Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.469/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_469/2009

Urteil vom 17. November 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch,

gegen

Obergericht des Kantons Schaffhausen.

Gegenstand
unentgeltliche Rechtspflege,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 7.
August 2009.
Sachverhalt:

A.
Mit mittlerweile rechtskräftig gewordenen Strafbefehlen vom 3. April 2008 bzw.
30. Mai 2008 wurden B.________ und A.________ (Beschwerdeführer) wegen Betrugs
bzw. Gehilfenschaft zu Betrug zu teilbedingten Geldstrafen verurteilt. Danach
ist erstellt, dass sich B.________ unter Mithilfe des Beschwerdeführers zum
Nachteil von C.________ mit insgesamt Fr. 6'400.-- und EUR 21'500.-- bereichert
hat. Der Geschädigte leitete in der Folge gegen die Täter Betreibung ein,
welche Recht vorschlugen. Am 3. Dezember 2008 machte der Geschädigte beim
Kantonsgericht Schaffhausen gestützt auf Art. 41 Abs. 1 OR Klage gegen die
beiden Straftäter hängig, mit welcher er Fr. 41'400.-- nebst Zins und Kosten
forderte. In seiner Klageschrift vom 5. Februar 2009 berief er sich auf
solidarische Haftbarkeit der Beklagten (Art. 50 Abs. 1 OR).

B.
Der Beschwerdeführer ersuchte um unentgeltliche Rechtspflege und
Rechtsverbeiständung, die ihm das Kantonsgericht wegen Aussichtslosigkeit
seines Standpunktes am 5. Mai 2009 verweigerte. Den gegen diese Verfügung
eingereichten Rekurs wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen am 7. August
2009 ab.

C.
Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen,
den Entscheid des Obergerichts aufzuheben und das Verfahren an die Vorinstanz
zur Neubeurteilung zurückzuweisen mit der Anweisung, dem Beschwerdeführer die
unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Innerhalb erstreckter Frist für die
Leistung des Kostenvorschusses ersuchte der Beschwerdeführer am 28. Oktober
2009 auch für das bundesgerichtliche Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen
Prozessführung.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein in einem hängigen kantonalen Verfahren ergangener
letztinstanzlicher Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege; dabei
handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der in der Regel einen nicht
wiedergutzumachenden Nachteil bewirkt (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129
E. 1.1 S. 131). Der Rechtsweg von Zwischenentscheiden folgt grundsätzlich jenem
der Hauptsache (vgl. BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.). In der Hauptsache geht
es um eine Forderungsstreitigkeit aus unerlaubter Handlung (Art. 41 OR), so
dass insoweit die Beschwerde in Zivilsachen zulässig ist (Art. 72 Abs. 1 BGG).
Bei Zwischenentscheiden bestimmt sich der Streitwert nach den Begehren, die vor
der Instanz streitig sind, wo die Hauptsache hängig ist (Art. 51 Abs. 1 lit. c
BGG). Im Hauptverfahren ist eine Forderung von rund Fr. 41'000.-- eingeklagt,
womit sich die Beschwerde in Zivilsachen gegen den angefochtenen
Zwischenentscheid auch unter diesem Aspekt als zulässig erweist (Art. 74 Abs. 1
lit. b BGG).

2.
Art. 29 Abs. 3 BV gibt einer bedürftigen Partei in einem für sie nicht
aussichtslosen Verfahren Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege (BGE 135 I 91
E. 2.4.2.2 S. 96; 133 III 614 E. 5 S. 616). Dass Art. 127 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 (SHR
273.100, ZPO/SH) einen über den verfassungsrechtlichen hinaus reichenden
Anspruch gewähren würde, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist nicht
ersichtlich. Die Beschwerde ist demnach im Lichte von Art. 29 Abs. 3 BV zu
beurteilen.

2.1 Nach dieser Verfassungsbestimmung hat jede Person, die nicht über die
erforderlichen Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos
erscheint, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Falls es zur Wahrung ihrer
Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen
Rechtsbeistand. Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen aufgrund einer summarischen
Prüfung nach den Verhältnissen zur Zeit, zu der das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege gestellt wird, die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als
die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden
können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich
Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur
wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die
nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem
Prozess entschliessen würde; eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene
Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil
er sie nichts kostet (BGE 133 III 614 E. 5 S. 616). Die Rüge einer bedürftigen
Partei, ihr verfassungsmässiger Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege sei
verletzt, prüft das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht frei. Soweit es um
tatsächliche Feststellungen der kantonalen Instanz geht, ist seine
Prüfungsbefugnis auf Willkür beschränkt (BGE 134 I 12 E. 2.3 S. 14 mit
Hinweis). Die prognostische Beurteilung der Erfolgsaussichten eröffnet dem
Sachgericht einen Beurteilungsspielraum, in den das Bundesgericht auch bei
freier Prüfung der Rechtsfragen nur mit Zurückhaltung eingreift. Erforderlich
ist, dass das Sachgericht von anerkannten Rechtsgrundsätzen abgewichen ist,
dass es Umstände berücksichtigt hat, die für die Prognose im Einzelfall keine
Rolle spielen dürfen oder umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die
hätten beachtet werden müssen (Urteil des Bundesgerichts 4A_336/2008 vom 2.
September 2008 E. 2.1 mit Hinweisen, vgl. auch BGE 133 III 201 E. 5.4 S. 211).

2.2 Vor Vorinstanz hat sich der Beschwerdeführer offenbar nicht darauf berufen,
sein Hauptantrag, die Abweisung der Klage, habe Erfolgsaussichten. Dass er im
Aussenverhältnis gegenüber dem Kläger solidarisch mit dem ebenfalls
eingeklagten Haupttäter haftet (Art. 50 Abs. 1 OR), scheint er zu anerkennen.
Er nahm indessen den Standpunkt ein, bei der Festsetzung der Rückgriffsquote
handle es sich entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht um
einen Nebenpunkt. Angesichts seiner angespannten finanziellen Lage habe er ein
rechtliches Interesse daran zu wissen, wie der interne Verteilschlüssel
aussehe, falls er "im Hauptverfahren" unterliegen sollte. Dem hielt die
Vorinstanz entgegen, der Beschwerdeführer habe im Verfahren zur Sache einzig
die Klageabweisung unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten des Klägers
beantragt und keine weiteren Anträge gestellt, auch kein Eventualbegehren
hinsichtlich der Haftungsquote. Diesbezüglich liessen sich daher keine
Gewinnaussichten prüfen. Ob sich der Beschwerdeführer in der Klageantwort
explizit zur Haftungsquote geäussert habe, sei mangels Begehrens unerheblich.
Betreffend die vom Beschwerdeführer erstinstanzlich gestellten Anträge seien
die Verlustaussichten wesentlich grösser als die Gewinnchancen, weshalb das
Kantonsgericht die unentgeltliche Rechtspflege zu Recht verweigert habe.

2.3 Der Beschwerdeführer bringt vor Bundesgericht vor, es gehe in der
Hauptsache um seinen Regressanspruch gegenüber dem Mitbeklagten im Umfang von
Fr. 41'400.--, und es sei für ihn von grosser Bedeutung, in welchem Verhältnis
er schliesslich hafte. Als nicht mit der hiesigen Sprache vertrauter Ausländer
sei er nicht in der Lage, sich gegen den anwaltlich vertretenen Kläger
angemessen zur Wehr zu setzen. Zudem habe sein Rechtsvertreter bereits einen
Grossteil der Arbeit geleistet, ohne dass er einen Vorschuss habe leisten
können. Die Vorinstanz verkenne, dass dem Beschwerdeführer und Beklagten als
"Angegriffenem" ein Prozess aufgedrängt worden sei, den er gar nicht führen
wolle. Die Abwehr der Klage, vor allem in welchem Umfang diese abgewehrt werden
könne, sei keineswegs aussichtslos. Beim Ermessensentscheid über die
Haftungsquote müsse "eine objektive Prüfungsbefugnis" garantiert sein, was
nicht der Fall sei, wenn der Beschwerdeführer nicht mehr anwaltlich vertreten
wäre.

2.4 Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet. Dass sich der
Beschwerdeführer mit Erfolg gegen die klägerische Forderung zur Wehr setzen
könnte, kann angesichts seiner - insoweit nicht umstrittenen - solidarischen
Haftung (Art. 50 Abs. 1 OR) nicht mit Fug angenommen werden. Der
Beschwerdeführer kritisiert die Würdigung der Prozessaussichten durch die
kantonalen Instanzen denn auch nicht in dieser Hinsicht. Eigenheit der
Solidarität ist es gerade, dass sich der Geschädigte nicht um das
Innenverhältnis und damit die endgültige Aufteilung des Schadens zwischen den
Schädigern zu kümmern braucht (BGE 127 III 257 E. 4b/bb S. 262). Wenn er aber
insoweit die Aussichtslosigkeit seines Standpunkts selbst erkennt, hat er sich
selbst zuzuschreiben, dass er es auf einen Prozess ankommen lässt. Es stünde
ihm jederzeit frei, die Klage zu anerkennen und, falls er seines Erachtens für
mehr als seinen Anteil in Anspruch genommen wird, auf den zweiten Beklagten
Regress zu nehmen. Im Haftungsprozess gegen die Solidarschuldner regelt das
Gericht den Rückgriff nicht von Amtes wegen, sondern nur, sofern und soweit
prozesskonform Anträge gestellt werden (BGE 58 II 438 E. 2 S. 442). Gegen die
Feststellung, es lägen keine entsprechenden Anträge vor, erhebt der
Beschwerdeführer keine Rügen. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden,
dass die Vorinstanz dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung
mangels hinreichender Erfolgsaussichten der gestellten Begehren verweigerte.
Von einer Verfassungsverletzung kann nicht die Rede sein.

3.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde offensichtlich unbegründet.
Damit erweisen sich auch die dem Bundesgericht mit der Beschwerde
unterbreiteten Rechtsbegehren als aussichtslos, weshalb auch für das Verfahren
vor Bundesgericht die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht in Frage
kommt (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Vielmehr wird der Beschwerdeführer
entsprechend dem Verfahrensausgang kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor
Bundesgericht wird abgewiesen.

2.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Obergericht des Kantons
Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. November 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak