Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.479/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_479/2009

Urteil vom 23. Dezember 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.

1. Parteien
X.________ AG,
2. A.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Schraner,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Alfred Schütz.

Gegenstand
Haftung des Motorfahrzeughalters,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 22. April 2008 und den Zirkulationsbeschluss des
Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 12. August 2009.
Sachverhalt:

A.
Am 5. Juli 2000 um 7.25 Uhr kam es im Bereich der Bushaltestelle
E.________strasse an der F.________strasse in G.________ zu einer Kollision
zwischen einem von seinem Halter A.________ (Beschwerdeführer 2) gelenkten
Personenwagen und B.________, geb. 1982, (Beschwerdegegnerin), welche die
F.________strasse überqueren wollte, um in einen wartenden Autobus
einzusteigen. An dieser Stelle gilt die allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung
innerorts von 50 km/h. Die Beschwerdegegnerin kam von einem Fussweg, der in die
F.________strasse einmündete. Dieser war so von einer Grünhecke abgedeckt, dass
die Beschwerdegegnerin aus der Fahrtrichtung des Beschwerdeführers 2 praktisch
erst beim Betreten der Fahrbahn sichtbar wurde. Hinter dem Bus stand in
Gegenrichtung zum Beschwerdeführer 2 ein Personenwagen, der ursprünglich zum
Überholen angesetzt, dann aber doch hinter dem Bus gehalten hatte. Da er leicht
in die Fahrspur des Beschwerdeführers 2 hinüberragte, musste sich dieser auf
seiner Spur ganz rechts halten.

B.
Die Beschwerdegegnerin erlitt bei dem Unfall lebensgefährliche Verletzungen.
Sie musste diverse Operationen über sich ergehen lassen und leidet nach eigenen
Angaben noch heute an den Folgen des Unfalles. Sie erhob, ursprünglich zusammen
mit ihren Eltern, gegen den Beschwerdeführer 2 und dessen
Haftpflichtversicherer, die X.________ AG (vormals Y.________
Versicherungs-Gesellschaft, Beschwerdeführerin 1) eine Teilklage. Sie verlangte
Fr. 80'000.-- Genugtuung und bestimmte Schadenposten im Betrag von Fr.
11'309.10 nebst Zins und Kosten.

C.
Im Verlaufe des Verfahrens anerkannte die Beschwerdeführerin 1 dem Masse nach
Schadensposten von Fr. 10'220.35, bestritt aber ihre Zahlungspflicht. Das
Bezirksgericht Horgen wies die Klage ab. Vor dem Obergericht des Kantons Zürich
einigten sich die Prozessparteien darauf, dass die Eltern der
Beschwerdegegnerin, welche ebenfalls Genugtuungsansprüche gestellt hatten, aus
dem Verfahren ausschieden. Um der Beschwerdegegnerin eine medizinische
Begutachtung zu ersparen, bezifferten die Parteien für den Fall der Haftung der
Beschwerdeführerin 1 die Basisgenugtuung auf Fr. 120'000.-- nebst Zins, wobei
das Gericht gegebenenfalls die Haftungsquote festzusetzen hatte. Das
Obergericht setzte die Haftungsquote der Beschwerdeführer auf 80 % fest und
erkannte, die Beschwerdegegnerin habe an sich Anspruch auf Fr. 96'000.--
Genugtuung und Fr. 8'211.10 Schadenersatz, jeweils nebst Zins. Da die
Beschwerdegegnerin ursprünglich nicht mehr als insgesamt Fr. 91'309.10 nebst
Zins verlangt hatte, sprach ihr das Obergericht mit Urteil vom 22. April 2008
diesen Betrag zu. Die gegen dieses Urteil erhobene kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 12.
August 2009 ab, soweit es darauf eintrat.

D.
Die Beschwerdeführer gelangen mit zwei Eingaben, beide datiert vom 23.
September 2009, ans Bundesgericht. Mit der einen fechten sie den Entscheid des
Obergerichts, mit der anderen zusätzlich jenen des Kassationsgerichts an. Sie
beantragen im Wesentlichen, die angefochtenen Entscheide aufzuheben und die
Klage abzuweisen. Ihr Gesuch um aufschiebende Wirkung hiess das Bundesgericht
gut. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, während das Obergericht und das
Kassationsgericht auf Vernehmlassung verzichten.

Erwägungen:

1.
Nach Art. 100 Abs. 6 BGG beginnt die Beschwerdefrist, wenn der Entscheid eines
oberen kantonalen Gerichts mit einem Rechtsmittel, das nicht alle Rügen nach
den Artikeln 95 - 98 zulässt, bei einer zusätzlichen kantonalen Gerichtsinstanz
angefochten worden ist, erst mit der Eröffnung des Entscheids dieser Instanz.
Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann unter dieser Voraussetzung auch das
Urteil der oberen kantonalen Instanz angefochten werden, soweit im Rahmen der
Beschwerde in Zivilsachen zulässige Rügen dem höchsten kantonalen Gericht nicht
unterbreitet werden konnten. Die Rügen können gegen beide Entscheide in
derselben Rechtsschrift erhoben werden.

1.1 Gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde nur zulässig gegen Entscheide
letzter kantonaler Instanzen und des Bundesverwaltungsgerichts. Dabei knüpft
der Begriff der Letztinstanzlichkeit an jenen von Art. 86 Abs. 1 OG an.
Letztinstanzlichkeit gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG bedeutet, dass der kantonale
Instanzenzug für die Rügen, die dem Bundesgericht vorgetragen werden,
ausgeschöpft sein muss (BGE 134 III 524 E. 1.3 S. 527 mit Hinweisen).

1.2 Rügen, die der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde zugänglich sind (§§ 281
und 285 der Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976, ZPO/ZH, LS 271), können
daher gegenüber dem Entscheid des Obergerichts nicht erhoben werden. Damit ist
auf Rügen der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts (Art. 97
BGG) oder der Verletzung des rechtlichen Gehörs bezüglich des Entscheids des
Obergerichts nicht einzutreten, es sei denn, es werde eine
Bundesrechtsverletzung geltend gemacht, die das Bundesgericht nach Art. 106 BGG
frei und von Amtes wegen überprüfen kann.

2.
Das erstinstanzliche Gericht hatte keinen Beweisauflagebeschluss erlassen. Das
Obergericht war der Auffassung, der Mangel lasse sich im Rechtsmittelverfahren
beheben, und erliess selbst einen Beweisauflagebeschluss. Es kam nach Würdigung
der Beweise zum Schluss, der Unfall habe sich auf einer Nebenstrasse, die durch
ein Wohnquartier führe, zugetragen, weshalb der Beschwerdeführer 2 nach Art.
41a der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV, SR 741.11)
besonders vorsichtig und rücksichtsvoll zu fahren hatte, worauf sich die
Beschwerdegegnerin bis zu einem gewissen Grad habe einstellen dürfen. Dass die
Beschwerdegegnerin die Fahrbahn betreten habe, ohne nach links zu schauen, sei
nicht bewiesen. Aufgrund der im unfallanalytisch-biomechanischen Gutachten als
wahrscheinlichste angegebenen Geschwindigkeiten ging es sodann davon aus, die
Beschwerdegegnerin sei im Unfallzeitpunkt mit 15 km/h leicht gerannt, während
der Beschwerdeführer 2 wegen des Busses und des schräg gestellten Fahrzeugs
dahinter im Kollisionszeitpunkt sein Fahrzeug nahe am rechten Fahrbahnrand
ungebremst mit einer Geschwindigkeit von 42 km/h gelenkt habe. Es erkannte,
beide Beteiligten hätten fahrlässig gehandelt, und zwar an der Grenze zur
groben Fahrlässigkeit, die Beschwerdegegnerin zufolge mangelnder Sorgfalt beim
Überqueren der Strasse, der Beschwerdeführer 2 zufolge der Situation nicht
angepasster, überhöhter Geschwindigkeit. Beim Einfluss der verschiedenen
Komponenten auf die Haftungsquote berücksichtigte das Obergericht die
Betriebsgefahr des Fahrzeugs mit 60 %, verteilte die restlichen 40 %
gleichmässig auf beide Beteiligten und kam so zu der Haftungsquote von 80 %,
für welche die Beschwerdeführer einzustehen hätten. Daran vermochte die von den
Beschwerdeführern erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nichts zu ändern.

3.
Die Beschwerdeführer beanstanden in beiden Beschwerdeschriften diverse
Sachverhaltsfeststellungen der kantonalen Instanzen und legen dar, wie die
Beweismittel ihrer Meinung nach korrekt zu würdigen gewesen wären. Sie rügen
eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehörs und sind der Auffassung,
die Beweissätze seien nicht korrekt formuliert worden. Zudem hätte das
Kassationsgericht diverse Nichtigkeitsgründe für gegeben erachten müssen.

3.1 Die Beschwerdeführer verkennen, dass das Bundesgericht grundsätzlich an die
tatsächlichen Feststellungen und die Beweiswürdigung im angefochtenen Entscheid
gebunden ist (Art. 105 BGG), sofern sich diese nicht als offensichtlich
unrichtig und damit willkürlich erweist. Selbst offensichtlich unrichtige
Feststellungen sind belanglos, sofern sie den Ausgang des Verfahrens nicht
beeinflussen (Art. 97 Abs. 1 BGG). Auch das aus dem Anspruch auf rechtliches
Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) abgeleitete Recht, zum Beweis zugelassen zu werden,
bezieht sich nur auf prozessrelevante Tatsachen (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157 mit
Hinweisen). Die Anwendung kantonalen Rechts prüft das Bundesgericht
grundsätzlich nicht. Soweit, wie hier, keine der in Art. 95 BGG lit. c-e
genannten Ausnahmen gegeben sind, prüft das Bundesgericht lediglich auf
entsprechende Rüge (Art. 106 Abs. 2 BGG), ob die Anwendung kantonalen Rechts
willkürlich ist und damit Grundrechte verletzt (Art. 9 BV), oder, soweit die
Beschwerde insoweit den Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 BGG) genügt,
von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG), ob das übrige Bundesrecht vereitelt
wird. Willkürlich ist ein Entscheid aber erst, wenn er auch im Ergebnis
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE
134 II 124 E. 4.1 mit Hinweisen). Es ist nicht Sache des Bundesgerichts,
nachzuprüfen ob jede einzelne Erwägung des angefochtenen Entscheides zutrifft,
sofern das Ergebnis des Entscheides nicht davon beeinflusst wird. Es genügt
daher nicht, wenn die Beschwerdeführer behaupten, gewisse Beweissätze seien zu
eng formuliert worden. Sie müssten vielmehr im Einzelnen darlegen, über welche
tatsächlichen Behauptungen wegen falscher Beweissätze kein Beweis abgenommen
wurde, und inwiefern diese Behauptungen prozessrelevant sind.

3.2 Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung über weite Strecken
nicht. Es ist nicht massgebend, ob die Fortbewegung der Beschwerdegegnerin als
"Rennen", "leichtes Rennen", "Joggen", "Traben" oder "schnelles Gehen" zu
bezeichnen ist, sondern dass ihre Geschwindigkeit nach dem angefochtenen Urteil
15 km/h betrug. Ausschlaggebend ist nicht, ob die Vorinstanz die Photos der
Kantonspolizei in ihrem Entscheid richtig beschrieb, sondern ob sie gestützt
auf diese Fotos zu Recht davon ausging, bei der Unfallstrasse handle es sich um
eine durch ein Wohnquartier führende Nebenstrasse. Die Beschwerdeführer nennen
im Wesentlichen keine Tatsachen, die sie noch beweisen wollten, sondern sind
der Auffassung, die Vorinstanz habe aus den vorhandenen Beweismitteln die
falschen Schlüsse gezogen. In tatsächlicher Hinsicht ist auf die Vorbringen der
Beschwerdeführer aber nicht weiter einzugehen, da sie sich damit begnügen, dem
Bundesgericht ihre abweichende Meinung darzulegen, und mit derart
appellatorischer Kritik die Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 und Art.
97 BGG) verfehlen (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweisen). Ob die Schlüsse
der Vorinstanz in rechtlicher Hinsicht zutreffen, bleibt demgegenüber zu
prüfen.

4.
Wird durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges ein Mensch getötet oder verletzt
oder Sachschaden verursacht, so haftet der Halter für den Schaden (Art. 58
SVG). Der Halter wird unter Anderem von der Haftpflicht befreit, wenn er
beweist, dass der Unfall durch grobes Verschulden des Geschädigten verursacht
wurde ohne dass ihn selbst oder Personen, für die er verantwortlich ist, ein
Verschulden trifft und ohne dass fehlerhafte Beschaffenheit des Fahrzeuges zum
Unfall beigetragen hat (Art. 59 Abs. 1 SVG). Beweist der Halter, der nicht von
der Haftung befreit wird, dass ein Verschulden des Geschädigten beim Unfall
mitgewirkt hat, so bestimmt der Richter die Ersatzpflicht unter Würdigung aller
Umstände (Art. 59 Abs. 2 SVG). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist
im Rahmen von Art. 59 Abs. 2 SVG grundsätzlich der Gesamtschaden von 100 % auf
die einzelnen haftpflichtrechtlich relevanten Ursachen zu verteilen (BGE 132
III 249 E. 31 S. 252 mit zahlreichen Hinweisen). Zu berücksichtigen ist dabei
neben dem Verschulden der Parteien namentlich die vom Halter zu vertretende
Betriebsgefahr.

5.
Da sich die Beschwerdeführer nur von der Haftung befreien können, wenn den
Beschwerdeführer 2 am Unfall kein Verschulden trifft (Art. 59 Abs. 1 SVG), ist
diese Frage vorab zu behandeln.

5.1 An der Unfallstelle galt eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Die
Vorinstanz erachtete es in tatsächlicher Hinsicht als erwiesen, dass der
Beschwerdeführer 2 mit 42 km/h fuhr, und die Beschwerdeführer erheben
diesbezüglich keine substantiierte Rüge, die ein Abweichen vom angefochtenen
Entscheid rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer 2 bewegte sich somit
innerhalb der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit ist
indessen stets den konkreten Umständen anzupassen, namentlich den Strassen-,
Verkehrs- und Sichtverhältnissen (Art. 32 Abs. 1 SVG). Die signalisierte
Höchstgeschwindigkeit darf nur ausgeschöpft werden, wenn die konkreten Umstände
dies gestatten. Ein Anpassen der Geschwindigkeit ist nicht nur angezeigt, wenn
gefahrenträchtige Situationen mit Hinweisschildern ausdrücklich angekündigt
werden. Vielmehr kann sich eine entsprechende Pflicht auch aus der allgemein
oder dem Verkehrsteilnehmer speziell bekannten Gefährlichkeit der
Verkehrssituation ergeben (SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen
Strassenverkehrsrecht, Bd. 1, 2. Aufl. 2002, Rz. 591 ff. S. 271 f.).

5.2 Der Beschwerdeführer 2 schickte sich an, einen Bus zu kreuzen, der an einer
Haltestelle stand. Nach Art. 33 Abs. 3 SVG ist an den Haltestellen öffentlicher
Verkehrsmittel auf ein- und aussteigende Personen Rücksicht zu nehmen, da in
der Nähe der Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel stets mit Personen zu
rechnen ist, die sich in Eile befinden, es an der nötigen Aufmerksamkeit
mangeln lassen und sich daher unrichtig verhalten (GIGER, SVG-Kommentar, 7.
Aufl. 2008, N. 10 zu Art. 33 SVG). Dies gilt namentlich für Passagiere, die
nach dem Aussteigen die Strasse überqueren wollen, und deren Sichtfeld durch
den Bus eingeschränkt ist (vgl. BGE 97 IV 242 E. 2 S. 244). Ebenso besteht aber
eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass Personen versuchen, den Bus noch zu
erreichen, und dabei allenfalls dem übrigen Verkehr nicht die notwendige
Beachtung schenken (vgl. GIGER, a.a.O., N. 10 zu Art. 33 SVG). Da in derartigen
Situationen nach der Lebenserfahrung das Hinaustreten auf die Fahrbahn oft
nicht mit der gebotenen Vorsicht erfolgt, muss der Fahrzeugführer, der an einem
in der Gegenrichtung haltenden Bus vorbeifährt, sich darauf einstellen und
gegebenenfalls seine Geschwindigkeit herabsetzen (vgl. Art. 33 Abs. 3 SVG; BGE
97 IV 242 E. 2 S. 244).

5.3 Selbst beim Kreuzen eines Busses muss der Lenker indessen nicht zwingend
abbremsen, wenn die konkreten Gegebenheiten und seine Fahrweise eine
unmittelbare Gefahr ausschliessen. Falls die Strassenbreite es erlaubt, kann
der Gefahr hinter dem Bus hervortretender Personen durch genügend seitlichen
Abstand vom zu kreuzenden Bus begegnet werden (BGE 97 IV 242 E. 1 und E. 2 am
Ende). Entsprechendes gilt analog für die von Personen, die den Bus noch
erreichen wollen, ausgehende Gefahr (GIGER, a.a.O., N. 10 zu Art. 33 SVG). Kann
der Lenker die Umgebung der Fahrbahn überschauen und ausschliessen, dass
Fussgänger die Fahrbahn plötzlich betreten, besteht kein Anlass, das Tempo zu
verringern.

5.4 Der Beschwerdeführer 2 war nach eigenen Angaben mit den örtlichen
Gegebenheiten so weit vertraut, dass er annahm, bei der Einmündung des Fusswegs
sei der Ausgang eines Hauses oder der Zugang zu den dort parkierten Autos. Er
wusste mithin um die Möglichkeit, dass an der Stelle, an der die
Beschwerdegegnerin die Fahrbahn betrat, jemand die Strasse überqueren könnte.
Wegen des haltenden Busses bestand objektiv eine erhöhte Wahrscheinlichkeit,
dass eine Personen versuchen würde, den Bus zu erreichen, ohne dabei dem
übrigen Verkehr hinreichend Beachtung zu schenken. Der Beschwerdeführer 2
behauptet zwar, die Strasse sei aus seiner Sicht übersichtlich, für die
Beschwerdegegnerin infolge der Hecke aber unübersichtlich gewesen und wirft den
kantonalen Instanzen vor, sie hätten diesbezüglich den Sachverhalt
offensichtlich unrichtig festgestellt. Er führt indessen selbst aus, er habe
die Beschwerdegegnerin vor Betreten der Strasse nicht sehen können. Da der
Beschwerdeführer 2 wegen der Hecke allfällige Fussgänger nicht frühzeitig
erkennen konnte, durfte er, zumal er besonders nahe am Strassenrand fuhr, nicht
davon ausgehen, es bestehe keine unmittelbare Gefahr (vgl. BGE 97 IV 242 E. 2
S. 245).

5.5 Wenn die Vorinstanz davon ausgeht, ein vernünftiger Autofahrer würde in
dieser Situation nicht mit 42 km/h weiterfahren, sondern seine Geschwindigkeit
kurzfristig mässigen, bis er erkennen kann, dass kein Fehlverhalten anderer
Verkehrsteilnehmer zu befürchten ist, verletzt dies kein Bundesrecht. Auch die
Bezirksanwaltschaft Horgen, auf deren Einstellungsverfügung das Obergericht
hinweist, begründete die Einstellung der Untersuchung damit, der
Beschwerdeführer 2 habe die Geschwindigkeit von 30 km/h nicht wesentlich
Überschritten. Für das Bundesgericht sind indessen die von den kantonalen
Instanzen angenommenen 42 km/h massgeblich, welche aufgrund der gegebenen
Umstände ohne Verletzung von Bundesrecht als übersetzt angesehen werden können.
Eine tiefere, den konkreten Umständen angepasste Geschwindigkeit hätte die
Möglichkeit, auf das Fehlverhalten der Beschwerdegegnerin zu reagieren, erhöht
und auf jeden Fall zu weniger schweren Verletzungen geführt, wie die Vorinstanz
festgestellt hat. Ein Haftungsausschluss nach Art. 59 Abs. 1 SVG fällt daher
ausser Betracht, unabhängig davon, ob der Unfallort auf einer Nebenstrasse in
einem Wohnquartier liegt, wo erhöhte Rück- und Vorsichtspflichten gelten (Art.
41a VRV).

6.
Was das Verschulden der Beschwerdegegnerin anbelangt, steht fest, dass diese
die Strasse mit einer Geschwindigkeit von ca. 15 km/h überquerte, um den
wartenden Bus zu erreichen. Da sie sich nicht auf einem Fussgängerstreifen
befand, musste sie grundsätzlich dem rollenden Verkehr den Vortritt lassen und
sich vor dem Überqueren der Strasse vergewissern, dass sie den Verkehr nicht
behindert. Wegen der Hecke und der Bewachsung ist aus der Fahrtrichtung des
Beschwerdeführers 2 kaum wahrzunehmen, dass an der fraglichen Stelle ein
Fussweg in die Strasse mündet. Von einem mit den Örtlichkeiten nicht vertrauten
Autofahrer, für den nicht sichtbar ist, dass an der fraglichen Stelle
Fussgänger die Fahrbahn betreten könnten, kann, im Gegensatz zum
Beschwerdeführer 2, nicht erwartet werden, dass er seine Geschwindigkeit
entsprechend drosselt. Daher durfte die Beschwerdegegnerin entgegen der
Auffassung des Obergerichts ungeachtet des von den Beschwerdeführern
bestrittenen Wohnquartiercharakters nicht darauf vertrauen, die Autofahrer
würden besonders vorsichtig fahren. Auch Art. 33 Abs. 3 SVG ändert daran
nichts.

6.1 Der Frage, ob die Beschwerdegegnerin einen Kontrollblick nach links
geworfen hat, kommt für ihr Verschulden keine massgebliche Bedeutung zu. Hat
sie tatsächlich nach links geschaut und den Beschwerdeführer wahrgenommen
(davon geht sie selbst aus, kann sich aber nicht konkret erinnern), hätte sie
mit der Überquerung zuwarten müssen. Ein allfälliger Kontrollblick vermöchte
sie kaum zu entlasten. Hingegen trifft zu, dass die Fahrweise des
Beschwerdeführers 2 der Beschwerdegegnerin die gebotene Abklärung der Situation
vor dem Überqueren objektiv erschwerte. Je schneller der Beschwerdeführer 2
unterwegs war, desto weiter entfernt war er, als die Beschwerdegegnerin die
Verkehrssituation zu prüfen hatte. Da er dicht am rechten Rand fuhr, musste die
Beschwerdegegnerin ihren Kopf weiter drehen, bis der herannahende Wagen in ihr
Blickfeld gelangte. Derartigen Umständen kann Bedeutung zukommen, falls die
Verkehrslage zwar nicht hinreichend, aber immerhin mit einem flüchtiger Blick
aus den Augenwinkeln geklärt wird. Es ändert aber nichts daran, dass die
Beschwerdegegnerin bei korrektem Verhalten den herannahenden Wagen hätte
bemerken und ihm den Vortritt gewähren müssen.

6.2 Ein Fehlverhalten der Beschwerdegegnerin durch unvorsichtiges Betreten der
Fahrbahn liegt zweifellos vor, ist aber für die besondere Verkehrslage nicht
untypisch. Das Bestreben, den Bus noch zu erreichen, hat zur Folge, dass die
notwendigen Abklärungen unter Zeitdruck vorgenommen werden, womit es
erfahrungsgemäss vermehrt zu Fehlern kommt. Dem hat der Gesetzgeber in Art. 33
Abs. 3 SVG Rechnung getragen (GIGER, a.a.O., N. 10 zu Art. 33 SVG). Das
Bundesgericht hat zwar wiederholt schweres Selbstverschulden angenommen, wenn
ein Fussgänger unvermittelt die Fahrbahn betritt (BGE 91 II 112 E. 2b S. 116;
85 II 516 E. 2 S. 518), selbst auf einem Fussgängerstreifen (BGE 115 II 283 E.
2b S. 287 f.). Diese Entscheide betrafen aber Situationen, in denen der
Autofahrer vernünftigerweise nicht mit dem Fehlverhalten eines Fussgängers
rechnen musste. Dass aber ein Fussgänger versucht, einen Bus im letzten Moment
zu erreichen und dabei nicht die der Verkehrslage angemessene Aufmerksamkeit
aufbringt, ist ein verkehrstypisches Fehlverhalten, mit dem gerechnet werden
muss (GIGER, a.a.O., N. 10 zu Art. 33 SVG). Ob das sich in dieser Situation
realisierende Selbstverschulden als "grob" im Sinne von Art. 59 SVG angesehen
werden kann, ist zweifelhaft, da die im Gesetz vorgesehene
verschuldensunabhängige Haftung (Art. 58 f. SVG) gerade für die mit dem
Motorfahrzeugverkehr typischerweise verbundenen Risiken einen Ausgleich
schaffen soll (vgl. GIGER, a.a.O., N. 1 Vorbemerkungen zu Art. 58 - 62 SVG).
Dieses Ziel würde verfehlt, wenn Fehler, mit denen im täglichen Strassenverkehr
zu rechnen ist (GIGER, a.a.O., N. 10 zu Art. 33 SVG), zu einem Ausschluss der
Haftung führen könnten. Die Frage braucht nicht vertieft behandelt zu werden,
da ein Haftungsausschluss zufolge des Verschuldens des Beschwerdeführers 2
ausser Betracht fällt. Zu prüfen bleibt der Einfluss der Betriebsgefahr und des
beidseitigen Verschuldens auf den eingetretenen Schaden, wonach sich die
Haftungsquote misst (Art. 59 Abs. 2 SVG; GIGER, a.a.O., N. 11 zu Art. 59 SVG).

7.
Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, die kantonalen Instanzen hätten das
Verschulden der Beteiligten unzutreffend gewürdigt und die Betriebsgefahr des
Unfallfahrzeuges zu stark gewichtet.

7.1 Die Betriebsgefahr wird einerseits durch die Geschwindigkeit und
andererseits durch das Gewicht (das heisst die Masse) des Fahrzeugs bestimmt.
Während das zerstörerische Energiepotential wesentlich von der Geschwindigkeit
abhängt, zu der es in quadratischer Abhängigkeit steht (BREHM, Betriebsgefahr
und Betriebsvorgang des Motorfahrzeugs, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht
2005, Schaffhauser [Hrsg.], S. 129), wird der Impuls, dessen Übertragung über
die Folgen des Zusammenpralls für die daran Beteiligten entscheidet, von
Gewicht und Geschwindigkeit gleichermassen beeinflusst. Die Betriebsgefahr ist
aber nicht abstrakt zu bestimmen, sondern es ist zu berücksichtigen, ob und
wenn ja in welchem Mass sich die Betriebsgefahr in der konkreten Situation
ausgewirkt hat (BGE 105 II 209 E. 4b S. 214; Urteil des Bundesgerichts 4C.3/
2001 vom 26. September 2001 E. 2a/aa mit Hinweis; HULLIGER, Betriebsgefahr in
Art. 60 und 61 SVG, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2004, Schaffhauser
[Hrsg.], S. 141).

7.2 Die Verteilung des Gesamtschadens auf die einzelnen haftpflichtrechtlich
relevanten Ursachen beruht auf richterlichem Ermessen (Art. 4 ZGB). Da dem
kantonalen Richter ein weiter Ermessensspielraum zusteht, auferlegt sich das
Bundesgericht bei der Überprüfung Zurückhaltung. Es schreitet nur ein, wenn der
Sachrichter grundlos von den in Lehre und Rechtsprechung ermittelten
Bemessungsgrundsätzen abgewichen ist, wenn er Tatsachen berücksichtigt hat, die
für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen, oder wenn er andererseits
Umstände ausser Betracht gelassen hat, die er in seinen Entscheid hätte mit
einbeziehen müssen. Es greift ausserdem in Ermessensentscheide ein, wenn sich
diese als offensichtlich unbillig bzw. als in stossender Weise ungerecht
erweisen (BGE 135 III 121 E. 2 S. 123, 127 IV 215 E. 2a S. 216 f.; je mit
Hinweisen). Die Vorinstanz hat im vorliegenden Fall ihr Ermessen nicht
rechtsfehlerhaft ausgeübt, wenn sie den Anteil der Betriebsgefahr des
Unfallfahrzeugs am Gesamtschaden mit 60 % bewertete. Auch wenn dieser Anteil am
Gesamtschaden wohl an der obersten Grenze des Ermessensbereichs liegen dürfte,
konnte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen, dass der
Betriebsgefahr des Strassenfahrzeugs im vorliegenden Fall eine zentrale
Bedeutung insbesondere für die gravierenden Folgen des Unfalls für die
Beschwerdegegnerin zukam. Dass das Bundesgericht in anderen Urteilen kantonale
Entscheide geschützt hat, in denen die Betriebsgefahr - an der unteren Grenze -
mit 30 % bewertet wurde, ändert daran nichts, zumal die Umstände dieser
Präjudizien mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sind.

7.3 Da der Beschwerdeführer 2 vortrittsberechtigt war, lag es an der
Beschwerdegegnerin, durch hinreichende Vorsicht beim Betreten der Fahrbahn eine
Kollision zu vermeiden. Dass es zum Unfall kam, ist ihrem klaren Fehlverhalten
zuzuschreiben. Der Beschwerdeführer 2 hat aber seinerseits durch sein
Fehlverhalten die sich beim Unfall konkret verwirklichte Betriebsgefahr seines
Fahrzeugs erhöht, die Chance, durch Abbremsen den Aufprall zu mildern,
verringert und die Verkehrssituation für die Beschwerdegegnerin erschwert (vgl.
E. 6.1 hiervor). Sein Fehlverhalten hatte massgeblichen Einfluss auf die
Schwere der Unfallfolgen. Im Ergebnis ist daher vertretbar, dass die Vorinstanz
seine Haftungsquote angesichts seines Verschuldens und der von ihm zu
vertretenden Betriebsgefahr insgesamt auf 80 % festlegte.

8.
Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit
angesichts der weitgehend appellatorischen Kritik überhaupt darauf eingetreten
werden kann. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die
Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig. Die interne Aufteilung
der Kosten richtet sich nach dem zwischen den Parteien bestehenden
Vertragsverhältnis.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden unter solidarischer Haftbarkeit den
Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit insgesamt Fr. 6'000.-- zu
entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 23. Dezember 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak