Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 2D.10/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2D_10/2009

Urteil vom 3. Februar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Beat Luginbühl,

gegen

Fremdenpolizei der Stadt Biel, Neuengasse 28, 2502 Biel/Bienne,
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern.

Gegenstand
Kantonswechsel,

Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrats des Kantons Bern
vom 10. Dezember 2008.

Erwägungen:

1.
X.________, geboren 1974, Staatsangehörige von Kamerun, heiratete am 30. April
1997 einen Schweizer Bürger. Einem Gesuch um Erteilung der
Aufenthaltsbewilligung entsprachen die Aargauer Behörden wegen nicht gelebter
Ehe nicht; die Ehe wurde bereits am 9. Juni 1998 geschieden. Am 11. November
1998 gebar X.________ einen Sohn, dessen Vater, einen Schweizer Bürger, sie am
29. Januar 1999 heiratete. In der Folge erhielt sie - gestützt auf diese neue
Ehe - vorerst eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton Freiburg, nach dem Umzug
der Familie nach Biel eine solche für den Kanton Bern, letztmals verlängert bis
zum 23. Januar 2003.

Vom 24. April 2002 bis zum 16. September 2003 befand sich X.________ in
Untersuchungshaft bzw. im (vorzeitigen) Strafvollzug. Nachdem der Ehemann mit
dem gemeinsamen Sohn in den Kanton Aargau gezogen war, erhielt sie dort eine -
bis zum 30. Juni 2004 gültige - Aufenthaltsbewilligung. Am 4. März 2004 wurden
die Ehegatten gerichtlich getrennt, wobei der Sohn unter die Obhut des Vaters
gestellt wurde. Mit Verfügung vom 9. November 2004 wies die Fremdenpolizei der
Stadt Biel ein Gesuch von X.________ um Bewilligung des Kantonswechsels ab,
unter gleichzeitiger Anordnung der Wegweisung aus dem Kanton Bern. Das bei der
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern anhängig gemachte
Beschwerdeverfahren wurde am 3. August 2005 sistiert bis zum Vorliegen eines
rechtskräftigen Entscheids über die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung im
Kanton Aargau; dessen Migrationsamt drohte X.________, die am 22. Dezember 2004
einen zweiten - ausserehelichen - Sohn geboren hatte, am 16. Juli 2007 die
Ausweisung an. Am 29. Januar 2008 wies die Polizei- und Militärdirektion des
Kantons Bern die Beschwerde ab. Am 10. Dezember 2008 sodann wies der
Regierungsrat des Kantons Bern die gegen den Beschwerdeentscheid der Direktion
erhobene Beschwerde ab, unter Ansetzung einer neuen Ausreisefrist.

Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 27. Januar 2009 beantragt X.________
dem Bundesgericht, der Entscheid des Regierungsrats sei aufzuheben und es sei
ihr der beantragte Kantonswechsel zu bewilligen.

Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem
vorliegenden Urteil gegenstandslos.

2.
2.1 Der Entscheid des Regierungsrats wird mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde
angefochten. Die Verfassungsbeschwerde steht nur offen, wenn die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig ist (Art. 113 BGG). Diese ist
unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend
Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen
Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin geht
davon aus, dass ihr kein Bewilligungsanspruch zusteht und sie nicht Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben kann. Trifft dies zu, so
fehlt ihr weitgehend die Legitimation, die Verweigerung der Zustimmung zum
Kantonswechsel, d.h. die Ablehnung des Gesuchs um Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung im Kanton Bern, in materieller Hinsicht mit
Verfassungsbeschwerde anzufechten, hat sie doch diesfalls kein rechtlich
geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen
Entscheids (Art. 115 lit. b BGG; dazu insbesondere BGE 133 I 185). Allerdings
rügt sie, durch die Verweigerung der Bewilligung würden Art. 13 Abs. 1 BV, Art.
10 Abs. 2 BV sowie Art. 8 EMRK verletzt; es handelt sich dabei um Normen, die
(anders als das Willkürverbot) als solche an sich geeignet sind, ein rechtlich
geschütztes Interesse im Sinne von Art. 115 lit. b BGG zu begründen. Werden sie
im Zusammenhang mit einem ausländerrechtlichen Bewilligungsverfahren angerufen
und ist ihr Schutzbereich tangiert, so laufen die entsprechenden Rügen auf die
Geltendmachung eines Anspruchs auf Erteilung der streitigen Bewilligung hinaus.
Diesfalls aber wäre die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
grundsätzlich zulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario), und die
entsprechenden Rügen wären im Rahmen dieses Rechtsmittels - weitgehend bereits
im Rahmen der Eintretensfrage - zu prüfen. Sollte diese Prüfung ergeben, dass
ein Rechtsanspruch besteht, wäre das ordentliche Rechtsmittel grundsätzlich
gegeben und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde von vornherein ausgeschlossen
(vgl. Art. 113 BGG), unabhängig vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zum
Eintreten auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Würde
hingegen ein Rechtsanspruch verneint, bedeutete dies, dass die als verletzt
gerügten Verfassungs- bzw. Konventionsrechte im Zusammenhang mit der
Verweigerung einer ausländerrechtlichen Bewilligung nicht - in die Legitimation
zur Verfassungsbeschwerde begründender Weise - angerufen werden können (vgl.
BGE 133 I 185 E. 6.2 S. 199 f.).
Will sich die Beschwerdeführerin vorliegend in für die ausländerrechtliche
Bewilligungsfrage relevanter Weise auf Art. 13 und 10 BV bzw. auf Art. 8 EMRK
berufen, müsste sie dies mithin im Rahmen einer Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten tun. Hierzu fehlt es aber an einem
anfechtbaren Entscheid: Gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG ist die Beschwerde nur
zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, wobei es sich um
Gerichte handeln muss (Art. 86 Abs. 2 BGG); der Regierungsrat, an welchen die
Beschwerdeführerin als letzte kantonale Instanz gelangt ist, ist kein Gericht.
Die Übergangsregelung von Art. 130 Abs. 3 BGG (Zweijahresfrist für den Erlass
der Ausführungsbestimmungen zu Art. 86 Abs. 2 BGG) greift vorliegend nicht.
Nach der kantonalbernischen Rechtsordnung waren nämlich schon bisher
Beschwerdeentscheide der Polizei- und Militärdirektion über die Verweigerung
von ausländerrechtlichen Bewilligungen, auf deren Erteilung ein Rechtsanspruch
besteht, mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht anzufechten (Art. 77 Abs. 1
lit. g des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege [VRPG]).
Nur im Zusammenhang mit Bewilligungen ohne Rechtsanspruch ist Beschwerde beim
Regierungsrat zu erheben (vgl. Art. 64 lit. a VRPG). Die Frage, ob sich
vorliegend aus den angerufenen Grundrechtsnormen im Bewilligungsverfahren
Rechtsansprüche ableiten lassen und insofern rechtlich geschützte Interessen
bestehen, wäre somit zwingend dem Verwaltungsgericht zu unterbreiten gewesen,
bevor ans Bundesgericht gelangt wurde (vgl. dazu BGE 127 II 161 E. 2 S. 165 f.
zu Art. 98a bzw. Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG).

2.2 Mit dem vorliegend einzigen in Betracht fallenden bundesrechtlichen
Rechtsmittel, mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde, kann nur die
Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Nach dem
Gesagten entfällt im vorliegenden Kontext - bereits aus verfahrensrechtlichen
Gründen - die Möglichkeit, die Verletzung der angerufenen Grundrechte geltend
zu machen.

Auf die offensichtlich unzulässige Beschwerde (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG) ist
im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 108 BGG nicht einzutreten.

2.3 Da die Beschwerde von vornherein aussichtslos erschien, ist das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen (Art. 64 BGG).
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Fremdenpolizei der Stadt Biel
sowie der Polizei- und Militärdirektion und dem Regierungsrat des Kantons Bern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Februar 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Feller