Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.314/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_314/2009

Urteil vom 10. September 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Feldmann.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Hess-Keller.

Gegenstand
Anwaltshonorar,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer
als Beschwerdeinstanz,
vom 6. Mai 2009.
Sachverhalt:

A.
A.________ (Beschwerdeführerin) war in den Jahren 2005 und 2006 als
Rechtsanwältin für B.________ (Beschwerdegegnerin) tätig. Mit Schreiben vom 30.
April 2007 mahnte sie diese für offene Rechnungen im Betrag von Fr. 6'347.55.
In der darauf folgenden Betreibung erhob die Beschwerdegegnerin
Rechtsvorschlag.

B.
Im Mai 2008 reichte die Beschwerdeführerin beim Amtsgericht Luzern-Stadt Klage
ein und forderte von der Beschwerdegegnerin Fr. 6'147.55 nebst Zins. Diese
brachte vor, der Beschwerdeführerin von September 2005 bis Juli 2007 insgesamt
Fr. 8'308.45 bezahlt zu haben und reichte einen Auszug aus ihrem
Empfangsscheinbuch ein. Die Beschwerdeführerin bestritt, dass die Zahlungen die
eingeklagten Forderungen beträfen. Das Amtsgericht gelangte zum Schluss, sie
habe Forderungen von insgesamt Fr. 5'341.75 nachgewiesen. Aus den
Zahlungsbelegen der Beschwerdegegnerin sei nicht klar ersichtlich, welche
Rechnung jeweils getilgt worden sei, und die Beschwerdeführerin habe ihr auch
nicht angezeigt, für welche Schuld die Zahlung jeweils verwendet worden sei.
Daher seien gemäss Art. 87 OR - nach Abzug von Zahlungen für Mandate, die
gemäss übereinstimmenden Parteiangaben nicht den Streitgegenstand betrafen,
sowie von bereits berücksichtigten Zahlungen - Fr. 4'906.30 auf die
eingeklagten Forderungen anzurechnen. Entsprechend hiess das Amtsgericht die
Klage am 21. Januar 2009 im Umfang von Fr. 435.45 nebst Zins gut und hob den
Rechtsvorschlag insoweit auf. Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies
das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 6. Mai 2009 ab, soweit es
darauf eintrat.

C.
Mit "Einheitsbeschwerde und subsidiärer Verfassungsbeschwerde" beantragt die
Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, den Entscheid des Obergerichts zu
kassieren und zu neuer Beurteilung zurückzuweisen. Eventualiter sei der
angefochtene Entscheid aufzuheben und die Klage gutzuheissen. Die
Beschwerdegegnerin und die Vorinstanz beantragen, auf die "Einheitsbeschwerde"
nicht einzutreten sowie die subsidiäre Verfassungsbeschwerde abzuweisen.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 134 III 115 E. 1 S. 117; 133 III 439 E. 2 S.
441).

1.1 Nach dem Konzept der Einheitsbeschwerde ist der Rechtsmittelweg an das
Bundesgericht vom Rechtsgebiet abhängig, auf das die Sache letztlich
zurückgeht. Streitig ist eine Forderung in einer Zivilsache, so dass die
Einheitsbeschwerde als Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 BGG
entgegenzunehmen ist. Diese ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten
grundsätzlich nur gegeben, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt
(Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag
nicht, ist die Beschwerde ausnahmsweise dennoch zulässig, wenn sich eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG).

1.2 Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist sehr
restriktiv auszulegen. Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die
Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht,
handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE
135 III 1 E. 1.3 S. 4; 134 III 115 E. 1.2 S. 117; 133 III 493 E. 1.1 und 1.2 S.
495 f.). Die Voraussetzung ist hingegen erfüllt, wenn ein allgemeines Interesse
besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine
einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit
Rechtssicherheit herzustellen. Eine neue Rechtsfrage kann vom Bundesgericht
sodann beurteilt werden, wenn dessen Entscheid für die Praxis wegleitend sein
kann, namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu
beurteilen sein werden. Auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene
Rechtsfrage kann unter der Voraussetzung von grundsätzlicher Bedeutung sein,
dass sich die erneute Überprüfung aufdrängt (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4 mit
Hinweisen). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist in der
Beschwerdeschrift auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42
Abs. 2 BGG).

1.3 Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass der für die Beschwerde in
Zivilsachen erforderliche Streitwert nicht erreicht wird. Sie rügt eine falsche
Beweislastverteilung und wirft sinngemäss die Frage auf, ob der Gläubiger in
einem Forderungsprozess bezüglich mehreren sachlich nicht zusammenhängenden
Mandatsverhältnissen sämtliche Forderungen aufzuführen habe, auch solche, die
bezahlt worden seien, um zu beweisen, dass die vom Schuldner getätigten
Zahlungen andere Forderungen als die eingeklagten beträfen. Dies stelle eine
unzulässige Beweislastumkehr dar und sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung, da die Vorinstanz entschieden habe, es sei der Beschwerdeführerin
zwar gelungen, Forderungen im Betrag von Fr. 5'341.75 nachzuweisen, aber keine
anderen, weshalb die Zahlungen der Beschwerdegegnerin auf diese Forderungen
hätten angerechnet werden dürfen. Diesbezüglich bestehe ein allgemeines
Interesse. Die Frage sei bis heute in dieser Konstellation noch nicht geklärt
worden.

1.4 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Beweislast sei nicht richtig
verteilt worden. Dabei geht es indessen ausschliesslich um die Frage, ob die
erste Instanz die unbestrittenen Regeln der Beweislastverteilung im konkreten
Einzelfall richtig angewendet hat. Dies ist offensichtlich keine Rechtsfrage
von grundsätzlicher Bedeutung. Da weder der erforderliche Streitwert gegeben
ist noch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist auf die
Beschwerde in Zivilsachen nicht einzutreten.

2.
Da die Beschwerde in Zivilsachen nicht gegeben ist, steht grundsätzlich die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde zur Verfügung (Art. 113 BGG). Mit dieser kann
indessen nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art.
116 BGG). Die Beschwerdeführerin muss angeben, welches verfassungsmässige Recht
verletzt wurde, und substanziiert darlegen, worin die Verletzung besteht (BGE
133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Das Bundesgericht kann die
Verletzung eines Grundrechts nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der
Beschwerde klar und detailliert erhoben und soweit möglich belegt ist (Art. 117
i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 BGG). Es kann davon nur abweichen, wenn
die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts
zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116 BGG), was die Beschwerdeführerin
präzise geltend zu machen hat (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III
439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweisen).

2.2 Soweit Willkür in der Ermittlung des Sachverhalts geltend gemacht wird, ist
zu beachten, dass dem Sachrichter in der Beweiswürdigung ein breiter
Ermessensspielraum zusteht; die Beschwerdeführerin hat daher darzulegen,
inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht, insbesondere
offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder
willkürlich ausser Acht gelassen habe (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 119 Ia 197 E.
1d S. 201; 118 Ia 28 E. 1b S. 30; je mit Hinweisen). Dagegen genügt es nicht,
wenn die Beschwerdeführerin lediglich einzelne Beweise anführt, die sie anders
als im angefochtenen Entscheid gewichtet wissen möchte. Es geht nicht an, in
einer Verfassungsbeschwerde bloss appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung
des kantonalen Gerichts zu üben, als ob dem Bundesgericht im
Verfassungsbeschwerdeverfahren die freie Prüfung aller Tat- und Rechtsfragen
zukäme (vgl. BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen).

3.
3.1 Die Vorinstanz trat auf die Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung nicht
ein, da die Beschwerdeführerin über weite Strecken nicht auf die
erstinstanzlichen Erwägungen Bezug genommen und dem Gericht widersprüchliche
Sachverhalte unterbreitet habe. Im Sinne einer Eventualbegründung verneinte die
Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung, da weder aus den eingereichten
Beweismitteln noch aus dem Verhandlungsprotokoll eine klare Zuordnungserklärung
der Beschwerdegegnerin gegenüber der Beschwerdeführerin abgeleitet werden
könne. Der Schluss der ersten Instanz, es liege weder eine Anrechnungserklärung
der Beschwerdegegnerin noch eine Bezeichnung auf einer Quittung durch die
Beschwerdeführerin vor, sei nicht willkürlich.

3.2 Beruht ein mit Verfassungsbeschwerde anfechtbarer Entscheid auf mehreren,
voneinander unabhängigen Begründungen, so muss sich die Beschwerde mit jeder
von ihnen auseinander setzen und dartun, dass der Entscheid nach jeder dieser
Begründung verfassungswidrig ist, denn soweit nicht beanstandete Begründungen
das angefochtene Urteil selbständig stützen, fehlt das Rechtsschutzinteresse an
der Beurteilung der gehörig begründeten Rügen (BGE 133 IV 119 E. 6.3 S. 120 f.;
132 III 555 E. 3.2 S. 560; je mit Hinweisen).

3.3 Die Rüge der Beschwerdeführerin wendet sich insbesondere gegen die
Eventualbegründung, wonach die Beweismittel den entsprechenden Beweis nicht
erbringen würden. Dagegen zeigt sie nicht mit Aktenhinweisen auf, dass sie sich
bereits vor der Vorinstanz rechtsgenügend mit dem erstinstanzlichen Urteil
auseinandergesetzt hat, sondern versucht einzig, die Erwägung der Vorinstanz,
sie habe dem Gericht widersprüchliche Sachverhalte unterbreitet, zu entkräften.
Da die Beschwerdeführerin nicht darlegt, inwiefern die Begründung, sie habe
sich über weite Strecken nicht mit den erstinstanzlichen Erwägungen auseinander
gesetzt, ihre verfassungsmässigen Rechte verletzt, ist auf die Rüge der
willkürlichen Beweiswürdigung nicht einzutreten. Davon abgesehen legt die
Beschwerdeführerin auch in ihren übrigen Ausführungen einfach ihre eigenen
(nicht von der Vorinstanz festgestellten) Behauptungen zu Grunde, und setzt
sich mit dem angefochtenen Entscheid nicht im Einzelnen auseinander. Derartige
appellatorische Kritik genügt den Begründungsanforderungen (vgl. E. 2.2) in
keiner Weise. Inwiefern der angefochtene Entscheid gestützt auf die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ihre verfassungsmässigen Rechte
verletzen sollte, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, weshalb auf die
Beschwerde insgesamt nicht einzutreten ist.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird
nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I.
Kammer als Beschwerdeinstanz, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. September 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin:

Klett Feldmann