Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.21/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_21/2009

Urteil vom 11. März 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Widmer.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Franz Mattmann,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Otto Enzmann.

Gegenstand
Kaufvertrag,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz,
vom 4. Dezember 2008.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG (Beschwerdeführerin) plante im Jahr 2004 den Bau mehrerer
Mehrfamilienhäuser auf ihren Grundstücken Nrn. 001, 002 und 003, alle Grundbuch
B.________. A.________ (Beschwerdegegner) und seine Ehefrau sind Eigentümer des
benachbarten Grundstücks Nr. 004, Grundbuch B.________. Sie erhoben am 1. Juli
2005 Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Gestaltungsplan und am 26. August
2005 Einsprache gegen das Baugesuch der Beschwerdeführerin. Am 2. September
2005 verkaufte die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner einen Streifen Land
von ca. 514 m2 ab Grundstück Nr. 003 zum Preis von Fr. 100.--/m2. Gleichzeitig
zogen der Beschwerdegegner und seine Ehefrau die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
sowie die Einsprache zurück. In der Folge wurden auf den Grundstücken Nrn. 001
und 002 die sieben Mehrfamilienhäuser gemäss Gestaltungsplan C.________ vom 23.
März 2005 erstellt.

B.
Mit Klage vom 11. Januar 2007 verlangte die Beschwerdeführerin die
Nichtigerklärung und Rückabwicklung des Kaufvertrags vom 2. September 2005. Sie
berief sich auf Übervorteilung im Sinne von Art. 21 OR, eventualiter auf
Sittenwidrigkeit des Vertrags im Sinne von Art. 20 OR. Mit Urteil vom 15.
Februar 2008 erklärte das Amtsgericht Luzern-Land den Vertrag vom 2. September
2005 für ungültig. Es ermächtigte die Beschwerdeführerin, den Grundbucheintrag
gegen Nachweis der Zahlung von Fr. 46'400.-- an den Beschwerdegegner beim
Grundbuchamt Luzern-Land löschen zu lassen. Den Antrag auf Bezahlung von
Schadenersatz wies es ab. Das Amtsgericht bejahte das Vorliegen einer
Übervorteilung.
Gegen dieses Urteil appellierte der Beschwerdegegner an das Obergericht des
Kantons Luzern und verlangte die Abweisung der Klage. Mit Urteil vom 4.
Dezember 2008 hiess das Obergericht die Appellation gut und wies die Klage ab.
Es erachtete zwar ein offenbares Missverhältnis zwischen den unter den Parteien
ausgetauschten Leistungen als gegeben, kam jedoch zum Schluss, es sei nicht
dargetan, dass die Beschwerdeführerin sich beim Abschluss des Kaufvertrags vom
2. September 2005 in einer Notlage im Sinne von Art. 21 OR befunden habe.

C.
Die Beschwerdeführerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des
Obergerichts vom 4. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage der
Beschwerdeführerin vom 11. Januar 2007 gutzuheissen. Eventualiter sei die Sache
an die Vorinstanz zurückzuweisen, um die Nichtigkeit des Vertrags wegen
Sittenwidrigkeit nach Art. 20 OR zu prüfen.
Der Beschwerdegegner beantragt die Bestätigung des angefochtenen Urteils und
die Abweisung der Klage. Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten sei.
Am 2. März 2009 ging eine vom 26. Februar 2009 datierte Replik der
Beschwerdeführerin ein. Die Vorinstanz nahm zu dieser mit Duplikeingabe vom 3.
März 2009 Stellung.

Erwägungen:

1.
Auf die Beschwerde kann grundsätzlich eingetreten werden, da sie unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG)
von der in ihren Anträgen unterliegenden Partei (Art. 76 Abs. 1 BGG)
eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz
(Art. 75 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in Zivilsachen (Art. 72 Abs.
1 BGG) in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit mit einem Streitwert von
über Fr. 30'000.- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) richtet.

2.
Die Feststellung des Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig"
bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2). Der Beschwerdeführer,
der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss
substantiiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss
Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer
Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein
Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht
berücksichtigt werden (vgl. BGE 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4).
Die Beschwerdeführerin stellt in ihrer Beschwerdeschrift den rechtlichen
Ausführungen einen eingehenden Sachverhaltsteil voran. Soweit sie darin oder in
ihren Ausführungen zum Recht vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt
abweicht oder diesen ergänzt, ohne hinlängliche Sachverhaltsrügen zu erheben,
kann darauf nicht abgestellt werden.

3.
Wird ein offenbares Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung
durch einen Vertrag begründet, dessen Abschluss von dem einen Teil durch
Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des andern
herbeigeführt worden ist, so kann der Verletzte innerhalb Jahresfrist erklären,
dass er den Vertrag nicht halte, und das schon Geleistete zurückverlangen (Art.
21 Abs. 1 OR). Übervorteilung im Sinne von Art. 21 OR setzt demnach objektiv
ein offenbares Missverhältnis zwischen den Austauschleistungen und subjektiv -
soweit hier von Interesse - eine Notlage der benachteiligten Vertragspartei auf
der einen und ihre Ausbeutung auf der anderen Seite voraus (BGE 123 III 292 E.
4). Dabei soll die Annahme einer Übervorteilung eine Ausnahme bleiben (Urteil
4C.254/2004 vom 3. November 2004 E. 3.3.2. in fine, SJ 2005 I 187).

3.1 Die Vorinstanz bejahte die Voraussetzung des offenbaren Missverhältnisses
zwischen den Leistungen der Parteien, hielt es jedoch für nicht dargetan, dass
die Beschwerdeführerin sich beim Abschluss des Kaufvertrags vom 2. September
2005 in einer Notlage befunden habe. Da eine Übervorteilung bereits aus diesem
Grund entfiel, prüfte sie nicht mehr, ob die dritte Voraussetzung der
Ausbeutung, d.h. des bewussten Ausnützens der Schwächesituation der
Gegenpartei, vorliege.

3.2 Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, willkürlich hohe
Anforderungen an die Voraussetzungen für eine Notlage gestellt zu haben. Sie
verkenne, dass eine Notlage bereits bei erheblichem Verzögerungsschaden gegeben
sein könne. Vorliegend sei der Verzögerungsschaden immens. Dabei gehe es vor
allem um die hohe monatliche Zinsbelastung von Fr. 21'000.-- aus den
bestehenden Darlehensverträgen.

3.3 Eine Notlage im Sinne von Art. 21 OR liegt vor, wenn sich eine Partei bei
Vertragsabschluss in starker Bedrängnis, in einer Zwangslage befindet. Die
romanischen Gesetzestexte sind insoweit aussagekräftiger als der deutsche, wenn
sie das Tatbestandselement mit "gêne" oder - am deutlichsten - mit "bisogni"
umschreiben. In Betracht fällt dabei nicht nur die wirtschaftliche Bedrängnis,
sie kann auch persönlicher, familiärer, politischer oder anderer
rechtserheblicher Natur sein. Entscheidend ist, dass ein Verhandlungspartner
den Abschluss des für ihn ungünstigen Vertrags gegenüber der Inkaufnahme
drohender Nachteile als das kleinere Übel betrachtet, sofern diese
Güterabwägung auch in objektiver Betrachtung (Art. 2 Abs. 1 ZGB) als vertretbar
erscheint. Auf eine solche Notlage kann sich ebenfalls eine juristische Person
berufen (BGE 123 III 292 E. 5 S. 301 mit Hinweisen).

3.4 Die Beschwerdeführerin beruft sich auf das Strafurteil des Bundesgerichts
6S.8/2006 vom 12. Juni 2006. Dort liess das Bundesgericht die Androhung einer
Bauverzögerung als "ernstlichen Nachteil" im Sinne des Erpressungstatbestandes
(Art. 156 StGB) genügen (Erwägung 6). Daraus kann aber nicht abgeleitet werden,
dass es auch zur Annahme einer Notlage im Sinne des privatrechtlichen
Übervorteilungstatbestandes nach Art. 21 OR ausreicht, dass eine Bauverzögerung
erfahrungsgemäss für den Bauherrn mit erheblichen Nachteilen verbunden ist.
Letztere Erfahrungstatsache liess das Bundesgericht auch im Rahmen eines
Rückforderungsanspruchs nach Art. 63 Abs. 2 OR nicht genügen, sondern verlangte
"unzumutbare Nachteile", die der Bauherr "nicht anders als durch Leistung
abwenden kann", bzw. "den Nachweis einer konkret vorliegenden Zwangslage wegen
drohender finanzieller Nachteile" (BGE 123 III 101 E. 3b/c S. 108 f.). Demnach
forderte die Vorinstanz zu Recht, dass die Beschwerdeführerin die Umstände
konkret darzulegen hatte, aufgrund derer auf eine eigentliche Notlage
geschlossen werden könnte. Dazu hätte die Beschwerdeführerin darlegen müssen,
dass sie sich wegen der drohenden Bauverzögerung infolge der hängigen
Rechtsmittel in so starker wirtschaftlicher Bedrängnis befunden hatte, dass ihr
der Abschluss des für sie ungünstigen Vertrags noch als das kleinere Übel
erschienen wäre. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat die
Beschwerdeführerin nun aber lediglich auf ihre hohe monatliche Zinsbelastung
hingewiesen, jedoch nicht ansatzweise dargetan, inwiefern diese Zinsbelastung
vor dem Hintergrund ihrer gesamten finanziellen Verhältnisse geeignet war, sie
in starke wirtschaftliche Bedrängnis zu bringen. Dass die Vorinstanz bei dieser
Sachlage nicht auf eine konkret vorliegende Notlage schloss, ist nicht zu
beanstanden.

3.5 Da es an der Voraussetzung der Notlage mangelt, hat die Vorinstanz eine
Übervorteilung im Sinne von Art. 21 OR zu Recht verneint.

4.
Die Vorinstanz prüfte nicht, ob der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit im Sinne von
Art. 20 Abs. 1 OR nichtig zu erklären ist. Die Beschwerdeführerin erblickt
darin einen "Verstoss gegen Verfahrensrecht", eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör sowie ein willkürliches Vorgehen der Vorinstanz.

4.1 Die Sittenwidrigkeit eines Vertrags ist eine Rechtsfrage. Ob sie vorliegt,
ist von Amtes wegen zu beachten (BGE 80 II 45 E. 2b; HUGUENIN, Basler
Kommentar, N. 37 zu Art. 19/20 OR). Die Partei, die sich auf Sittenwidrigkeit
des Vertrags beruft, muss freilich die tatsächlichen Grundlagen, aus denen sich
die Sittenwidrigkeit ergeben soll, prozessrechtskonform dartun.

4.2 Die Beschwerdeführerin hat sich in der Klage eventualiter auf
Sittenwidrigkeit des Vertrags vom 2. September 2005 berufen und dazu in der
Klagschrift gewisse Ausführungen gemacht. Das Amtsgericht brauchte sich mit
diesen Vorbringen nicht zu befassen, weil es den Vertrag bereits wegen
Übervorteilung für ungültig erklärte. Der Beschwerdegegner appellierte an die
Vorinstanz, womit die Sache in den streitigen Punkten vor zweiter Instanz
hängig war. Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer Appellationsantwort zur
Frage der Sittenwidrigkeit was folgt vor:
"Angesichts der vorinstanzlichen Begründung erübrigen sich Ausführungen zur
Sittenwidrigkeit des angefochtenen Vertrags nach Art. 20 OR. Betreffend die von
der Klägerin behauptete Sittenwidrigkeit wird auf die Ausführungen in der Klage
ab Ziff. 48 verwiesen."
Im angefochtenen Urteil findet sich keine Begründung dafür, weshalb die
Vorinstanz die Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrags nicht prüfte. In ihrer
Vernehmlassung an das Bundesgericht führt sie unter Hinweis auf LGVE 2003 I Nr.
46 aus, der pauschale Verweis der Beschwerdeführerin in der Appellationsantwort
auf ihre erstinstanzlichen Rechtsschriften sei im zweitinstanzlichen Verfahren
unbeachtlich. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Sittenwidrigkeit habe
deshalb nicht geprüft werden müssen. Diese Auffassung bekräftigt sie in ihrer
Duplikeingabe unter Hinweis auf einen weiteren Entscheid in LGVE 2007 I Nr. 36.
Diese Begründung überzeugt nicht. Im Entscheid LGVE 2003 I Nr. 46, auf den sich
die Vorinstanz stützt, wird dargelegt, dass eine Appellationsbegründung den
Anforderungen nicht genügt, wenn in der Appellationsschrift bloss die
erstinstanzlichen Rechtsschriften wiedergegeben werden. Nötig sei eine
Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Erwägungen und die Darlegung,
weshalb das angefochtene Urteil falsch sei. Selbst wenn diese auf die
Appellationsbegründung bezogenen Anforderungen auch für die Appellationsantwort
gelten sollten, stützen sie im vorliegenden Fall die Argumentation der
Vorinstanz nicht. Die erste Instanz hat sich gerade nicht mit der behaupteten
Sittenwidrigkeit im konkreten Fall befasst, weshalb sich die Beschwerdeführerin
in ihrer Appellationsantwort auch nicht mit diesbezüglichen Erwägungen der
Erstinstanz hätte auseinander setzen können. Insofern ist ihre Bemerkung,
angesichts der vorinstanzlichen Begründung erübrigten sich Ausführungen zur
Sittenwidrigkeit des angefochtenen Vertrags nach Art. 20 OR, verständlich. Die
Beschwerdeführerin hielt jedoch an der behaupteten Sittenwidrigkeit fest, indem
sie auf ihre Ausführungen in der Klagschrift unter Ziffer 48 ff. verwies. Diese
Ausführungen hat die erste Instanz, wie gesagt, nicht behandelt. Dass unter
solchen Umständen der Verweis auf die Ausführungen in der Klagschrift
unbeachtlich sein soll, ist durch den angegebenen LGVE nicht abgedeckt.
In LGVE 2007 I Nr. 36 wird zwar bezüglich des Rekurses nach luzernischem Recht
ausgeführt, die Überprüfung des angefochtenen Entscheids erfolge aufgrund der
in der Rekursschrift und der Rekursantwort enthaltenen Ausführungen der
Parteien. Der blosse Verweis auf erstinstanzliche Rechtsschriften genüge daher
nicht. Diese Begründungsanforderungen beziehen sich indessen klarerweise nur
auf den Fall, dass sich die Erstinstanz mit einem Standpunkt überhaupt
auseinandergesetzt hat und es darum geht, aufzuzeigen, inwiefern sie dabei
falsch entschieden haben soll. Diese Konstellation liegt hier nicht vor. Bei
der vorliegend gegebenen Sachlage einen präzisen Verweis auf bestimmte, noch
nicht beurteilte Ausführungen vor der Erstinstanz zu diesem Standpunkt
unberücksichtigt zu lassen, bedeutet einen überspitzten Formalismus, der gegen
Art. 29 Abs. 1 BV verstösst (vgl. dazu BGE 132 I 249 E. 5 S. 253; 128 II 139 E.
2a; 127 I 31 E. 2a/bb S. 34, je mit Hinweisen).

4.3 Die Beschwerdeführerin beanstandet daher zu Recht, dass die Vorinstanz die
behauptete Sittenwidrigkeit des Vertrags nicht geprüft hat. Auf die von ihr
eventualiter beantragte Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Prüfung der
Nichtigkeit des Vertrags wegen Sittenwidrigkeit nach Art. 20 OR kann verzichtet
werden, da das Bundesgericht die Frage selbst frei prüfen kann, und die
Beschwerdeführerin nicht geltend macht, sie habe im kantonalen Verfahren
diesbezüglich zu berücksichtigende Tatsachen vorgebacht, die von der Vorinstanz
nicht festgestellt worden seien.

5.
Die Beschwerdeführerin begründet die behauptete Sittenwidrigkeit des Vertrags
vom 2. September 2005 einerseits mit dem Vorliegen einer verpönten
Kommerzialisierung des Rechtsmittelverzichts, anderseits mit der Wertdisparität
der ausgetauschten Leistungen.

5.1 Nicht jeder entgeltliche Verzicht auf ein Rechtsmittel ist sittenwidrig.
Eine verpönte Kommerzialisierung ist vielmehr erst dann gegeben, wenn mit der
entgeltlichen Verzichtsvereinbarung allein der drohende Verzögerungsschaden des
Bauherrn vermindert werden soll. Soweit sich der wirtschaftliche Wert des
Verzichts bloss aus dem möglichen Schaden wegen der Verlängerung des
Bewilligungsverfahrens, nicht aber aus schutzwürdigen Interessen des Nachbarn
ergibt, ist die Kommerzialisierung des Verzichts sittenwidrig (BGE 123 III 101
E. 2c S. 105 f.). Die Verabredung einer Vergütung für den Rückzug eines nicht
aussichtslosen Baurekurses ist nicht sittenwidrig (BGE 115 II 232 E. 4b; Urteil
4A_37/2008 vom 12. Juni 2008 E. 3).
Nach den Feststellungen der Vorinstanz (mit Verweis auf die Feststellungen der
Erstinstanz) zeitigte die Überbauung durchaus Einwirkungen auf das Grundstück
des Beschwerdegegners. So sei die vormals freie Sicht gegen Süden unterbrochen,
was aber vorab und hauptsächlich an der Überbauung an sich liege. Den
massgebenden und vom Beschwerdegegner in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
vorgebrachten Beanstandungen, dass statt 3-geschossige Bauten solche mit vier
Vollgeschossen und ein Ausnützungszifferbonus von 15 % bewilligt worden seien,
komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Die dadurch verursachte
Beeinträchtigung sei nicht übermässig.
Daraus ist nicht zu schliessen und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht
behauptet, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei aussichtslos gewesen. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde war mithin durchaus geeignet, schutzwürdige
Interessen des Beschwerdegegners zu wahren, auch wenn die durch die bewilligten
Massnahmen (vier statt drei Vollgeschosse sowie Ausnützungszifferbonus von 15
%) bedingte Beeinträchtigung des Grundstücks des Beschwerdegegners nicht als
übermässig bezeichnet werden kann. Sittenwidrigkeit wegen verpönter
Kommerzialisierung des Rechtsmittelverzichts liegt daher nicht vor.

5.2 Soweit die Beschwerdeführerin die Sittenwidrigkeit mit dem erheblichen
Missverhältnis zwischen den ausgetauschten Leistungen begründet, geht ihre
Berufung auf Art. 20 OR von vornherein fehl. Die Wertdisparität von Leistung
und Gegenleistung bedeutet für sich allein keine Sittenwidrigkeit. Der
Problemkreis der Wertdisparität der Vertragsleistungen wird vielmehr
abschliessend vom Übervorteilungstatbestand des Art. 21 OR erfasst (BGE 115 II
232 E. 4c).

5.3 Demnach ist der Vertrag vom 2. September 2005 nicht wegen Sittenwidrigkeit
im Sinne von Art. 20 OR nichtig zu erklären. Die Vorinstanz hat die Klage der
Beschwerdeführerin zu Recht abgewiesen.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird die
Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art.
68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 7'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I.
Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. März 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Widmer