Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.592/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_592/2009

Urteil vom 11. Februar 2010
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Feldmann.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Max Auer,

gegen

X.________ AG,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Krankentaggeldleistungen,

Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich,
II. Kammer,
vom 24. August 2009.
Sachverhalt:

A.
A.________ (Beschwerdeführerin) war als Mitarbeiterin der Y.________ AG ab
Januar 1999 kollektiv bei der X.________ AG (Beschwerdegegnerin) für
krankheitsbedingten Erwerbsausfall taggeldversichert. Am 26. Januar 2004 wurde
der Beschwerdegegnerin mitgeteilt, die Beschwerdeführerin sei seit 15.
September 2003 arbeitsunfähig. In der Folge richtete die Beschwerdegegnerin
Taggeldleistungen aus; bis Ende August 2004 für eine vollständige
Arbeitsunfähigkeit, ab 1. September 2004 bis und mit September 2005 für eine
Arbeitsunfähigkeit von 50%.

B.
Im Februar 2007 erhob die Beschwerdeführerin beim Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich Klage und verlangte auch für die Zeit ab 1. September 2004
Taggeldleistungen für eine vollständige Arbeitsunfähigkeit. Entsprechend
beantragte sie, die Beschwerdegegnerin sei zur Zahlung von Fr. 19'749.05 nebst
Zins zu verpflichten. Mit Widerklage verlangte die Beschwerdegegnerin von der
Beschwerdeführerin Fr. 14'475.-- nebst Zins für zu viel erbrachte
Taggeldleistungen, da die Invalidenversicherung trotz gestellten
Verrechnungsantrags sämtliche Leistungen direkt an die Beschwerdeführerin
anstatt an die Beschwerdegegnerin ausgerichtet habe. Das
Sozialversicherungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 24. August 2009 ab und
hiess die Widerklage gut. Es verpflichtete die Beschwerdeführerin, der
Beschwerdegegnerin Fr. 14'470.-- nebst Zins zu bezahlen oder ihre Einwilligung
zu erteilen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Forderung mit den der
Beschwerdeführerin zustehenden Rentennachzahlungen direkt bei der
Ausgleichskasse Migros verrechne. In der Rechtsmittelbelehrung wird
festgehalten: "Da der Streitwert Fr. 30'000.-- übersteigt, kann gegen diesen
Entscheid innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Bundesgericht Beschwerde
eingereicht werden (Art. 72 ff. in Verbindung mit Art. 90 ff. des
Bundesgesetzes über das Bundesgericht, BGG). ...".

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin, das Urteil des
Sozialversicherungsgerichts aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde.
Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 1 E. 1.1 S. 3).

1.1 Streitig sind Leistungen aus einer Zusatzversicherung zur sozialen
Krankenversicherung. Derartige Zusatzversicherungen unterstehen gemäss Art. 12
Abs. 2 und 3 des Krankenversicherungsgesetzes (KVG; SR 832.10) dem
Versicherungsvertragsgesetz (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten aus solchen
Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, weshalb die Beschwerde in
Zivilsachen grundsätzlich in Betracht kommt (BGE 133 III 439 E. 2.1 S. 441 f.).

1.2 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen
aber - unter Vorbehalt arbeits- und mietrechtlicher Fälle (Art. 74 Abs. 1 lit.
a BGG) - grundsätzlich nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr.
30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Dass nach kantonalem Recht
entgegen Art. 75 Abs. 2 BGG nur eine einzige Instanz vorgesehen ist, ändert
daran nichts (BGE 133 III 439 E. 2.2.2.2 S. 444). Bei der Berechnung des
Streitwerts wird der Betrag einer Widerklage nicht mit demjenigen der
Hauptklage zusammengerechnet (Art. 53 Abs. 1 BGG). Schliessen sich die in
Hauptklage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche aus und erreicht eine der
beiden Klagen die Streitwertgrenze nicht, so gilt die Streitwertgrenze auch für
diese Klage als erreicht, wenn sich die Beschwerde auf beide Klagen bezieht
(Art. 53 Abs. 2 BGG). Erreicht weder die Haupt- noch die Widerklage den
geforderten Streitwert, ist die Beschwerde in Zivilsachen - abgesehen von hier
nicht gegebenen Ausnahmen (Art. 74 Abs. 2 lit. b - d BGG) - nur zulässig, wenn
sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit.
a BGG), wobei in der Beschwerdeschrift auszuführen ist, warum diese
Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). Der Streitwert der Hauptklage
beträgt Fr. 19'749.05, derjenige der Widerklage Fr. 14'475.--. Der
erforderliche Streitwert ist daher nicht gegeben. Dass eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung vorliege, behauptet die Beschwerdeführerin nicht,
weshalb die Beschwerde in Zivilsachen nicht offen steht. Auch eine Konversion
des Rechtsmittels in eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG)
kommt nicht in Frage, da die Beschwerdeführerin keine Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten (Art. 116 BGG), sondern lediglich von
Bundeszivilrecht rügt.

1.3 Dass im Urteil der Vorinstanz ein Streitwert von über Fr. 30'000.--
angegeben und auf die Bestimmungen der Beschwerde in Zivilsachen verwiesen
wird, hilft der Beschwerdeführerin nicht. Zwar dürfen den Parteien aus einer
unrichtigen Rechtsmittelbelehrung keine Nachteile erwachsen (Art. 49 BGG). Eine
falsche Rechtsmittelbelehrung kann indessen keine Rechtsmittelmöglichkeit
schaffen, die es gemäss Gesetz gar nicht gibt (BGE 125 II 293 E. 1d S. 300; 113
Ib 212 E. 1 S. 213; AMSTUTZ/ARNOLD, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz,
2008, N. 11 zu Art. 49 BGG). Ein Nachteil könnte gegeben sein, wenn die
Beschwerdeführerin im Vertrauen auf die Zulässigkeit der Beschwerde in
Zivilsachen unterlassen hat, die Verletzung verfassungsmässiger Rechte zu rügen
oder geltend zu machen, es stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung. Vertrauensschutz geniesst aber nur, wer die Unrichtigkeit der
Rechtsmittelbelehrung nicht kennt und sie auch bei gebührender Aufmerksamkeit
nicht hätte erkennen können. Rechtsuchende geniessen keinen Vertrauensschutz,
wenn der Mangel für sie bzw. ihren Rechtsvertreter allein schon durch
Konsultierung der massgeblichen Verfahrensbestimmung ersichtlich ist. Dagegen
wird nicht verlangt, dass neben den Gesetzestexten auch noch die einschlägige
Rechtsprechung oder Literatur nachgeschlagen wird (BGE 134 I 199 E. 1.3.1 S.
203 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin bzw. ihr Rechtsvertreter hätte bei
gehöriger Sorgfalt mit einem Blick auf Art. 53 BGG erkennen können, dass der
Betrag einer Widerklage entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht mit
demjenigen der Hauptklage zusammengerechnet wird, weshalb die Beschwerde in
Zivilsachen grundsätzlich nicht gegeben ist, wenn weder die Haupt- noch
Widerklage den geforderten Streitwert erreichen.

2.
Damit ist auf die Beschwerde insgesamt nicht einzutreten. Bei diesem
Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG); die grundsätzliche Kostenfreiheit gilt nur für das kantonale Verfahren
(Art. 85 Abs. 3 VAG). Der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin ist
praxisgemäss keine Parteientschädigung zuzusprechen, da ihr kein
ausserordentlicher Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE
133 III 439 E. 4 S. 446 mit Hinweis).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Februar 2010
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:

Klett Feldmann