Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.128/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_128/2009

Urteil vom 1. Juli 2009
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Gregor Marcolli,

gegen

Y.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Fürsprecher Michael Bader und Fürsprecherin Esther Scheitlin.

Gegenstand
Negative Feststellungsklage,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, vom 4. Februar 2009.

Sachverhalt:

A.
Am 19. Dezember 2006 leitete die X.________ AG (Beschwerdeführerin) gegen die
Y.________ AG (Beschwerdegegnerin) Betreibung ein für einen Betrag von Fr.
999'000.00 nebst Zins und Betreibungskosten in der Betreibung Nr. 20672363 des
Betreibungsamtes Bern-Mittelland. Als Forderungsgrund wurde angegeben:
"Schadenersatz; Genugtuung; Dient zur Unterbrechung der Verjährungsfrist". Die
Beschwerdegegnerin erhob Rechtsvorschlag und am 26. bzw. 30. Januar 2007 Klage
gegen die Beschwerdeführerin mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass die in
Betreibung gesetzte Forderung nicht bestehe und das Betreibungsamt
Bern-Mittelland sei anzuweisen, die erwähnte Betreibung aus dem Register zu
löschen. Die Beschwerdeführerin erhob die Prozesseinrede des mangelnden
Rechtsschutzinteresses, welche das Richteramt Solothurn-Lebern in einem
formellen Urteil am 20. Februar 2008 kostenfällig abwies und anordnete, dass
sich die Beklagte auf die negative Feststellungsklage vom 30. Januar 2007
einzulassen und innert 30 Tagen nach Rechtskraft des die Prozesseinrede
abweisenden Entscheides eine einlässliche Klageantwort einzureichen habe. Auf
Appellation der Beschwerdeführerin entschied das Obergericht des Kantons
Solothurn am 4. Februar 2009 gleich wie die erste Instanz.

B.
Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in
Zivilsachen, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und auf die Klage nicht
einzutreten. Die Beschwerdegegnerin schliesst im Wesentlichen auf Abweisung der
Beschwerde. Denselben Antrag stellt das Obergericht unter Hinweis auf seine
Urteilsbegründung. Mit Verfügung vom 20. April 2009 wurde der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung erteilt.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 134 III 235 E. 1; 133 III 629 E. 2 S. 630).

1.1 Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig gegen Endentscheide, mithin
solche, die das Verfahren abschliessen (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.1 S.
428), sei es insgesamt (Art. 90 BGG), sei es hinsichtlich eines Teils der
gestellten, unabhängig von den anderen beurteilbaren Begehren oder für einen
Teil der Streitgenossen (Art. 91 BGG). Gegen selbständig eröffnete Vor- und
Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen,
ist die Beschwerde nur zulässig, wenn eine der folgenden alternativen
Voraussetzungen erfüllt ist: Erstens, wenn der Zwischenentscheid einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG).
Zweitens, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid
herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die
selbständige Anfechtbarkeit von Vor- und Zwischenentscheiden bildet aus
prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das
Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 134 III 188
E. 2.2 S. 191; 133 III 629 E. 2.1 S. 631). Die Ausnahme ist restriktiv zu
handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen
Vor- bzw. Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht selbständig
anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich
auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). Dementsprechend obliegt es dem
Beschwerdeführer darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG
erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt
(vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 429 in fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und
2.4.2).

1.2 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, da im angefochtenen Urteil über
die zugesprochenen Verfahrenskosten endgültig entschieden werde, handle es sich
dabei um einen Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz im Sinne von Art.
90 und Art. 75 BGG. Für den Fall, dass angenommen werden sollte, es liege kein
Endentscheid vor, sind nach Ansicht der Beschwerdeführerin mindestens die
Voraussetzungen gemäss Art. 91 lit. a BGG erfüllt, so dass ein
beschwerdefähiger Teilentscheid gegeben sei.

1.3 Mit dem angefochtenen Urteil vom 4. Februar 2009 bejahte die Vorinstanz das
Rechtsschutzinteresse der Beschwerdegegnerin an der Klage und ordnete
sinngemäss die Fortsetzung des Verfahrens an. Dieser Entscheid schliesst das
Verfahren nicht ab und stellt daher keinen Endentscheid im Sinne von Art. 90
BGG dar. Auch ein Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG liegt nicht
vor, da die behandelten Begehren nicht unabhängig von den anderen beurteilt
werden können. Mit dem Entscheid über die Tragung der Gerichts- und
Parteikosten werden die Nebenfolgen in Abhängigkeit vom Sachurteil geregelt
(vgl. Art. 51 Abs. 3 BGG). Ein das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdegegnerin
verneinendes Urteil des Bundesgerichts würde demnach notwendigerweise bewirken,
dass auch der im angefochtenen Zwischenentscheid gefällte Entscheid über die
Kosten- und Entschädigungsfolgen aufgehoben würde. Nimmt das kantonale
Verfahren seinen Fortgang und kommt es in der Sache kantonal letztinstanzlich
zu einem abweisenden Urteil, wobei die Regelung der Kostenfolgen gemäss dem
angefochtenen Entscheid bestehen bleibt, ist die Beschwerdeführerin
entsprechend der Rechtsprechung zum alten Recht berechtigt, die Regelung der
Kosten- und Entschädigungsfolgen im Rückweisungsurteil als Zwischenentscheid
noch nach Ergehen des Endentscheids anzufechten, auch wenn sich die Nebenfolgen
des Zwischenentscheides im Grunde nicht auf den Inhalt des Endentscheides
auswirken, was nach dem Wortlaut von Art. 93 Abs. 3 BGG an sich erforderlich
wäre (vgl. BGE 135 III 329 E. 1.2 S. 331 ff. mit Hinweisen). Trotz der
Ausstattung mit Kostenfolgen bleibt es somit dabei, dass die Vorinstanz mit dem
Urteil über das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdegegnerin erst eine
Eintretensvoraussetzung geprüft und mit deren Bejahung den Weg für die
Fortsetzung des Verfahrens geebnet hat. Am Vorliegen eines Zwischenentscheides
kann daher kein Zweifel bestehen.

1.4 Über die Frage, inwiefern bei Gutheissung der Beschwerde ein bedeutender
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitschweifiges Beweisverfahren erspart
würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG), verliert die Beschwerdeführerin kein Wort,
und dass ihr durch den angefochtenen Entscheid ein nicht wieder gutzumachender
Nachteil entstehen könnte (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), ist mit Blick auf die
spätere Anfechtbarkeit des Endentscheides wie auch des blossen vorinstanzlichen
Kostenentscheides (E. 1.3 hiervor) auszuschliessen. Damit sind die
Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheides nicht gegeben,
weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.

2.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig. Angesichts
des geringen Aufwands erscheint es gerechtfertigt, die Gerichtskosten zu
reduzieren.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 8'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Juli 2009

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Klett Luczak