Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.450/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_450/2009

Urteil vom 12. Oktober 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.

1. Parteien
A.________,
2. B.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Christof Wyss,

gegen

C.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Rohrer.

Gegenstand
Kündigungsschutz,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 24. Februar 2009.
Sachverhalt:

A.
A.________ und B.________ (Beschwerdeführer) betreiben ein Baggerunternehmen.
Sie mieteten von C.________ (Beschwerdegegner) ein Gebäude samt Nutzfläche. Zum
Mietobjekt gehören unter anderem ein Trax-Schopf mit einer daneben befindlichen
Tanksäule sowie ein Ölmagazin. Der Mietzins beträgt Fr. 12'000.-- pro Jahr. Am
16. September 2006 kündigte der Beschwerdegegner das Mietverhältnis per 31.
März 2007. Die Beschwerdeführer fochten die Kündigung an und verlangten
eventuell eine Erstreckung des Mietverhältnisses. Mittlerweile ist die
Gültigkeit der Kündigung nicht mehr umstritten. Uneinigkeit besteht lediglich
bezüglich der Dauer der Erstreckung. Diese hatte das Mietgericht Meilen den
Beschwerdeführern ursprünglich mit Urteil vom 2. Juli 2008 letztmals bis 31.
März 2008 gewährt. Nachdem das Obergericht des Kantons Zürich die Sache mangels
Protokollierung der Beratung und des Urteils an das Mietgericht zurückgewiesen
hatte, kam dieses mit Urteil vom 5. November 2008 wieder zu demselben Ergebnis.
Es ging davon aus, der Beschwerdegegner habe den Beschwerdeführern ein
gleichwertiges Ersatzobjekt angeboten, welches diese abgelehnt hätten. Es liege
mithin kein Härtefall vor, der eine Erstreckung rechtfertige. Daher gewährte es
die Erstreckung nur, soweit sich der Beschwerdegegner damit einverstanden
erklärt hatte. Das Obergericht des Kantons Zürich erachtete demgegenüber eine
Erstreckung nicht von vornherein als ausgeschlossen. Es wog die Interessen der
Parteien gegeneinander ab und erstreckte auf kantonale Berufung der
Beschwerdeführer hin mit Beschluss vom 24. Februar 2009 das Mietverhältnis
letztmals bis zum 30. April 2009. Die gegen diesen Beschluss erhobene kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 15.
Juli 2009 ab, soweit es darauf eintrat.

B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht
im Wesentlichen, den Beschluss des Obergerichts bezüglich der Dauer der
Erstreckung aufzuheben und diese entsprechend ihrem Begehren vor Obergericht
bis zum 30. April 2010 zu gewähren. Für die Zeit nach diesem Datum haben die
Beschwerdeführer ein Ersatzobjekt gefunden. Der Beschwerdegegner schliesst auf
kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, während
das Obergericht auf Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerde wurde
aufschiebende Wirkung erteilt.
Erwägungen:

1.
Das Mietgericht hatte eine Erstreckung bis 31. März 2008 bewilligt, während die
Beschwerdeführer vor Obergericht eine solche bis 30. April 2010 verlangten.
Angesichts des Mietzinses von Fr. 12'000.-- pro Jahr überschreiten die
Begehren, die vor kantonaler Instanz streitig geblieben sind (Art. 51 Abs. 1
lit. a BGG), die für die Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen
massgebliche Streitwertgrenze von Fr. 15'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit a BGG)
offensichtlich.

2.
Das Obergericht führt in seinem Entscheid die verschiedenen
Sachverhaltselemente auf, die es für die Festsetzung der Dauer der Erstreckung
berücksichtigte. Es hielt fest, der Beschwerdegegner verweise zu Recht darauf,
dass die Beschwerdeführer gemäss den vorhandenen Akten letztmals im Mai 2007
Suchbemühungen unternommen hätten, was sich auf die Bemessung der
Erstreckungsdauer negativ auswirke.

2.1 In ihrer Beschwerde thematisieren die Beschwerdeführer ausschliesslich
diesen Punkt. Das Obergericht lasse ausser Acht, dass das Hauptverfahren vor
dem Mietgericht am 7. Juni 2007 mit der Hauptverhandlung abgeschlossen gewesen
sei, weshalb die Beschwerdeführer in der Folge keine Gelegenheit gehabt hätten,
ihre nach Abschluss des erstinstanzlichen Hauptverfahrens erfolgten
umfangreichen Suchbemühungen in den Prozess einzubringen. Die Beschwerdeführer
holen im Verfahren vor Bundesgericht die Behauptung weiterer Suchbemühungen
seit Mai 2007 nach und belegen diese. Sie sind der Auffassung, dabei handle es
sich um zulässige Noven, da erst der Entscheid des Obergerichts Anlass gegeben
habe, diese vorzubringen. Es sei für die Beschwerdeführer nicht vorhersehbar
gewesen, dass das Obergericht die nach Abschluss des erstinstanzlichen
Hauptverfahrens unternommenen Suchbemühungen als Kriterium für die Bemessung
der Erstreckungsdauer heranziehen würde. Daher hätte den Beschwerdeführern
Gelegenheit gegeben werden müssen, sich dazu zu äussern. Indem es das
Obergericht unterlassen habe, in Ausübung der richterlichen Fragepflicht
sicherzustellen, dass alle wesentlichen Sachverhaltselemente in den
angefochtenen Entscheid eingeflossen seien, habe es die in Art. 274d Abs. 3 OR
statuierte "soziale Untersuchungsmaxime" verletzt.

2.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgericht ergibt sich aus dem Anspruch auf
rechtliches Gehör das Recht der Parteien, vorgängig angehört zu werden, wenn
ein Gericht seinen Entscheid mit einem Rechtsgrund zu begründen beabsichtigt,
auf den sich die beteiligten Parteien nicht berufen haben und mit dessen
Erheblichkeit sie vernünftigerweise nicht rechnen mussten (BGE 130 III 35 E. 5
S. 39; 126 I 19 E. 2c/aa S. 22; 114 Ia 97 E. 2a S. 99, mit weiteren Hinweisen).
Eine entsprechende Rüge hat die Beschwerdeführerin allerdings bereits dem
Kassationsgericht unterbreitet. Insoweit ist der Entscheid des Obergerichts
nicht letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 BGG).

2.3 Auch unter der Geltung der sozialpolitisch begründeten Untersuchungsmaxime
(Art. 274d Abs. 3 OR) sind die Parteien nicht davon befreit, bei der
Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken und die
allenfalls zu erhebenden Beweise zu bezeichnen. Sie tragen die Verantwortung
für die Ermittlung des Sachverhalts. Das Gericht hat lediglich seine
Fragepflicht auszuüben, die Parteien auf ihre Pflicht zur Mitwirkung und
Beweisführung hinzuweisen und sich über die Vollständigkeit der Behauptungen
und Beweise zu versichern, wenn diesbezüglich ernsthafte Zweifel bestehen. Die
richterliche Initiative geht insoweit nicht über eine Aufforderung an die
Parteien hinaus, Beweismittel zu nennen und beizubringen. Zwar ist der Richter
nicht an die Beweisanträge der Parteien gebunden, sondern er darf auch von sich
aus Beweise erheben. Es obliegt aber letztlich dennoch den Parteien, die
relevanten Fakten vorzubringen, zumal sie dazu am besten in der Lage sind.
Ferner gilt, dass die Untersuchungsmaxime im Rechtsmittelverfahren durch
kantonales Prozessrecht eingeschränkt werden kann (BGE 125 III 231 E. 4a S. 238
f. mit Hinweisen).

2.4 Nach den insoweit unangefochtenen Feststellungen des Obergerichts wies der
Beschwerdegegner in der Berufungsantwort darauf hin, dass die Beschwerdeführer
seit Mai 2007 keine Suchbemühungen unternommen hätten. Die Beschwerdeführer
haben die Berufungsantwort am 10. Februar 2009 zur Kenntnis erhalten. Es durfte
ihnen daher nicht entgehen, dass ihre Suchbemühungen ab Mai 2007 im Prozess
thematisiert worden waren. Sie hatten somit allen Anlass, innert nützlicher
Frist auf die unzutreffende Behauptung des Beschwerdegegners zu reagieren und
auf ihre Suchbemühungen hinzuweisen. Wenn sie dies unterliessen, bestand für
das Gericht kein Grund zur Annahme, der Sachverhalt könnte insoweit
unvollständig sein. Eine Verletzung von Art. 274d Abs. 3 OR liegt
offensichtlich nicht vor.

3.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die
Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden unter solidarischer Haftbarkeit den
Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Oktober 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak