Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.494/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_494/2009

Urteil vom 17. November 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow,

gegen

X.________-Gesellschaft,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Adelrich Friedli.

Gegenstand
Haftung des Motorfahrzeughalters; Schadensberechnung,

Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 16. Juni
2008 und den Sitzungsbeschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom
24. August 2009.
Sachverhalt:

A.
A.________ hielt am 19. November 2002 in Zürich ihr Fahrzeug des Typs Chrysler
Grand Voyager vor einem Rotlicht an. Während sie auf dem Bremspedal stehend auf
die Grünphase wartete, fuhr B.________ mit dem von C.________ gehaltenen Fiat
Seicento auf die hintere rechte Ecke des Chryslers auf.

Motorfahrzeugversicherung von C.________ für den Fiat Seicento war die
X.________-Gesellschaft (Versicherung) bei welcher A.________ (Versicherte)
auch gegen Unfälle versichert war.

Die Versicherte fuhr nach dem Unfall mit ihrem Personenwagen nach Hause. Noch
am Unfalltag fuhr sie in das Kreisspital Männedorf, wo die behandelnden Ärzte
gemäss ihrem Notfallbericht ein HWS-Distorsionstrauma diagnostizierten. Gemäss
Notfallbericht wurde eine viertägige Bettruhe bei voller Arbeitsunfähigkeit
verordnet. Am 25. November 2002 begab sich die Versicherte wegen zunehmender
Schmerzen in die Sprechstunde zu Frau Dr. med. D.________. Diese überwies die
Versicherte mit Bericht vom 26. November 2002 zur rheumatologischen Behandlung
und neurologischen Beurteilung in die Klinik Hirslanden, Zürich, in welcher die
Versicherte vom 27. November bis 16. Dezember 2002 stationär behandelt wurde.
Vom 9. Januar bis 20. Februar 2003 war die Versicherte stationär in der
Rehaklinik Rheinfelden.

B.
Am 29. Januar 2004 klagte die Versicherte (Klägerin) beim Handelsgericht des
Kantons Zürich gegen die Versicherung (Beklagte) auf Bezahlung eines nach
richterlichem Ermessen festzusetzenden Betrages als Ersatz von aus dem Unfall
vom 19. November 2002 erwachsenem Erwerbs- und Haushaltsschaden. Im Verlaufe
des Verfahrens verlangte die Klägerin für die Zeit zwischen dem Unfall und dem
31. Dezember 2004 Schadenersatz von Fr. 662'542.25.

Mit Urteil vom 16. Juni 2008 wies das Handelsgericht die Klage ab.

Eine dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des
Kantons Zürich am 24. August 2009 ab, soweit es darauf eintrat.

C.
Die Klägerin erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Handelsgerichts vom 16. Juni 2008 sei aufzuheben und die Klage sei
gutzuheissen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Bestimmung des
Schadenersatzes an das Handelsgericht zurückzuweisen. Subeventualiter seien die
Urteile des Kassations- und des Handelsgerichts vom 24. August 2009 und vom 16.
Juni 2008 aufzuheben, und es sei die Sache zur Ergänzung des Beweisverfahrens
und zu neuer Entscheidung an das Handelsgericht zurückzuweisen. Der Klägerin
sei für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Prozessführung zu
bewilligen und Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow als unentgeltlicher
Rechtsvertreter zu bestellen.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Nach Art. 100 Abs. 6 BGG beginnt die Beschwerdefrist, wenn der Entscheid
eines oberen kantonalen Gerichts mit einem Rechtsmittel, das nicht alle Rügen
nach den Artikeln 95-98 zulässt, bei einer zusätzlichen kantonalen
Gerichtsinstanz angefochten worden ist, erst mit der Eröffnung des Entscheids
dieser Instanz (BGE 134 III 92 E. 1.1 S. 93 f.). Die innert 30 Tagen seit
Eröffnung des Kassationsgerichtsentscheids eingereichte Beschwerde gegen das
Urteil des Handelsgerichts ist damit rechtzeitig erfolgt.

Da auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Beschwerde grundsätzlich einzutreten.

2.
2.1 Wird durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges ein Mensch getötet oder
verletzt oder Sachschaden verursacht, so haftet der Halter für den Schaden
(Art. 58 Abs. 1 SVG). Nach der allgemeinen Regel des Art. 8 ZGB hat der
Geschädigte, der einen Halter bzw. dessen Haftpflichtversicherung nach Art. 58
Abs. 1 SVG belangen will, insbesondere zu beweisen, dass der Schaden durch den
Betrieb eines Motorfahrzeuges verursacht worden ist. Soweit dieser
Kausalzusammenhang nicht mit wissenschaftlicher Genauigkeit nachgewiesen werden
kann, genügt, dass er als überwiegend wahrscheinlich erscheint (BGE 107 II 269
E. 1b S. 272 f.; 128 III 271 E. 2b/aa S. 275 f.). Dies ist zu verneinen, wenn
nach den besonderen Umständen des Falles neben den behaupteten weitere Ursachen
ebenso ernst in Frage kommen oder sogar näher liegen (BGE 107 II 269 E. 1b S.
273; vgl. auch BGE 130 III 321 E. 3.3 S. 325).

2.2 Gemäss einer älteren Rechtsprechung des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts ist der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall
und der danach eingetretenen Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit in der Regel
anzunehmen, wenn ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule diagnostiziert wurde
und das für diese Verletzung typische Beschwerdebild mit einer Häufung von
Beschwerden, wie diffuse Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrations- und
Gedächtnisstörungen, Übelkeit, rasche Ermüdbarkeit, Sehstörungen, Reizbarkeit
usw., vorliegt (BGE 117 V 359 E. 4b S. 360). Später wurde gefordert, das
Vorliegen eines Schleudertraumas wie seine Folgen müssten durch zuverlässige
ärztliche Angaben gesichert sein (BGE 119 V 335 E. 2b/aa S. 340). Nunmehr wird
für die Kausalitätsbeurteilung bei länger andauernden Beschwerden ohne
organisch nachweisbare Funktionsausfälle neben der möglichst genauen und
verifizierbaren Dokumentation des Unfallvorgangs eine erste genügende ärztliche
Abklärung und darüber hinaus eine eingehende medizinische inter- bzw.
polydisziplinäre Abklärung durch Gutachter verlangt, welche über zuverlässige
Vorakten verfügen (BGE 134 V 109 E. 9.4 und 9.5 S. 124 f.). Dies wird damit
begründet, dass Verletzungen der Halswirbelsäule klinisch untersucht, aber
abgesehen von ossären Läsionen und dergleichen nicht bildgebend objektiviert
werden können, weshalb den Angaben der versicherten Person über bestehende
Beschwerden besondere Bedeutung zukommt, was aber auch ein Missbrauchspotenzial
bietet. Zudem können bei identischer Symptomatik die erhobenen Befunde aus dem
Katalog des für derartige Verletzungen als typisch erachteten Beschwerdebildes
gegebenenfalls auch nicht traumatischer Genese sein. Entsprechend sind an die
Grundlagen für den Schluss auf das Vorliegen solcher Verletzungen hohe
Anforderungen zu stellen (BGE 134 V 109 E. 9 S. 122). Diese Grundsätze
bezüglich der Tatfrage der natürlichen Kausalität können auch für
haftpflichtrechtliche Fälle zur Anwendung gelangen, zumal insoweit - anders als
bei der Rechtsfrage der Adäquanz (vgl. BGE 123 III 110 E. 3a und b S. 113 f.;
134 V 109 E. 8.1 S. 119) - Gründe für eine unterschiedliche Handhabung im
Sozialversicherungs- und Haftpflichtrecht nicht ersichtlich sind.

2.3 Das Handelsgericht kam zum Ergebnis, der Beschwerdeführerin sei der Beweis
des natürlichen Kausalzusammenhangs misslungen. Gemäss einem gerichtlichen
biomechanischen Gutachten habe die kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung
maximal 4.5 km/h betragen. Diese Änderung liege deutlich unter dem Wert von 10
km/h, ab welchem eine Verletzung der Halswirbelsäule bei Auffahrunfällen in der
Regel als möglich angesehen werde. Schon aufgrund der geringen
Geschwindigkeitsänderung bestünden Zweifel, ob die von der Beschwerdeführerin
geltend gemachten Beschwerden auf das Auffahrereignis vom 19. November 2002
zurückgeführt werden könnten . Die Beschwerdeführerin sei innert einer bis
eineinhalb Stunden nach dem Auffahrereignis im Kreisspital Männedorf untersucht
worden, wobei die behandelnden Ärzte festgestellt hätten, es habe keine
traumatische Hirnverletzung (Commotio cerebri) vorgelegen. Eine solche sei auch
von Dr. med. D.________ nicht diagnostiziert worden. Erst Dr. med. E.________
habe in seinem Bericht vom 29. November 2002 die Diagnose einer Commotio
cerebri gestellt. Diese Diagnose stützte sich allerdings nicht auf eigene
Wahrnehmungen und Untersuchungen, sondern lediglich darauf, dass ihm die
Beschwerdeführerin von einem Auffahrunfall und starker Verwirrung und
Konzentrationsstörungen berichtet habe. Bloss daraus auf eine
Gehirnerschütterung zu schliessen, sei eine Mutmassung, zumal ein normaler
Hirnnervenbefund sowie ein normales Reflexbild vorgelegen hätten. Auf die
Diagnose einer Commotio cerebri von Dr. E.________ könne somit nicht abgestellt
werden. Diese Diagnose sei aber in die späteren Arztberichte eingeflossen.
Bezüglich der geltend gemachten Commotio cerebri könne deshalb nur auf die
Angaben der ersten behandelnden Ärzte abgestellt werden, welche keine solche
festgestellt hätten. Nur diese Ärzte seien in der Lage gewesen, klinisch eine
Commotio cerebri festzustellen. Der Beschwerdeführerin sei somit der Beweis des
natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Auffahrereignis vom 19. November
2002 und der geltend gemachten Commotio cerebri nicht gelungen.

2.4 Weiter führte das Handelsgericht aus, den Ärzten sei bei der Erstellung
ihrer Berichte bzw. anlässlich ihrer Zeugenaussagen der genaue Unfallhergang
nicht bekannt gewesen, weshalb sie auf die Aussagen der Beschwerdeführerin
abgestellt hätten. Bezüglich deren Aussageverhaltens bestünden jedoch etliche
Ungereimtheiten. So seien die erstbehandelnden Ärzte davon ausgegangen, der
Chrysler sei von hinten links getroffen worden, was gemäss den Aussagen von Dr.
med. F.________ zum rechts festgestellten Muskelschmerz passen würde. Die
Kollision sei jedoch hinten rechts am Chrysler erfolgt. Auch bezüglich der
geschilderten Nackenschmerzen bestünden Ungereimtheiten. Gemäss dem
Notfallbericht vom 19. November 2002 sowie dem Bericht von Dr. med. D.________
sei bei der Beschwerdeführerin lediglich eine neben der Wirbelsäule liegende
Muskelverhärtung, ein Muskelschmerz an der Halswirbelsäule rechts, gemäss einem
Röntgenbild eine Streckhaltung und eine mässig eingeschränkte Beweglichkeit des
Kopfes festgestellt worden. Dr. med. D.________ habe am 26. November 2002 als
aktuelles Problem teilimmobilisierende Nackenschmerzen festgehalten. Auf die
späteren Arztberichte könne nicht abgestellt werden, weil ihnen unrichtige
Angaben bezüglich der unmittelbar nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden zu
Grunde gelegen hätten. So könne nicht davon ausgegangen werden, die
Beschwerdeführerin hätte nach ca. 20 Minuten wegen Übelkeit, Müdigkeit und
Drehschwindel anhalten müssen. Sodann fehle es am Nachweis, dass die
Beschwerdeführerin bis zum Austritt aus der Klinik Hirslanden am 16. Dezember
2002 Mühe mit dem Scharfsehen und Schwindelerscheinungen gehabt habe. Die
Kribbelparästhesien seien anlässlich der Untersuchung im Kreisspital Männedorf
verschwunden. Gemäss den Akten habe die Beschwerdeführerin schon früher an
Rücken- und Schulterverspannungen gelitten und sei deswegen in Behandlung beim
Chiropraktiker gewesen. Zudem habe die Beschwerdeführerin eine OSG-Bandplastik
links, welche zu Fehlbelastungen und zu Rückenbeschwerden führen könne. Es gebe
auch Hinweise auf Fehlstellungen der Wirbelsäule. Die Beschwerdeführerin habe
eine deutliche Hohlrundrückenhaltung sowie einen Schultertiefstand rechts
gehabt und sei unter einem enormen physischen und psychischen Druck gestanden,
da sie sich mitten in den Anwaltsprüfungen befunden und nach der Trennung von
ihrem Mann vier Kinder alleine zu betreuen gehabt habe. Sie habe ab dem 18.
November 2002 wieder zu 100 % bei einer Anwaltskanzlei gearbeitet und
zusätzlich vom 11. bis 14. Dezember 2002 ein Seminar durchzuführen gehabt.
Unter Berücksichtigung dieser hochgradigen Belastung und der vorbestehenden
Beschwerden sei ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin am
19. November 2002 eine verhärtete Muskulatur und ziehende Nackenbeschwerden
aufgewiesen habe. Die im Röntgenbild erkennbare Streckhaltung sei durch die
Muskelverhärtung entstanden, welche auch zur Einschränkung der Beweglichkeit
des Kopfes geführt habe. Für das Vorliegen des natürlichen Kausalzusammenhangs
zwischen dem Auffahrunfall und den geltend gemachten Beschwerden würden somit
nicht derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten
nicht massgeblich in Betracht fielen. So hätten verschiedene Ärzte in den
Zeugeneinvernahmen ausgesagt, dass auch andere Ursachen als ein Auffahrunfall
die geltend gemachten Beschwerden hätten verursachen können. Es bestehe deshalb
keine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass das durch die Beschwerdeführerin
geltend gemachte HWS-Distorsionstrauma auf das Auffahrereignis vom 19. November
2002 zurückzuführen sei.

2.5 Die Beschwerdeführerin rügte bereits vor dem Kassationsgericht, die
Verneinung der natürlichen Kausalität beruhe auf willkürlicher Beweiswürdigung.
Sämtliche involvierten Ärzte hätten die anhaltenden Beschwerden zumindest im
Sinne einer Teilursache auf das Unfallereignis vom 19. November 2002
zurückgeführt. Bis zu diesem Datum habe die Beschwerdeführerin keinerlei
Krankheitsabsenzen zu verzeichnen gehabt. Von keiner der vom Handelsgericht
aufgeführten alternativen Ursachen sei zu erwarten gewesen, dass die
Beschwerdeführerin gerade am Unfalltag in einen körperlichen Defektzustand
geraten sei, welcher bewirkt habe, dass sie über Monate vollständig
arbeitsunfähig geworden sei. Die vom Handelsgericht angeführten gelegentlichen
Rücken- und Schulterverspannungen hätten zu keinem Zeitpunkt zu einer
längerdauernden Einschränkung geführt und hätten vom Chiropraktiker jeweils
behandelt werden können. Dass eine Fehlhaltung aufgrund einer Bandplastik des
oberen Sprunggelenks schlagartig den aufgetretenen Schmerzzustand im Rücken,
Nacken und Kopf auslöse, sei medizinisch in keiner Weise erklärlich. Wenn
schon, wären langsam einschleichende Beschwerde zu erwarten gewesen, die sich
über Jahre hinaus zu einem relevanten Beschwerdebild entwickelt hätten.
Dasselbe gelte für eine allfällige Hohlrundrückenhaltung sowie einen
Schultertiefstand. Die Beschwerden könnten auch nicht mit den familiären
Umständen und dem hohen Arbeitspensum erklärt werden, zumal dieses von der
Beschwerdeführerin schon Jahre vor dem Unfall geleistet worden sei. Es sei
damit offensichtlich unhaltbar, wenn das Handelsgericht dem Unfallereignis vom
19. November 2002 jegliche Bedeutung für die danach aufgetretenen Beschwerden
abspreche.

2.6 Das Kassationsgericht wies diese Rüge ab und führte an, das Handelsgericht
gehe nicht davon aus, die Beschwerdeführerin sei beim Unfall in einen
"körperlichen Defektzustand" geraten, sondern halte es lediglich für nicht
überwiegend wahrscheinlich, dass die schliesslich bei der Beschwerdeführerin
festgestellten gesundheitlichen Beschwerden Folgen der Auffahrkollision gewesen
seien. Vielmehr könnten andere Ursachen dafür verantwortlich sein. Diese
Beweiswürdigung könne nicht als willkürlich bezeichnet werden, zumal die
Beschwerdeführerin nicht geltend macht, diese alternativen Umständen hätten gar
nicht vorgelegen. Sie wende lediglich ein, dass sie bis zum Unfall keinerlei
Krankheitsabsenzen aufgewiesen und auch sonst ihr Pensum geleistet habe, was
aber das Handelsgericht nicht in Zweifel gezogen habe.

2.7 Vor Bundesgericht macht die Beschwerdeführerin geltend, das
Kassationsgericht habe zu Unrecht eine willkürliche Beweiswürdigung verneint
und sich inhaltlich mit den vorgebrachten Rügen nicht auseinandergesetzt. Sie
erneuert daher den Einwand der vor dem Unfall fehlenden Krankheitsabsenzen und
der danach aufgetretenen für HWS-Verletzungen typischen Beschwerden und weist
auf die bestätigenden ärztlichen Befunde hin. Die Beschwerdeführerin hält die
Annahme, lediglich die ersten beiden Arztberichte seien verlässlich, für
willkürlich, da zur Feststellung einer Hirnerschütterung die Untersuchung vom
26. November 2002 durch eine Allgemeinärztin nicht verlässlicher sein könne als
die zwei Tage später erfolgte Untersuchung durch den Facharzt für Neurologie,
Dr. E.________. Willkürlich sei auch die Annahme, die Ärzte seien zum Teil von
einem widersprüchlichen Aussageverhalten der Beschwerdeführerin beeinflusst
worden. Diese habe den Unfallhergang in seinen Grundzügen als Auffahrkollision
im Wesentlichen gleichbleibend geschildert, so dass den Ärzten die für die
Beurteilung wesentlichen Elemente in zutreffender Weise bekannt gewesen seien.
Die Widersprüche in der Schilderung des Unfallhergangs (Aufprall hinten links
bzw. rechts) bzw. des Anhaltens danach und der Schlafstörungen seien
verständlich, denn in der Notfallsituation würden nur die für den Moment
entscheidend angesehenen Umstände rudimentär erfasst. Der Schluss,
Nichtgeschriebenes habe nicht stattgefunden, sei unzulässig.

2.8 Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht
schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen
Willkür nur auf, wenn er im Ergebnis unhaltbar ist (BGE 134 I 140 E. 5.4 S.
148; 133 I 149 E. 3.1; 132 III 209 E. 2.1; je mit Hinweisen). Im Bereich der
Beweiswürdigung steht dem Sachgericht ein erheblicher Ermessensspielraum zu
(BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Dieser wird erst überschritten, wenn das
Sachgericht aus Beweisen offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht oder
erhebliche Beweise übersieht (BGE 129 I 8 E. 2.1).

2.9 Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass die Beschwerdeführerin auf die
Einholung eines gerichtlichen medizinischen Gutachtens verzichtete, nachdem sie
vom Handelsgericht angefragt worden war, ob sie ein solches verlange. Zudem
geht die Beschwerdeführerin davon aus, beim Unfall habe die
Geschwindigkeitsveränderung in einem Bereich 4-6 km/h gelegen, womit
anerkanntermassen ein geringfügiger Unfall vorlag. Vor diesem Hintergrund ist
nicht zu beanstanden, dass das Handelsgericht die lediglich von behandelnden
Ärzten verfassten Berichte einer kritischen Würdigung unterzog. Dabei konnte es
aus dem Umstand, dass die erstbehandelnden Ärzte keine Hirnerschütterung
feststellten, willkürfrei ableiten, eine solche sei nicht aufgetreten, zumal
die Beschwerdeführerin die Annahme des Handelsgerichts, die Feststellung einer
solchen durch Dr. E.________ habe sich bloss auf die Schilderung starker
Verwirrung gestützt, nicht widerlegt. Ferner bestreitet die Beschwerdeführerin
nicht, dass die behandelnden Ärzte bei der Erstellung ihrer Berichte bzw.
anlässlich ihrer Zeugenaussagen den genauen Unfallhergang nicht kannten und
dass sie insoweit ausschliesslich auf die Angaben der Beschwerdeführerin
abstellten, welche die vom Handelsgericht aufgezeigten Ungereimtheiten
aufwiesen. Indem die Beschwerdeführerin diese Widersprüche als unwesentlich
oder als verständlich qualifiziert, vermag sie nicht aufzuzeigen, inwiefern es
unhaltbar sein soll, daraus auf die fehlende Verlässlichkeit der ärztlichen
Angaben bezüglich der Ursache der nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden zu
schliessen. Die Beschwerdeführerin zeigt auch nicht auf, dass diese Beschwerden
nicht gleichermassen auf ihre damalige sehr hohe berufliche und familiäre
Belastung und ihren körperlichen Vorzustand zurückgeführt werden konnten. Unter
diesen Umständen ist das Handelsgericht nicht in Willkür verfallen, wenn es den
Kausalzusammenhang zwischen dem Auffahrunfall und diesen Beschwerden als nicht
gegeben erachtete.

3.
3.1 Das Handelsgericht führte an, bei der persönlichen Befragung gelte eine
Besonderheit in der Beweiswürdigung. So bildeten gemäss § 149 Abs. 3 ZPO/ZH
Aussagen, welche zu Gunsten der befragten Partei lauten, keinen Beweis (E.
2.4.1 auf S. 26).

3.2 Die Beschwerdeführerin rügt, das Handelsgericht habe damit die
bundesrechtliche Beweiswürdigungsregel verletzt. Art. 86 SVG sehe vor, das bei
Streitigkeiten über Ansprüche aus Motorfahrzeugunfällen der Richter die
Tatsachen beurteile, ohne an Beweisregeln des kantonalen Prozessrechts gebunden
zu sein. Demnach sei die einfache persönliche Befragung im Haftpflichtprozess
aus Verkehrsunfall ein taugliches Beweismittel, weswegen § 149 Abs. 3 ZPO/ZH
vor Art. 86 SVG nicht standhalte. Somit seien bei der Beurteilung der
massgeblichen Sachverhaltselemente auch die Aussagen der Beschwerdeführerin zu
ihren Gunsten frei zu würdigen. Soweit sich die Willkür der Beweiswürdigung
durch das Handelsgericht nicht bereits aus dem bereits Vorgebrachten ergebe,
seien die entsprechenden Aussagen der Beschwerdeführerin ebenfalls zu
berücksichtigen.

3.3 Ob die zitierte kantonale Norm gegen übergeordnetes Bundesrecht verstösst
(Art. 49 Abs. 1 BV), kann dahingestellt bleiben. Da das Handelsgericht die
Parteiaussagen der Beschwerdeführerin einer eingehenden Würdigung unterzog, sie
aber zufolge ihrer Widersprüchlichkeit nicht für zuverlässig hielt, ist nicht
ersichtlich, inwiefern die freie Würdigung dieser Aussagen zu einem anderen
Beweisergebnis geführt hätte. Somit ist die Feststellung des Sachverhalts mit
keinem Mangel behaftet, der für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein
könnte (vgl. Art. 97 Abs. 1).

4.
4.1 Weiter ging das Handelsgericht davon aus, die Beschwerdegegnerin habe
bezüglich des umstrittenen natürlichen Kausalzusammenhangs den "Gegenbeweis"
erbracht. Gemäss dem eingeholten biomechanischen Gutachten vom 16. Mai 2007 sei
der Auffahrunfall vom 19. November 2002 nicht geeignet gewesen, die von der
Beschwerdeführerin geschilderten Beschwerden zu verursachen.

4.2 Diesen Ausführungen zum "Gegenbeweis" durch die Beschwerdegegnerin kommt
neben der Erwägung, dass der Beschwerdeführerin der Nachweis des behaupteten
Kausalzusammenhangs nicht gelungen ist, keine entscheiderhebliche Bedeutung zu.
Dasselbe gilt bezüglich der Eventualbegründung, welche dem natürlichen
Kausalzusammenhang, sollte er gegeben sein, die Adäquanz abspricht. Auf die
gegen diese Erwägungen gerichtete Kritik der Beschwerdeführerin ist demnach
mangels Beschwer nicht einzutreten.

5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin grundsätzlich
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat jedoch für das bundesgerichtliche
Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege beantragt. Diese kann ihr bewilligt
werden, da die gemäss Art. 64 BGG erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.
Die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin erscheint aufgrund ihrer Darlegungen
und den eingereichten Unterlagen, wie auch angesichts des Umstands, dass ihr
Kostenerlassgesuch im vorinstanzlichen Verfahren bewilligt wurde, als
ausgewiesen. Weiter kann die Beschwerde nicht als von vornherein aussichtslos
qualifiziert werden. Schliesslich war die Beschwerdegegnerin gemäss den
Feststellungen des Kassationsgerichts - obwohl sie Juristin ist - nicht in der
Lage die Nichtigkeitsbeschwerde selber in rechtsgenüglicher Weise zu begründen,
was auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren gelten dürfte (vgl. THOMAS
GEISER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 32 zu Art. 64
BGG). Unter diesen Umständen ist das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege samt Verbeiständung für das bundesgerichtliche
Verfahren gutzuheissen. Damit sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 64
Abs. 1 BGG; Urteil 4A_336/2008 vom 2. September 2008 E. 6). Überdies ist der
Beschwerdeführerin in der Person von Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow, Baden,
ein unentgeltlicher Rechtsbeistand beizugeben, dem eine angemessene
Entschädigung aus der Gerichtskasse zuzusprechen ist (Art. 64 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dem Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird entsprochen, und es wird ihr in der Person
von Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow, Baden, ein Rechtsbeistand zur Seite
gestellt.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow wird aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar
von Fr. 10'000.-- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Handelsgericht des Kantons Zürich und dem
Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. November 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Gelzer