Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.566/2009
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2009
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2009


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_566/2009

Urteil vom 22. März 2010
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Leemann.

Parteien
X.________ Federation,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Cornel Quinto,

gegen

1. A.________,
Beschwerdegegner 1,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hansjörg Stutzer,
2. Y.________,
Beschwerdegegner 2.

Gegenstand
Internationales Schiedsgericht; Zuständigkeit,

Beschwerde gegen den Vorentscheid des Tribunal Arbitral du Sport (TAS) vom 6.
Oktober 2009.
Sachverhalt:

A.
A.a Die X.________ Federation (Beschwerdeführerin) mit Sitz in D.________ ist
der nationale Fussballverband von E.________ und gehört der Fédération
Internationale de Football Association (FIFA) an.
A.________ (Beschwerdegegner 1) ist ein professioneller Fussballspieler. Er ist
Mitglied der Beschwerdeführerin.
Y.________ (Beschwerdegegner 2) ist ein Fussballclub in E.________ und gehört
ebenfalls der Beschwerdeführerin an.
Der Beschwerdegegner 1 war bis zu seiner Kündigung beim Beschwerdegegner 2 als
Fussballspieler tätig.
A.b Zwischen dem Beschwerdegegner 1 und dem Beschwerdegegner 2 kam es im
Zusammenhang mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu einer rechtlichen
Auseinandersetzung. Der Arbeitsvertrag vom 10. August 2007 enthält unter
anderem folgende Schiedsklausel:
"Disputes rising from this agreement are in competency of Board of Directors of
X.________ Federation and Arbitration Council".

B.
B.a Der Vorstand (Board of Directors) der Beschwerdeführerin sprach dem
Beschwerdegegner 1 mit Entscheid vom 6. Februar 2008 ausstehenden Lohn im
Betrag von YTL 93'766.-- (entsprechend ca. Fr. 65'000.--) sowie eine
Entschädigung über YTL 150'000.-- (entsprechend gut Fr. 100'000.--) wegen
Vertragsverletzung des Beschwerdegegners 2 zu. Beide Parteien fochten diesen
Entscheid bei der Schiedskommission (Arbitration Board) der Beschwerdeführerin
an.
Die Schiedskommission der Beschwerdeführerin erklärte die Kündigung des
Arbeitsvertrags durch den Beschwerdegegner 1 mit Entscheid vom 10. April 2008
für gerechtfertigt und sprach ihm den Betrag von YTL 238'500.-- (entsprechend
ca. Fr. 165'000.--) für ausstehende Lohnansprüche sowie eine Entschädigung
wegen Vertragsverletzung von YTL 100'000.-- (entsprechend ca. Fr. 70'000.--)
zu.
B.b Mit Eingabe vom 18. Juli 2008 focht der Beschwerdegegner 1 den Entscheid
der Schiedskommission der Beschwerdeführerin vom 10. April 2008 beim Tribunal
Arbitral du Sport (TAS) an.
Nachdem das TAS die Beschwerdeführerin zur Stellungnahme eingeladen hatte,
bestritt diese mit Eingabe vom 11. August 2008 unter anderem formell die
Zuständigkeit des TAS.
Der Beschwerdegegner 2 reichte am 21. August 2008 seine Antwort zur Berufung
des Beschwerdegegners 1 ein und erhob ausserdem Widerklage.
Mit Schreiben vom 20. August 2008 forderte das TAS den Beschwerdegegner 1 sowie
den Beschwerdegegner 2 auf, sich nach Artikel R41.3 der Procedural Rules zur
Frage der Teilnahme der Beschwerdeführerin im Schiedsverfahren zu äussern und
wies darauf hin, dass es bei Ausbleiben einer Stellungnahme innert der
angesetzten Frist von ihrer Zustimmung zur Intervention der Beschwerdeführerin
ausgehe. Eine Stellungnahme der beiden Parteien blieb in der Folge aus.
Mit Vorentscheid vom 6. Oktober 2009 bejahte das TAS seine Zuständigkeit zur
Beurteilung der Rechtsstreitigkeit. Im Weiteren liess es die Beschwerdeführerin
zur Teilnahme am Schiedsverfahren zu. Das TAS erwog, dass der Beschwerdegegner
1 sowie der Beschwerdegegner 2 in ihrer Berufungsschrift bzw. Berufungsantwort
der Zuständigkeit des TAS zur Beurteilung ihres Rechtsstreits ausdrücklich
zugestimmt hätten. Darüber hinaus habe der Beschwerdegegner 2 in seiner
Berufungsanwort gar eine Widerklage erhoben. Es sei daher von einer gültigen
Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien auszugehen.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht, es sei der Vorentscheid des TAS vom 6. Oktober 2009 aufzuheben
und das TAS sei anzuweisen, im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts neu zu
entscheiden.
Der Beschwerdegegner 1 sowie das TAS schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Der Beschwerdegegner 2 hat sich nicht vernehmen lassen.

D.
Mit Verfügung vom 10. Dezember 2009 erteilte das Bundesgericht der Beschwerde
aufschiebende Wirkung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegen Entscheide von Schiedsgerichten unter
den Voraussetzungen der Art. 190-192 IPRG zulässig (Art. 77 Abs. 1 BGG).

1.1 Der Sitz des Schiedsgerichts befindet sich vorliegend in Lausanne. Keine
der Parteien hatte im relevanten Zeitpunkt ihren Sitz bzw. Wohnsitz in der
Schweiz. Da die Parteien die Bestimmungen des 12. Kapitels des IPRG nicht
schriftlich ausgeschlossen haben, gelangen diese zur Anwendung (Art. 176 Abs. 1
und 2 IPRG).

1.2 Auf eine Beschwerde kann nur eingetreten werden, wenn der Beschwerdeführer
ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids hat (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG; dazu BGE 133 III 421
E. 1.1 S. 425 f.). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich von Amtes wegen, ob
auf eine Beschwerde eingetreten werden kann (Art. 29 Abs. 1 BGG). Immerhin ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), wobei der
Beschwerdeführer auch darzulegen hat, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des
Beschwerderechts nach Art. 76 Abs. 1 BGG gegeben sind. Soweit diese nicht ohne
weiteres ersichtlich sind, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, anhand der
Akten oder weiterer, noch beizuziehender Unterlagen nachzuforschen, ob und
inwiefern die Beschwerde zulässig ist (vgl. BGE 133 II 353 E. 1 S. 356, 400 E.
2 S. 404; Urteil 5A_439/2009 vom 14. September 2009 E. 1.2).
1.2.1 Die Beschwerdeführerin bringt hinsichtlich ihres Beschwerderechts vor,
sie habe am vorinstanzlichen Schiedsgerichtsverfahren teilgenommen und das TAS
habe seine Zuständigkeit entgegen ihrer Eingabe vom 11. August 2008 bejaht. Sie
habe ein "eminentes Interesse" daran, dass das TAS nicht zuständig sei und sie
sei durch den positiven Zuständigkeitsentscheid des TAS beschwert. "Aufgrund
ihrer Parteistellung im Schiedsgerichtsverfahren und ihres rechtlich
geschützten Interesses" an dessen Aufhebung sei sie zur Beschwerde berechtigt.
Sie verweist zudem auf weitere Ausführungen in ihrer Beschwerdebegründung, in
denen sie darlegt, es sei für einen nationalen Fussballverband wie die
Beschwerdeführerin "von eminentem Interesse, dass Streitigkeiten auf nationaler
Ebene rasch und endgültig auf nationaler Ebene gelöst werden" könnten.
Andernfalls würde "die Autonomie der nationalen Verbände und der Spielbetrieb
erheblich gestört". Wäre es möglich, dass auch sämtliche Fussballspieler, die
in ihrem Heimatland bei einem Club spielen, bei Streitigkeiten an das TAS
gelangen könnten, so würde das System zur Bewältigung nationaler Streitigkeiten
nach Ansicht der Beschwerdeführerin auf den Kopf gestellt. Den Spielern und
Clubs stünden mit dem Vorstand der Beschwerdeführerin sowie der unabhängigen
Schiedskommission zwei nationale Instanzen zur Verfügung, die jeweils beide die
Streitfälle "im Detail und sehr sorgfältig" prüften. Wenn Spieler und Clubs
noch an das TAS gelangen könnten, würde das Verfahren weiter verlängert und der
Streitfall bleibe weiter offen, was den Spielbetrieb belaste. Ausserdem würde
damit die Autorität des nationalen Verbands untergraben.
1.2.2 Die Beschwerdeführerin zeigt mit ihren Ausführungen kein rechtlich
geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids auf. Sie
bringt selbst vor, dass ihre Schiedskommission den Rechtsstreit zwischen den
Beschwerdegegnern als unabhängige Instanz beurteilte. Dabei wurde über die
vermögensrechtlichen Folgen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem
Beschwerdegegner 1 sowie dem Beschwerdegegner 2 entschieden. Diese betreffen
ausschliesslich die beiden Beschwerdegegner, indem einer dieser Parteien
zugunsten der anderen eine Zahlungsverpflichtung auferlegt wird. Die
Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern die längere Ungewissheit über den
Ausgang der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Spieler und Club den
Spielbetrieb belasten soll. Sie zeigt im Übrigen weder damit noch mit dem
Vorbringen, es werde mit der Zuständigkeit des TAS die Autorität des nationalen
Verbands untergraben, eine Beeinträchtigung in ihrer Rechtsstellung auf. Dies
gilt auch für das Argument, die Öffnung des Beschwerdewegs an das TAS würde
dieses Schiedsgericht mit Fällen überschwemmen, was nicht sinnvoll sei. Ebenso
wenig beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, dass durch den angefochtenen
Entscheid Rechte ihrer Mitglieder betroffen wären und sie deren Interessen
vertreten würde (vgl. Urteil 4A_207/2008 vom 23. September 2008 E. 1.2 unter
Hinweis auf BGE 125 III 82 E. 1a S. 84; 121 III 168 E. 4b S. 176).
Der Beschwerdeführerin gelingt es damit nicht aufzuzeigen und es ist auch nicht
ersichtlich, inwiefern sie im zu beurteilenden Verfahren, das eine
vermögensrechtliche Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis zwischen einem
Fussballspieler und einem Club zum Gegenstand hat, ein rechtlich geschütztes
Interesse an der Aufhebung des Vorentscheids vom 6. Oktober 2009 haben soll,
mit dem sich das TAS als zuständig erklärt hat.

2.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Dem Verfahrensausgang entsprechend
wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1
und Art. 68 Abs. 2 BGG). Dem Beschwerdegegner 2 ist keine Parteientschädigung
zuzusprechen, da ihm aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand
erwachsen ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner 1 für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Tribunal Arbitral du Sport (TAS)
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. März 2010
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Leemann