Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Revision 1F.9/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1F_9/2009

Urteil vom 20. April 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb,
Gerichtsschreiberin Scherrer.

Parteien
X.________, Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Bosshard,

gegen

Y.________,
Z.________ AG,
Gesuchsgegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Bauer,
Politische Gemeinde St. Gallen, vertreten durch
den Stadtrat, Rathaus, 9001 St. Gallen,
Baudepartement des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 54, 9001 St.
Gallen,
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen.

Gegenstand
Revisionsgesuch gegen das bundesgerichtliche Urteil vom 13. April 2007 1P.708/
2006 und 1P.710/2006.

Sachverhalt:

A.
Am 30. Juli 2001 reichte der Architekt X.________ bei der Baupolizei St. Gallen
ein Baugesuch für ein Einfamilienhaus auf dem Grundstück Nr. C3356 ein. Dagegen
erhob der Nachbar und Eigentümer der Parzelle Nr. C3511, Y.________,
Einsprache, weil aufgrund des massgebenden Überbauungsplans eine Überbauung von
Grundstück Nr. C3356 unzulässig sei.
Nach verschiedenen Besprechungen zwischen den Parteien und Behörden zog
Y.________ seine Einsprache am 17. Juni 2002 zurück.

B.
In der Folge bewilligte die Baupolizeikommission der Stadt St. Gallen mit
Beschluss vom 1. Juli 2002 das Baugesuch unter Bedingungen und Auflagen. Im
Bewilligungsentscheid wurde unter anderem festgehalten, der Überbauungsplan
schliesse grundsätzlich eine weitere Überbauung der Parzelle aus, weshalb das
Vorhaben baurechtswidrig sei. Es sei eigentlich angezeigt, den Plan aufzuheben.
Weil der Perimeter aber viele Parzellen umfasse und der Ausgang eines
Aufhebungsverfahrens ungewiss sei, komme die Baupolizeikommission zum Schluss,
die im öffentlichen Interesse liegende Verdichtung bzw. bauliche Ausnützung
eines eingezonten Grundstückes sei über eine Ausnahmebewilligung zu
ermöglichen. Da der Überbauungsplan keine Vorschriften über die Bauweise
enthalte, würden ergänzend die Regelbauvorschriften für die Wohnzone 3a gelten.
In dieser Zone seien dreigeschossige Bauten mit einer maximalen Gebäudehöhe von
11 m zugelassen. Die Aufnahmen des Vermessungsamtes zeigten, dass mit dem
Projekt die maximal zulässige Gebäudehöhe von 11 m ab Niveaupunkt exakt
eingehalten werde.

C.
Am 7. Juli 2003 reichte der Architekt X.________ ein Korrekturgesuch ein.
Dieses sah den Einbau eines Lifts mit einer entsprechenden Dachaufbaute sowie
zwei gedeckte Parkplätze und eine Grundrissänderung vor. Die Baupolizeibehörde
bewilligte den Lifteinbau und die Erweiterung des Autounterstands am 7. August
2003. Am 4. September 2003 ging das Eigentum an der Parzelle Nr. C3356 auf die
Ehegatten A.________ über.
Am 23. August bzw. 4. September 2003 schlossen die Eigentümer der
Liegenschaften Zwinglistrasse 45 und 49 einen Dienstbarkeitsvertrag ab.
Zugunsten der Parzelle Nr. C3511 von Y.________ und zulasten des Baugrundstücks
Nr. C3356 wurde eine Baubeschränkung vereinbart und im Grundbuch eingetragen.
Danach ist auf dem Grundstück Nr. C3356 eine maximale Bauhöhe (Dachrand) von
735.5 m ü.M., eine maximale Baubreite von 7.8 m und eine maximale Baulänge von
11.5 m erlaubt.
Die im Rahmen eines weiteren Korrekturgesuchs eingereichten Begehren um
Änderung der Umgebung, Fällung eines Baumes und Erstellung eines zusätzlichen
Sitzplatzes bewilligte die Baupolizeibehörde am 16. Januar 2004.

D.
Anlässlich einer Rohbaukontrolle vom 6. Dezember 2004 stellte die
Baupolizeibehörde fest, dass die Konstruktion der Decke über dem zweiten
Obergeschoss respektive das Flachdach um ca. 30 cm erhöht worden war. Eine
Kontrolle des Ausführungsplans ergab, dass der Dachrand neu auf einer Kote von
735.77 m ü.M. lag, womit die zulässige Gebäudehöhe ohne Bewilligung ca. 30 cm
überschritten war. Bei der Rohbaukontrolle war das Dach mit Dachpappe abgedeckt
und auf diese Weise vor eindringendem Wasser geschützt. Der Innenraum war im
Rohbau fertig erstellt. Hierauf stellte die Baupolizei die Bauarbeiten mit
Verfügung vom 10. Dezember 2004 ein. Sie hielt u.a. fest, die Fortsetzung der
Bauarbeiten an und im Bereich der Decke über dem zweiten Obergeschoss sei in
Bestätigung der bereits mündlich ausgesprochenen Baueinstellung vom 9. Dezember
2004 ausdrücklich untersagt. Bis spätestens 24. Dezember 2004 sei der
Baupolizei ein Korrekturgesuch einzureichen. Die Baueinstellung gelte bis zum
Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung.

E.
Am 20. Dezember 2004 reichten X.________ und die Grundstückseigentümer ein
Korrekturgesuch für die bereits ausgeführte Erhöhung des Gebäudes um 36 cm ein.
Dagegen erhoben zwei Nachbarn Einsprache. Die Baupolizeikommission entschied am
21. Januar 2005, es lägen keine Gründe vor, welche die Erteilung einer
Ausnahmebewilligung rechtfertigen würden. Die Wiederherstellung des
rechtmässigen Zustands sei allerdings unverhältnismässig. Dagegen gelangten
beide Einsprecher sowie der Architekt mit Rekurs ans Baudepartement des Kantons
St. Gallen. Das Baudepartement wies sämtliche Rekurse mit Entscheid vom 13.
Februar 2006 ab, soweit diese nicht gegenstandslos geworden waren.

F.
Die Parteien erhoben hierauf Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons St.
Gallen. Letzteres hiess die Beschwerde der Nachbarn mit Urteil vom 14.
September 2006 gut, wohingegen es diejenige von X.________ abwies. Die
Ehegatten A.________ als Grundstückseigentümer wies es an, die Höhe des
Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. C3356 auf das in der Baubewilligung vom 1.
Juli 2002 festgelegte Mass zu reduzieren.
Das Bundesgericht schützte dieses Urteil mit Entscheid vom 13. April 2007
(Verfahren 1P.708/2006 und 1P.710/2006).

G.
Mit Eingabe vom 7. April 2009 erhebt der Architekt X.________ Revision gegen
das bundesgerichtliche Urteil vom 13. April 2007. Zugleich ersucht er um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft die Begründetheit des Revisionsgesuchs nach den
einschlägigen Art. 121 ff. des BGG, obwohl der Entscheid, dessen Revision
beantragt wird, noch gestützt auf das Bundesrechtspflegegesetz vom 16. Dezember
1943 (OG) ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 134 III 45 E. 1 S. 47; nicht
publ. E. 1 des Urteils BGE 133 IV 142).

2.
2.1 Das formgerecht eingereichte (Art. 42 BGG) Revisionsgesuch stützt sich auf
den Revisionsgrund gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG. Danach kann die Revision
eines Entscheids des Bundesgerichts in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen
erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren
Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und
Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind.
Fraglich ist, ob die Frist gemäss Art. 124 Abs. 1 lit. d BGG eingehalten wurde:
Der Gesuchsteller stellt zur Fristberechnung auf seine Kenntnis der
voraussichtlichen Wiederherstellungskosten ab und damit auf eine
Kostengrobschätzung vom 20. Februar 2009. Diese Zahlen hätten aber bereits
früher erhoben werden können, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen werden.
Die Frage kann aber mit Blick auf das Ergebnis offen gelassen werden.

2.2 Nach der zum analogen Art. 137 lit. b OG ergangenen, gemäss BGE 134 III 45
E. 2.1 S. 47 weiterhin gültigen Rechtsprechung sind "neue" Tatsachen solche,
die sich bis zum Zeitpunkt, da im Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen
prozessual zulässig waren, verwirklicht haben, jedoch dem
Revisionsgesuchsteller trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren. Die
neuen Tatsachen müssen ferner erheblich sein, d.h. sie müssen geeignet sein,
die tatbeständliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern und bei
zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer andern Entscheidung zu führen. Neue
Beweismittel haben entweder dem Beweis der die Revision begründenden neuen
erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar im
früheren Verfahren bekannt gewesen, aber zum Nachteil des Gesuchstellers
unbewiesen geblieben sind. Erheblich ist ein Beweismittel, wenn anzunehmen ist,
es hätte zu einem anderen Urteil geführt, falls das Gericht im Hauptverfahren
davon Kenntnis gehabt hätte. Ausschlaggebend ist, dass das Beweismittel nicht
bloss der Sachverhaltswürdigung, sondern der Sachverhaltsermittlung dient (BGE
110 V 138 E. 2 S. 141; 108 V 170 E. 1 S. 171; ferner nicht publ. E. 4.1 des
Urteils 134 III 286).

2.3 Der Gesuchsteller führt aus, die gesamten Rückbaukosten würden aufgrund von
Schätzungen durch Experten nun auf rund Fr. 480'000.-- zu stehen kommen. In den
letzen Tagen und Wochen sei ihm darum bewusst geworden, dass die
Wiederherstellungskosten insgesamt zwischen 25 und 30 % der Gesamtkosten
betragen würden. Dies sei nicht mehr verhältnismässig. Er macht sinngemäss
geltend, erst mit dem Rückbauentscheid (Baubewilligung vom 9. Januar 2009) und
den hierauf eingeholten Schätzungen seien diese Kosten evident geworden. Weder
im kantonalen noch im bundesgerichtlichen Verfahren habe er Anlass gehabt, die
vom kantonalen Hochbauamt genannte Summe von Fr. 200'000.-- zu verifizieren
resp. zu bestreiten. Zudem habe das fertig gebaute "Baumhaus" zahlreiche Preise
und Auszeichnungen erhalten.

2.4 Was der Gesuchsteller vorbringt, stellt keinen Revisionsgrund im Sinne von
Art. 124 Abs. 2 lit. a BGG dar. Schon im kantonalen Verfahren wie auch vor
Bundesgericht war ein zentraler Punkt, den es zu beurteilen galt, ob die
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes verhältnismässig sei. Und bereits
im zur Diskussion stehenden Urteil vom 13. April 2007 hat das Bundesgericht in
E. 5.4 festgehalten, dass die vom Hochbauamt im kantonalen Verfahren
geschätzten Wiederherstellungskosten nie bestritten worden seien. Der
Gesuchsteller und die Grundstückseigentümer hätten aber jeden Grund gehabt,
diese Schätzung in Abrede zu stellen und konkrete Zahlen zu präsentieren, um
die von ihnen behauptete Unverhältnismässigkeit zu belegen. Sie konnten sich
nicht darauf verlassen, dass das Verwaltungs- bzw. das Bundesgericht von einer
Wiederherstellung absehen würden. Die heute präsentierten Expertenberichte
hätten ohne Weiteres bereits im damaligen Zeitpunkt eingeholt werden können. Es
obliegt den Prozessparteien, rechtzeitig und prozesskonform zur Klärung des
Sachverhalts entsprechend ihrer Beweispflicht beizutragen (ELISABETH ESCHER in:
Basler Kommentar zum BGG, Basel 2008, N. 8 zu Art. 123).
Dass das Haus inzwischen verschiedentlich ausgezeichnet worden ist, ist im
vorliegenden Zusammenhang unerheblich (siehe bereits E. 5.5.2 im Urteil 1P.708/
2006 bzw. 1P.710/2006 vom 13. April 2007).

3.
Nach dem Gesagten vermögen die neu vorgelegten Zahlen des Gesuchstellers kein
vom Haupturteil abweichendes Ergebnis zu begründen. Ein Revisionsgrund im Sinne
von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG liegt nicht vor, weshalb das Gesuch abzuweisen
ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Damit wird auch das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Die Gerichtskosten sind dem Gesuchsteller
als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen, da in Anwendung von Art. 127 BGG
auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens verzichtet worden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.

3.
Parteientschädigungen werden keine zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Politischen Gemeinde St. Gallen, dem
Baudepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 20. April 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Scherrer