Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.93/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_93/2009

Urteil vom 14. April 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Sommer.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Meier,

gegen

X.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Remo Baumann.

Gegenstand
Arbeitsvertrag; Kündigung; Abgeltung Mehrstunden,

Beschwerde gegen den Entscheid des Landgerichtspräsidiums Uri vom 13. Januar
2009.

Sachverhalt:

A.
A.________ (Beschwerdeführer) trat am 1. Februar 2006 eine Stelle im Mischwerk
der X.________ AG (Beschwerdegegnerin) in B.________ an. Im
Einzelarbeitsvertrag vom 27. Januar 2006 wurde ein Monatslohn von Fr. 3'850.--
zuzüglich 13. Monatslohn vereinbart und die Vereinbarung in der
Maschinenindustrie (Gesamtarbeitsvertrag, GAV) für anwendbar erklärt. Gestützt
auf diesen GAV unterzeichnete die Beschwerdegegnerin am 23. November 2006 in
Zusammenarbeit mit mehreren Vertragspartnern eine Betriebsvereinbarung zur
Erhaltung von Arbeitsplätzen und zur Verhinderung eines Arbeitsplatzabbaus.
Danach wurde die wöchentliche Arbeitszeit der Angestellten für das Jahr 2007
von 40.5 auf 42.5 und für das Jahr 2008 von 40.5 auf 42.0 Stunden erhöht. Die
Erhöhung erfolgte ohne finanzielle Abgeltung. Als Anerkennung für die
Mehrarbeit erhielten jedoch alle Mitarbeiter für diese Zeitspanne einen
Anspruch auf eine Prämienzahlung von Fr. 900.-- pro Jahr. Bei Austritt hatte
die Prämienzahlung pro rata temporis zu erfolgen. Ziffer 11 der
Betriebsvereinbarung enthielt zudem eine Sonderbestimmung. Danach wurden den
Mitarbeitenden, denen vor dem 31. Dezember 2008 durch den Arbeitgeber gekündigt
wurde, die erwähnten Mehrstunden voll abgegolten. Mehrstunden über 42.5 (2007)
resp. 42.0 (2008) Stunden pro Woche wurden mit einem Zuschlag von 25 % in Geld
abgegolten oder im Einverständnis mit dem Mitarbeiter voll kompensiert. Davon
ausgenommen waren Kündigungen aus leistungsbedingten oder disziplinarischen
Gründen.
Am 2. Oktober 2007 kam es zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten
zu einem Eklat. Nach Absprache mit sämtlichen Beteiligten wurde eine weitere
Zusammenarbeit zwischen dem Beschwerdeführer und dem Vorgesetzten als nicht
mehr zumutbar erachtet und der Beschwerdeführer daraufhin vom Mischwerk in die
Abteilung Extrusion versetzt. Diese Arbeit sagte dem Beschwerdeführer nicht zu
und er lehnte deshalb eine Weiterbildung in dieser Abteilung ab. Zudem kam es
zu Auseinandersetzungen mit den neuen Mitarbeitenden und die Beschwerdegegnerin
konnte dem Beschwerdeführer kurzfristig keine andere Stelle anbieten. Daher
kündigte sie ihm am 15. Januar 2008 auf den 31. März 2008. Infolge Krankheit
des Beschwerdeführers verlängerte sich das Arbeitsverhältnis bis zum 30. April
2008. Das Arbeitszeugnis vom 30. April 2008 stufte das Verhalten des
Beschwerdeführers gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten als "korrekt" ein.

B.
Am 3. Oktober 2008 reichte der Beschwerdeführer beim Landgerichtspräsidium Uri
Klage ein und beantragte, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihm den
Betrag von Fr. 2'690.80 brutto, abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge,
nebst Zins zu 5 % seit 1. Mai 2008 zu bezahlen. Zudem sei die
Beschwerdegegnerin zu verpflichten, Absatz 3 des Arbeitszeugnisses vom 30.
April 2008 wie folgt zu ändern: "Sein Verhalten zu Vorgesetzten und
Mitarbeitenden war immer einwandfrei."
Mit Urteil vom 13. Januar 2009 wies das Landgerichtspräsidium die Klage
betreffend Lohnforderung und Berichtigung des Arbeitszeugnisses ab.

C.
Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, eventualiter mit
subsidiärer Verfassungsbeschwerde, das Urteil des Landgerichtspräsidiums
aufzuheben und die Klage gutzuheissen. Eventuell sei die Sache zur
Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die
Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer den Betrag von Fr.
2'690.80 brutto, abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge, nebst Zins zu 5 %
seit 1. Mai 2008 zu bezahlen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde in Zivilsachen und die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde abzuweisen, sofern darauf einzutreten sei. Die
Vorinstanz verzichtete auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 1 E. 1.1).

2.
Vorinstanz ist vorliegend das Landgerichtspräsidium Uri. Die Kantone setzen als
letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein (Art. 75 Abs. 2, Art. 114 BGG).
Diese müssen grundsätzlich als Rechtsmittelinstanzen entscheiden (Prinzip des
doppelten Instanzenzuges). Zur notwendigen Anpassung steht den Kantonen eine
Übergangsfrist zu, die noch nicht abgelaufen ist (Art. 130 Abs. 2 BGG). Es
bleibt daher für das Eintreten ohne Konsequenz, dass es sich beim
Landgerichtspräsidium nicht um ein oberes Gericht im Sinne von Art. 75 Abs. 2
BGG handelt.

3.
3.1 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen
in arbeitsrechtlichen Fällen grundsätzlich nur gegeben, wenn der Streitwert
mindestens Fr. 15'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG). Vorliegend
beträgt der Streitwert lediglich Fr. 2'690.80, weshalb sich die Beschwerde in
Zivilsachen insofern als unzulässig erweist.

3.2 Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist die Beschwerde
in Zivilsachen dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Der Begriff der Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung ist restriktiv auszulegen. Soweit es bei der
aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der
Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4; 134 III
115 E. 1.2 S. 117; 133 III 493 E. 1.1 und 1.2 S. 495 f.). Ist eine Beschwerde
nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist in der Beschwerdeschrift auszuführen,
warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG).
Der Beschwerdeführer bringt diesbezüglich vor, es seien die wichtigen
Rechtsfragen zu entscheiden, ob es sich bei der in der Betriebsvereinbarung
enthaltenen Lohnkürzung aus disziplinarischen Gründen um eine
Konventionalstrafe handle, ob eine solche gültig in einer Betriebsvereinbarung
angeordnet werden könne und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen. Letztlich
gehe es auch um die grundsätzliche Respektierung der Sozialpartnerschaft in der
heutigen angespannten Arbeitsmarktlage.
Die Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen kann nicht dadurch begründet
werden, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage aufwirft, die im konkreten
Fall gar nicht zu entscheiden ist. In Ziffer 11 der Betriebsvereinbarung wird
offensichtlich nicht eine Konventionalstrafe zulasten des Arbeitnehmers
statuiert. Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, ob eine
Konventionalstrafe in einer Betriebsvereinbarung angeordnet werden kann, stellt
sich daher gar nicht. Es kann mithin dahingestellt bleiben, ob diese
Rechtsfrage als eine solche von grundsätzlicher Bedeutung zu betrachten gewesen
wäre. Denn vorliegend geht es um die Auslegung einer Bestimmung der
Betriebsvereinbarung, die sich auf eine Delegationsnorm in einem GAV stützt.
Nach welchen Grundsätzen dies zu erfolgen hat, hat das Bundesgericht bereits
entschieden (vgl. BGE 133 III 213 E. 4.3.2 S. 216). Die Anwendung auf den
konkreten Fall beinhaltet keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.
Auch die Wahrung der Sozialpartnerschaft ist offensichtlich nicht berührt,
sofern in dieser allgemeinen Thematik überhaupt eine Rechtsfrage erblickt
werden könnte. Die Betriebsvereinbarung, die sich auf eine Delegationsnorm des
anwendbaren GAV stützt, wurde unter Mitwirkung der Arbeitnehmervertretung und
von Gewerkschaften ausgehandelt.
Da sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, erweist sich
die Beschwerde in Zivilsachen als unzulässig. Auf sie kann nicht eingetreten
werden.

4.
Nachdem gegen den angefochtenen Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen
ausgeschlossen ist, erweist sich die eventualiter erhobene subsidiäre
Verfassungsbeschwerde grundsätzlich als zulässig (Art. 113 BGG).

4.1 Mit Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Dafür gilt eine qualifizierte Rügepflicht.
Das Bundesgericht prüft die Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur insofern,
als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden
ist (Art. 117 i.V.m. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.2; 133 III 439 E.
3.2).
Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon
dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen
Willkür nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgrundsatz zuwiderläuft. Willkür liegt zudem nur vor, wenn nicht
bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist
(BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148; 133 I 149 E. 3.1; 132 III 209 E. 2.1; je mit
Hinweisen).
Zu beachten ist, dass dem Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein
erheblicher Ermessensspielraum zusteht (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das
Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht sein
Ermessen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht,
erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (vgl.
BGE 132 III 209 E. 2.1; 129 I 8 E. 2.1; 120 Ia 31 E. 4b S. 40; 118 Ia 28 E. 1b
S. 30).

4.2 Der Beschwerdeführer nimmt in seiner Beschwerdeschrift keine Trennung der
Ausführungen zur Beschwerde in Zivilsachen und zur subsidiären
Verfassungsbeschwerde vor. Rügen der Verletzung verfassungsmässiger Rechte sind
daher schwer zu erkennen. Immerhin bezeichnet er gewisse Erwägungen der
Vorinstanz verschiedentlich als willkürlich. Zudem vertritt er die Ansicht, die
Vorinstanz sei bei der Feststellung des Sachverhalts und der Würdigung der
Beweise in Willkür verfallen.
Was er zur Begründung vorbringt, erschöpft sich jedoch in blosser
appellatorischer Kritik. So stellt er der überzeugenden Interpretation der
Vorinstanz von Ziffer 11 der Betriebsvereinbarung lediglich seine eigene
Deutung gegenüber, ohne aber konkret aufzuzeigen, inwiefern der angefochtene
Entscheid willkürlich im oben umschriebenen Sinn sein soll. Ebenso wenig vermag
er hinlänglich darzulegen, inwiefern die Sachverhaltsfeststellung und die
Beweiswürdigung der Vorinstanz im Zusammenhang mit den Gründen, die zur
Kündigung geführt haben, willkürlich sein sollen.
Da die erhobene Willkürrüge nicht rechtsgenüglich begründet ist und sonst keine
Rügen einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte erhoben werden, kann auf die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden.

5.
Aus diesen Gründen kann weder auf die Beschwerde in Zivilsachen noch auf die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingetreten werden. Bei diesem
Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 400.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Landgerichtspräsidium Uri schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 14. April 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:

Klett Sommer