dieses Protokolls
anzustreben, sind die Voraussetzungen zur Zulassung sich bei einer allfälligen
Protokollberichtigung neu ergebender Tatsachen von vornherein nicht erfüllt. Es
braucht unter diesen Umständen nicht erörtert zu werden, inwiefern eine
nachträgliche Protokollberichtigung im Rahmen der erwähnten Bestimmung
überhaupt berücksichtigt werden könnte. Das Ergebnis des von der
Beschwerdeführerin eingeleiteten Protokollberichtigungsverfahrens ist nach dem
Gesagten nicht abzuwarten, und das Sistierungsbegehren ist abzuweisen.

2.
Ist der Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts mit einem Rechtsmittel, das
nicht alle Rügen nach den Art. 95-97 BGG zulässt, bei einer zusätzlichen
kantonalen Gerichtsinstanz angefochten worden, so beginnt die Beschwerdefrist
erst mit der Eröffnung des Entscheids dieser Instanz (Art. 100 Abs. 6 BGG). Die
- innert der mit der Zustellung des Beschlusses des Kassationsgerichts
ausgelösten Frist von 30 Tagen (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte - Beschwerde
vom 11. Februar 2009 ist mithin auch bezüglich der Anfechtung des
obergerichtlichen Beschlusses rechtzeitig, zumal das Kassationsgericht
wenigstens teilweise auf die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde eingetreten ist
und letztere insoweit somit zulässig war (dazu BGE 134 III 92 E. 1.4 S. 95).

3.
Bei den angefochtenen Beschlüssen handelt es sich nicht um das Verfahren
abschliessende Entscheide im Sinne von Art. 90 BGG, d.h. nicht um
Endentscheide, sondern um (selbständig eröffnete) Zwischenentscheide (der
letzten kantonalen Instanzen; Art. 75 Abs. 1 BGG).

3.1 Abgesehen von den in Art. 92 BGG geregelten Sonderfällen (Entscheide über
die Zuständigkeit bzw. über Ausstandsbegehren) ist die Beschwerde in
Zivilsachen gegen Zwischenentscheide nur dann zulässig, wenn sie einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder
wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und
damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Der Begriff des
nicht wieder gutzumachenden Nachteils entspricht demjenigen, der Art. 87 Abs. 2
OG zugrunde lag, so dass zu seiner Auslegung die Rechtsprechung zu jener
Bestimmung heranzuziehen ist (BGE 135 III 127 E. 1.3 S. 129; 133 III 629 E. 2.3
S. 632 mit Hinweis). Darnach muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur
handeln, der sich auch mit einem späteren günstigen Entscheid nicht gänzlich
beseitigen lässt (BGE 133 IV 139, E. 4 S. 141, 288, E. 3.1 S. 291, und 335, E.
4 S. 338; mit Hinweisen). Die Erfüllung der Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1
BGG für eine Zulassung der Beschwerde ist in dieser darzutun (BGE 133 III 629
E. 2.3.1 S. 632 und E. 2.4.2 S. 633, mit Hinweisen), es sei denn, dass sie
offensichtlich sei.

3.2 In den kantonalen Verfahren war es letztlich darum gegangen, ob in der
bezirksgerichtlichen Verhandlung vom 5. März 2007 zwischen den Parteien eine
(die Sistierung des Erbteilungsprozesses rechtfertigende) Vereinbarung über die
strittige Nachlassteilung zustande gekommen sei. Die erste Instanz war von
einer gültigen Vereinbarung ausgegangen, in deren Ziff. 9.1 die Parteien
festgelegt hätten, dass das Verfahren bis 10. Oktober 2007 sistiert und
gestützt auf die von ihnen nach dem (in Ziff. 1.1) vereinbarten Verkauf der
Liegenschaft in T.________ abzugebende Erklärung sodann als durch Vergleich
erledigt abgeschrieben werden solle. Unter Hinweis auf den Umstand, dass die
vereinbarten Termine wegen der eingetretenen Verzögerung, für deren Fall die
Vereinbarung keine Regelung enthalte, nicht mehr praktikabel seien, ordnete das
Bezirksgericht an, dass das Verfahren einstweilen (d.h. ohne zeitliche
Begrenzung) sistiert werde.
Das Obergericht gelangte dagegen zum Schluss, es sei keine Vereinbarung über
die Erbteilung zustande gekommen und es lägen denn auch keine entsprechenden
schriftlichen Zustimmungserklärungen der Parteien bei den Akten; für eine
Sistierung des Verfahrens bestehe kein zureichender Grund, so dass die Sache
zur Fortsetzung des Erbteilungsprozesses an das Bezirksgericht zurückzuweisen
sei. Dieser Entscheid blieb angesichts der Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde
durch das kantonale Kassationsgericht unverändert.

3.3 Die von einem Zustandekommen einer gültigen Vereinbarung ausgehende
Beschwerdeführerin hält beide Tatbestände von Art. 93 Abs. 1 BGG für erfüllt.
3.3.1 Dass die angefochtenen Entscheide einen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil bewirken könnten (lit. a), begründet sie mit den verhärteten Fronten
zwischen den Parteien, die das Erzielen einer neuen Einigung ausschlössen, was
dazu führen würde, dass die Nachlassliegenschaft öffentlich versteigert werden
müsste (und nicht, wie in der geltend gemachten Vereinbarung festgelegt, zu
einem Mindestpreis von 3,3 Mio. Franken verkauft werden könnte). Worin bei
einer allfälligen öffentlichen Versteigerung der Liegenschaft für sie ein
Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bestehen soll, legt die
Beschwerdeführerin indessen nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Soweit
die Beschwerdeführerin auf ihre Ausführungen in der kantonalen
Nichtigkeitsbeschwerde verweist, sind ihre Vorbringen unbeachtlich, da die
Begründung in der Rechtsschrift selbst enthalten sein muss (Art. 42 Abs. 1 BGG;
BGE 133 IV 286 E. 1.4 S. 287; 131 III 384 E. 2.3 S. 387 f. mit Hinweis).
3.3.2 Die Beschwerdeführerin macht ausserdem geltend, dass bei einer
Gutheissung der Beschwerde der hängige Erbteilungsprozess nach Verkauf der
Liegenschaft als durch Vergleich erledigt abgeschrieben und so ein zeitlich und
kostenmässig aufwendiges Beweisverfahren eingespart werden könnte.
3.3.2.1 Der Tatbestand von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG setzt voraus, dass das
Bundesgericht in der Lage ist, mit einer vom angefochtenen Entscheid
abweichenden Beurteilung der massgebenden Fragen den Prozess sofort und
endgültig zu beenden (BGE 133 III 629 E. 2.4.1 S. 633; 132 III 785 E. 4.1 S.
791; 129 III 288 E. 2.3.3 S. 291). Mit ihren (kassatorischen) Hauptanträgen
verlangt die Beschwerdeführerin die Aufhebung der beiden angefochtenen
Entscheide. Eventualiter beantragt sie, die Angelegenheit zur weiteren
Abklärung des Sachverhalts und zur neuen Entscheidung "im Sinne der
Hauptanträge" an das Kassations- bzw. an das Obergericht zurückzuweisen. Mit
keinem dieser Begehren wird ein endgültiger Abschluss des Erbteilungsprozesses
angestrebt. Allerdings erwähnt die Beschwerdeführerin in dem unter
"Zusammenfassung" Vorgetragenen den Fall einer Entscheidung "im Sinne der
Hauptanträge" durch das Bundesgericht selbst. Sollte damit die Feststellung des
Zustandekommens einer Vereinbarung des von der Beschwerdeführerin geltend
gemachten Inhalts gemeint sein, wäre die Voraussetzung der Möglichkeit eines
sofortigen Endentscheids dennoch nicht gegeben, bliebe doch das Verfahren wegen
des vorbehaltenen Abwartens der Veräusserung der Nachlassliegenschaft weiterhin
hängig.
3.3.2.2 Schliesslich wäre auch die weitere Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1
lit. b BGG nicht dargetan: Die Beschwerdeführerin bringt nichts vor, woraus
sich ergäbe, dass ein weitläufiges, zeitaufwendiges und kostspieliges
Beweisverfahren eingespart werden könnte.

4.
Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang
des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegner sind mit ihrem Begehren, das Gesuch
um Sistierung des vorliegenden Verfahrens abzuweisen, durchgedrungen. Für die
entsprechenden Aufwendungen ist ihnen daher zulasten der Beschwerdeführerin
eine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Begehren der Beschwerdeführerin um Sistierung des bundesgerichtlichen
Verfahrens wird abgewiesen.

2.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Die Beschwerdeführerin wird verpflichtet, die Beschwerdegegner für ihre
Umtriebe im bundesgerichtlichen Verfahren mit Fr. 750.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Obergericht (I. Zivilkammer) des
Kantons Zürich und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 5. Mai 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Gysel