Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.417/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_417/2009

Urteil vom 26. März 2010
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz, Kolly, Bundesrichterin Kiss, nebenamtlicher Bundesrichter
Al. Brunner,
Gerichtsschreiberin Feldmann.

Verfahrensbeteiligte
Die Schweizerische Post,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Sébastien Baumann,

gegen

1. A.________ GmbH,
2. B.________ GmbH,
3. C.________ GmbH,
4. D.________ AG,
5. E.________ GmbH,
6. F.________ ag,
7. G.________ AG,
8. H.________ AG,
Beschwerdegegnerinnen, alle vertreten durch Rechtsanwalt Fred Rueff.

Gegenstand
Dienstleistungsvertrag,

Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts
des Kantons Bern vom 7. Juli 2009.

Sachverhalt:

A.
A.a Die Schweizerische Post (Beschwerdeführerin) ist eine öffentlich-rechtliche
Anstalt des Bundes. Die von ihr erbrachten Dienstleistungen im Post- und
Zahlungsverkehr werden im Postgesetz vom 30. April 1997 (PG; SR 783.0)
geregelt. Dieses Gesetz bezweckt die Sicherstellung der landesweiten Versorgung
mit Dienstleistungen im Post- und Zahlungsverkehr.

Die A.________ GmbH (Beschwerdegegnerin 1) beschäftigt sich mit der Führung von
Dienstleistungsregistern und Datenbanken. Sie erbringt auch Dienstleistungen im
Onlinebereich. Die B.________ GmbH (Beschwerdegegnerin 2) bietet ihren Kunden
Dienstleistungen im Bereich Debitorenmanagement und Inkassi an. Die C.________
GmbH (Beschwerdegegnerin 3) bezweckt insbesondere die Übernahme von
betriebswirtschaftlichen Beratungen aller Art im Onlinebereich. Die D.________
AG, die E.________ GmbH und die F.________ ag, (Beschwerdegegnerinnen 4-6)
vermitteln vorwiegend Geschäfte im Finanzbereich. Die X.________ GmbH (heute
G.________ AG; Beschwerdegegnerin 7) bot unter anderem ihre Dienstleistungen im
Bereich Organisation, Übernahme und Vermittlung von Akquisitions- und
Verkaufsmandaten aller Art an. Die H.________ AG (Beschwerdegegnerin 8)
bezweckt die Durchführung und Vermittlung von allen Geschäften im
Publikationsbereich im In- und Ausland, den Handel mit sowie den Import und
Export von Zeitschriften und Büchern aller Art.
A.b Die Beschwerdegegnerinnen sind geschäfts- und personenmässig eng
miteinander verbunden. Sie bzw. ihre Geschäftspraktiken werden in der
Öffentlichkeit stark kritisiert, und es finden vermehrt Gerichtsprozesse statt.
Dabei steht meistens die Frage im Zentrum, ob die Beschwerdegegnerinnen ihre
Kunden zivilrechtlich durch Täuschung oder erweckten Irrtum zu einem
Vertragsabschluss verleiteten und ob die dabei verwendeten allgemeinen
Vertragsbedingungen sachgerecht seien.
A.c Zwischen den Beschwerdegegnerinnen und der Beschwerdeführerin bestehen
Vertragsverhältnisse betreffend Finanzdienstleistungen. Die Beschwerdeführerin
führt für jede Beschwerdegegnerin ein Konto, über das die Beschwerdegegnerinnen
ihren Zahlungsverkehr abwickeln. Im August 2007 teilte die Beschwerdeführerin
allen Beschwerdegegnerinnen den Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit und
begründete dies wie folgt: "Eine Analyse Ihres Kundendossiers hat ergeben, dass
sich unsere Ausrichtung nicht mit Ihrem Profil und Ihren Geschäftsaktivitäten
deckt und / oder dass wir unsere Sorgfaltspflicht nicht mehr wahrnehmen
können." Die Beschwerdegegnerinnen erkundigten sich nach den konkreten Gründen
der Kündigung. Im Verlauf eines darauf folgenden umfangreichen Briefverkehrs
berief sich die Beschwerdeführerin hauptsächlich auf ihr Kündigungsrecht nach
Art. 17 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der PostFinance (nachfolgend AGB),
während sich die Beschwerdegegnerinnen auf den Standpunkt stellten, nach Art. 3
lit. e der Postverordnung vom 26. November 2003 (VPG; SR 783.01) gehöre der
Zahlungsverkehr zu den Universaldiensten der Beschwerdeführerin und erfolge
somit nicht auf freiwilliger Basis. Im April 2008 setzte die Beschwerdeführerin
den Auflösungstermin der Konti auf Ende Mai 2008 fest.
A.d Ein von dritter Seite eingeleitetes Strafverfahren gegen die beiden
Hauptexponenten der Beschwerdegegnerinnen wegen Verstosses gegen das UWG und
Betrugs wurde von der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl eingestellt. Das
Obergericht des Kantons Zürich wies einen dagegen erhobenen Rekurs ab. Das
Bezirksgericht Zürich entschied, die gesamten Kosten würden auf die Staatskasse
genommen mit der Begründung, W.________ und V.________ hätten nicht
widerrechtlich gehandelt und es könne ihnen auch nicht ein verwerfliches oder
leichtfertiges Benehmen angelastet werden.

B.
Im August 2008 reichten die Beschwerdegegnerinnen beim Handelsgericht des
Kantons Bern Klage ein und präzisierten ihre Rechtsbegehren dahingehend, die
Beschwerdeführerin sei anzuweisen, im Rahmen und Umfang des Universaldiensts
die Postkonti der Beschwerdegegnerinnen aufrechtzuerhalten und weiterzuführen;
eventualiter sei die Nichtigkeit der Kündigungen festzustellen. Mit Urteil vom
7. Juli 2009 hiess das Handelsgericht die Klage gemäss Hauptantrag gut.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt
die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht im Wesentlichen, die Klage abzuweisen.

Die Beschwerdegegnerinnen schliessen auf Abweisung der Beschwerden, soweit
darauf einzutreten sei. Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf die
Urteilsbegründung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:

1.
Die Post ist eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts. Streitigkeiten
mit der Kundschaft werden durch die Zivilgerichte beurteilt (Art. 17 PG). Die
Vorinstanz hat als Fachgericht für handelsrechtliche Streitigkeiten die Klage
als einzige kantonale Instanz (Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG) gutgeheissen und
damit einen Endentscheid gefällt, gegen den die Beschwerde zulässig ist (Art.
90 BGG). Die Beschwerdeführerin ist mit ihren Anträgen im kantonalen Verfahren
unterlegen (Art. 76 BGG). Da das Begehren nicht auf Bezahlung einer bestimmten
Geldsumme lautet, setzt das Bundesgericht den Streitwert nach Ermessen fest
(Art. 51 Abs. 2 BGG). Die Vorinstanz hat den Streitwert auf Fr. 100'000.--
geschätzt, und es besteht kein Anlass, davon abzuweichen. Damit ist die
Streitwertgrenze von Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG überschritten, so dass offen
gelassen werden kann, ob sich eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
Die fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG)
eingereichte Beschwerde in Zivilsachen ist somit grundsätzlich zulässig,
weshalb auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten ist (Art.
113 BGG).

2.
2.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus
einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde
mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen
(vgl. BGE 134 II 235 E. 4.3.4 S. 241). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht
gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen
Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen
werden (BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 105; 133 III 545 E. 2.2 S. 550). Eine
qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und
von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche
Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet
worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf
die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt,
worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die Beschwerdeführerin soll in der
Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen
Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den
als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (vgl. BGE
134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.; 121 III 397 E. 2a S. 400). Soweit die
Beschwerdeführerin dem Bundesgericht ohne Bezug zum angefochtenen Urteil ihre
eigene Sicht der Dinge unterbreitet, genügt sie den Begründungsanforderungen
nicht und ist auf ihre Ausführungen nicht einzutreten.

2.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für
den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue
Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der
Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdeführerin, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz
anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern die
Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das
Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen
wäre. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die
diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (vgl. BGE 133 III 393
E. 7.1 S. 398, 462 E. 2.4 S. 466 f.).

3.
Umstritten ist, ob im Bereich des Zahlungsverkehrs eine absolute
Kontrahierungspflicht der Post besteht.

3.1 Die Vorinstanz hielt fest, Art. 17 der AGB der Beschwerdeführerin sehe vor,
der Basisvertrag sowie die Vereinbarung für die Benutzung der Zusatzleistungen
dauerten auf unbestimmte Zeit und könnten von beiden Parteien jederzeit
schriftlich gekündigt werden, sofern nicht etwas anderes vereinbart worden sei.
Diese Bestimmung verstosse gegen Art. 2 Abs. 2 PG, mithin gegen zwingendes
Recht, und sei nichtig, da für die Post auch bei den so genannten nicht
reservierten Universaldiensten ein Kontrahierungszwang bestehe. Die anderen
Bestimmungen der AGB seien von der Teilnichtigkeit nicht betroffen und
behielten ihre Gültigkeit.

3.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet die Nichtigkeit von Art. 17 der AGB. Sie
macht geltend, sie sei nach Art. 10 f. PG ermächtigt, das Angebot ihrer
Dienstleistungen im Einzelnen festzulegen. Dabei könne sie die Bedingungen für
die Inanspruchnahme ihrer Dienstleistungen selbständig in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen regeln, wobei die Bedürfnisse der Bevölkerung und der
Wirtschaft sowie die technischen Entwicklungen zu berücksichtigen seien. Von
dieser Kompetenz habe sie Gebrauch gemacht durch den Erlass von
dienstleistungsbezogenen AGB wie diejenigen der PostFinance, die integrierenden
Bestandteil der im Einzelfall geschlossenen Kundenverträge bildeten. Im Vertrag
über den Abschluss eines Postkontos seien die AGB zum Geschäftsinhalt gemacht
worden. Die Möglichkeit einer Kündigung sei im Übrigen auch nicht ungewöhnlich.
Im Gegenteil müssten Verträge gemäss allgemeinem Vertragsrecht kündbar sein, da
sie sonst nach Art. 27 ZGB infolge übermässiger Bindung unzulässig seien. Zudem
könne jeder zeitlich unbefristete Vertrag aus wichtigen Gründen aufgelöst
werden. Die Ungewöhnlichkeitsregel gelange nicht zur Anwendung; es wäre
vielmehr ungewöhnlich, wenn ein Vertrag nicht gekündigt werden könnte.

Die Beschwerdeführerin versteht die zwingende Natur von Art. 2 Abs. 2 PG und
den daraus abgeleiteten Kontrahierungszwang nicht als absolut. Vielmehr ist sie
der Auffassung, eine Kündigung aus wichtigem Grund müsse auch im Service Public
möglich sein. Im Rahmen der Interessenabwägung sei eine Unterscheidung der
reservierten und nicht reservierten Universaldiensten gerechtfertigt. Bei
Letzteren müsse den Interessen der Vertragspartner der Post insofern weniger
Rechnung getragen werden, als diese Dienstleistungen auch bei einem
Konkurrenzunternehmen bezogen werden können.

3.3 Die Privatrechtsordnung beruht auf der Privatautonomie, die im Schuldrecht
durch die Vertragsfreiheit konkretisiert wird. Diese hat verschiedene Aspekte,
nämlich die Abschlussfreiheit, Partnerwahlfreiheit, Inhaltsfreiheit,
Formfreiheit und Aufhebungsfreiheit. Die Abschluss-, Partnerwahl- und
Aufhebungsfreiheit als Teilaspekte der Vertragsfreiheit können ausnahmsweise
durch Kontrahierungspflichten eingeschränkt werden. Solche
Kontrahierungspflichten beruhen entweder auf Vertrag (in der Regel einem
Vorvertrag) oder gesetzlicher Grundlage. Allgemein anerkannt ist, dass sich
eine Kontrahierungspflicht aufgrund einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung
ergeben kann (BGE 129 III 35 E. 6.1 und E. 6.2 S. 42 mit Hinweisen).

3.4 Neben den Bereichen, in welchen die Post in Konkurrenz zu Dritten wie ein
Privater auftritt (so genannte Wettbewerbsdienste, vgl. Art. 9 PG und BGE 129
III 35 E. 4.1 S. 37 f.), ist die Post nach Art. 2 Abs. 1 PG als
öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes verpflichtet, eine flächendeckende
Grundversorgung mit Post- und Zahlungsverkehrsdienstleistungen sicherzustellen
(BGE 129 III 35 E. 4.1 S. 37). Die Post gewährleistet den freien Zugang zu den
Dienstleistungen dieses Universaldiensts, der in allen Landesteilen nach
gleichen Grundsätzen, in guter Qualität und zu angemessenen Preisen angeboten
werden muss (Art. 2 Abs. 2 PG). Der Universaldienst wird mit Dienstleistungen
sichergestellt, die entweder ausschliesslich der Post als Monopolanbieterin
vorbehalten sind ("reservierte Dienste" [Art. 3 Abs. 1 PG und Art. 2 VPG]) oder
von der Post in Konkurrenz zu privaten Anbietern im ganzen Land erbracht werden
müssen ("nicht reservierte Dienste" [Art. 4 Abs. 1 PG; Art. 1 lit. c und Art. 3
VPG]; vgl. BGE 129 III 35 E. 4.1 S. 37). Die Einzahlung, die Auszahlung und die
Überweisung, mithin der Zahlungsverkehr, gehört unbestrittenermassen zu den
nicht reservierten Universaldiensten (Art. 4 Abs. 2 PG i.V.m. Art. 3 lit. e
VPG), welche die Post zwar in Konkurrenz mit anderen Anbietern erbringt, zu
deren Erbringung sie aber verpflichtet ist (Art. 4 Abs. 1 PG und Art. 1 lit. c
VPG). Die Post ist somit zum Führen von Postkonti bzw. Zahlungsverkehr nicht
nur berechtigt, sondern verpflichtet, und es besteht diesbezüglich ein
Kontrahierungszwang, der in Art. 2 PG statuiert ist (vgl. auch BGE 129 III 35
E. 6.2 S. 42). Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass die
Vorinstanz den von diesem Kontrahierungszwang abweichenden Art. 17 AGB, der ein
jederzeitiges Kündigungsrecht vorsieht, als gesetzwidrig einstufte. Zu prüfen
bleibt, ob eine Kündigung aus wichtigem Grund entgegen dem Gesetzeswortlaut
zuzulassen ist.

3.5 Die Vorinstanz liess die Frage offen, ob wichtige Gründe eine Kündigung
rechtfertigen könnten, da solche nicht vorlägen. Den Beschwerdegegnerinnen
könne kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorgeworfen werden. In den
zivilrechtlichen Gerichtsverfahren gegen die Beschwerdegegnerinnen gebe es mit
verschiedenen Begründungen sowohl Entscheide zu Gunsten als auch solche zu
Ungunsten der Beschwerdegegnerinnen, so dass aus den von diesen eingereichten
Entscheiden keine wichtigen Gründe für eine Kündigung abgeleitet werden
könnten. Die Vorinstanz verneinte auch einen durch die mediale Präsenz der
Beschwerdegegnerinnen ausgelösten Reputationsschaden der Beschwerdeführerin. Es
sei allgemein bekannt, dass sich die Leistungen der Post auf den
Zahlungsverkehr beschränkten und in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit ihrer
Kunden stehe. Die Vorinstanz erachtete die Behauptung, andere Kunden würden
wegen der Führung der Konti der Beschwerdegegnerinnen ihre Geschäftsbeziehungen
mit der Post in Frage stellen, als unzutreffend, zumal die beiden eingereichten
Kundenreklamationen im Verhältnis zum gesamten Kundenstamm marginal seien und
keine repräsentative Bedeutung hätten.

3.6 Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen den Feststellungen der
Vorinstanz seien sämtliche Zivilurteile in materiellrechtlichen Punkten zu
Ungunsten der Beschwerdegegnerinnen ausgefällt worden. Das im angefochtenen
Entscheid erwähnte Urteil des Bezirksgerichts Zürich betreffe lediglich die
Kostenfolgen des eingestellten Strafverfahrens und beinhalte keine
zivilrechtlich materiellen Erwägungen. Sodann hält die Beschwerdeführerin
dafür, ein wichtiger Grund für die Vertragsauflösung müsse gegeben sein, wenn
die Post durch die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen selber
geltendes Recht, namentlich strafrechtliche Bestimmungen (Geldwäscherei)
verletze. Zu den Geschäftstätigkeiten der Beschwerdegegnerinnen gehöre unter
anderem das Angebot von kostenpflichtigen Internet-Branchenverzeichnissen.
Potentielle Kunden würden von der Beschwerdegegnerin 1 angeschrieben und
gebeten, die Angaben auf einem zum Teil bereits ausgefüllten Formular zu
überprüfen, gegebenenfalls zu ergänzen und anschliessend zu retournieren. Dabei
werde der Anschein erweckt, es handle sich um einen Gratiseintrag in das
offizielle Telefonbuch oder in ein anderes allgemein anerkanntes
Adressregister. Lediglich im "Kleingedruckten" werde auf die Kosten eines
solchen Eintrags hingewiesen. Wer die Zahlung verweigere, werde von der
Beschwerdegegnerin 2 betrieben. Eine solche Geschäftstätigkeit könne allenfalls
gar als unlauter bezeichnet werden und sollte keinesfalls unterstützt werden.
Zudem sei davon auszugehen, dass sich andere Bankinstitute geweigert hätten,
mit den Beschwerdegegnerinnen eine vertragliche Beziehung einzugehen, weil sie
einen Imageschaden befürchteten. Es bestehe die dringliche und realistische
Gefahr eines Reputationsschadens, wenn bekannt werde, dass die Post ihre
Dienstleistungen auch starker öffentlicher Kritik ausgesetzten Firmen mit
undurchsichtigen Geschäftspraktiken anbiete. Selbst wenn die zivilrechtlichen
Verurteilungen allein noch keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Strafrechts zu
begründen vermöchten, führten sie zur Ungültigkeit des Vertrags. Die
Zivilrechtswidrigkeit einer solchen Täuschung sei erstellt und das Risiko der
Strafrechtswidrigkeit nicht von der Hand zu weisen. Die rechtskräftige
Feststellung, dass die Beschwerdegegnerinnen (offenbar planmässig) fragliche
Geschäftspraktiken pflegten in Verbindung mit dem drohenden Imageschaden mache
der Post die Fortführung der Geschäftsbeziehung unzumutbar und stelle einen
wichtigen Grund für die Vertragsauflösung dar. Die Unzumutbarkeit ergebe sich
auch aus dem Umstand, dass sich andere, mit ähnlich fragwürdigen
Geschäftstätigkeiten operierende Kunden zur PostFinance hingezogen fühlten. Bei
fehlender Kündigungsmöglichkeit bestünde die Gefahr, dass die Post zum
Auffangbecken solcher Marktteilnehmer werde, was der Reputation zusätzlich
abträglich wäre und zu vermehrter Kundenkritik und -abwanderung führen würde.

3.7 Vorab ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin in keiner Weise
aufzeigt, inwiefern das Verhalten der Beschwerdegegnerinnen 3-8 einen wichtigen
Grund für die Auflösung der Postkonti gebildet und ein Abweichen vom
Kontrahierungszwang gerechtfertigt haben soll. Die blosse Feststellung, die
Beschwerdegegnerinnen seien geschäfts- und personenmässig eng miteinander
verbunden, genügt dazu offensichtlich nicht. Soweit sich die Beschwerde demnach
auf die Beschwerdegegnerinnen 3-8 bezieht, ist darauf mangels hinreichender
Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht einzutreten.

3.8 Die gegen die Beschwerdegegnerinnen durchgeführten Verfahren hatten keine
strafrechtliche Verurteilung zur Folge. Soweit die Beschwerdeführerin
sinngemäss einen Verstoss gegen Art. 2 UWG (SR 241) rügt, ist zu beachten, dass
ein Verstoss gegen diese Generalklausel für unlauteres Verhalten für sich
allein noch keine Strafbarkeit begründet (Art. 23 UWG) und der Entwurf einer
Konkretisierung dieser Generalklausel für Angebote von Registereinträgen noch
nicht zum Gesetz erhoben wurde (vgl. Art. 3a E-UWG - Angebote für
Registereinträge und Erläuternder Bericht zur Änderung des Bundesgesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb [UWG] vom 6. Juni 2008, S. 9, abrufbar unter
http://www.seco.admin.ch/aktuell/00277/01164/01980/index.html?lang =de&msg-id=
19191 [zuletzt besucht am 26. März 2010]). Die Frage, ob ein strafbares
Verhalten eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigt, kann somit offen
gelassen werden.

3.9 Soweit kein strafbares Verhalten vorliegt, wäre eine Durchbrechung des
gesetzlichen Kontrahierungszwangs - wenn überhaupt - nur zurückhaltend
anzunehmen. Allein die Tatsche, dass die Beschwerdegegnerinnen ein
Geschäftsgebaren an den Tag legen, das öffentlicher Kritik ausgesetzt ist,
würde für die Annahme eines wichtigen Grundes jedenfalls nicht ausreichen,
selbst wenn die Kritik zutreffen sollte. Aufgrund der Gesetzesbestimmungen ist
klar, dass sich die Post ihre Kunden im Zahlungsverkehr nicht aussuchen kann,
weshalb ihr dubiose Geschäftspraktiken von Klienten nicht angelastet werden
können. Damit ist nicht massgeblich, ob und in welchem Ausmass die Zivilurteile
zu Gunsten oder zu Ungunsten der Beschwerdegegnerinnen entschieden wurden. Die
Vorinstanz hat die Kündigung im Ergebnis jedenfalls zu Recht als
bundesrechtswidrig erachtet.

4.
Insgesamt ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche
Verfahren mit insgesamt Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Bern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. März 2010
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:

Klett Feldmann