Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.418/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_418/2009

Urteil vom 27. Oktober 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Herb,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Ziegler.

Gegenstand
Mietvertrag,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 25. Juni 2009.
Sachverhalt:

A.
Mit Mietvertrag vom 15. Oktober 1989 mietete A.________ (Beschwerdeführerin) ab
dem 1. Dezember 1989 von der Mutter und Rechtsvorgängerin von B.________
(Beschwerdegegner) eine 4½- Zimmerwohnung bzw. Büroräumlichkeiten im 2.
Obergeschoss einer Liegenschaft in Zürich für einen Bruttomietzins von Fr.
2'700.-- monatlich. Der Beschwerdegegner kündigte das Mietverhältnis wegen
einer Totalrenovation des Gebäudes unter Verwendung des amtlichen Formulars
zunächst im Jahre 1995 auf den 31. März 2000, wobei er anführte, die
frühzeitige Kündigung sollte den Mietern erlauben "etwas Passendes" zu finden.
Eine weitere Kündigung erfolgte am 25. März 2002. Am 8. April 2002 schrieb die
Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner zur ersten Kündigung, diese sei
faktisch nie vollzogen worden, weshalb von einem Weiterbestehen des
ursprünglichen Mietverhältnisses auszugehen sei. Die zweite Kündigung sei
nichtig, da sie nicht mit einem amtlichen Formular erfolgt sei. Vom Monat Mai
2000 an waren unter dem Titel Mietzins nur noch Fr. 1'800.-- überwiesen worden.
Nachdem X.________ im Juni 2007 die Verwaltung der Liegenschaft übernommen
hatte, forderte er von der Beschwerdeführerin die Nachzahlung der
Mietzinsdifferenz für die letzten 5 Jahre im Betrag von Fr. 54'000.--. Mit
Urteil vom 16. Dezember 2008 erachtete das Mietgericht des Bezirks Zürich diese
Forderung des Beschwerdegegners nebst Zins für ausgewiesen und hiess die
entsprechende Klage gut. Die gegen dieses Urteil erhobene kantonale Berufung
wies das Obergericht des Kantons Zürich am 25. Juni 2009 ab.

B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht im Wesentlichen, die Klage abzuweisen. Ihr Gesuch um
aufschiebende Wirkung wies das Bundesgericht am 28. September 2009 ab. Der
Beschwerdegegner schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Entscheides unter
Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführerin, während das Obergericht auf
Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz verweist integral auf das Urteil des Mietgerichts. Die darin
enthaltenen Erwägungen und Feststellungen bilden damit Teil des angefochtenen
Urteils.

1.1 Die Beschwerdeführerin macht vor Bundesgericht geltend, nach Abschluss des
Mietvertrages sei C.________, beziehungsweise das von ihm geleitete
Unternehmen, bei ihr eingezogen. Mit der Kündigung auf den 31. März 2000 habe
der Beschwerdegegner den bestehenden Mietvertrag aufgelöst, so dass per 1.
April 2000 für das Mietobjekt ein vertragsloser Zustand eingetreten sei. Ab
diesem Zeitpunkt habe C.________ während 7 Jahren unbeanstandet für den
Beschwerdegegner erkennbar Fr. 1'800.-- monatlich bezahlt. Damit sei durch
konkludentes Verhalten ein entsprechender Mietvertrag zwischen C.________ und
dem Beschwerdegegner zustandegekommen, unabhängig davon, ob dieser ein
Schreiben vom 1. April 2000, mit welchem ihm die Vertragsübernahme mit
Anpassung des Mietzinses angeboten worden sei, erhalten habe (der
Beschwerdegegner bestreitet den Erhalt dieses Schreibens; der Nachweis konnte
nicht erbracht werden). Die Beschwerdeführerin sei nicht mehr Partei des
Mietvertrages und damit nicht passivlegitimiert. Die Annahme, der
Beschwerdegegner und die Beschwerdeführerin hätten das ursprüngliche
Vertragsverhältnis zu den gleichen Konditionen weitergeführt, sei
offensichtlich unzutreffend. Selbst wenn die Passivlegitimation der
Beschwerdeführerin gegeben sei, habe der Beschwerdegegner aber den Mietzins von
Fr. 1'800.-- konkludent akzeptiert. Die Forderung des Beschwerdegegners erweise
sich angesichts der vorbehaltlosen Entgegennahme des Mietzinses während sieben
Jahre als rechtsmissbräuchlich.

1.2 Das Mietgericht Zürich kam in Würdigung der Beweise, namentlich der von der
Beschwerdeführerin verfassten Zusammenstellung über den "Verlauf der
schriftlichen Kommunikationen zwischen Mieter und Vermieter", zum Schluss, die
Parteien seien sich nach der Kündigung vom 21. April 1995 einig gewesen, dass
der ursprüngliche Vertrag weiter gelte, womit nach der Kündigung im Jahre 1995
zwischen den Parteien ein neuer, dem bisherigen entsprechender Mietvertrag
zustande gekommen sei. Auch aus dem nachträglichen Verhalten der Beteiligten,
insbesondere dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 8. April 2002, schlossen
die kantonalen Instanzen, dass kein Übergang des Mietverhältnisses
stattgefunden hatte.

1.3 Diese tatsächlichen Feststellungen binden grundsätzlich das Bundesgericht
im Beschwerdeverfahren (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin versucht
zwar, die Auffassung der kantonalen Instanzen als offensichtlich unzutreffend
auszugeben (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG), indem sie darauf hinweist,
das Schreiben vom 8. April 2002 sei nach einer neuen Kündigung durch den
Beschwerdegegner zwei Jahre nach Eintritt des behaupteten neuen
Rechtsverhältnisses und der Bezahlung der Miete in Höhe von Fr. 1'800.-- von
juristischen Laien verfasst worden. Auf einer aktenwidrigen oder willkürlichen
tatsächlichen Annahme beruhende Feststellungen hätten indessen mit kantonaler
Nichtigkeitsbeschwerde gerügt werden können (§ 281 Ziff. 2 der
Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976, ZPO/ZH, LS 271), so dass der
angefochtene Entscheid insoweit nicht letztinstanzlich ist (Art. 75 Abs. 1 BGG)
und mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzuges vom Bundesgericht nicht
überprüft werden kann (BGE 134 III 524 E. 1.3 S. 527 mit Hinweisen). Davon
abgesehen genügten die Vorbringen der Beschwerdeführerin den strengen
Begründungsanforderungen für Rügen einer offensichtlich unrichtigen
Sachverhaltsfeststellung in keiner Weise, so dass ohnehin nicht darauf
einzutreten wäre (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f. mit
Hinweisen).

1.4 Aus der blossen Tatsache, dass der Beschwerdegegner die reduzierte
Mietzinszahlung während Jahren anstandslos entgegennahm, kann die
Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Der freiwillige Verzicht
auf einen Teil der geschuldeten Leistung kann nicht leichthin angenommen werden
(vgl. zum Schulderlass BGE 109 II 327 E. 2b S. 329 f. mit Hinweis). Ein bloss
passives Verhalten des Beschwerdegegners genügt nicht, um bei der
Beschwerdeführerin berechtigtes Vertrauen zu erwecken, er sei mit der
Herabsetzung des Mietzinses einverstanden.

1.5 Umstände, die das Verhalten des Beschwerdegegners als rechtsmissbräuchlich
erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Dass dieser die zu geringen
Mietzinszahlungen frühzeitig bemerkt oder das Angebot zur Vertragsübernahme
erhalten hätte, ist nicht festgestellt. Demnach bestimmt sich nach den
Vorschriften über die Verjährung, wann der Schuldner die Erfüllung von
Ansprüchen, um die sich der Anspruchsberechtigte nicht kümmert, verweigern
kann. Soweit die Verjährung eingetreten ist, wirkte sich das nachlässige
Verhalten des Beschwerdegegners denn auch zu Gunsten der Beschwerdeführerin
aus. Eines weiter gehenden Schutzes bedarf sie nicht.

2.
Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet. Sie ist
abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Oktober 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak