Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.235/2009
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2009
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2009


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_235/2009

Urteil vom 13. Oktober 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Corboz,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.

1. Parteien
A.________,
2. B.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Bachmann,

gegen

Einwohnergemeinde X.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Rudolf.

Gegenstand
Werkeigentümerhaftung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als
Appellationsinstanz,
vom 30. März 2009.
Sachverhalt:

A.
A.________ und B.________ (beide Beschwerdeführer) beabsichtigten, eine
Altliegenschaft umzubauen bzw. zu erweitern. Am 24. September 2001 barst in der
Nähe des Bauobjekts eine im Eigentum der Einwohnergemeinde X.________
(Beschwerdegegnerin) stehende Wasserleitung. Die Beschwerdeführer behaupten,
die ausfliessende Wassermenge habe am Bauobjekt beträchtliche Schäden
angerichtet, so dass bauliche Notmassnahmen hätten ergriffen und umfangreichere
Reparaturen und Rekonstruktionen als geplant durchgeführt werden müssen. Am 20.
Dezember 2001 erliess die Beschwerdegegnerin eine Baueinstellungsverfügung,
welche die Beschwerdeführer erfolglos anfochten. Im Januar 2002 ersuchten sie
um eine neue Baubewilligung. Am 27. März 2002 bewilligte die Beschwerdegegnerin
das angepasste Projekt.

B.
Am 17. Mai 2004 reichten die Beschwerdeführer beim Amtsgericht Hochdorf Klage
ein und verlangten von der Beschwerdegegnerin Fr. 590'000.-- nebst Zins als
Schadenersatz. Mit Beweisentscheid vom 27. November 2006 erachtete das
Amtsgericht die eingeholten Gutachten als schlüssig und ergänzende
Beweisabnahmen für entbehrlich. Zu diesem Beweisentscheid nahmen die
Beschwerdeführer am 20. Dezember 2006 Stellung. Die Durchführung einer
Verhandlung verlangten sie nicht. Die Beschwerdegegnerin reichte direkt ihre
Kostennote ein. Am 6. Februar 2007 bestätigte das Amtsgericht den Schluss des
Beweisverfahrens. Daraufhin erfolgten keine weiteren gerichtlichen Handlungen,
bis das Amtsgericht am 26. Februar 2008 die Klage abwies. Die Beschwerdeführer
appellierten an das Obergericht des Kantons Luzern, worauf die
Beschwerdegegnerin geltend machte, eine allfällige Forderung der
Beschwerdeführer sei im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens verjährt.
Nachdem beide Parteien auf eine Appellationsverhandlung verzichtet hatten,
erachtete das Obergericht am 30. März 2009 die Verjährungseinrede für begründet
und wies die Klage ab.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Beschwerdeführer dem
Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur
Behandlung der Appellation an dieses zurückzuweisen. Dem Gesuch, ihrem
ehemaligen Vertreter den Streit zu verkünden, gab das Bundesgericht mit
Verfügung vom 13. Juli 2009 nicht statt, da die Streitverkündung und
Nebenintervention vor Bundesgericht auch unter der Geltung des BGG
ausgeschlossen ist (so zum alten Recht ausdrücklich Art. 53 Abs. 2 aOG; vgl.
Art. 99 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdegegnerin und das Obergericht schliessen auf
kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1.
Kommt die einjährige Verjährungsfrist nach Art. 60 Abs. 1 OR zur Anwendung,
sind die geltend gemachten Ansprüche während laufendem Verfahren vor erster
Instanz verjährt. Dies stellen die Beschwerdeführer im Wesentlichen nicht in
Abrede. Sie machen allerdings geltend, da sich ihre Klage aus einer
strafrechtlichen Handlung herleite, komme nach Art. 60 Abs. 2 OR die längere
strafrechtliche Verjährungsfrist zur Anwendung. Zudem seien ihre Ansprüche nach
kantonalem Haftungsgesetz zu beurteilen, das eine zweijährige Frist vorsehe. Da
die Vorinstanz das Recht nach kantonalem Prozessrecht von Amtes wegen
anzuwenden habe, hätte sie diesbezüglich nicht auf die anderslautenden
Ausführungen der Beschwerdeführer in ihrer Klagschrift abstellen dürfen,
sondern die Anwendbarkeit des Haftungsgesetzes prüfen müssen. Schliesslich
machen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Gehörsanspruchs geltend. Da
die Vorinstanz ihnen mitgeteilt habe, sie könnten ohne Rechtsverlust auf die
Durchführung einer Verhandlung verzichten, hätten sie nach Treu und Glauben
davon ausgehen dürfen, das Gericht werde die von der Beschwerdegegnerin
erhobene Einrede, zu der sie nicht Stellung genommen hatten, abweisen. Zufolge
der formellen Natur des Gehörsanspruchs ist diese Rüge vorab zu beurteilen.

2.
Die Beschwerdeführer machen sinngemäss geltend, ihnen sei zwar die
Appellationsantwort, in der die Verjährungseinrede erhoben wurde, zugestellt
worden. Mit Verfügung vom 13. März 2009 habe die Vorinstanz aber erklärt, sie
erachte die Sache als spruchreif. Falls auf eine Appellationsverhandlung
verzichtet werde, was keine Rechtsnachteile nach sich ziehe, ersuche sie die
Beschwerdeführer, innert 10 Tagen ihre Kostennote einzureichen. Dadurch habe
die Vorinstanz zweifelsfrei zu erkennen gegeben, eine Appellationsverhandlung
sei nicht erforderlich, und die Beschwerdeführer könnten getrost auf Replik und
Duplik verzichten. Die Beschwerdeführer hätten davon ausgehen dürfen, die
Vorinstanz werde die Verjährungseinrede nicht schützen.

2.1 Nach § 254 des Gesetzes über die Zivilprozessordnung vom 27. Juni 1994 (SRL
Nr. 260a, ZPO/LU) lädt das Obergericht nach Abschluss des Schriftenwechsels die
Parteien zur Appellationsverhandlung vor, sofern sie nicht darauf verzichtet
haben. Erscheinen beide Parteien nicht zur Verhandlung, wird aufgrund der Akten
entschieden. Das Nichterscheinen der einen oder beider Parteien hat keine
Rechtsnachteile zur Folge.

2.2 Wenn die Vorinstanz die Angelegenheit als spruchreif erachtete, bedeutet
dies, dass sich aus ihrer Sicht die zur Entscheidfindung notwendigen Grundlagen
aus den Akten ergaben. Da gemäss § 254 Abs. 3 ZPO/LU beiden Parteien bei
Verzicht auf die Verhandlung keine Rechtsnachteile drohen, musste den
anwaltlich vertretenen Beschwerdeführern bewusst sein, dass der entsprechende
Hinweis und die Aufforderung, gegebenenfalls die Kostennoten einzureichen,
nicht bedeutete, die Vorinstanz werde zu Gunsten der Beschwerdeführer
entscheiden. Der Hinweis liess keinerlei Rückschlüsse darüber zu, wie der
Entscheid materiell ausfallen würde. § 255 ZPO/LU bietet die Gelegenheit, an
der Verhandlung zu den Vorbringen der Gegenpartei und zur Beweisergänzung
Stellung zu nehmen und nötigenfalls einen weiteren Schriftenwechsel
durchzuführen. Verzichten beide Parteien auf die Verhandlung, machen sie von
dieser Möglichkeit keinen Gebrauch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
liegt darin nicht.

3.
Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, da der Schaden unvermeidbar mit der
Ausübung hoheitlicher Funktionen zusammenhänge, sei nach Art. 61 OR auf die
Verantwortung des Gemeinwesens nicht Art. 58 OR anwendbar, sondern das
kantonale Haftungsgesetz, welches eine zweijährige Verjährungsfrist vorsehe.
Die Beschwerdeführer versuchen, unter Bezugnahme auf die Gemeindereglemente,
aufzuzeigen, dass die Beschwerdegegnerin die Wasserversorgung "hoheitlich"
betreibe, weshalb keine gewerbliche Verrichtung im Sinne von Art. 61 Abs. 2 OR
vorliege.

3.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung betrachtet Art. 58 OR als lex
specialis zu kantonalrechtlichen Verantwortlichkeitsbestimmungen, soweit die
den Beamten vorgeworfenen Verfehlungen, wie im zu beurteilenden Fall, mit dem
behaupteten Werkmangel im Zusammenhang stehen (BGE 116 II 645 E. 3a S. 648).
Auch mit Bezug auf Wasserleitungen findet Art. 58 OR Anwendung (vgl. Urteil des
Bundesgerichts C 334/AB E. 4 nicht publ. in BGE 81 II 129; BREHM, Berner
Kommentar, 3. Aufl. 2006, N. 165 zu Art. 58 OR).

3.2 Zudem besteht nach Art. 61 Abs. 1 OR für die Kantone die Möglichkeit, nicht
aber die Pflicht, vom OR abweichende Bestimmungen zu erlassen. Es steht den
Kantonen frei, dem Bundesrecht einen weiteren Anwendungsbereich zu belassen als
zwingend vorgeschrieben. Daher genügt es nicht, aufzuzeigen, dass eine
Unterstellung unter das kantonale Verantwortlichkeitsgesetz bundesrechtlich
zulässig wäre. Die Beschwerdeführer müssten vielmehr zusätzlich darlegen, dass
das kantonale Haftungsgesetz den ihm bundesrechtlich eingeräumten Spielraum für
den zu beurteilenden Fall ausgeschöpft hat und eine abweichende Interpretation
der kantonalen Bestimmungen offensichtlich unhaltbar wäre und damit gegen Art.
9 BV verstösst. Auf die kantonalrechtlichen Anwendungsvoraussetzungen des
Haftungsgesetzes gehen die Beschwerdeführer aber nicht im Einzelnen ein. Damit
ist die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte bei der Anwendung
kantonalen Rechts nicht hinreichend begründet (Art. 106 Abs. 2 BGG), so dass
sich weitere Ausführungen erübrigen.

4.
Die Beschwerdeführer machen geltend, ihre Ansprüche seien nicht verjährt, da
gemäss Art. 60 Abs. 2 OR die längeren strafrechtlichen Verjährungsfristen
massgeblich seien. Sie beziehen sich mit Aktenhinweisen auf ihre Vorbringen vor
erster Instanz und zählen vor Bundesgericht mehrere Straftatbestände auf, die
ihrer Ansicht nach erfüllt sein sollen.

4.1 Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, für die Anwendung der
strafrechtlichen Verjährung genüge es im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes
wegen, wenn sich aus ihren Vorbringen in der Klageschrift ergibt, dass eine
Straftat gegeben sei. Die Pflicht zur Rechtsanwendung von Amtes wegen sagt
indessen nichts darüber aus, auf welche Sachverhaltselemente das Recht
anzuwenden ist. Wie der Sachverhalt zu ermitteln ist, bestimmt grundsätzlich
das kantonale Prozessrecht (BGE 116 II 196 E. 3a S. 201, 594 E. 3a S. 595). Es
ist Sache des kantonalen Rechts zu entscheiden, ob die Appellationsinstanz von
Amtes wegen sämtliche Vorbringen der Parteien vor erster Instanz zu
berücksichtigen oder von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid
auszugehen hat, sofern keine Partei diese als unvollständig ausweist. Daher
hätten die Beschwerdeführer entweder darlegen müssen, dass die Vorinstanz nach
kantonalem Recht verpflichtet war, auf ihre Vorbringen vor erster Instanz
abzustellen, oder dass auch gestützt auf die Feststellungen im
erstinstanzlichen Entscheid beziehungsweise auf ihre Vorbringen in der
Appellationsschrift auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten zu erkennen
ist. Der blosse Verweis auf die Ausführungen vor erster Instanz genügt den
Begründungsanforderungen nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG). Zwar ist zulässig, sich
vor Bundesgericht auf neue rechtliche Argumente zu berufen. Voraussetzung ist
jedoch, dass diese auf den Feststellungen im angefochtenen Entscheid beruhen
(BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254; 130 III 28 E. 4.4 S. 34 mit Hinweisen). Dazu
gehören die Vorbringen vor erster Instanz nur, soweit sie im angefochtenen
Urteil wiedergegeben werden oder im Urteil darauf verwiesen wird.

4.2 Gemäss dem angefochtenen Urteil machten die Beschwerdeführer geltend, durch
eindringendes Wasser sei auf ihrem Grundstück Schaden entsanden. Sollte diese
Behauptung zutreffen, wäre wohl der objektive Tatbestand der Sachbeschädigung
(Art. 144 StGB) erfüllt. Dass ein direkter Vorsatz bestanden hätte, behaupten
die Beschwerdeführer nicht. Sie werfen der Gemeinde aber vor, für die fragliche
Leitung ein inadäquates Material verwendet zu haben und die Leitung nicht
ersetzt zu haben, obwohl die Ersatzbedürftigkeit bekannt gewesen sei. Daher sei
Eventualvorsatz gegeben.
4.2.1 Die bewusste Verletzung einer Pflicht lässt nicht zwingend auf
Eventualvorsatz schliessen, sondern ist auch der bewussten Fahrlässigkeit
eigen. Die Unterscheidung zwischen Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit erfolgt
auf einer anderen Ebene. Der bewusst fahrlässig Handelnde verhält sich
pflichtwidrig, weil er darauf vertraut, der tatbestandsmässige Erfolg trete
dennoch nicht ein (Jenny, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl. 2007, N.
53 zu Art. 12 StGB). Der eventualvorsätzlich Handelnde verletzt demgegenüber
die ihm obliegenden Pflichten ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, auf die
Gefahr hin, dass der Erfolg eintritt. Eventualvorsatz ist gegeben, wenn der
Täter den Eintritt des Erfolgs beziehungsweise die Tatbestandsverwirklichung
für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines
Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht
sein (BGE 131 IV 1 E. 2.2 S. 4; Jenny, a.a.O., N. 47 zu Art. 12 StGB; je mit
Hinweisen).
4.2.2 Selbst wenn die Beschwerdegegnerin die Sanierungsbedürftigkeit der
Leitung erkannt und aus finanziellen Gründen von der Sanierung abgesehen haben
sollte, ist lediglich Fahrlässigkeit gegeben, solange die zuständigen Personen
darauf vertrauten, die Leitung werde trotz Sanierungsbedürftigkeit vorerst
weiter ihren Dienst tun. Anzeichen dafür, dass ein Leitungsbruch in Kauf
genommen wurde (wie beispielsweise Überlegungen der entscheidbefugten Personen,
wonach der Ersatz allfälliger Schäden kostengünstiger wäre als eine sofortige
Sanierung) sind keine festgestellt und ergeben sich auch nicht aus den
Vorbringen der Beschwerdeführer. Damit fallen sämtliche Vorsatzdelikte ausser
Betracht.

4.3 Nach Auffassung der Beschwerdeführer sind allerdings auch die Tatbestände
der Verursachung einer Überschwemmung (Art. 227 StGB), der Beschädigung von
Wasserbauten (Art. 228 StGB) sowie der Gefährdung durch Verletzung der Regeln
der Baukunst (Art. 229 StGB) erfüllt. Diese drei Tatbestände stehen unter dem
Titel "Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen". Zusätzlich berufen sich die
Beschwerdeführer auf Art. 239 StGB, namentlich die Störung eines zur
allgemeinen Versorgung mit Wasser dienenden Betriebes. Sämtliche der genannten
Straftatbestände können (im Gegensatz zur Sachbeschädigung) auch fahrlässig
verwirklicht werden.
4.3.1 Art. 229 StGB handelt von der Verletzung der Regeln der Baukunde bei der
Leitung oder Ausführung eines Bauwerkes oder eines Abbruches, die zu einer
Gefährdung von Leib und Leben von Menschen führt. Die Beschwerdeführer
behaupten vor Bundesgericht zwar, eine entsprechende Gefährdung habe bestanden.
Dass sie im kantonalen Verfahren Entsprechendes prozesskonform vorgebracht
hätten, zeigen sie aber nicht auf. Die blosse Gefährdung von Gegenständen
erfüllt den Tatbestand nicht. Überdies würde die strafrechtliche Verjährung
bereits mit der unsorgfältigen Ausführung des Werks beginnen, nicht erst mit
dem in Folge der mangelhaften Ausführung auftretenden Wasserleitungsbruch (vgl.
PETER MÜLLER, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl. 2007, N. 2 zu Art.
98 StGB).
4.3.2 Die Einreihung von Art. 227 und 228 StGB unter die "gemeingefährlichen"
Verbrechen und Vergehen unterstreicht, dass diese Bestimmungen nur zur
Anwendung kommen, wenn ex ante betrachtet die Tathandlung Konsequenzen von
einer gewissen Erheblichkeit nach sich ziehen könnte. Die blosse Beschädigung
einer Wasserleitung, um bei jemanden einen Schaden anzurichten, reicht dazu in
der Regel nicht aus (ROELLI/FLEISCHANDERL, in: Basler Kommentar, Strafrecht II,
2. Aufl. 2007, N. 5 zu Art. 227 und N. 3 zu Art. 228 StGB; STRATENWERTH/BOMMER,
Schweizerisches Strafrecht Besonderer Teil II: Straftaten gegen
Gemeininteressen, 6. Aufl. 2008, § 30 N. 15 S. 70 mit Hinweisen;
differenzierend: CORBOZ, Les infractions en droit suisse, Vol. II, 2002, S. 60
ff., der zwar ebenfalls eine erhebliche Wasserausbreitung verlangt [Rz. 2 zu
Art. 227 StGB S. 62], aber die Gefährdung eines einzelnen Objekts für
ausreichend erachtet [Rz. 11 zu Art. 227 StGB S. 63]; ebenso zu Art. 228 StGB:
Urteil des Bundesgerichts 6S.268/2002 E. 5.2, welches aber in der Lehre auf
Kritik gestossen ist, da es auf veraltete Literatur verweise vgl. ROELLI/
FLEISCHANDERL, a.a.O., N. 3 zu Art. 228 StGB). Demgegenüber kann das
Herbeiführen eines Rohrbruchs grösseren Umfangs den Tatbestand der
Überschwemmung nach Art. 227 StGB erfüllen (ROELLI/FLEISCHANDERL, a.a.O., N. 5
zu Art. 227 StGB). Auch der Tatbestand der Störung einer zur allgemeinen
Wasserversorgung dienenden Anlage beziehungsweise eines entsprechenden
Betriebes (Art. 239 StGB) ist nur erfüllt, wenn die Folge der Störung eine mehr
als bloss kurzzeitige Beeinträchtigung beziehungsweise Gefährdung einer
relevanten Anzahl von Abnehmern ist (MATTHIAS SCHWAIBOLD, in: Basler Kommentar,
Strafrecht II, 2. Aufl. 2007, N. 15 zu Art. 239 StGB mit Hinweisen; vgl. auch
CORBOZ, a.a.O., Rz. 15 zu Art. 239 StGB S. 132 f., der die Beeinträchtigung
eines einzelnen Benutzers nicht genügen lässt).

4.4 Ein durch pflichtwidrige Vernachlässigung verursachter Leitungsbruch kann
je nach Umfang und Art des Wasseraustritts zwar einen der von den
Beschwerdeführern genannten Straftatbestände erfüllen. Ob dies der Fall ist,
entscheidet sich aber anhand der Umstände des Einzelfalles. Nicht nur der
Umfang des Wasseraustritts, sondern auch die Abflusswege des Wassers, das Mass
der Beeinträchtigung, die Anzahl der Betroffenen, sind Gesichtspunkte, die
darüber entscheiden, ob dem Vorfall die in den Straftatbeständen vorausgesetzte
Schwere oder Gefährlichkeit zukommt.
4.4.1 In tatsächlicher Hinsicht hält die Vorinstanz fest, dass eine
Wasserleitung barst und die ausfliessende Wassermenge gemäss den Vorbringen der
Beschwerdeführer beträchtliche Schäden am Bauobjekt anrichtete. Dem
angefochtenen Entscheid ist zudem zu entnehmen, dass die Verantwortlichkeit der
Beschwerdegegnerin für den Wasserleitungsbruch (und damit eine mögliche
Pflichtverletzung) vor erster Instanz Prozessthema war. Diese Feststellungen
(beziehungsweise Behauptungen der Beschwerdeführer) genügen für sich allein
indessen nicht, um auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten zu schliessen,
da die Umstände des Leitungsbruchs nicht hinreichend dargetan sind. Von
Bundesrechts wegen war die Vorinstanz aber nicht verpflichtet, in tatsächlicher
Hinsicht abzuklären, ob ein Straftatbestand erfüllt sei, wenn die
Beschwerdeführer den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht prozesskonform
behaupteten.
4.4.2 Die Beschwerdeführer müssten mithin aufzeigen, dass sie alle für die
Anwendung eines der angerufenen Straftatbestände notwendigen Elemente
prozesskonform in das Verfahren eingeführt haben. Der Verweis auf ihre
Vorbringen vor erster Instanz genügt nicht, da die Beschwerdeführer nicht
darlegen, dass die Vorinstanz nach kantonalem Recht verpflichtet war, diese
Vorbringen zu berücksichtigen, wenn sich im Appellationsverfahren keine Partei
damit auseinandergesetzt hatte (vgl. E. 4.1 hiervor). Hinweise auf die
Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil oder auf die Vorbringen im
Appellationsverfahren fehlen. Damit genügen die Vorbringen der Beschwerdeführer
bereits in formeller Hinsicht den Begründungsanforderungen für eine Ergänzung
des Sachverhalts nicht.
4.4.3 Davon abgesehen sind auch die von den Beschwerdeführern in der
Beschwerdeschrift zitierten Passagen namentlich bezüglich der Art der
Schadensverursachung und des Umfangs der durch den Leitungsbruch entstandenen
Gefahr und Beeinträchtigung, soweit nicht mit dem Bauobjekt zusammenhängend,
nicht detailliert genug, um die Verwirklichung eines Straftatbestands
anzunehmen. Dass aufgrund der Vorbringen der Beschwerdeführer möglicherweise
ein Straftatbestand erfüllt sein könnte, genügt für die Anwendung der
strafrechtlichen Verjährung nicht.

5.
Gestützt auf den für das Bundesgericht massgebenden Sachverhalt ist nicht zu
beanstanden, dass die Vorinstanz die strafrechtliche Verjährungsfrist nicht zur
Anwendung brachte und die Verjährungseinrede schützte. Die Beschwerde ist
demnach abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend werden die Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden unter solidarischer Haftbarkeit den
Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 9'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Obergericht des Kantons Luzern, I.
Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Oktober 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak