Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.64/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_64/2009 /len

Urteil vom 12. März 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Hurni.

Parteien
A.________ und B.________,
Beschwerdeführer,

gegen

C.________,

und

Erbengemeinschaft des D.________,
bestehend aus:
1. C.________,
2. E.________,

Beschwerdegegnerinnen,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Joachim Breining.

Gegenstand
Ausweisung,

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
29. Januar 2009.

Sachverhalt:

A.
Am 31. Oktober 2008 beantragten C.________ und E.________
(Beschwerdegegnerinnen) dem Kantonsgericht Schaffhausen, es seien A.________
und B.________ (Beschwerdeführer) aus der Liegenschaft F.________ auszuweisen.
Mit Verfügung vom 7. November 2008 überwies der Präsident der kantonalen
Schlichtungsstelle für Mietsachen das dort am 16. September 2008 anhängig
gemachte Verfahren betreffend Kündigungsanfechtung an die für das
Ausweisungsbegehren zuständige Einzelrichterin des Kantonsgerichts.
Mit Verfügung vom 22. Januar 2009 wies die Einzelrichterin die
Kündigungsanfechtung ab und befahl den Beschwerdeführern unter Androhung des
polizeilichen Zwangsvollzugs, die von ihnen bewohnte 3 ½ Zimmer-Wohnung im
Dachgeschoss der Liegenschaft F.________ unverzüglich zu räumen, in
ordnungsgemässem Zustand zu verlassen und sämtliche zugehörigen Schlüssel
herauszugeben.

B.
Gegen diese Ausweisungsverfügung legten die Beschwerdeführer beim Obergericht
des Kantons Schaffhausen Rekurs ein mit den Anträgen, es sei die
Ausweisungsverfügung aufzuheben, dem Rekurs die aufschiebende Wirkung zu
erteilen und ihnen eine Nachfrist für eine Ergänzung der Rekursbegründung
anzusetzen. Mit Verfügung vom 29. Januar 2009 wies das Obergericht das Gesuch
um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie einer Nachfristansetzung für
ergänzende Begründungen ab. Es kam zum Schluss, dass der Rekurs zum Vornherein
keine ernsthaften Erfolgsaussichten habe. Die Rechtmässigkeit der Kündigung
wegen Zahlungsrückstandes könne kaum in Frage gestellt werden; wenig plausibel
sei namentlich die Behauptung der Beschwerdeführer, dass die ausstehenden
Mietzinse durch Verrechnung mit Forderungen getilgt worden seien, die den
Beschwerdeführern gegen die Vermieterschaft aus Unterhaltsarbeiten am
Mietobjekt angeblich zustünden.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 2. Februar 2009 beantragen die
Beschwerdeführer dem Bundesgericht, es sei die Verfügung des Obergerichts
aufzuheben und dem Rekurs vor Obergericht die aufschiebende Wirkung zu
erteilen. Mit Eingabe vom 17. Februar 2009 ersuchen die Beschwerdeführer zudem
um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
Die Beschwerdegegnerinnen schliessen in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der
Beschwerde, sofern auf sie einzutreten sei. Die Vorinstanz verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

D.
Mit Verfügung vom 3. Februar 2009 erteilte das Bundesgericht der Beschwerde
superprovisorisch die aufschiebende Wirkung.

Erwägungen:

1.
Mit vorliegendem Entscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

2.
Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich nur gegen Endentscheide im
Sinne von Art. 90 BGG zulässig, d.h. gegen Entscheide, die das Verfahren
abschliessen.

2.1 Der selbständig eröffnete Entscheid über die aufschiebende Wirkung stellt
einen Zwischenentscheid über eine vorsorgliche Massnahme prozessualer Natur dar
(Art. 93 BGG; vgl. BGE 134 I 83 E. 3.1 S. 86 f.). Dagegen ist die Beschwerde
allerdings nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Dabei muss es sich um einen
Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für den
Beschwerdeführer günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden
kann (BGE 134 III 188 E. 2.1 S. 190; BGE 134 I 83 E. 3.1 S. 87; je mit
Hinweisen).

2.2 Die Weigerung, dem Rekurs gegen eine vollstreckbare Ausweisungsverfügung
die aufschiebende Wirkung zu erteilen, bewirkt einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur, denn mit der Ausweisung aus der
gemieteten Wohnung würde den Beschwerdeführern das Recht zum Gebrauch der
Mietsache (Art. 253 OR) bis zur Fällung des ihnen eventuell günstigen
Endentscheides genommen. Die Beschwerde in Zivilsachen steht gegen den
angefochtenen Entscheid somit grundsätzlich offen.

2.3 Mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann nur
die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Soweit
die Beschwerdeführer die Verletzung von kantonalem Recht oder einfachem
Bundesrecht rügen, sind sie nicht zu hören. Die Verletzung von Grundrechten
prüft das Bundesgericht zudem nur insofern, als eine solche Rüge in der
Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das
bedeutet, dass klar und anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids
detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden
sein sollen (BGE 134 I 83 E. 3.2 S. 88 mit Hinweisen).

3.
Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz vor, sie habe Art. 29 Abs. 1 und 2
BV, Art. 9 BV und Art. 6 EMRK verletzt, indem sie die offerierten Beweise
betreffend die Verrechnungseinrede nicht abgenommen habe.

3.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts umfasst der in Art. 29 Abs. 2 BV
gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör für die entscheidende Behörde die
Pflicht, die ihr rechtzeitig und formgültig angebotenen Beweismittel
abzunehmen, es sei denn, diese beträfen eine nicht erhebliche Tatsache oder
seien offensichtlich untauglich, die streitige Tatsache zu beweisen (BGE 131 I
153 E. 3 S. 157; 124 I 241 E. 2 S. 242; 122 II 464 E. 4a S. 469; je mit
Hinweisen). Die Behörde kann auf ein beantragtes Beweismittel verzichten, wenn
sie ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen durfte, eine
weitere Beweiserhebung würde ihre Überzeugung nicht beeinflussen (BGE 130 II
425 E. 2.1 S. 429; 129 I 151 E. 4.2; 124 I 208 E. 4a S. 211; je mit Hinweisen).
Der Gehörsanspruch ist jedoch verletzt, wenn einem Beweismittel zum vornherein
jede Erheblichkeit abgesprochen wird, ohne dass hierfür sachliche Gründe
angegeben werden können (BGE 114 II 289 E. 2a S. 291). Ob die kantonalen
Instanzen diese Grundsätze verletzt haben, prüft das Bundesgericht nur unter
dem Gesichtswinkel der Willkür, da insoweit nicht der Umfang des
bundesrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern lediglich eine Frage
der Beweiswürdigung zu beurteilen ist (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157; 119 Ib 492 E.
5b/bb S. 505; 117 Ia 262 E. 4c S. 269).

3.2 Die Beschwerdeführer begnügen sich damit, die der Vorinstanz offerierten
Beweismittel aufzuzählen. Dass deren Nichtberücksichtigung durch die Vorinstanz
willkürlich sein soll, legen die Beschwerdeführer mit keinem Wort dar. Gänzlich
unbegründet bleibt auch der Vorwurf, die Vorinstanz habe Art. 29 Abs. 1 BV bzw.
Art. 6 EMRK verletzt. Auf diese Rügen ist somit nicht einzutreten.

4.
Ebenfalls nicht zu hören sind die Rügen der Beschwerdeführer, dass C.________
und E.________ nicht legitimiert seien, die Ausweisung zu verlangen, und dass
die Kündigung nicht formgerecht zugestellt worden sei. Diese Rügen beschlagen
nicht die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, sondern von einfachem
Bundesrecht.

5.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang
des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die
gestellten Rechtsbegehren von Beginn an keinen Erfolg haben konnten. Dem Gesuch
um unentgeltliche Rechtspflege kann deshalb nicht entsprochen werden (Art. 64
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden den Beschwerdeführern (unter
solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen) auferlegt.

4.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche
Verfahren (unter solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen) mit
Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. März 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Hurni