Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.143/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_143/2009

Urteil vom 2. Juni 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Leemann.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

Handelsregisteramt des Kantons Zug,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Massnahmen gemäss Art. 731b OR,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
des Kantons Zug, Justizkommission,
vom 18. Dezember 2008.

In Erwägung,
dass der Einzelrichter beim Kantonsgericht Zug mit Verfügung vom 2. Oktober
2008 auf entsprechendes Begehren des Handelsregisteramts Zug die X.________ AG
(Beschwerdeführerin) auflöste und ihre Liquidation nach den Vorschriften über
den Konkurs anordnete, nachdem die Gesellschaft weder über Organe noch ein
Domizil verfügte und eine Behebung dieser Organisationsmängel ausblieb;
dass der Entscheid des Einzelrichters vom 2. Oktober 2008 der Gesellschaft
mittels Publikation im Amtsblatt des Kantons Zug vom 10. Oktober 2008 eröffnet
wurde;
dass A.________ die Verfügung des Einzelrichters vom 2. Oktober 2008 im Namen
der Beschwerdeführerin beim Obergericht des Kantons Zug anfocht;
dass die Beschwerde an das Obergericht vom 18. Oktober 2008 datierte, aber
gemäss dem Poststempelaufdruck auf dem Zustellcouvert erst am 20. Oktober 2008,
21.00 Uhr, der Deutschen Post zur Beförderung übergeben wurde;
dass das Obergericht des Kantons Zug mit Beschluss vom 18. Dezember 2008
mangels Einhaltung der Beschwerdefrist auf die Beschwerde nicht eintrat;
dass das Obergericht erwog, dass die zehntägige Beschwerdefrist von § 210 Abs.
1 ZPO/ZG (BGS 222.1) gemäss § 92 Abs. 3 GOG/ZG (BGS 161.1) als eingehalten
gilt, wenn die schriftliche Eingabe bis 24.00 Uhr des letzten Tages, d.h.
vorliegend am 20. Oktober 2008, der schweizerischen Post oder dem Telegrafenamt
übergeben worden ist;
dass das Obergericht feststellte, es liege kein Beweis vor, dass die Sendung
noch am selben Tag, dem 20. Oktober 2008, von der schweizerischen Post zur
Weiterbeförderung übernommen worden sei;
dass A.________ dem Bundesgericht mit Eingabe vom 24. Februar 2009 erklärte,
den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zug vom 18. Dezember 2008 mit
Beschwerde anfechten zu wollen;
dass im vorliegenden Beschwerdeverfahren wie im vorinstanzlichen Verfahren
davon ausgegangen wird, dass A.________ das Rechtsmittel im Namen der
Beschwerdeführerin erhoben hat;
dass in den Rechtsmitteln an das Bundesgericht unter Bezugnahme auf die
Erwägungen des kantonalen Entscheids dargelegt werden muss, welche Rechte der
beschwerdeführenden Partei durch das kantonale Gericht verletzt worden sind
(Art. 42 Abs. 2 BGG), wobei eine allfällige Verletzung der bundesrechtlichen
Grundrechte oder kantonaler verfassungsmässiger Rechte vom Bundesgericht nicht
von Amtes wegen geprüft wird, sondern nur dann, wenn entsprechende Rügen in der
Beschwerdeschrift ausdrücklich erhoben und begründet werden (Art. 106 Abs. 2
BGG);
dass die Beschwerdeführerin geltend macht, nach deutschem Recht sowie EU-Recht
reiche es aus, wenn ein Rechtsmittel per Telefax fristgerecht beim Gericht
eingehe, womit kein Beschwerdegrund nach Art. 95 ff. BGG dargetan ist;
dass sich der Einwand des Vertreters der Beschwerdeführerin, er habe nicht von
der "speziellen schweizerischen Abweichung" ausgehen können, als offensichtlich
unbeachtlich erweist, da sich die Rechtsmittelfristen in einem Zivilprozess vor
den Gerichten des Kantons Zug nach dem Verfahrensrecht dieses Kantons richten;
dass das Vorbringen, die ausnahmsweise Möglichkeit der Zustellung eines
Entscheids per Telefax gemäss Ziffer 3 der vorinstanzlichen Erwägungen (recte:
Erwägung 2) lasse im Umkehrschluss auch die Einreichung von Rechtsmitteln per
Telefax zu, die Anwendung von kantonalem Verfahrensrecht beschlägt, die im
bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht überprüft werden kann (vgl. Art.
95 f. BGG), und die Beschwerdeführerin auch nicht darlegt, die Vorinstanz habe
das kantonale Zivilprozessrecht in verfassungswidriger Weise ausgelegt oder
angewendet;
dass die Beschwerdeführerin vorbringt, es sei bei Zweifeln an der
fristgerechten Beförderung zu Gunsten der Gesellschaft "von der
Unschuldsvermutung" auszugehen, jedoch nicht auf die Erwägung der Vorinstanz
eingeht, wonach es sich die Beschwerdeführerin selbst zuzuschreiben habe, wenn
sie zum Nachweis der Fristwahrung nicht in der Lage sei, weil sie die
Beschwerde als gewöhnliche Briefpostsendung verschickt habe, und die Folgen der
Beweislosigkeit nach der allgemeinen Regel von Art. 8 ZGB zu Lasten der
Beschwerdeführerin gingen;
dass im Übrigen für die Fristwahrung im Verfahrensrecht der Grundsatz gilt,
dass derjenige die Beweislast für die fristgerechte Ausübung trägt, d.h. für
den Zeitpunkt des Fristbeginns sowie für den der Rechtsausübung, der das
fristgebundene Recht ausübt (BGE 92 I 253 E. 3 S. 257), und die
Beschwerdeführerin nicht dartut, inwiefern nach dem einschlägigen Prozessrecht
eine von diesem Grundsatz abweichende Regelung gelten soll, welche die
Vorinstanz willkürlich ausser Acht gelassen hätte;
dass auch die "eidesstattliche Versicherung" des Vertreters der
Beschwerdeführerin, er habe die Beschwerde am 19. Oktober 2008 zwischen 14 und
15 Uhr in den Briefkasten der Deutschen Bundespost eingeworfen, den Nachweis
der rechtzeitigen Übergabe an die schweizerische Post nicht zu erbringen
vermag;
dass aus diesen Gründen die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a
BGG abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann;
dass mit dem Entscheid in der Sache das Gesuch um Anordnung vorsorglicher
Massnahmen gegenstandslos wird;
dass dem Ausgang des Verfahrens entsprechend die Kosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG);

erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Justizkommission, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juni 2009
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Leemann