Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.47/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_47/2009

Urteil vom 15. September 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Jordi,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Fürsprecher Ernst Hauser.

Gegenstand
Darlehensvertrag,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Appellationshof,
2. Zivilkammer,
vom 11. November 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 25. Juli 1999 unterzeichneten X.________ (Beschwerdeführerin) und ihr
Ehemann als solidarisch haftende Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag über
Fr. 100'000.--. Dieser Vertrag ersetzte einen bereits 1995 geschlossenen
mündlichen Darlehensvertrag. Als Darlehensgeberin wird im Vertrag Y.________
(Beschwerdegegnerin), die Schwester des Ehemannes der Beschwerdeführerin,
genannt, welche den Vertrag auch unterzeichnete. Zwischen den Parteien ist
umstritten, ob die Beschwerdegegnerin tatsächlich Darlehensgeberin ist und den
Betrag aus einem Erbvorbezug von Fr. 135'000.-- zur Verfügung stellte oder ob
sie den Vertrag lediglich in Vertretung ihres Vaters abschloss (ab Januar 1998
erledigte die Beschwerdegegnerin die finanziellen Angelegenheiten für ihre
Eltern) und die Darlehensvaluta aus dessen Vermögen stammt. Im Januar 1995
hatte die Mutter der Beschwerdegegnerin nach einem Autounfall mit der
Haftpflichtversicherung des Schädigers einen Vergleich über Fr. 135'000.--
abgeschlossen, welcher Betrag gemäss Anweisung des Vaters auf ein Konto der
Beschwerdegegnerin floss. Von diesem Konto überwies diese am 19. Juli 1995 den
Darlehensbetrag von Fr. 100'000.--.

B.
Am 14. Mai 1999 verstarb die Mutter der Beschwerdegegnerin (Schwiegermutter der
Beschwerdeführerin). Das gemäss telefonischen Angaben der Beschwerdegegnerin
erstellte Erbschaftsinventar wurde auf Intervention des Ehemannes der
Beschwerdeführerin abgeändert, der ein ihm gewährtes Darlehen berücksichtigt
wissen wollte. Dieses Darlehen wurde zuerst mit Fr. 135'000.-- in das Inventar
aufgenommen und auf erneute Intervention des Ehemannes auf Fr. 100'000.--
korrigiert.

C.
Später wurde der Vater der Beschwerdegegnerin pflegebedürftig. Die Rechnungen
des Pflegeheims von Januar 2000 bis April 2001, welche die Beschwerdegegnerin
an den Ehemann der Beschwerdeführerin weiterleitete, wurden von einem Bankkonto
des Ehemannes der Beschwerdeführerin bezahlt im Gesamtbetrag von Fr. 82'785.90.
Das Geld hatte er von der Beschwerdeführerin erhalten. Fünf mal beglich die
Beschwerdegegnerin den monatlichen Beitrag. Die Beschwerdeführerin macht
geltend, sie und ihr Ehemann seien davon ausgegangen, mit der Zahlung der
Pflegekosten werde das ihnen gewährte Darlehen getilgt. Am 14. Februar 2004
verstarb der Vater der Beschwerdegegnerin (Schwiegervater der
Beschwerdeführerin).

D.
Nachdem die Beschwerdegegnerin aus dem Darlehensvertrag Fr. 50'000.-- in
Betreibung gesetzt und provisorische Rechtsöffnung erhalten hatte, erhob die
Beschwerdeführerin Aberkennungsklage, welche der Gerichtspräsident des
Gerichtskreises VIII Bern Laupen abwies. Gleich entschied am 11. November 2008
das Obergericht des Kantons Bern auf Appellation der Beschwerdeführerin.

E.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht im Wesentlichen, in Gutheissung der Aberkennungsklage
festzustellen, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nicht bestehe. Die
Beschwerdegegnerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde,
während das Obergericht auf eine Stellungnahme verzichtet und auf die Akten
verweist. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 15. September 2009 an
einer öffentlichen Sitzung beraten.

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz ging davon aus, der Beschwerdeführerin sei bewusst gewesen, dass
sie den Darlehensvertrag mit der Beschwerdegegnerin geschlossen habe. Die
Parteien seien im Darlehensvertrag bezeichnet. Der Vater der Beschwerdeführerin
werde darin nicht erwähnt. Dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann den
Vertrag geprüft hätten, ergebe sich aus einer handschriftlichen Korrektur,
welche der Ehemann der Beschwerdeführerin angebracht habe. Nach den Aussagen
der Beschwerdeführerin selbst habe sie im Jahre 1995 mit ihrem Ehemann und der
Beschwerdegegnerin über das Darlehen gesprochen, wogegen ihr Schwiegervater
nichts davon gewusst habe.

1.1 Die Vorinstanz hat aus den Aussagen der Beschwerdeführerin auf deren
wirklichen Willen geschlossen und damit eine tatsächliche Feststellung
getroffen, an die das Bundesgericht grundsätzlich gebunden ist, sofern sie
nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 BGG), was von der Beschwerdeführerin im Einzelnen
darzulegen wäre.

1.2 Die Beschwerdeführerin rügt zwar eine willkürliche Feststellung des
Sachverhalts und versucht aufzuzeigen, dass der Darlehensbetrag nicht aus dem
Vermögen der Beschwerdegegnerin stammt. Die Herkunft der Darlehensvaluta bildet
indessen allenfalls ein Indiz für die Person des Darlehensgebers. Dieser ist
aber nicht verpflichtet, die Darlehenssumme aus seinem eigenen Vermögen zur
Verfügung zu stellen, so dass von der Herkunft der Geldmittel nicht zwingend
auf die Person des Darlehensgebers geschlossen werden kann. Das Vorliegen von
Indizien, welche für die Auffassung der Beschwerdeführerin sprechen, wie
beispielsweise Schreiben eines Rechtsanwaltes im Namen der Beschwerdegegnerin,
in welchen dieser ausführt, er nehme nicht an, dass zwischen dem Ehemann der
Beschwerdeführerin und dessen Vater ein schriftlicher Darlehensvertrag
abgeschlossen worden sei, genügt angesichts der klaren Bezeichnung der Parteien
im Vertrag und der Aussage der Beschwerdeführerin, ihr Schwiegervater habe im
Jahre 1995 nichts vom Darlehen gewusst, nicht, um die Auffassung der Vorinstanz
als offensichtlich unrichtig und damit willkürlich auszuweisen. Ebensowenig
reichen die am Erbschaftsinventar vorgenommenen Abänderungen hierfür aus, zumal
dieses nicht den Nachlass des Schwiegervaters betraf.

1.3 Die Beschwerdeführerin hat sich bereits im kantonalen Verfahren auf
Grundlagenirrtum berufen. Sie habe erst am 14. Juni 2005 erfahren, dass die
Beschwerdegegnerin Fr. 135'000.-- als Erbvorbezug erhalten habe. Sie hätte den
Darlehensvertrag nicht abgeschlossen, wenn sie gewusst hätte, dass die
Beschwerdegegnerin nicht im Namen ihres Vaters handelte und das Darlehen aus
deren Vermögen stamme.
1.3.1 Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe den Vertrag im Glauben
abgeschlossen, die Beschwerdegegnerin handle für ihren Vater, beruft sie sich
auf einen Erklärungsirrtum (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 2 OR; vgl. BGE 57 II 284 E. 2
S. 288), nicht auf einen Grundlagenirrtum. Unter dieser Voraussetzung hätte
nämlich das tatsächlich Erklärte (Abschluss des Vertrages mit der
Beschwerdegegnerin) objektiv nicht dem entsprochen, was die Beschwerdeführerin
hätte ausdrücken wollen (Abschluss des Vertrages mit dem Schwiegervater). War
sich die Beschwerdeführerin aber tatsächlich bewusst, dass der Vertrag mit der
Beschwerdegegnerin geschlossen wurde, lag kein Erklärungsirrtum vor.
1.3.2 Irrte die Beschwerdeführerin demgegenüber nicht über den Vertragspartner,
sondern bloss über die Herkunft des als Darlehen ausbezahlten Geldes, bleibt zu
prüfen, ob insoweit ein Grundlagenirrtum vorliegt. Das objektive Merkmal des
Grundlagenirrtums ist erfüllt, wenn nach objektivem Massstab, aus der Sicht
loyaler Geschäftsleute, der irrtümlich angenommene Sachverhalt notwendige
Grundlage des Vertrages bildete, wobei die Besonderheiten des konkreten
Geschäftes und die Eigenschaften der am Vertrag beteiligten Parteien zu
beachten sind (BGE 118 II 58 E. 3b S. 62, 297 E. 2c S. 300 f.; 83 II 18 E. 3a
S. 23). Woher die vom Darlehensgeber zur Verfügung gestellten Geldmittel
stammen, ist für den Darlehensnehmer in der Regel belanglos. Umstände, die im
zu beurteilenden Fall eine andere Einschätzung nahelegen würden, sind nicht
festgestellt. Damit hat die Vorinstanz das Vorliegen eines Grundlagenirrtums im
Ergebnis zu Recht verneint. Dass der Herkunft der Geldmittel im Zusammenhang
mit der Begleichung der Pflegeheimkosten Bedeutung zukommen könnte, ist nicht
massgeblich, da dieser Aspekt keine Grundlage für den Abschluss des
Darlehensvertrages bildete.

1.4 Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz davon
ausging, die Übernahme der Pflegekosten könne objektiv nicht als Erfüllung der
Pflicht zur Rückzahlung des Darlehens angesehen werden. Damit ist der Anspruch
der Beschwerdegegnerin grundsätzlich ausgewiesen.

2.
Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, ihr Schwiegervater sei im Umfang der
für die Pflegeheimkosten geleisteten Zahlungen ungerechtfertigt bereichert,
wenn diese, wie von der Vorinstanz angenommen, nicht zur Tilgung des Darlehens
führten. Diesen Bereicherungsanspruch stellt die Beschwerdeführerin der
Darlehensforderung der Beschwerdegegnerin, welche Erbin des Verstorbenen ist,
zur Verrechnung gegenüber. Soweit ein entsprechender Anspruch nicht der
Beschwerdegegnerin persönlich, sondern ihrem Ehemann zustehen sollte, hat sie
sich diesen abtreten lassen.

2.1 Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert
worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten (Art. 62 Abs. 1 OR).
Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit ein, wenn jemand ohne jeden gültigen
Grund (sine causa) oder aus einem nicht verwirklichten (causa non secuta) oder
nachträglich weggefallenen Grund (causa finita) eine Zuwendung erhalten hat
(Art. 62 Abs. 2 OR). Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann das
Geleistete aber nur zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich
über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat (Art. 63 Abs. 1 OR). Selbst wenn
dieser Nachweis gelingt, bleibt die Rückforderung ausgeschlossen, wenn die
Zahlung für eine verjährte Schuld oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht
geleistet wurde (Art. 63 Abs. 2 OR).

2.2 Nach Auffassung der Vorinstanz trat beim Verstorbenen durch die
Verminderung der Passiven eine Bereicherung ein. Der Ehemann der
Beschwerdeführerin habe eine Nichtschuld bezahlt. Die Rückforderung setze den
Nachweis des Irrtums über die Zahlungspflicht voraus. Ob ein solcher vorlag,
liess die Vorinstanz jedoch offen, weil sie einen Bereicherungsanspruch aus
anderen Gründen verneinte. Sie hielt fest, sofern die Beschwerdeführerin und
ihr Ehemann tatsächlich meinten, im Umfang der geleisteten Fr. 82'785.90 werde
das ihnen gewährte Darlehen getilgt, seien die Ausschlussgründe nach Art. 63
Abs. 2 OR zu prüfen. Danach sei die Rückforderung ausgeschlossen, wenn die
Zahlung für eine verjährte Forderung oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht
geleistet wurde. Das Vermögen des Verstorbenen sei im Zeitpunkt der Zuwendungen
langsam zur Neige gegangen. Später habe er Ergänzungsleistungen erhalten. Bei
der sehr gut verdienenden Beschwerdeführerin habe ihr Ehemann die ausstehenden
Beträge problemlos erhältlich machen können. Daher sei es seine sittliche
Pflicht gewesen, den Verstorbenen zu unterstützen. Und selbst wenn davon
auszugehen sei, die Zahlungen seien aus dem Vermögen der Beschwerdeführerin
erfolgt, habe diese als sehr gut verdienende Schwiegertochter mit einem
ungetrübten Verhältnis zum Verstorbenen in Erfüllung einer sittlichen Pflicht
gehandelt, weshalb eine Rückforderung jedenfalls unstatthaft sei.

2.3 Die Beschwerdeführerin bringt vor, weder in tatsächlicher noch in
rechtlicher Hinsicht seien die Voraussetzungen für die Annahme einer sittlichen
Pflicht gegeben. Überdies komme Art. 63 Abs. 2 OR nur zur Anwendung, wenn der
Zahlende irrtümlich glaube, eine moralische Pflicht erfüllen zu müssen. Die
Beschwerdeführerin sei aber davon ausgegangen, mit den Zahlungen eine
vertragliche Schuld zu erfüllen, so dass Art. 63 Abs. 2 OR ohnehin nicht zur
Anwendung komme.
2.3.1 Art. 63 OR wurde ohne wesentliche Änderungen von Art. 72 aOR übernommen
(Nathalie Voser, Bereicherungsansprüche in Dreiecksverhältnissen, 2006, S. 116
f.; Lea Rosemarie Kaufmann-Bütschli, Grundlagenstudien zur ungerechtfertigten
Bereicherung in ihrer Ausgestaltung durch das schweizerische Recht, 1983, S. 40
ff.). Der Ausschluss der Rückforderung bei Erfüllung einer sittlichen Pflicht
geht auf Art. 105 des Entwurfs des Schweizerischen Obligationenrechts,
bearbeitet nach den Beschlüssen einer Kommission vom 22. - 28. Oktober 1869 und
vom 6. - 13. Oktober 1872, gedruckt im Juli 1875 (nachfolgend E1aOR) zurück
(vgl. von Wyss, Motive zu der auf Grund der Commissionsbeschlüsse vom September
1877 bearbeiteten neuen Redaktion des allgemeinen Teiles des Entwurfes zu einem
schweizerischen Obligationenrechte, Bern 1877, S. 14), der wie folgt lautete:

"Wer durch eine Leistung eine Pflicht der Pietät, des Mitleidens oder der Ehre
erfüllt hat, und dabei in der irrigen Meinung stand, auch rechtlich dazu
verpflichtet zu sein, hat kein Rückforderungsrecht."
2.3.2 Art. 105 E1aOR macht deutlich, dass Art. 63 Abs. 2 OR einer Rückforderung
entgegensteht, wenn jemand eine sittliche Pflicht erfüllte, die er irrtümlich
für rechtlich verbindlich erachtete (so auch KELLER/SCHAUFELBERGER,
Ungerechtfertigte Bereicherung, Das Schweizerische Schuldrecht, Band III, 3.
Aufl. 1990, S. 57; vgl. BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner
Teil, 2. Aufl. 1988, S. 683). Die Rückforderung wäre mithin nach Art. 63 Abs. 2
OR ausgeschlossen, wenn die Beschwerdeführerin oder ihr Ehemann angenommen
hätten, zur Leistung von Unterstützungszahlungen gesetzlich verpflichtet zu
sein, und sich hernach herausgestellt hätte, dass lediglich eine nicht klagbare
sittliche Pflicht zur Unterstützung bestand. Gemäss ihren Angaben waren die
Beschwerdeführerin und ihr Ehemann aber der Meinung, sie würden mit ihren
Überweisungen ihre - tatsächlich bestehende - Darlehensschuld abzahlen, welche
Wirkung jedoch nicht eintrat. In Tat und Wahrheit waren die Eheleute rechtlich
verpflichtet, das Darlehen der Gläubigerin zurückzuzahlen. Eine sittliche
Pflicht, einer Drittperson Rückzahlungen zu leisten, bestand nicht, ungeachtet
der Frage, ob der Begünstigte allenfalls moralisch berechtigt sein könnte,
Unterstützungsleistungen seitens der Darlehensschuldner zu empfangen. Die
Leistung an einen Nichtberechtigten erfolgt nicht in Erfüllung einer sittlichen
Pflicht (Art. 63 Abs. 2 OR), so dass die Rückforderung zulässig bleibt.

3.
Die Beschwerdegegnerin ist allerdings der Meinung, die Verrechnung sei
ausgeschlossen, da der persönliche Schuldner des Mitglieds einer
Erbengemeinschaft diesem gegenüber nicht mit seiner Forderung gegen die
Erbengemeinschaft verrechnen könne. Auch der umgekehrte Fall, wonach der
Schuldner der Erbengemeinschaft dieser gegenüber mit einer persönlichen
Forderung gegenüber einem Miterben verrechne, sei nicht möglich.

3.1 Die Verrechnung ist zulässig, wenn der Gläubiger, was er aufgrund seiner
Forderung erhält, sofort wieder erstatten müsste. Es muss Identität zwischen
dem Gläubiger der einen und dem Schuldner der anderen Forderung vorliegen (vgl.
schon BECKER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1941, N. 2 Vorbemerkungen zu Art. 120
- 126 und N. 5 zu Art. 120 OR; PETER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht
I, 4. Aufl. 2007, N. 5 zu Art. 120 OR). Mit dem Tod des Erblassers werden die
Erben an der Erbmasse und damit auch an Forderungen des Erblassers zu gesamter
Hand berechtigt (Art. 602 ZGB). Die Kompensation von Ansprüchen des Erblassers
mit Forderungen eines Dritten gegenüber einem Miterben persönlich ist
ausgeschlossen. Die Leistungen sind einerseits vom einzelnen Erben gegenüber
dem Dritten und andererseits vom Dritten gegenüber der Gesamtheit der Erben
geschuldet und somit nicht zwischen denselben Personen (so schon BGE 44 II 255
E. 1 S. 258 unter Verweis auf die entsprechende Regelung bei der
Kollektivgesellschaft, heute Art. 573 OR; vgl. auch ESCHER, Zürcher Kommentar,
1. Aufl. 1912, N. 6 in fine zu Art. 602 ZGB). Ebensowenig kann ein Miterbe
gegenüber seinem Gläubiger eine Forderung der Erbmasse verrechnen (vgl. für die
Kollektivgesellschaft Art. 573 Abs. 2 OR).

3.2 Während die Erben an Forderungen des Erblassers gesamthänderisch berechtigt
sind (Art. 602 ZGB), haften sie für die Schulden des Erblassers gegenüber
Dritten grundsätzlich persönlich (Art. 560 ZGB) und solidarisch (Art. 603 ZGB).
Der Gläubiger des Erblassers kann daher von jedem einzelnen Miterben die
Begleichung der gesamten Forderung verlangen. Ist er aber seinerseits Schuldner
eines Erben, müsste er, was er aufgrund seiner Forderung gegen den Erblasser
von diesem Erben erhält, sofort wieder erstatten, was zu einem Hin und Her der
Leistungen zwischen denselben Personen führen würde. Hier liegt Identität
zwischen dem Gläubiger der einen und dem Schuldner der anderen Forderung vor,
weshalb die Verrechnung zuzulassen ist (vgl. Art. 573 Abs. 3 OR; HELENE WIDMER,
Die Erbengemeinschaft, 1926, S. 45; TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, 2. Aufl.
1964, N. 37 zu Art. 602 ZGB; PIOTET, in: Schweizerisches Privatrecht, 1981; IV/
2 S. 659; vgl. auch BUCHER, Kompensation von Nachlassforderungen zwischen Erben
und Dritten, in: Thomas Geiser et. al. [Hrsg.], Privatrecht im Spannungsfeld
zwischen gesellschaftlichem Wandel und ethischer Verantwortung, Festschrift für
Heinz Hausheer zum 65. Geburtstag, 2002, S. 44). Die von der Beschwerdeführerin
zitierte gegenteilige Lehrmeinung (AEPLI, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1991, N.
39 zu Art. 120 OR) geht wohl auf eine unzutreffende Wiedergabe des in § 2040
BGB enthaltenen Gedankens bei Tuor, Berner Kommentar, 1. Aufl. 1929, N. 36 zu
Art. 602 ZGB zurück, die in der Lehre übernommen wurde (vgl. die in sich
widersprüchlichen Ausführungen bei Escher, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1943, N.
34 zu Art. 602 ZGB; beim Versuch des Bearbeiters der 3. Auflage, den
entstandenen Widerspruch zu klären, ging der ursprüngliche Sinn verloren,
Escher/Escher, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1960, N. 34 zu Art. 602 ZGB).

3.3 Gemäss den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz erfolgten die
Zahlungen für die Pflegeheimkosten allerdings ab dem Konto und damit aus dem
Vermögen des Ehemannes der Beschwerdeführerin, der das Geld von dieser erhalten
hatte. Ein allfälliger Bereicherungsanspruch gegenüber dem Verstorbenen
entstand mithin nicht bei der Beschwerdeführerin, sondern bei ihrem Ehemann.
Die Beschwerdeführerin könnte daher höchstens die infolge Abtretung auf sie
übergegangenen Ansprüche ihres Ehemannes gegenüber der Beschwerdegegnerin als
Mitglied der Erbengemeinschaft zur Verrechnung bringen. Der Ehemann der
Beschwerdeführerin gibt aber in der Abtretungserklärung selbst an, die
Erbengemeinschaft des Verstorbenen bestehe aus ihm und seiner Schwester, so
dass der Ehemann selbst Erbe ist.
3.3.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes sind Forderungen, die
einzelne Erben gegen den Nachlass besitzen, im Erbteilungsverfahren zu
liquidieren (BGE 71 II 219 E. 1 S. 222; 72 II 154 E. 5 S. 160). Das
Bundesgericht hat von dieser Rechtssprechung zwar Ausnahmen zugelassen
bezüglich der güterrechtlichen Ansprüche des überlebenden Ehegatten (BGE 101 II
218 E. 3 S. 221). Ebenso kommt die zitierte Rechtsprechung nicht zur Anwendung,
wenn sich der Anspruchsberechtigte die Erbenstellung erst durch einen Prozess
erstreiten muss (BGE 86 II 335). Beide Ausnahmefälle sind hier nicht gegeben.
Damit kann der Ehemann der Beschwerdeführerin vor der Durchführung der Teilung
die Beschwerdegegnerin als seine Miterbin für Forderungen, die ihm gegenüber
dem Erblasser zustehen, nicht persönlich belangen (BGE 71 II 219 E. 1 S. 222;
72 II 154 E. 5 S. 160).
3.3.2 Einreden, die der Forderung des Abtretenden entgegenstanden, kann der
Schuldner auch gegen den Erwerber geltend machen, wenn sie schon zu der Zeit
vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt (Art. 169 Abs. 1
OR). Daher kann auch die Beschwerdeführerin vor der Erbteilung von der
Beschwerdegegnerin keine Zahlung verlangen und erweist sich eine Verrechnung
gegen den Willen der Beschwerdegegnerin als unzulässig. Dass die Erbteilung
bereits vorgenommen worden wäre, ist den tatsächlichen Feststellungen des
angefochtenen Entscheides nicht zu entnehmen und zeigt die Beschwerdeführerin
nicht auf (Art. 97 Abs. 1 BGG). Daher ist die Verrechnung ausgeschlossen und
der angefochtene Entscheid im Ergebnis nicht zu beanstanden.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend wird die Bescherdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. September 2009

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak