Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Erläuterung und Berichtigung 4G.1/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4G_1/2009

Urteil vom 5. Mai 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Sommer.

Parteien
Verwaltungskommission des Obergerichts
des Kantons Zürich, Klausstrasse 4, Postfach 2401, 8021 Zürich,
Gesuchstellerin,

gegen

X.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Damiano Brusa und Philipp Dickenmann,
Y.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans-Jörg Vogl,
c/o Rechtsanwalt Thomas Frey,
Gesuchsgegnerinnen.

Gegenstand
Erläuterung des Bundesgerichtsurteils
4A_288/2008 vom 4. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Schiedsurteil vom 19. November 2007 wurde die X.________ AG (Beklagte und
Widerklägerin) verurteilt, der Y.________ AG (Klägerin und Widerbeklagte) Fr.
223'674.45 zuzüglich verschiedener Zinsbetreffnisse zu bezahlen. Die Widerklage
wies das ad-hoc Schiedsgericht ab und die Kosten des Schiedsverfahrens
auferlegte es vollumfänglich der X.________ AG.
Das Obergericht des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, wies mit
Zirkular-Erledigungsbeschluss vom 2. Mai 2008 die von der X.________ AG gegen
das Schiedsurteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ab (Dispositiv Ziffer 1). Es
auferlegte die Gerichtsgebühr von Fr. 18'500.-- der X.________ AG (Dispositiv
Ziffer 2) und verpflichtete die X.________ AG, der Y.________ AG für das
Kassationsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 11'500.-- zu bezahlen
(Dispositiv Ziffer 3).
Dagegen erhob die X.________ AG Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht.
Dieses fällte am 4. September 2008 folgendes Urteil (4A_288/2008; Dispositiv
Ziffer 1):
"Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 2. Mai 2008 wird insoweit aufgehoben, als es die Ziffern 5-9
des Entscheids des Schiedsgerichts vom 19. November 2007 zum Gegenstand hat. Im
Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist."

B.
Mit Zirkular-Erledigungsbeschluss vom 9. Dezember 2008 entschied das
Obergericht des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, neu in dieser Sache. In
teilweiser Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde hob es die Dispositiv Ziffern
5-9 des Schiedsgerichtsurteils vom 19. November 2007 auf und wies die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies es die
Nichtigkeitsbeschwerde ab. Die Gerichtsgebühr von Fr. 30'000.-- für das
Kassationsverfahren auferlegte es den Parteien je zur Hälfte und sprach für das
Kassationsverfahren keine Parteientschädigungen zu.
Die X.________ AG erhob gegen die Höhe der Gerichtsgebühr beim Obergericht (als
Gesamtgericht) Kostenbeschwerde. Sie beantragte, es sei festzustellen, dass die
Dispositiv Ziffern 2 und 3 des Zirkular-Erledigungsbeschlusses des
Obergerichts, III. Zivilkammer, vom 2. Mai 2008 "nicht mehr wirksam" seien.
Eventuell seien diese Ziffern aufzuheben. Sofern dies nicht erfolge, sei die
Gerichtsgebühr von Fr. 30'000.-- auf Fr. 0.-- herabzusetzen. Dieses Verfahren
ist hängig.

C.
Mit Eingabe vom 3. März 2009 stellt die Verwaltungskommission des Obergerichts
des Kantons Zürich (Gesuchstellerin) dem Bundesgericht folgendes
Erläuterungsbegehren:
"Es sei Dispositiv Ziffer 1 des Urteils (4A_288/2008) vom 4. September 2008
insoweit zu erläutern, als nicht daraus hervorgeht, ob damit auch die
Dispositiv Ziffern 2 und 3 (Gerichtsgebühr und Prozessentschädigung) des
Entscheids des Obergerichts des Kantons Zürich vom 2. Mai 2008 aufgehoben sein
sollen."
Die X.________ AG (Gesuchsgegnerin) beantragt in ihrer Stellungnahme, das
Urteil des Bundesgerichts in dem Sinn zu erläutern, eventualiter zu ergänzen,
subeventualiter zu berichtigen, dass auch die Dispositiv Ziffern 2 und 3
(betreffend Gerichtsgebühr und Prozessentschädigung) des Beschlusses des
Obergerichts vom 2. Mai 2008 aufgehoben worden seien. Die Y.________ AG
(Gesuchsgegnerin) gibt in ihrer Vernehmlassung die Meinung zum Ausdruck, dass
die im Beschluss des Obergerichts vom 2. Mai 2008 ausgesprochene Gerichtsgebühr
von Fr. 18'500.-- und die Parteientschädigung von Fr. 11'500.-- in Rechtskraft
erwachsen seien.

Erwägungen:

1.
Ist das Dispositiv eines bundesgerichtlichen Entscheids unklar, unvollständig
oder zweideutig, stehen seine Bestimmungen untereinander oder mit der
Begründung im Widerspruch oder enthält es Redaktions- oder Rechnungsfehler, so
nimmt das Bundesgericht auf schriftliches Gesuch einer Partei oder von Amtes
wegen die Erläuterung oder Berichtigung vor (Art. 129 Abs. 1 BGG).

1.1 Legitimiert zur Stellung eines Erläuterungsgesuchs sind nach Art. 129 Abs.
1 BGG die Parteien des früheren Verfahrens (Escher, in: Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 5 zu Art. 129 BGG; Donzallaz, Loi sur le
Tribunal fédéral, Commentaire, 2008, N. 4762 zu Art. 129 BGG; vgl. zur gleichen
Regelung in Art. 145 OG auch Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi
fédérale d'organisation judiciaire, 5. Band, 1992, N. 4 zu Art. 145 OG i.V.m.
N. 4 zum 7. Titel des OG). Die Vorinstanz ist, jedenfalls im Zivilverfahren,
nicht Partei.
Die Gesuchslegitimation der Verwaltungskommission des Obergerichts ist demnach
fraglich, da nach dem Wortlaut des Gesetzes allein die Parteien zur Stellung
eines Erläuterungsgesuchs berechtigt sind. Immerhin lässt die Gerichtspraxis
gewisse Abweichungen vom Wortlaut des Gesetzes erkennen. So hat das
Bundesgericht das Erläuterungsgesuch eines Schiedsgerichts ohne weiteres
entgegen genommen (Urteil 4P.84/1996 vom 6. Mai 1996), und das Eidgenössische
Versicherungsgericht hat im Urteil C 35/99 vom 29. März 1999 die Frage
aufgeworfen, ob im Fall einer Rückweisung nicht auch die Vorinstanz zur
Stellung eines Erläuterungsbegehrens berechtigt sei, weil sie wissen müsse, wie
sie im konkreten Fall weiterzufahren habe. Das Bundesgericht hat diese Frage im
Urteil 4C.267/2005 vom 10. Oktober 2005 offen gelassen.
Im vorliegenden Fall erscheint die Gesuchsberechtigung der
Verwaltungskommission des Obergerichts umso fraglicher, weil nicht die
Verwaltungskommission, sondern die III. Zivilkammer des Obergerichts Vorinstanz
ist, die nach dem Urteil des Bundesgerichts erneut zu entscheiden hatte.
Die Legitimationsfrage kann indessen offen bleiben, weil auf das
Erläuterungsgesuch aus einem anderen Grund nicht eingetreten werden kann (vgl.
nachfolgende Erwägung 1.2).

1.2 Die Erläuterung eines Rückweisungsentscheids ist nur zulässig, solange die
Vorinstanz nicht den neuen Entscheid getroffen hat (Art. 129 Abs. 2 BGG).
Diesfalls besteht die Möglichkeit der Anfechtung des neuen Entscheids. In
diesem Rahmen kann das Bundesgericht die Bedeutung seines
Rückweisungsentscheids klarstellen und überprüfen, ob der neue Entscheid der
Vorinstanz dieser entspricht (Escher, a.a.O., N. 5 zu Art. 129 BGG; Donzallaz,
a.a.O., N. 4782 zu Art. 129 BGG). Das Gleiche gilt, wenn - wie in casu - das
Bundesgericht ohne ausdrückliche Rückweisung einen Kassationsentscheid fällt,
in dessen Folge die Vorinstanz neu zu entscheiden hat.
Vorliegend hat die III. Zivilkammer des Obergerichts im Nachgang zum Urteil des
Bundesgerichts vom 4. September 2008 erneut entschieden und den
Zirkular-Erledigungsbeschluss vom 9. Dezember 2008 gefällt. Eine Erläuterung
erweist sich somit nach Art. 129 Abs. 2 BGG als unzulässig.

1.3 Mit dem BGG neu eingeführt wurde die Möglichkeit des Bundesgerichts, ein
Urteil von Amtes wegen zu erläutern oder zu berichtigen. Diese Möglichkeit hat
vorweg die Berichtigung von Kanzlei- oder Rechnungsfehlern im Auge. Vorliegend
besteht kein Anlass für eine Erläuterung von Amtes wegen. Vor allem muss eine
solche entfallen, weil die Vorinstanz bereits einen neuen Entscheid gefällt hat
(Art. 129 Abs. 2 BGG).

2.
Auf das Erläuterungsgesuch der Verwaltungskommission des Obergerichts kann
demnach nicht eingetreten werden. Gerichtskosten sind keine zu sprechen (Art.
66 Abs. 4 BGG). Die Gesuchstellerin hat jedoch die Gesuchsgegnerinnen für das
bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf das Erläuterungsgesuch wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Gesuchstellerin hat die Gesuchsgegnerinnen für das bundesgerichtliche
Verfahren mit je Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons
Zürich und den Gesuchsgegnerinnen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Mai 2009

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:

Klett Sommer